Die demografische Entwicklung ist in vielen hochentwickelten Industriestaaten – und so auch in Deutschland – von einer deutlichen Zunahme der Anzahl älterer Menschen bei gleichzeitig markant sinkenden Geburtenraten gekennzeichnet. Dies führt langfristig zu einer Abnahme der Bevölkerungszahl, welche z.B. in Deutschland nicht durch die Zuwanderungsrate ausgeglichen wird. [5]
Der Begriff „Demografie“ setzt sich zusammen aus dem altgriechischen Begriffen démos, zu dt.: „Volk“ und graphé, zu dt.: „Schrift, Beschreibung“. Daher wird im Deutschen häufig das Synonym „Bevölkerungswissenschaft“ angewandt.[6] Die demografische Entwicklung setzt sich aus zwei Bestandteilen zusammen: Zum einen aus der räumlichen Entwicklung mit seinen Zu- und Abwanderungen und zum anderen aus der natürlichen Bevölkerungsentwicklung, welche im Wesentlichen durch die natürliche Geburten- und Sterberate bedingt ist.[7]
Auf Grundlage der Entwicklungen in der Vergangenheit können Prognosen zur demographischen Struktur in der Zukunft gemacht werden. Anhand der Geburtenzahlen eines Jahres kann abgeschätzt werden, wie viele Menschen in etwa 18-20 Jahren in den Arbeitsmarkt eintreten und ihre Arbeitsleistung zur Verfügung stellen werden. Genauso sicher lässt sich prognostizieren, welche Anzahl an älteren Menschen gemäß der gesetzlichen Regelung in den Ruhestand treten und aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Es lässt sich bereits heute absehen, dass Aufgrund der minimalen Geburtenrate die Anzahl junger Arbeitskräfte sinkt und das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen steigt.
Abb. 1: Alterspyramide in Deutschland – Vergleich 2010 und Prognose 2040
Quelle: Statistisches Bundesamt (2011)[8]
Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Folgen für den deutschen Arbeitsmarkt: Die Zahl der erwerbstätigen Personen zwischen 20 und 64 Jahren wird in den kommenden drei Jahrzehnten um 10 Millionen zurückgehen, da mehr Menschen in den Ruhestand gehen als junge Nachwuchskräfte aufschließen. Entfallen heute auf einen Einwohner im nicht erwerbstätigen Alter drei Erwerbspersonen, so wird diese Anzahl in 30 Jahren auf lediglich 1,5 Personen sinken.[9] Dieser Umstand kann aus heutiger Sicht nicht vollständig durch Rationalisierungsmaßnahmen bzw. durch die Entwicklung von Technik und Technologie kompensiert werden.
Seit Jahren steigt in Deutschland das Durchschnittsalter der Erwerbstätigen an, jedoch sind nicht alle potenziell erwerbfähigen Personen auch erwerbstätig. So sind nur etwa ein Drittel aller 55- bis 64-Jährigen derzeit noch beschäftigt, die anderen zwei Drittel sind durch reguläre Verrentungen, Vorruhestandsregelungen oder Arbeitslosigkeit bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Die Arbeitslosenquote Älterer ist durchgängig höher als im gesamten Bevölkerungsdurchschnitt.[10]
Darüber hinaus ist der überregionale Ausgleich von Angebot und Nachfrage innerhalb des Arbeitsmarktes erschwert, da jüngere Arbeitskräfte als mobiler und flexibler gelten. Altersbedingt werden mehr Arbeitskräfte aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als Nachwuchskräfte eintreten. Spätestens ab 2015, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten „Baby Boomer“-Generation das Rentenalter erreicht, wird sich diese Situation massiv verschärfen.[11]
Trotz eines aktuellen, aus „wahlstrategischen“ Gründen offerierten, aber mit Sicherheit nur kurzfristig ausgelegten Frühverrentungsprogrammes der Bundesregierung, mit welchem einigen Jahrgängen der Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren in der Rentenversicherung schon mit 63 ermöglicht wird, ist das reguläre Eintrittsalter für eine abschlagsfreie Altersrente in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen. In den Jahren 2012 bis 2029 wurde durch die Regierung die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre beschlossen.[12]
Bis 1996 war es teilweise möglich mit frühestens 60 Jahren abschlagsfrei in den Ruhestand zu gehen. Dies ermöglichten z.B. die Altersrente für Frauen, langjährig unter Tage Beschäftigte oder die Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Mit Einführung der Rente mit 67 Jahren verschieben sich schrittweise die Altersgrenzen für Frührentner und deren Abschläge. Diese sollen die höheren Kosten ausgleichen, die der Rentenversicherung durch längere Rentenbezugszeit entstehen, wenn Altersrenten vorzeitig bezogen werden. Diese Verschiebung zeigt sich im stetig steigenden Renteneintrittsalter der letzten Jahre.[13]
Damit möglichst viele Menschen bis zum Regelrenteneintrittsalter auch noch erwerbstätig sind, bietet die Politik verschiedene Förderprogramme an, um vor allem Unternehmen einen finanziellen und strukturellen Anreiz zur Beschäftigung älterer Personen zu bieten. Dazu zählt die am 19.04.2007 vom Bundestag als Gesetz verabschiedete Initiative „50plus“, welches Regelungen und Programme zur Verbesserung der Beschäftigungschancen für ältere Personen festlegt. Zielgruppe der Initiative sind vor allem Langzeitarbeitslose (Alter: ca. 50-64 Jahre). Verschiedene, regionale eingesetzte Maßnahmenpakete sollen dazu beitragen, sie wieder im Erwerbsleben zu integrieren. Ausgewählte Programme hieraus sind u.a.:
Tab. 1: Initiative „50plus“
Quelle: Vgl. Stock-Homburg, R. (2010), S. 722f.
