Sie sind hier
E-Book

Investoren-Aktivismus in Deutschland und seine Bedeutung für das Strategische Management der Unternehmung

AutorEwa Pierscinska
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl79 Seiten
ISBN9783638534802
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Unternehmensführung, Management, Organisation, Note: 2,0, Freie Universität Berlin, 118 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Eine Vielzahl von Fällen des Missmanagements in deutschen börsennotierten Aktiengesellschaften (AGs) hat in den 90er Jahren Defizite der Unternehmensleitung und -kontrolle in Deutschland aufgedeckt. Diese Entwicklung war ausschlaggebend dafür, dass die Unternehmensleitung und -kontrolle, auch unter dem Begriff der Corporate Governance bekannt, zum zentralen Thema in Deutschland in den späten 90er Jahren geworden sind. Das Grundproblem der Corporate Governance stellt das Verhältnis zwischen dem Management und den Eigentümern einer Aktiengesellschaft (AG) dar, weil das Management bei seinen Entscheidungen die Interessen der Aktionäre nicht angemessen berücksichtigt. In Deutschland ist in jüngster Zeit aufgrund der zunehmenden Institutionalisierung, der Verwaltung privater Ersparnisse durch professionelle Kapitalanleger, eine verstärkte Einflussnahme von hauptsächlich institutionellen Investoren auf die Corporate Governance und die Unternehmensführung bzw. -strategie börsennotierter AGs zur Erreichung eigener Investorenziele zu beobachten. Dieser sog. Investoren-Aktivismus ist in den USA bereits stark verbreitet und wird nun in Deutschland zunehmend relevanter. In der Literatur ist der Investoren-Aktivismus in Deutschland bislang wenig untersucht. Ferner sind Untersuchungen zu Auswirkungen der Einflussnahme auf die Unternehmensführung und im besonderen auf das Strategische Management rar. [...]

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Investoren-Aktivismus in Deutschland

 

Das Ziel dieses Abschnittes ist es, die historische Entwicklung des Investoren-Aktivismus in Deutschland aufzuzeigen. Hierzu ist es zunächst notwendig, den Kapitalmarkt und seine jüngsten Veränderung zu analysieren, da diese für die Entwicklung des Investoren-Aktivismus mitverantwortlich sind. Die hier erzielten Ergebnisse dienen als Ausgangspunkt für die Untersuchung der Einflussnahme der Investoren auf das Strategische Management in Kapitel 4.

 

5.                  Entwicklung der Kapitalmarktstruktur in Deutschland

 

Die „Deutschland AG“

 

Der deutsche Kapitalmarkt und insbesondere der Aktienmarkt haben im Vergleich zu angloamerikanischen Staaten eine viel geringere Bedeutung (Deutsche Bundesbank 1997, S. 28). Die Gründe hierfür sind vielfältig und auf rechtliche sowie steuerliche Regulierungen zurückzuführen (Matthes 2000, S. 30 ff.; Witt 2003, S. 81 f.). Die Einführung von Reformen[18] in den 90er Jahren hat zuletzt bedeutende Veränderungen mit sich gebracht (Jürgens et al. 2000, S. 14 f.; Matthes 2000, S. 30).

 

Die Anzahl der AGs und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) hat sich seit Mitte der 90er Jahre bis 2003 fast vervierfacht. Ende 2003 waren in Deutschland 15.311 AGs und KGaA angemeldet, wovon jedoch nur 829 börsennotiert waren (Deutsches Aktieninstitut e.V. 2004, S. 01-1-a , 02-1-a). Die Marktkapitalisierung[19] hat sich seit Mitte der 90er Jahre ungefähr verdoppelt und lag 2003 bei rund 855 Mrd. Euro (Deutsches Aktieninstitut e.V. 2004, S. 03-2). Trotz dieses Wachstums ist der deutsche Aktienmarkt im Vergleich zu denen anderer Industrienationen klein[20]. Ein indirekter Grund könnte darin liegen, dass die Aktien als Anlageinstrument in Deutschland vergleichsweise wenig akzeptiert werden (Götz 2000, S. 80). Gerade 7,1 % der Deutschen waren 2003 im Besitz von Aktien (Deutsches Aktieninstitut e.V. 2004, S. 08.3-Zahl-D).

