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E-Book

Insel der unbegrenzten Unmöglichkeiten

Meine Jahre auf Teneriffa

AutorUdo Moll
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl212 Seiten
ISBN9783752853827
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Udo Moll erfüllte sich einen Traum, den sehr viele Menschen insgeheim hegen: Er zog für immer in den ewigen Frühling Teneriffas, um dort zu leben und zu arbeiten. Mit einer großen Portion Humor beschreibt er sowohl die angenehmen Seiten seines neuen Lebens, als auch die unerfreulichen Begebenheiten und Zusammenhänge, wie sie aus Mentalitätsunterschieden und sich daraus ergebenden Missverständnissen entstehen können. Daneben aber deckt er auch schonungslos dunkle Machenschaften auf, die jedem Einwanderer das Leben auf der Insel schwer machen können. Eine spannende Geschichte, die trotzdem immer wieder zum Lachen reizt. Sie beleuchtet die verborgensten Winkel des Inseldaseins, beschreibt aber gleichzeitig fachlich kompetent die Besonderheiten und Schönheiten der Landschaften und die Highlights der kanarischen Gastlichkeit und Kochkünste. Wer gerne reist, kann sich hier Appetit holen!

Udo Moll studierte Geographie, Klimatologie und Geologie in Freiburg. Nach dem Diplom (1973) war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Freiburg tätig. 1977 Promotion und anschließend Lektor und Redakteur in einem Stuttgarter Sachbuchverlag. 1980 Gründung eines eigenen Redaktionsbüros. Veranstaltung und Leitung zahlreicher Fachexkursionen für Geographielehrer nach Chile, Bolivien und Peru, ins südliche Afrika sowie nach Neuseeland. Schwerpunktthemen waren stets klimamorphologische und regional-klimatologische Beobachtungen. Sein ganz besonderes Interesse gilt dem Problemkreis des rezenten Klimawandels. Von 1989 bis 2001 Leitung naturkundlicher Exkursionen und Wanderungen auf Teneriffa.

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Leseprobe

Endlich geht es los


Drei Tage nach unserer Silvesterfeier hatten wir das Auto fix und fertig beladen mit den notwendigsten Dingen, die man für eine längere hausratlose Übergangsphase vermutlich brauchen würde. Der Kofferraum samt Innenraum des Wagens erwies sich leider als viel zu klein, so dass noch ein Dachgepäckträger herhalten musste.

Wir konnten plötzlich Empathie für unsere türkischen Mitbürger empfinden, wenn sich diese mit ihren Autos in Richtung Bosporus auf den Weg machten. Zwar war der Zweck ihrer Reisen doch ein ganz anderer, aber irgendwie war unser Trip zur Straße von Gibraltar doch vergleichbar. Lediglich unser Auto war viel kleiner. Uns genügte ein Ford Escort. Ein Lieferwagen des Typs Ford Transit wäre wahrhaftig zu viel des Guten gewesen. Unwillkürlich musste ich beim Anblick unseres reisefertigen Autos an die Scherzfrage denken, woran man denn wohl ein türkisches Flugzeug erkennt. Auf den Dachgepäckträger kommt man nicht so leicht!

Wir warfen noch einen letzten wehmütigen Blick auf unser geliebtes Haus zurück und registrierten den zum Abschied winkenden Käufer vor lauter Trauer fast gar nicht. Aber dieses doch sehr belastende Stimmungstief währte zum Glück nicht lange, denn mit zunehmender Entfernung rückte unser Traumziel Teneriffa langsam aber sicher unaufhörlich näher. Es lagen jedoch insgesamt sage und schreibe 3.875 Kilometer vor uns, 1.375 davon mit der Fähre von Cádiz nach Santa Cruz de Tenerife. Das Flugzeug wäre für eine so lange Reise sicherlich das bequemere, schnellere und auch preisgünstigere Transportmittel gewesen. Aber dagegen sprachen dennoch handfeste Gründe. Nicht nur, dass wir zu viele Dinge mitnehmen mussten. Wir brauchten ja schließlich am Ziel auch ein Auto. Und unser Ford war fast neu. Sein Verkauf in der Heimat hätte uns zu viel Verlust eingebracht, und wer weiß, ob wir auf Teneriffa so einen guten Gebrauchten überhaupt finden würden!

