3 Intrapreneurship als Ziel eines modernen Unternehmens
Das Zeitalter des Wissens und der Globalisierung ist geprägt durch das zunehmende Streben der Arbeitnehmer nach Individualisierung und Autonomie sowie durch Veränderungen in nahezu allen Bereichen der Makroumwelt. Da Unternehmen stark durch den stetigen Wandel und die Instabilität der Umwelt beeinflusst werden, ist ein Umdenken von deren Seite notwendig. Einer der wichtigsten Aspekte dieser Veränderungen ist der erhöhte Wettbewerbsdruck, welcher sich durch die Globalisierung der Märkte gesteigert hat. Durch den daraus resultierenden Abbau von Markteintrittsbarrieren, wodurch alle Länder am Wettbewerb beteiligt sein können, ist ein stetiger Anstieg an neuen Wettbewerbern und Substitutionsgütern erkennbar. Diese Entwicklung wiederum führt zu einem steigenden Kostendruck auf Unternehmen sowie reduzierten Produktlebenszyklen. Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass durch Innovationen in der Informations- und Kommunikationstechnik das Wissen und die Gedanken der Menschen schneller übermittelt werden können. Die daraus resultierende, viel diskutierte Marktdynamik spielt ebenfalls eine gravierende Rolle, da durch Forschung und Entwicklung sehr schnell radikale Innovationen entstehen können und diese durch die Globalisierung in kürzester Zeit auf verschiedensten Märkten angewandt werden können.[37] Daher kristallisierten sich Innovationsfähigkeit und Schnelligkeit als wichtigste Aspekte heraus, um auf dem Markt effizient bestehen zu können. Um dies im Unternehmen umzusetzen, werden unternehmerisch handelnde und denkende Mitarbeiter benötigt, welche sich vermehrt für das Unternehmen einsetzen.
Die folgende SWOT Analyse zeigt die Stärken und Schwächen eines Mitunternehmertums im Unternehmen sowie die Chancen und Risiken der heutigen Makroumwelt, welche Auswirkungen auf Intrapreneurship haben, auf. Dadurch wird deutlich, dass das Intrapreneurship-Konzept ein äußerst geeignetes Instrument darstellt, um seine Mitarbeiter zu Zeiten des Wandels zu fördern.
Abbildung 6: SWOT-Analyse
(Quelle: Eigene Darstellung)
Innovationsfähigkeit und Geschwindigkeit bei der Reaktion auf Marktveränderungen sind die bedeutendsten Stärken eines Unternehmens, welches nach dem Intrapreneurship-Konzept arbeitet. Denn durch die außergewöhnlich aktive Mitarbeit des Intrapreneurs im Unternehmen und seine unternehmerisch handelnde und denkende Art wird die Innovationskraft und Reaktionsgeschwindigkeit des Unternehmens langfristig gesichert und auch die Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Globalisierung und Innovationsdynamik verbessert. Des Weiteren beeinflusst die Globalisierung trotz diverser Risiken für die Unternehmen die Umsetzung des Intrapreneurship-Konzeptes positiv, da erst durch diese die Notwendigkeit von Intrapreneurship entstanden ist.
3.1 Begriffsabgrenzung
Der Begriff Intrapreneurship wurde erstmals 1980 von Giffort Pinchot entwickelt. Pinchot bildete aus den Worten intracorporate und entrepreneur einen Neologismus, indem er durch das Präfix intra und dem Begriff entrepreneur die Verbindung Intrapreneurship herstellte. Dies bedeutet, dass alle Mitarbeiter so handeln und denken sollen, als wäre es ihr eigenes Unternehmen. Dabei soll das Präfix intra zur Verstärkung dienen, dass die Mitunternehmer im Unternehmen handeln.[38] In Deutschland wird Intrapreneurship mit Begriffen wie Mitunternehmertum oder internes Unternehmertum gleichgesetzt. Eine allgemeine Definition für Intrapreneurship ist in der wissenschaftlichen Literatur nicht bekannt. Daher wird im Folgenden ein Überblick über gängige Definitionen gegeben.
Nach Bitzer ist Intrapreneurship
„ein Konzept zur Förderung unternehmerischen Verhaltens auf allen Ebenen einer bestehenden, großen Organisation, welches zum Ziel hat, Innovationen zu stimulieren und zu realisieren, sowie der sinnentleerten und neuerungsfeindlichen Atmosphäre am Arbeitsplatz entgegenzuwirken.“[39]
Häfelfinger definiert Intrapreneurship als „eine Methode, um bürokratische Strukturen aufzubrechen und das unausgeschöpfte Ideen- und Leistungspotential von Mitarbeitern zu aktivieren.“[40] In dieser Arbeit wird mithilfe einer Verbindung aus den zahlreichen Definitionen eine Arbeitsdefinition abgeleitet.
