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Innovation als Schlüsselkompetenz von Unternehmen. Entwicklung hin zu einer Öffnung des Innovationsprozesses

Ursachen, Instrumente und Motivation der Öffnung des Innovationsprozesses

AutorMatthias Kammerer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl90 Seiten
ISBN9783640125395
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 1,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Lehrstuhl Produktionswirtschaft), 81 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: In der heutigen Zeit, in der sich Unternehmen immer intensiver mit den Herausforderungen des zunehmenden internationalen Wettbewerbs, kürzer werdenden Produktlebenszyklen, stetig wachsender Heterogenität der Marktbedürfnisse bei gleichzeitig steigenden Kosten im Bereich der Forschung und Entwicklung auseinandersetzen müssen, kommt einer effektiven und effizienten Gestaltung des Innovationsprozesses eine zentrale Rolle zu. Die erfolgreiche Generierung von Innovationen, sei es auf Produkt- oder Prozessebene, rückt somit in den Mittelpunkt des Interesses und ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg, ein beständiges Wachstum und das langfristige Fortbestehen eines Unternehmens. Chesbrough (2003) fasst diesen Sachverhalt treffend zusammen, indem er erklärt, dass 'Most innovations fail. And companies that don't innovate die'. Trotz der hohen Relevanz von Innovationen als Schlüsselkompetenz eines Unternehmens gelingt es häufig nicht, innovative Produkte und Services erfolgreich zu kommerzialisieren, d.h. am Markt zu platzieren und von den Innovationen finanziell zu profitieren. Die hieraus resultierende Frage ist folglich die nach einer Gestaltung des Innovationsprozesses, der sich flexibel den heutigen Gegebenheiten anpasst und Innovationen schnell und erfolgreich auf den Markt zu bringen vermag. Gemäß des klassischen Innovationsansatzes der 'Closed Innovation' verließen sich Unternehmen bei der Kreation und Entwicklung neuer Ideen in der Vergangenheit allein auf die interne Expertise ihrer F&E-Abteilung. Im Rahmen dieser Arbeit soll jedoch gezeigt werden, dass diese abgeschottete Sichtweise in sehr vielen Bereichen heute nicht mehr ausreichend ist, um im Wettbewerb dauerhaft zu bestehen. Vielmehr ist oftmals eine Öffnung des Innovationsprozesses ratsam, um den möglichen Lösungsraum innovativer Ideen durch die zusätzliche Einbeziehung einer Vielzahl von externen Wissens- und Ideenträgern zu erweitern und die Chance auf eine erfolgreiche Innovation ebenfalls deutlich zu erhöhen. Neben Lieferanten, Universitäten und kommerziellen Forschungslabors sind die Kunden bzw. Nutzer eine sehr wichtige externe Quelle von Innovationen, die daher im Folgenden im Zentrum der Betrachtung stehen sollen.

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Leseprobe

3 Instrumente zur Implementierung von Open Innovation


 

3.1 Grundlagen


 

3.1.1  Innovation durch den Nutzer


 

Im bisherigen Verlauf dieser Arbeit wurde der Open Innovation Ansatz in Bezug auf die Einbeziehung externer Quellen relativ allgemein gehalten. Im Folgenden soll nun speziell die Rolle des Nutzers als Innovator im Fokus stehen. Obwohl dieser als Innovationsquelle erst in den letzten Jahren intensiver erforscht wurde existieren bereits einige Studien, die den Schluss zulassen, dass eine Vielzahl von Nutzern in den verschiedensten Bereichen eigenständig innovieren und häufig sogar Ursprung später erfolgreich kommerzialisierter Produkte sind.[94]

 

Eine wichtige Ursache dieser Entwicklung ist die wachsende Heterogenität der Nutzerbedürfnisse und -interessen. Hersteller versuchen durch Massenproduktion einiger weniger Standardprodukte, die eine möglichst große Anzahl an Kunden ansprechen sollen, Skaleneffekte zu realisieren. Bei stärker werdender Heterogenität der Wünsche ist dies jedoch nur bedingt erfolgreich. Je weiter sich die persönlichen Bedürfnisse von den angebotenen Produkten entfernen, desto größer wird der Anreiz, ein Unternehmen für die Entwicklung eines individuellen Produktes zu bezahlen oder– bei entsprechenden Fähigkeiten und Mitteln – selbst zu innovieren.[95] Die Unzufriedenheit mit bestehenden Angeboten führt dabei oftmals auch zu einer stark erhöhten Zahlungsbereitschaft für Produkte , die entsprechend der individuellen Präferenzen entwickelt bzw. verbessert worden sind.[96]