Heute ist das Maßnahmenpaket der Eingliederungsförderung seitens der Agenturen für Arbeit weitestgehend in die laufenden Prozesse der Grundsicherungsstellen übergegangen und wurden durch das Institut für Arbeit und Qualifikationen (IAQ) analysiert. Von 2008 - 2010 erhielten 387.000 Langzeitarbeitslose über 50 Jahren eingliederungsfördernde Maßnahmen. Von diesen konnten etwas mehr als 106.500 (27,52%) wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das bedeutet, dass mehr als jeder vierte geförderte ältere Langzeitarbeitslose somit in den allgemeinen Arbeitsmarkt zurückgeführt werden konnte.[14]
Maßnahmen wie die Initiative „50plus“ zeigen, dass auch seitens der Politik die Wichtigkeit der Erhaltung der Leistungsfähigkeit älterer Mitarbeiter erkannt wurde und weiter darin investiert wird, politische Rahmenbedingungen für die Verlängerung der Erwerbstätigkeit älterer Menschen zu schaffen. Um diese Entwicklung in der Vergangenheit besser nachzuvollziehen, erhebt die Bundesagentur für Arbeit regelmäßig Beschäftigungsquoten in den verschiedenen Altersschichten. Errechnet wird diese Quote[15] wie folgt:
Abb. 2: Berechnung der Beschäftigungsquote
Quelle: Bundesagentur für Arbeit
So ist laut der Arbeitsagentur zwischen 2002 und 2012 die Beschäftigungsquote der 55- bis 65 Jährigen stärker gestiegen als jene der jüngeren Altersgruppen. In Zahlen bedeutet dies: Die Beschäftigungsquote der 15- bis unter 65jährigen hat von 2002 auf 2012 um 7,2% zugenommen. Die der 55- bis unter 60jährigen ist mit +15,2% mehr als doppelt so stark und die der 60- bis unter 65jährigen mit +23,6% mehr als dreimal so stark gestiegen.[16] Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die weitgehende Abschaffung der vorgezogenen Altersgrenzen und die stufenweise Heraufsetzung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre allmählich seine Wirkung zeigt.[17]
Doch die genauere Betrachtung der Beschäftigtenzahlen zwischen dem 60. Und 65. Lebensjahr zeigt ebenso, dass eine Vielzahl von ihnen nicht bis zum Regelrenteneintritt einer Beschäftigung nachgeht. Nur 32,9% der 62-Jährigen, 22,4% der 63jährigen und 17,3% der 64jährigen übten demnach eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. So befanden sich im Alter von 64 Jahren nur noch 12,1% der erwerbsfähigen Bevölkerung in einer versicherungspflichtigen Vollzeit-tätigkeit.[18]
Abb. 3: SV-pflichtige Beschäftigung im rentennahen Alter 2013
Quelle: IAQ der Universität Duisburg-Essen (2014), S. 1
Faktisch kann gerade in dieser Altersschicht keine Beschäftigungsquote von 100% erreicht werden, da z.B. nicht berufstätige Ehefrauen, oder Bezieher von frühzeitigen Erwerbsminderungsrenten nicht zum Erwerbspersonenpotenzial zählen, genauso wie auch Selbstständige und Beamte in den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nicht in der Beschäftigungsquote inkludiert sind. Dennoch wird von der Agentur für Arbeit eine Zielgröße von 60% genannt, die es zu erreichen gilt. Dies bedeutet, dass gerade in den letzten fünf Erwerbsjahren vor der gesetzlichen Regelaltersgrenze eine große...