Sie sind hier
E-Book

Innovationen als Schlüssel für humanitäre Organisationen

Status quo und die Entwicklung von Erfolgsdeterminanten

AutorMichael Streitmayer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl212 Seiten
ISBN9783752810530
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis5,49 EUR
Die folgende Masterarbeit beschäftigt sich mit Innovationen im humanitären Sektor. Aufgrund der zunehmenden Komplexität globaler humanitärer Herausforderungen werden von Politik und Experten radikale Veränderungen in der humanitären Arbeit gefordert. Ein moderner Lösungsansatz ist hier, humanitäre Arbeit mit technologischen Innovationen und neuartigen Arbeitsweisen aus dem 21. Jahrhundert zu verknüpfen. Dies führt zu einem Paradigmenwechsel im humanitären Sektor, der in dieser Forschungsarbeit näher betrachtet wird. Der theoretische Teil der Arbeit beschreibt dabei die globalen Herausforderungen und die mit ihnen verbundenen nachhaltigen Entwicklungsziele und definiert zudem den allgegenwärtigen Innovationsbegriff. Im Kapitel "Status quo" wird ein Überblick über die Innovationsanstrengungen im humanitären Bereich gegeben und die neusten Arbeitsweisen und Technologietrends vorgestellt. Der empirische Teil zeigt die gewonnen Erkenntnisse aus den Experteninterviews auf und verdeutlicht diese mit humanitären Projekten aus den Innovationseinrichtungen. Auf Grundlage der Erkenntnisse aus der Theorie und Praxis werden Handlungsempfehlungen für humanitäre Innovationseinrichtungen und erfolgreiche Innovationsprojekte abgeleitet. Nach der kritischen Diskussion in "Spiel mit dem Feuer" schließt die Arbeit mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick ab.

Michael Streitmayer, geboren 1986 bei Stuttgart, unterstützt seit 2017 personalseitig das Bosch Center for Artificial Intelligence am Robert Bosch Forschungscampus in Renningen. Im Zuge des Masterstudiengangs "Global Business Development" in Kempten und Barcelona erlernte er Methoden des Innovationsmanagements in der Theorie. Während seiner Zeit beim Innovation Accelerator des United Nations World Food Programme (WFP) tauchte er in die humanitäre Welt ein. Hier unterstützte er die Entwicklung von innovativen Lösungsansätzen für eine Welt ohne Hunger. Seine Masterthesis verfasste er in Kooperation mit dem WFP in Rom. Zuvor studierte er von 2009 bis 2013 in Brandenburg an der Havel Betriebswirtschaftslehre und vertiefte sein Wissen rund um das Thema Human Ressource Management bei Global Playern der Automobilindustrie. Begonnen hatte er seine berufliche Laufbahn, nach dem Zivildienst in einer Behindertenwerkstatt, mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

2 Theoretischer Bezugsrahmen


Dieser Abschnitt bildet die theoretische Grundlage für die folgenden Kapitel und soll einen allgemeinen Überblick über das Thema und den Umfang der durchgeführten Forschung aufzeigen. Zu Beginn werden die globalen Herausforderungen und der Wandel der Entwicklungspolitik betrachtet, mit besonderem Augenmerk auf der Agenda 2030, die als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung dienen soll. Zweitens wird der Begriff „Innovation" eingeführt, indem die vielseitige Verwendung in der Fachliteratur skizziert wird. Des Weiteren werden aktuelle Innovationsmethoden vorgestellt – die in Erwartung einer Zukunft, in der der Wandel nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein wird – immer höheren Stellenwert in Unternehmen finden.

