Zwar ist die Technologie des Web 2.0 für die meisten Nutzer zweitrangig, dennoch nimmt die Technologie eine Schlüsselrolle im Konzept des Web 2.0 ein, denn die nachfolgend aufgeführten technologischen Komponenten des Web 2.0 ermöglichen es erst auf eine einfache Art und Weise im Web 2.0 aktiv teilzunehmen und waren Voraussetzung für den Erfolg.[62] Die einfache Art der Nutzung wird auch Usability genannt und stellt ein Maß der Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit von Softwarenutzern dar.[63]
Voraussetzung für die Nutzung der technologischen Neuerungen im Web waren schnellere Datenübertragungsraten, sinkende Internetnutzungskosten sowie einer damit einhergehende steigende Anzahl von Haushalten mit Breitbandzugängen, welche Internetgeschwindigkeiten über 1 Mbit/s zulassen. In 2009 waren in Deutschland für 96,5 Prozent aller Haushalte Breitbandzugänge verfügbar.[64] Auch die Zahl der tatsächlich geschalteten Breitbandzugänge stieg im Zeitablauf dynamisch an.[65] In Deutschland ergibt sich eine Haushaltspenetration mit Breitbandinternet von 63,68 Prozent,[66] welche im Zeitablauf in Abbildung 3 dargestellt.
Abbildung 3: OECD-Breitband-Statistik
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis OECD (2010a)
Parallel zur Verfügbarkeit und Verbreitung von breitbandigen Internetzugängen, sanken auch die Kosten für die Nutzung des Internets im Zeitablauf. Diese Entwicklung ist in Abbildung 4 dargestellt
Abbildung 4: Preisindex Festnetz und Internet
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis STATISTISCHES BUNDESAMT (2011)
Dies ist ein Grund zeitunabhängige (Internet)Tarife, sog. Flatrates, zu wählen. Dadurch ist die Partizipation im Web 2.0 keine temporäre Aktivität mehr, sondern ein permanenter Zeitver- treib.[67] Nutzer können daher kostengünstig in Web 2.0-Platt-formen mitwirken und sind theoretisch permanent im virtuellen Raum erreichbar. Durch diese kommunikationstechnologischen Entwicklungen wurden damit die technologischen Neuerungen des Web 2.0 möglich, welche im Folgenden dargestellt werden.
Asynchronous Java Script XML (AJAX) ist ein Sammelbegriff für einige moderne und bereits bekannte Programmiersprachen und die meistdiskutierte Technologie in der Web 2.0- Architektur.[68] Diese von Garrett in 2005 geprägte Technologie,[69] zeichnet sich durch die Möglichkeit einer kontinuierlichen Kommunikation zwischen Benutzer und Webseite aus[70]. Diese kontinuierliche Kommunikation erlaubt Interaktionsmöglichkeiten und Anwendungen im Internet, welche bisher nur von stationären Anwendungen bekannt waren oder zusätzliche Programme wie Adobe Flash benötigten, welche ebenfalls interaktive Applikationen erlauben[71]. Neben den Vorteilen von AJAX wie Usability, Interaktionspotential und Technologieverbreitung sind als Nachteile die Abhängigkeit von der Programmiersprache Javascript, der Verlust der Navigationsfähigkeit im Webbrowser sowie Sicherheitsrisiken zu nennen.[72]
Das Akronym RSS bedeutet je nach betrachteter Version RDF[73] Site Summary, Rich Site Summary oder Really Simple Syndication und ist ein weiterer Technologietreiber des Web 2.0.[74] Als neueste Entwicklung der RSS-Technologie ist weiterhin noch das Atom-Protokoll zu nennen.[75] Versionsunabhängig zeichnet sich RSS als Protokoll der eXtensible Markup Language (XML) Programmiersprache aus, welche es dem Nutzer ermöglicht die neuesten Einträge auf einer Internetseite zu abonnieren. Diese neuesten Einträge einer Internetseite werden als sog. RSS-Feed zusammengefasst, lassen sich mit speziellen Programmen (RSS-Reader) abonnieren und werden in festen Zeitabständen von diesen Programmen gelesen. Der RSS-Reader informiert dann den Benutzer bei vorliegen neuer Inhalte. Viele Web 2.0-Dienste nutzen dieses Protokoll um Inhalte schnell zu verbreiten.[76] Für das Marketing ist RSS daher ein Instrument zur klassischen Sender-Empfänger-Kommunikation, um neue Inhalte einer Webseite auf schnellem Wege zu verbreiten.[77]
Hinsichtlich der soziokulturellen Treiber sind im Kontext des Web 2.0 die Änderungen des Nutzerverhaltens zu untersuchen. Die Änderung des Nutzerverhaltens in Form von Partizipation und Aufgabe der Anonymität im Internet ist ein zentraler Erfolgsfaktor des Web 2.0.[78] Von der gesellschaftlichen Seite wird dieser Wandel des Nutzerverhaltens durch verschiedene Faktoren begünstigt:[79]
Eine stark fragmentierte Gesellschaft wird wiederhergestellt, z.B. durch das Wiederfinden alter Freunde in Social Networks.