 

Prügl und Schreier (2005) kommen aufgrund von Studien über die so genannte user-innovation zu dem Schluss, dass einige Produkte und Lösungsansätze bestimmter innovativer Nutzer nicht nur für diese selbst, sondern oft auch für einen ganzen Markt von größerem Interesse sein können, als die vom Hersteller angebotenen Standardprodukte.[97] Eine Ursache für dieses Phänomen liegt darin begründet, dass Nutzer in ihrem Denken und ihrer Kreativität weniger durch existierende Lösungen begrenzt sind als es beispielsweise Techniker und Forscher in einem Unternehmen sind, die bereits seit langem an der Entwicklung eines bestimmten Produktes oder der Lösung eines Problems innerhalb eines gewissen Lösungsraumes arbeiten.[98]

 

Obwohl in der Realität häufig sicherlich weniger als die in Anhang 3 gezeigten 10-40% der Nutzer selbst innovieren bzw. Produkte modifizieren, stellt auch ein geringerer Prozentsatz durch die absolute Menge an Nutzern ein beachtliches Innovationspotential dar.[99] Darüber hinaus ist dieses Potential besonders bei den Lead-Usern signifikant höher, da diese durch entsprechende Fähigkeiten und Bedürfnisse ungleich häufiger und erfolgreicher innovativ tätig werden.[100]

 

3.1.2  Bedürfnisinformation, Lösungsinformation und ”sticky information“


 

Um die in den nachfolgenden Abschnitten beschriebenen Konzepte zur Umsetzung der Open Innovation besser in den theoretischen Hintergrund der Nutzerinnovation einordnen zu können, soll zunächst auf die bereits erwähnten Begriffe der Bedürfnis- und Lösungsinformation eingegangen werden.

 

Nach Thomke (2003) ist Bedürfnisinformation ”Information über Kunden- und Marktbedürfnisse […], d.h. Informationen über die Präferenzen, Wünsche […] und Kaufmotive der […] Nutzer einer Leistung. Zugang zu Bedürfnisinformation beruht auf einem intensiven Verständnis der Nutzungs- und Anwendungsumgebung der Abnehmer.“ Lösungsinformation hingegen ”beschreibt die technologischen Möglichkeiten und Potenziale, Kundenbedürfnisse möglichst effizient und effektiv in eine konkrete Leistung zu überführen. Lösungsinformation bildet dadurch die Grundlage für die […] Aktivitäten von Produktentwicklern im Innovationsprozess.“[101]

 

Für den Erfolg einer Innovation ist es dabei wichtig, dass diese beiden Informationstypen optimal miteinander verknüpft werden, damit beispielsweise die technische Umsetzung und Gestaltung eines neuen Produktes optimal auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Nutzer abgestimmt ist.[102] Klassischerweise wird dabei der Markt als Ort und Ursprung der Bedürfnisinformation angesehen, wohingegen das Lösungswissen eher dem Hersteller zugeordnet wird, der über entsprechende technische Vorraussetzungen und das nötige Know-how zur Umsetzung der Ideen verfügt. Diese klare Trennung ändert sich jedoch – analog zur Erosion des manufacturing-active Paradigmas – immer mehr dahingehend, dass auch der Kunde, speziell in der Rolle eines Lead-Users, Quelle von Lösungsinformation sein kann und aktiv am Innovationsprozess teilnimmt.[103]

 

Durch die in Abschnitt 3.2 bis 3.4 folgenden Ansätze zur Integration der Nutzer wird der schwierige und oft kostspielige Transfer der Bedürfnis- und Lösungsinformation zum Hersteller dadurch vereinfacht und beschleunigt, dass die Wertschöpfungsaufgaben  entsprechend der  jeweiligen  Informationsverteilung bzw.  Kompetenzen zwischen Hersteller und Nutzern verteilt werden.[104]

 

 

Abbildung 3-1: Mögliche Aufgabenverteilung bei ”user-innovation”.

 

Quelle:    In Anlehnung an Hippel, E.v.: Sources of Innovation, a.a.O., S.25.