2.1 Globale Herausforderungen


„Die Welt ist aus den Fugen geraten.“

Außenminister Frank-Walter Steinmeier

(Schrapers und Hihat 2016)

Die Anzahl, Intensität und Komplexität von lang andauernden Krisen, ethnischen oder religiösen Kriegen und Konflikten in vielen Teilen der Welt haben weltweit zugenommen (Healy 2008) einschließlich ihrer dramatischen Folgen. Außerdem kommt es, teils ausgelöst durch Klimaveränderungen, immer häufiger zu Naturkatastrophen wie Dürren, vermehrte Waldbrände, Wirbelstürme, starke Niederschläge und Überschwemmungen. Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen. Auch die Kluft zwischen Arm und Reich, anhaltender Hunger und Mangelernährung, Bevölkerungswachstum und Urbanisierung, globale Epidemien, der mangelnde Zugang zu sozialer Sicherung und Grundversorgung einschließlich der Gesundheitsversorgung haben sich zu globalen Herausforderungen mit unmittelbaren humanitären Auswirkungen entwickelt (Auswärtiges Amt, Die deutsche humanitäre Hilfe im Ausland 2011). Nicht zuletzt die Rekordzahlen von Flüchtlingen, Vertriebenen und Migranten die vor Krieg, Terror und Armut aus ihren Heimatländern nach Europa flüchten (Öhlschläger und Sangmeister 2016) spielen vermehrt eine bedeutende Rolle in den Medien und somit im Bewusstsein der Menschen (Bruns 2015), auch hier in Deutschland.

Nach Angaben der UN Nothilfeorganisation OCHA (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) waren im Jahr 2013 150 Millionen Menschen von Naturkatastrophen, Kriegen oder Konflikten unmittelbar betroffen. Die Zahl der daraus resultierenden hilfsbedürftigen Menschen hat sich im vergangenen Jahrzehnt nahezu verdoppelt (OCHA, World Humanitarian Data and Trends 2015. 2015).

Internationale Hilfsorganisationen kämpfen bereits, diesen wachsenden und immer komplexer werdenden Anforderungen gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang fordern viele Experten radikale Veränderungen, zum einen was die humanitären Akteure tun und vor allem wie sie es zukünftig tun (Ramalingam, Howard, et al. 2015).

Um die politischen Rahmenbedingungen besser zu verstehen, werden nachfolgend der Wandel der Entwicklungspolitik und die Entwicklungskonzepte der Gegenwart dargestellt.

2.1.1 Der Wandel der Entwicklungspolitik


In der Wissenschaft dominiert die Meinung, dass ein großer Teil der bisherigen westlichen Entwicklungspolitik eine Geschichte des Scheiterns ist (Nuscheler 2008, Moyo 2010, Ziai 2006, Neubert 1997). Die entwicklungsstrategische Diskussion im engeren Sinne begann Mitte der 1940er Jahre und erlebte mit der Entkolonialisierung ihren ersten Höhepunkt. Die Pionierphase der 1950er Jahre und die vorherrschende Keynesianischen Denkweise3 führte zur Entwicklung des Credos: „Wirtschaftswachstum zuerst, Umverteilung später bzw. erst Industrialisierung und dann Demokratisierung“ (Menzel, 40 Jahre Entwicklungstrategien = 40 Jahre Wachstumsstrategien 1992). Politischer, sozialer und mentaler Wandel sollten der Förderung des Wirtschaftswachstums dienen. Der Zusammenhang zwischen Wachstum und intakter staatlicher Institutionen wurde durchaus erkannt, deren Förderung aber nicht sonderlich vorangetrieben. „Ein Versäumnis, das sich fünfzig Jahre später bitter rächen sollte“ (Menzel, Paulo Freire Zentrum 2007).

Das erklärte Ziel der ersten Entwicklungsdekade der 1960er Jahre war die Entwicklung moderner Industriegesellschaften nach westlichem Muster und die Einbindung in den Weltmarkt. Als dessen Scheitern deutlich wurde, wurde in den siebziger Jahren die zweite Dekade ausgerufen, die Grundbedürfnis- und Selbsthilfestrategie. Der Wandel war der Erkenntnis geschuldet, dass der wirtschaftliche Aufschwung nicht bei den Ärmsten ankommt. „Es ging nun darum, die zum Überleben wichtigen Grundbedürfnisse sicherzustellen“ (Scheuermann 2014) sowie menschliche Kapazitäten zu stärken (Stichwort „Hilfe zur Selbsthilfe“) und Nachhaltigkeitsansätze zu entwickeln.

