Bei den phasenspezifischen Instrumenten des Risikocontrollings handelt es sich um Koordinationsinstrumente, die im Rahmen eines spezifischen Risikomanagementprozesses eingesetzt werden. Durch diese Zuordnung der Instrumente können Risikokomponenten innerhalb der einzelnen Phasen aufeinander abgestimmt werden.[121] Abhängig von den jeweiligen Phasen Risikoidentifikation, Risikoanalyse und -bewertung sowie der Risikodokumentation und -überwachung können adäquate Instrumente des Risikocontrollings eingesetzt werden.[122] Dadurch wird die Koordinationsaufgabe des speziellen Risikocontrollings im Hinblick auf die Phasen des Risikomanagementprozesses sichergestellt und eine mögliche vorteilhafte Risikoposition innerhalb als auch zwischen den Führungsteilsystemen und damit für das gesamte Unternehmen erreicht.
Hinsichtlich des Instrumentenvorrats besitzt das Risikocontrolling bislang keine eigenen Instrumente. Das Risikocontrolling kann hier auf gängige Instrumente des strategischen Managements wie dem Controlling als auf Risikomanagementinstrumente zurückgreifen.[123] Bezüglich des Einsatzes einzelner Instrumente im Rahmen der spezifischen Prozessphasen steht ihre Effizienz und Effektivität im Vordergrund. Ausgerichtet auf die Bedürfnisse des Unternehmens können mehrere adäquate Instrumente innerhalb der jeweiligen Prozessphasen ausgewählt und kombiniert werden.[124]
Im Folgenden werden im Vorfeld die einzelnen Phasen des spezifischen Risikomanagementprozesses tiefgehender erläutert und gleichzeitig die spezifischen Instrumente schwerpunktmäßig diesen Phasen zugeordnet.
Die Phase der Risikoidentifikation wird allgemein als Fundament eines effizienten Risikomanagementprozesses gesehen.[125] Für das grundsätzliche Ziel der Risikobewältigung sind alle für das Unternehmen relevanten Risiken zu erfassen. Im Vordergrund steht dabei eine Risikoerkennung im möglichst frühen Entwicklungsstadium. Durch die frühzeitige Erkennung von Risiken ergibt sich ein größerer Spielraum zur Schaffung von Handlungsalternativen. Dabei ist die Erfassung von Risiken mit einem niedrigeren Informationsgehalt grundsätzlich möglich. Bereits bei der Wahrnehmung schwacher Signale, die auf künftige Entwicklungen und Ereignisse hinweisen, sind die Risiken erkennbar.[126] Konkrete Risikobewältigungsmaßnahmen sind in diesem Stadium noch nicht vorhanden. Allerdings können unerwartet eintretende Risiken mit entsprechenden Gegenmaßnahmen vermieden werden.[127]
Die Erfassung von Risiken, die einen hohen Informationsgehalt aufweisen, kann problematisch sein. Dies ist zum einen auf die Dynamik und Unsicherheit über Entwicklungen der Risiken zurückzuführen. Zum anderen erschweren kaum beschreibbare Ursache-Wirkungszusammenhänge die Identifikation der Risiken.[128] Darüber hinaus existieren zahlreiche Risiken in den Unternehmen, die nach ihrer Ursache oder den Unternehmensbereichen aus unterschiedlichen Risikokategorien resultieren. Zur Unterstützung für die erstmalige und kontinuierliche Risikoidentifikation sollte infolgedessen ein allgemeines Risikoprofil definiert werden.[129] In Abbildung 3 werden verschiedene Risiken nach den unterschiedlichen Risikokategorien dargestellt. Hierbei ist zwischen externen und unternehmensinternen Risikoarten zu unterscheiden. Die unternehmensinternen Risiken stellen die finanzwirtschaftlichen, leistungswirtschaftlichen und die Risiken des Managements dar.
Abbildung 3: Risikoidentifikation: Allgemeines Risikoprofil
(Quelle: In Anlehnung an Hornung/Reichmann/Diederichs (1999): 320).
Um die hier dargestellten externen und unternehmensinternen Risiken frühzeitig zu erkennen sind Instrumente erforderlich, die Risiken unter Berücksichtigung von systembezogenen und ökonomischen Aspekten erfassen. Dabei besteht die Notwendigkeit, eine Vielzahl von Instrumenten bereitzustellen, um möglichst alle bestandsgefährdenden Risiken erfassen zu können. Die Instrumente sollten besonders flexibel und frei wählbar sein, so dass sie vielfältig eingesetzt werden können und den Anforderungen der Risikoidentifikation[130] gerecht werden.[131]
Unabhängig von der verfolgten Vorgehensweise der Risikoerkennung kann eine große Anzahl an Instrumenten eingesetzt werden. Diese können ohne erhebliche Änderungen nach der progressiven[132] sowie nach der retrograden[133] Vorgehensweise eingesetzt werden. Folgende Abbildung 4 visualisiert eine Zusammenstellung der Instrumente, die bei der Risikoidentifikation häufig eingesetzt werden.