Ein Intrapreneur ist ein unternehmerisch handelnder und denkender Mitarbeiter, welcher sowohl auf der Führungsebene auftreten kann, als auch als Mitarbeiter. Durch sein innovatives Verhalten steigert er die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Effizienz des Unternehmens und fördert zeitgleich seine eigene Karriere. Während es die Aufgabe des Unternehmens ist, zuerst die Rahmenbedingungen für eine freie Entfaltung von Intrapreneurship herzustellen, liegt es danach an den jeweiligen Mitarbeitern selbst, ihren Entwicklungsprozess zu fördern. Daher entwickelte Pinchot 1988 zehn Leitsätze, nach denen ein Intrapreneur handeln sollte, welche in der folgenden Übersicht dargestellt werden.
Abbildung 7: Intrapreneur´s 10 commandments
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Leclerc [o. J.], o. S.)
Durch die verstärkte Individualisierung im Zuge des vorherrschenden Wertewandels sind diese Leitsätze heutzutage jedoch schwer umzusetzen. Daher hat Rolf Wunderer im Jahr 2007 diese erweitert und an die heutigen Rahmenbedingungen angepasst. Nach Wunderer spielen Aspekte wie Teamarbeit und Identifikation mit der Arbeit heute eine größere Rolle, damit ein Mitarbeiter ein mitunternehmerisches Verhalten zeigt. Die nachfolgende Auflistung zeigt die sieben neuen Leitsätze nach Wunderer auf.
Abbildung 8: Verhaltens- und Entwicklungsleitsätze für Mitarbeiter als Mitunternehmer
(Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Wunderer [2007], S. 90)
Dabei wird nochmals deutlich, dass ein Intrapreneur ein eigenständig und verantwortlich denkender Mitarbeiter ist, welcher dennoch teamorientiert handelt. Da diese Bereitschaft auf freiwilligem Engagement basiert, stellt ein Intrapreneur auf langfristige Sicht gesehen einen hohen innovativen Wert für das Unternehmen dar.
3.2 Voraussetzungen zur Implementierung des Intrapreneurship-Konzepts
Grundsätzlich beziehen sich das Konzept des Intrapreneurship und die daraus entstandenen Innovationen nicht nur auf Modelle für Großunternehmen, sondern auch auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Zu diesem Thema wurde vom Entrepreneurship Lehrstuhl der Universität Wien eine Analyse der KMU durchgeführt. Diese „Analyse der Top 100 des deutschen Mittelstands (…) zeigt, dass auch hier bereits 55% des Umsatzes und 59% des Gewinns durch Produkte erfolgen, die jünger als drei Jahre alt sind.“[41]
3.2.1 Marktprinzip
Um die Voraussetzungen für die Entstehung von Intrapreneurship im Unternehmen zu gewährleisten, ist es notwendig, neben dem Hierarchieprinzip ein Marktprinzip einzuführen. Das Hierarchieprinzip bildet die Grundlage jedes Unternehmens, da alle Mitarbeiter in einer bestehenden Organisation agieren. Oftmals wird eine Idee durch den hierarchischen Entscheidungsprozess verworfen, bevor sie zum Vorstand gelangen kann. Durch das Marktprinzip wird dieses Konzept innovativ erweitert, wodurch die Mitarbeiter befähigt werden, aktiv und selbstständig zu denken und zu handeln. Dieses Marktprinzip gliedert sich in den Markt für Kapital, Ideen und Talente auf. Alle drei Faktoren sind erfahrungsgemäß in jedem Unternehmen vorhanden, kommen aber häufig nicht zur Entfaltung, da die Hierarchieebene dies verhindert.
Erste Hindernisse zur Entfaltung von Intrapreneurship zeigen sich auf dem Markt für Kapital im Unternehmen. In zahlreichen Unternehmen wird das Budget für die verschiedenen Abteilungen anhand der Vorperiode oder der hierarchischen Position vergeben. Aus Angst vor Verlusten wird Kapital für eine Idee häufig nur gestellt, wenn der Markt für das Produkt oder die Dienstleistung groß genug ist. Da aber radikale Innovationen meist einen neuen Markt schaffen und sich nicht auf bestehenden Märkten eingliedern, kommt es hier häufig zu Barrikaden bei der Umsetzung. Durch diese Risikoaversion wird Kapital zahlreich in sichere Tätigkeiten investiert und bremst das Innovationspotential der Mitarbeiter. Als Vorreiter für riskioaffine Kapitalgeber gelten Business Angels und Venture Capitalists. Diese investieren in mögliche Chancen und beziehen das mögliche Risiko wenig in ihre Entscheidung mit ein. An diese Idee angelehnt kann nach dem Intrapreneurship-Konzept ein weiteres Finanzierungsinstrument eingeführt werden, um das Marktprinzip im Unternehmen erfolgreich zu implementieren. Dabei wird ein internes Venture Capital eingeführt, welches ausschließlich dem Zweck dient, innovative Ideen zu fördern. Dieses Kapital ist für alle Mitarbeiter frei verfügbar und wird durch interne Venture Capitalists, je nach Umsetzbarkeit der Idee, vergeben.[42]
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