Die dritte Entwicklungsdekade der achtziger Jahre „das verlorene Jahrzehnt“ stand unter dem Einfluss der Verschuldungskrise der Entwicklungsländer. Verloren deshalb, weil die innovativen Ansätze der 70er und 80er Jahre (Neue Weltwirtschaftsordnung, Grundbedürfnisorientierung) gescheitert sind und weil sich der Zustand in einer wachsenden Zahl der Entwicklungsländer dramatisch verschlechtert hat (Menzel, 40 Jahre Entwicklungstrategien = 40 Jahre Wachstumsstrategien 1992).

In dieser Zeit wurden „langfristige Entwicklungsstrategien zugunsten von kurzfristigen Stabilisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen vernachlässigt“ (Obser und Schure 2011). In dieser Zeit mussten die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen Weltbank und IWF (Internationaler Währungsfond) mit neuen Kreditpaketen einspringen, um das internationale Finanzsystem zu stabilisieren (Obser und Schure 2011). Die Kreditvergaben wurden jedoch eng an Forderungen an die jeweiligen Empfängerländer gebunden. Die Konditionen umfassten Reformen des Staatssektors durch Strukturanpassung, Deregulierung und Privatisierung sowie Wechselkurs- und Zinsanpassungen.

Unter starker Führung der UN wurde in den neunziger Jahren dann das Gießkannenprinzip durch gezielte Projektförderung ersetzt. Es war die Zeit, der nachhaltigen und menschlichen Entwicklung (Scheuermann 2014). Erstmals wurden Themen wie Gleichstellung der Geschlechter, Ressourcenverbrauch und „local ownership“ diskutiert. Globale Strukturpolitik, nachhaltige und menschliche Entwicklung sowie „good governance“, also eine gute Regierungsführung standen von nun an auf der Tagesordnung.

„Am Ende der vier sogenannten Entwicklungsdekaden musste konstatiert werden, dass das Problem der Massenarmut sich relativ und absolut nicht verringert, sondern noch verschärft hatte“ (Lötzer 2008). Viele Entwicklungsländer versanken in Überschuldung, politischer Instabilität und das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich nahm zu. Ende der 90er Jahre wurde dann allgemein akzeptiert, dass es keine Blaupause für Entwicklung gibt, sondern jedes Land seinen eigenen Weg finden muss (Dicke 2012).

Zur Jahrtausendwende entschlossen sich die damals 189 Mitgliedstaaten der UN die großen weltweiten Probleme gemeinsam anzugehen. Die Entwicklungskonzepte der Gegenwart werden in den nachfolgenden Punkten diskutiert.

2.1.2 Millennium Development Goals (2000 – 2015)


Extreme Armut und Hunger, Kinder- und Müttersterblichkeit, HIV/Aids und Malaria bekämpfen sowie Bildung, Geschlechtergerechtigkeit und Umweltschutz verbessern. Dazu haben sich im Jahr 2000 Staats- und Regierungschefs aus 189 Nationen verpflichtet. Die Millenniumsentwicklungsziele der Vereinten Nationen (engl. Millennium Development Goals, kurz MDGs) beschreiben die Aufgabenstellungen für die internationale Politik im 21. Jahrhundert und lenken die Aufmerksamkeit der Welt auf die wichtigsten Herausforderungen (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.) 2015). „Diese acht Entwicklungsziele [die bis 2015 erreicht werden sollten, d. Verf.] vereinten die Welt wie nie zuvor in dem Bestreben, die Lebensbedingungen aller Menschen zu verbessern“ (Kroll 2015).