 

Eine besondere Herausforderung, mit der ein ”Instrument zur Implementierung von Open Innovation” dabei konfrontiert wird, ist implizit vorliegendes Wissen, das nur schwer übertragbar ist. Nach von Hippel (1994) wird diese so genannte sticky information durch die Aufwendungen gekennzeichnet, die für den Transfer des Wissens von einem Ort zu einem anderen aufgebracht werden müssen, und zwar in einer Form, dass die Information vom Empfänger (hier z.B. dem Hersteller) problemlos aufgenommen und verwendet werden kann. Je höher die hierfür benötigten Aufwendungen, desto höher ist die ”stickyness“, also ”Klebrigkeit“ der Information.[105]

 

Gerade im Bereich der Innovation ist Information häufig sehr sticky. So sind sich viele Nutzer ihrer Bedürfnisse oft gar nicht bewusst oder können sie nicht ohne Hilfe artikulieren.[106] Eine solche Artikulationshilfe kann beispielsweise ein Toolkit sein.[107]

 

Die Ursache der stickyness kann zum einen in den Merkmalen der Information selbst begründet sein, z.B. bei implizitem Wissen, je nach Spezifität und Art der Kodierung von Informationen,[108] zum anderen kann sie aber auch aus den Merkmalen der Informationssender und -empfänger resultieren, z.B. im Fall unzureichender Fähigkeiten bei der Übertragung oder Aufnahme des transferierten Wissens. Hierzu zählen auch mangelnde strukturelle Vorraussetzungen zur Informationsaufnahme, also die fehlende Ausstattung mit entsprechenden Instrumenten (Toolkits etc.) und generell eine ungenügend entwickelte Absorptionsfähigkeit fremden Wissens, wie sie bereits in Kapitel 2.1.3 beschrieben wurde.[109]

 

3.2 Der Lead-User Ansatz


 

3.2.1  Relevanz der Lead-User Theorie


 

In manchen Fällen kann die stickyness von Informationen derart hoch sein, dass der Transfer vom Kunden zum Hersteller sehr aufwendig und kostspielig wäre. Verfügt ein besonders fortschrittlicher Nutzer (Lead-User) neben Bedürfnisinformation auch über Lösungsinformation, beispielsweise in Form von technischen Fertigkeiten, so kann es vorteilhaft sein, unabhängig von einem Unternehmen eigene Lösungen seiner Probleme und Bedürfnisse in Form eines Prototyps zu entwickeln.[110]

 

Bereits zu Beginn des vorangegangenen Abschnitts wurde gezeigt, dass Nutzer oftmals eigenständig innovieren, wenn sie ein Bedürfnis haben, das durch die existierenden, herstellergenerierten Lösungen nicht oder nur unzureichend befriedigt wird. Eine Anzahl empirischer Studien hat in den vergangenen Jahren jedoch belegt, dass sich ein Großteil der Innovationstätigkeit hierbei auf den relativ kleinen Kreis der Lead-User konzentriert.[111] Darüber hinaus weisen deren Innovationen auch häufig einen höheren Innovationsgrad und ein höheres Potential in Bezug auf eine kommerziellen Nutzung auf als dies bei den meisten Ideen von Herstellern und von Nutzern im klassischen Sinne der Fall ist,[112] weswegen der Lead-User Ansatz im Folgenden näher betrachtet werden soll.

 

Um im Rahmen dieser Arbeit ein einheitliches Verständnis des Begriffes zu schaffen, ist es zunächst wichtig, einige grundlegende Eigenschaften eines Lead- Users zu erörtern, die diesen von einem gewöhnlichen Nutzer unterscheiden. Im Anschluss daran soll die sogenannte ”Lead-User Suche“ als ein Prozess bzw. eine Methode zur Identifikation und weitreichenden Integration der Lead-User in den Innovations- und Wertschöpfungsprozess des Unternehmens vorgestellt werden.

 

3.2.2  Was macht den ”User“ zum ”Lead-User“?


 

Eric von Hippel, einer der Urväter des Gedankens eines offenen Innovationsprozesses, ist gleichzeitig der Begründer der Lead-User Theorie. Bereits 1986 formulierte er die beiden, noch bis heute häufig zitierten, fundamentalen Eigenschaften, nach denen Lead-User

 

1.  ”[…] face needs that will...

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