Außerdem, und das war das Allerwichtigste, ein Auto liefert etwas Wunderbares, so etwas wie ein Entdeckungsabenteuer, was das Flugzeug niemals bieten kann: Es lässt während der gesamten Fahrt die ganze Spannweite der enormen Entfernungen mit dem kompletten Spektrum zahlreicher hochinteressanter Landschaftswechsel Stück für Stück und etappenweise an Fahrer und Mitfahrer vorbeidefilieren.

Immerhin führte uns unsere Reise von den gemäßigten Breiten Mitteleuropas bis in die südlichsten Subtropen, genauer gesagt aus unserer heimatlichen Westwindzone durch den gesamten Bereich des Mittelmeerklimas bis in die südwärts anschließende Passatzone hinein. Die Tropen liegen im Zielgebiet dann schon in greif- und spürbarer Nähe! Für uns Geographen war eine solche Reiseroute also ein ganz besonderer Leckerbissen.

Die Geographie besitzt in unserem Leben ohnehin einen ganz besonderen, unverrückbaren Stellenwert, denn schließlich war sie es, die uns vor vielen Jahren auf gar sonderbarste Weise zusammengeführt und fürderhin untrennbar zusammengeschweißt hat. Ich hatte mich weiland gerade zum Diplomexamen angemeldet. Mein Professor war der Meinung, ich solle meine Arbeit im Doktorandenzimmer schreiben. Dort, so sagte er, sei es ruhiger als im umtriebigen Arbeitsraum für Staatsexamenskandidaten. Mein schüchterner Protest verhallte ungehört. Er duldete keine Widerrede und begleitete mich höchstpersönlich in besagte Räumlichkeit. Drinnen, in der letzten Reihe, saß lediglich eine junge Dame. Der Herr Professor stellte uns kurz gegenseitig vor und ließ mich anschließend allein mit Fräulein Fink im Streberzimmer zurück.

Ich suchte mir ganz vorne einen Platz aus und tat so, als ob ich arbeitete. Nach etwa 20 Minuten wollte ich mich dann eigentlich heimlich davonmachen, um zur Feier der mutigen Prüfungsanmeldung im Schubertstübchen das ein oder andere Bierchen zu trinken. Aber dazu kam ich an diesem Tag nicht. Ich hörte hinter mir ein zischendes Geräusch. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Fräulein Fink gerade eben eine Flasche Pils geöffnet hatte. Sie fragte mich mit offenkundig amüsierter Stimme, ob ich auch ein Bierchen trinken wolle.

Auf meine Frage hin, ob sie denn noch eine Flasche habe, lehnte sie sich, jetzt noch viel amüsierter, mit dem Stuhl zurück und schob hinter sich einen Vorhang beiseite. Und siehe da: Dahinter waren drei Kästen Riegeler Bier fein säuberlich aufgestapelt! Irene betrieb nämlich zusammen mit Bibliothekar Lange einen schwunghaften Handel auf dem Geographenstockwerk. Jeder einschlägige Student außer mir wusste das und konnte hier zum Preis von 50 Pfennig seinen Bedarf decken.

Jetzt aber verließen wir, gemeinsam auf dem Weg nach Teneriffa, morgens gegen sieben Uhr die Stadt Mérida, wo wir in einem zwar gesichtslosen, aber sehr ordentlichen Hotel übernachtet hatten. Bis hierher war unsere Fahrt planmäßig und ohne besondere Vorkommnisse verlaufen. Aber an diesem Morgen erlebten wir eine große Überraschung: Stellenweise lag dicker Raureif auf der Straße und zwang uns, äußerst vorsichtig und sehr verhalten zu fahren. Wir wussten, dass es im Landesinneren der Iberischen Halbinsel trotz der südlichen Lage ziemlich kalt werden kann. Jetzt erlebten wir, wie kalt wirklich. Wie daheim in Deutschland nämlich! Sollten wir auf den letzten 300 Kilometern bis Cádiz womöglich noch unsere Fähre verpassen?