Dabei ist es gelungen die weltweite Armut zu halbieren, 90 Prozent der Kinder erhalten nun eine Grundschulbildung, Mädchen haben beim Schulbesuch aufgeholt und es gab bemerkenswerte Fortschritte im Kampf gegen Malaria und Tuberkulose (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.) 2015, Vereinte Nationen (Hrsg.) 2015, Trumpf 2014, European Commission 2015).

Dennoch bleiben viele globale Herausforderungen bestehen oder haben sich gar verschärft. Die Bekämpfung des Hungers, Erhalt der biologischen Vielfalt und die Verbesserung der Mutter-Kind-Gesundheit sind aktueller denn je.

Bei der Konferenz der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung Rio+204 im Jahr 2012 griffen die Regierungen die Kritik am begrenzten Fokus der MDGs auf und vereinbarten, internationale Ziele für nachhaltige Entwicklung (engl. Sustainable Development Goals, kurz SDGs) zu formulieren. Diese Ziele sollten alle Dimensionen nachhaltiger Entwicklung berücksichtigen und für Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländer gleichermaßen gelten. Diese Entscheidung war bemerkenswert, denn damit richtet sich die neue Agenda nicht mehr alleine an den Globalen Süden, wie es die MDGs de facto...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Management - Wirtschaft - Coaching

Zeitmanagement im Projekt

E-Book Zeitmanagement im Projekt
Format: PDF

Von Projektleitern und ihren Mitarbeitern wird grundsätzlich eine exakte Punktlandung erwartet: Sie sollen das Projekt zum vereinbarten Termin beenden, selbstverständlich die Budgetvorgaben einhalten…

Zeitmanagement im Projekt

E-Book Zeitmanagement im Projekt
Format: PDF

Von Projektleitern und ihren Mitarbeitern wird grundsätzlich eine exakte Punktlandung erwartet: Sie sollen das Projekt zum vereinbarten Termin beenden, selbstverständlich die Budgetvorgaben einhalten…

Basiswissen Beschaffung.

E-Book Basiswissen Beschaffung.
Format: PDF

Anhand vieler Beispiele für die relevanten Aufgaben und Methoden der Beschaffung bietet der Band Grundwissen für den Quereinsteiger sowie ein Repetitorium für den Praktiker. Das Buch gibt eine kurze…

Basiswissen Beschaffung.

E-Book Basiswissen Beschaffung.
Format: PDF

Anhand vieler Beispiele für die relevanten Aufgaben und Methoden der Beschaffung bietet der Band Grundwissen für den Quereinsteiger sowie ein Repetitorium für den Praktiker. Das Buch gibt eine kurze…

Weitere Zeitschriften

BIELEFELD GEHT AUS

BIELEFELD GEHT AUS

Freizeit- und Gastronomieführer mit umfangreichem Serviceteil, mehr als 700 Tipps und Adressen für Tag- und Nachtschwärmer Bielefeld genießen Westfälisch und weltoffen – das zeichnet nicht ...

Card Forum International

Card Forum International

Card Forum International, Magazine for Card Technologies and Applications, is a leading source for information in the field of card-based payment systems, related technologies, and required reading ...

Demeter-Gartenrundbrief

Demeter-Gartenrundbrief

Einzige Gartenzeitung mit Anleitungen und Erfahrungsberichten zum biologisch-dynamischen Anbau im Hausgarten (Demeter-Anbau). Mit regelmäßigem Arbeitskalender, Aussaat-/Pflanzzeiten, Neuigkeiten ...

Deutsche Tennis Zeitung

Deutsche Tennis Zeitung

Die DTZ – Deutsche Tennis Zeitung bietet Informationen aus allen Bereichen der deutschen Tennisszene –sie präsentiert sportliche Highlights, analysiert Entwicklungen und erläutert ...

DHS

DHS

Die Flugzeuge der NVA Neben unser F-40 Reihe, soll mit der DHS die Geschichte der "anderen" deutschen Luftwaffe, den Luftstreitkräften der Nationalen Volksarmee (NVA-LSK) der ehemaligen DDR ...