Abbildung 4: Instrumente der Risikoidentifikation
(Quelle: In Anlehnung an Burger/Buchhart (2002): 68).
Neben den hier ausgewählten Instrumenten der Risikoidentifikation gibt es eine Vielzahl von Methoden zur Risikoerkennung, die entsprechende Daten für die Instrumente der Risikoidentifikation zur Verfügung stellen. Im Folgenden werden einige Basismethoden zur Informationsgewinnung aufgeführt:
Die Besichtigungsanalyse eignet sich besonders bei innerbetrieblichen und technischen Risiken (z. B. Untersuchung einer Lagerhalle auf Brandrisiko).[134]
Die Organisationsanalyse untersucht mögliche Schwachstellen in risikoorientierten Aufbau – und Ablauforganisationen (z. B. Engpässe in Prozessen).[135]
Bei der Dokumentenanalyse können umfassende Informationen über Risiken zur Verfügung gestellt werden. Die Informationsgewinnung ist vom Aufbau der innerbetrieblichen Informationssysteme abhängig (z. B. Verträge, Pläne, innerbetriebliche Statistiken).[136]
Mit Hilfe von Mitarbeiterbefragungen können entscheidende Informationen über Risiken gewonnen werden. Erfahrene und fachkundige Mitarbeiter in den jeweiligen Bereichen sind häufig in der Lage, explizite Informationen über Risiken zu geben (z. B. Einsatz von geeigneter Befragungsdurchführung wie Brainstorming). Weil jeder Mitarbeiter aufgrund unterschiedlicher Fachkompetenzen eine subjektive Sichtweise hat, ist die Objektivität schwer zu gewährleisten. Die Subjektivität ist daher als Problem zu betrachten.[137]
Im Folgenden werden die ausgewählten Instrumente der Risikoidentifikation analysiert, die zur Bewältigung der externen und unternehmensinternen Risiken besonders bedeutend sind und in der Praxis häufig eingesetzt werden.
3.1.1.1 Brainstorming
Das Brainstorming zählt zu den bekanntesten und in der Praxis am häufigsten angewendeten Kreativitätstechniken.[138] Durch die Eigenschaft der intuitiv-kreativen Ideenfindung[139] werden zahlreiche Lösungsmöglichkeiten eines Problems innerhalb einer Gruppe generiert. Um kreative Lösungen anzufertigen ist eine gewisse Gruppendynamik entscheidend. Daher ist auf eine bestimmte Gruppenanzahl (ca. zehn Teilnehmer) zu achten. Außerdem kann die Heterogenität der Gruppenteilnehmer in fachlicher, psychologischer und charakterlicher Hinsicht die Kreativität der Ideenfindungen maßgeblich fördern.[140]
In Bezug auf die Risikoidentifikation soll mit dem Brainstorming, unabhängig von methodischen oder systematischen Vorgehensweisen, eine möglichst vollständige Erfassung aller bestandsgefährdenden Risiken erreicht werden.[141] Demgemäß ist für ein erfolgreiches Brainstorming die Einhaltung gewisser Grundregeln[142] maßgeblich. Beispielsweise ist die Quantität der Ideen vor die Qualität zu stellen, da davon auszugehen ist, dass mit steigender Ideenzahl auch eher eine bedeutsame Problemlösung gefunden werden kann.[143]
Hinsichtlich der Vorgehensweise der kreativitätsfördernden Diskussionen erfolgt zunächst die Generierungsphase. Hierbei hat eine uneingeschränkte und spontane Aufzählung unterschiedlichster Risiken zu erfolgen. In der darauffolgenden Auswertungsphase werden diese Vorschläge nach externen und unternehmensinternen Risiken sortiert, strukturiert und bewertet.[144]
Der Vorteil dieser Methode ist, dass bei entsprechender Gruppenbildung ein kreatives Auffinden von Risiken ermöglicht wird. Eine regelmäßige Durchführung des Brainstormings kann dazu beitragen, neue Risiken im Zeitverlauf der Unternehmensentwicklung zu erkennen.[145]
Nachteil dieser Methode ist jedoch, dass ein stark ausgeprägter Hierarchieunterschied zwischen den beteiligten Teilnehmern zu einem wesentlich geringeren Ergebnis führt. Inwiefern das Brainstorming zu bedeutsamen Ergebnissen...