Die Reifglätte würde vermutlich erst bei Sevilla aufhören, da im Mündungsdelta des Río Guadalquivir, ähnlich wie in der benachbarten, zu Portugal gehörenden Algarve, selbst im Hochwinter frühlingshafte Temperaturen herrschen. Bis dahin fehlten immerhin noch fast 200 Kilometer.

Unsere Sorge erwiess sich zum Glück als unbegründet, denn schon mit den ersten Sonnenstrahlen löste sich die Straßenglätte in Wohlgefallen auf. Ein stahlblauer südlicher Himmel wölbte sich über der schier endlosen Hügellandschaft, in welcher sich unüberschaubar große Steineichenbestände parkartig ausbreiteten, die weiter südlich schließlich von riesigen Olivenplantagen abgelöst wurden. Wir befanden uns endlich im mediterranen Klimabereich. Ab Sevilla wurde es für unsere Begriffe geradezu sommerlich. Wir mussten unsere dicken Pullover ausziehen. Die Autoheizung war ohnehin schon lange aus. Der Fährhafen von Cádiz war damals noch perfekt getarnt, denn es gab keinerlei Hinweisschilder in der gesamten Stadt, deren Meeresfront alles andere als klein und behaglich ist. Ortsunkundige Autofahrer mit Ziel Islas Canarias traten ganz offensichtlich noch kaum merklich in Erscheinung, so dass das Anbringen von Schildern wohl kein besonders vordringliches Projekt war. Diesen Umstand werteten wir quasi als Beweis dafür, dass wir bereits in unserer neuen Welt angekommen waren. Jedenfalls waren die zwei befragten Passanten sowie ein ebenso interviewter Polizist außerordentlich hilfsbereit und verständnisvoll.

Wir waren trotz der anstrengenden Autofahrt und der kurzen Nachtruhe bei allerbester Laune, denn jetzt konnte nichts mehr schiefgehen. Keine 30 Meter vor uns stand unsere Fähre, die Manuel Soto. Man erkannte schon rein äußerlich an den zahlreichen Beulen und Rostflecken, dass der Kahn eigentlich total fertig war, was sich später im Inneren in Gestalt von abgewetzten Teppichböden, speckigen Sitzmöbeln, verstopften Waschbecken, einer laut schlagenden Kurbelwelle und vielen anderen Details bestätigte. Der Pott gehörte eigentlich längst ausgemustert. Aber dies geschah erst zwei Jahre später, nachdem die Manuel Soto während des Golfkriegs als Truppentransporter eingesetzt worden war.

In Spanien gehen die Uhren eben erheblich anders und vor allem viel langsamer als in Deutschland. Dieser feine Unterschied war für mich, der ich ein geborener Hektiker war, jahrelang äußerst gewöhnungsbedürftig, obwohl doch ein großer Teil der für uns so beneidenswerten spanischen Lebensqualität auf diesem Umstand beruht. Trotz meiner damals noch typisch deutschen Unkenrufe verlief die 48stündige Seereise vor die Tore Westafrikas geruhsam und problemlos. Die meisten Passagiere lagen zwei Tage lang im Deckstuhl und genossen die lachende Sonne, während wir es uns größtenteils an der Poolbar gemütlich machten, das eine oder andere Bierchen tranken und dabei abwechselnd lasen oder die balgenden Kinder im Plantschbecken beobachteten.

Zu weiteren Aktivitäten war ich nach der anstrengenden Autotour nicht bereit. Nur einem Gedanken hing ich immer wieder nach: Würde es uns gelingen, von null auf hundert in Rekordzeit so viel Spanisch zu lernen, dass wir bald schon in der Lage sein würden, unsere geschäftlichen Anliegen in die Hand zu nehmen und zu bewältigen? Wir haben beide das Abitur und besaßen somit langjährige Erfahrungen im Erlernen von Fremdsprachen. Aber wenn ich die Leute um mich herum mit stakkatoähnlicher Geschwindigkeit ratschen hörte, kamen mir doch erhebliche Zweifel. Aber alles...

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