Die Web 2.0-Plattformen bieten eine große Bühne für Selbstinszenierung.
Der Nutzer ist unter Gleichen. Es gibt keine Differenzierung nach sozialer Herkunft.
Technische Faszination des Web 2.0.
Neben den genannten gesellschaftlichen Motiven existieren angebotsspezifische Motive für die Nutzung Web 2.0 Angeboten:[80]
Kommunikative Motive in Social Networks.
Die Suche nach Unterhaltung in Video Sharing Plattformen.
Die Suche nach Informationen in Weblogs und Wikis.
Kernstück des Web 2.0 bleibt aber die Partizipation. Motive für die Partizipation und Erstellung von benutzergenerierten Inhalten sind hauptsächlich der Mehrnutzen durch Spaß, Informationsverbreitung, die persönliche Dokumentation des eigenen Lebens und Kommunikationsaspekte.[81] Die Förderung und Nutzbarmachung dieser Motive ist daher ein Erfolgsfaktor für Web 2.0-Plattformen und sollte bei der Nutzung des Web 2.0 im interaktiven Marketing berücksichtigt werden.
Als ökonomische Treiber des Web 2.0 werden im Folgenden die Verhaltensänderungen von Kunden, Anbietern und dem Wettbewerb zwischen Anbietern dargestellt. Konsumenten haben heute unter einer Informationsüberflutung zu leiden, daher schotten sich Konsumenten von diesen Informationen ab und lassen Information nur noch sehr selektiv zu[82]. Diese Abschottung ist ubiquitär und nicht auf klassische Medien beschränkt, denn z.B. Werbeblocker in gängigen Internetbrowsern machen es zunehmend schwieriger den Kunden auch im WWW anzusprechen.[83] Hybride Konsumstrukturen erschweren zudem die Erreichung von gewünschten Zielgruppen mittels klassischer Sender-Empfänger-Kommunikation durch Massenmedien. Konzepte wie electronical-Word-of-Mouth (eWoM), einer Art elektronischen Mund-zu- Mund-Werbung und die virale Verbreitung von Kommunikationsbotschaften sind Möglichkeiten des Web 2.0 den Kunden individuell anzusprechen und interaktiv in den Kommunikationsprozess einzubinden.[84] Zudem gewinnt das Web 2.0 als Informationsquelle für Konsumenten an Bedeutung.[85] Der Konsument im Web 2.0 sucht gezielt nach Produktbewertungen durch andere Kunden in Web 2.0-Plattformen und wird durch das Lesen dieser Bewertungen in der Kaufentscheidung auf positive oder negative Art und Weise beeinflusst.[86]
Eine zentrale ökonomische Triebkraft auf Kunden- und Anbieterseite des Web 2.0 ist der sog. Long Tail. Geprägt wurde der Begriff von Anderson, welcher damit das Geschäftsmodell mit Nischen im Web 2.0 beschreibt,[87] denn das Kundenverhalten ist heute geprägt von dem Wunsch nach Individualität.[88] Durch ein quasi unendliches Produktportfolio im WWW, sinkende Suchkosten und Nachfrageaggregation wird es möglich ökonomisch effizient Nischenartikel zu vertreiben.[89] Im Speziellen bei digitalisierten Produkten, welche keine relevanten Lagerkosten verursachen. Ein langer Schwanz an Nischenartikeln entsteht, welche einzeln gesehen ökonomisch nicht von Bedeutung sind. Kumuliert ergibt sich aber durch die quasi unendliche Länge der sog. Long Tail-Kurve ein Verkaufsvolumen, welches an das der wenigen populären Artikel heranreicht.[90] Für das interaktive Marketing bietet der Long Tail eine Chance effizient kleine Nischenmärkte zu bearbeiten und Cross-Selling-Potentiale zu nutzen. Begünstigt werden diese Cross-Selling-Potentiale durch Weiterempfehlungen im Web 2.0 oder intelligente Shop Systeme, welche dem Nutzer weitere Kaufvorschläge unterbreiten.[91] Im selben Kontext sind Mass Customization Ansätze zu nennen, welche es ökonomisch effizient ermöglichen Nischen und den Kundenwunsch der Individualisierung zu befriedigen.[92] Die genannten Konzepte des Long Tail und Mass Customization ermöglichen also aus Unternehmenssicht Wettbewerbsvorteile hinsichtlich Individualisierung und Kostengünstigkeit.
Aber auch die steigende Wettbewerbsintensität zwischen Anbietern beeinflusst das Web 2.0. Der erhöhte Innovationsdruck fördert Konzepte wie Open Innovation hervor.[93] Unter Open Innovation ist die Integration des Endkunden in den Innovationsprozess zu verstehen. Als Chancen ergeben sich für Unternehmen durch Open...