 

Ein bedeutendes Kennzeichen der deutschen Kapitalmarktstruktur ist die enge kapital- und personenbezogene Verflechtung großer deutscher Unternehmen untereinander. Diese enge Verflechtung wird in der Literatur oft mit dem Begriff der „Deutschland AG“ umschrieben (vgl. Streeck/Höpner 2003). Höpner und Krempel (2003) haben in einer Analyse das Netzwerk der „Deutschland AG“ visualisiert, um aufzuzeigen, welche Unternehmen als Zentren der Verflechtung bezeichnet werden können. Den Kern der „Deutschland AG“ bildeten 1996 mehrere Finanzinstitute, die im Zentrum des visualisierten Netzwerks stehen (Höpner/Krempel 2003). Die „Zentren der Macht“, wie Schmidt (2001) sie plakativ nennt, sind institutionelle Investoren, genauer gesagt Banken und Versicherungen (Schmidt 2001, S. 253 ff.). Die Abbildung 4 zeigt die Netzwerkverflechtungen[21] von 1996.

 

 

Abbildung 4: Netzwerk der „Deutschland AG“ von 1996 (Kengelbach/Roos 2006, S. 19)

 

Dieses für Deutschland charakteristische Netzwerk lässt es zu, dass sich diese Gruppe aufgrund von Beteiligungsverflechtungen und Überkreuzbeteiligungen gegenseitig „unterstützt“ (Schmidt 2001, S. 185). Diese Vernetzung wird durch Vorstands- und Aufsichtsratverflechtungen noch weiter verschärft (Matthes 2000, S. 45). Man spricht auch von „koordiniertem Kapitalismus“ (Beyer 2002, S. 118).

 

Die Abbildung 5 zeigt die Netzwerkverflechtungen in 2004, basierend auf den gleichen Unternehmen, die 1996 zur Analyse herangezogen wurden.

 

 

Abbildung 5: Netzwerk der „Deutschland AG“ von 2004 (Kengelbach/Roos 2006, S. 19)

 

Innerhalb von acht Jahren sind signifikante Änderungen in dem Netzwerk der „Deutschland AG“ eingetreten. Es wird deutlich, dass die „Deutschland AG“ eine bedeutsame Auflösung erfahren hat. Im Zentrum stehen immer noch Banken und Versicherungen, allerdings mit wesentlich weniger Beteiligungen. Viele Unternehmen sind aus dem Netzwerk ausgeschieden, andere wiederum verfügen nur noch über eine einzige Eigenkapitalverbindung in dem Netzwerk. Die Gründe für die Auflösung der „Deutschland AG“ sind vielfältig. Zum einen haben steuerpolitische Änderungen, die seit 2000 gezielt die Netzwerkauflösung unterstützen sollten, sowie gesellschaftsrechtliche Änderungen dazu beigetragen. Zum anderen sind der Verkauf von Beteiligungen aufgrund sinkender Renditen sowie die Umorientierung der Banken zum Investmentbanking[22] für diese Entwicklung verantwortlich (Höpner/Krempel 2003; Kengelbach/Roos 2006, S. 12). Ferner haben diese Entwicklungen dazu beigetragen, dass auch die personellen Verflechtungen bis 2004 rückläufig waren, allerdings stagnierte die Auflösung der Verbindungen zwischen 2001 und 2004. Kengelbach und Roos (2006) vermuten, dass „die durch Abbau der Eigenkapitalbeteiligungen verlorene Möglichkeit der Einflussnahme innerhalb der Deutschland AG zum Teil durch ein Beibehalten der personenbezogenen Verflechtungen kompensiert worden sein könnte“ (Kengelbach/Roos 2006, S. 21).

 

Die Aktionärsstruktur

 

Neben dem Netzwerk gegenseitiger monetärer und personeller Verflechtungen stellen der relativ hohe Festbesitz[23] und der vergleichsweise geringe Streubesitz[24] weitere charakteristische Merkmale der deutschen Kapitalmarktstruktur dar (Gerke/Mager 2003, S. 551; Götz 2000, S. 79; Matthes 2000, S. 18 f.). Im Jahr 2004 hatte in 52,1 % aller börsennotierten AGs in Deutschland ein Großaktionär einen Stimmrechtanteil über 50 %[25]. Bei 74,5 % der börsennotierten AGs trat ein Minderheitseigentümer[26] auf (Kengelbach/Roos 2006, S. 17). Die Studie von Becht und Boehmer (2001) zeigt allerdings, dass innerhalb der Gruppe der börsennotierten AGs andere Ergebnisse für die DAX 30-Unternehmen erzielt wurden. Hier lag der Median der größten Anteilspakete bei nur 11 %, somit befinden sich diese weitgehend im Streubesitz (Becht/Boehmer 2001, S. 135).

 

Neben den Veränderungen aufgrund der kapital- und personenbezogenen Entflechtungen, hat sich im Zuge der Institutionalisierung, d. h. der zunehmenden Verwaltung privater Ersparnisse durch professionelle Kapitalanleger, auch die Aktionärsstruktur in den letzten Jahren verändert (Steiger 2000, S. 27 ff.). Die Tabelle 2 zeigt die Anteile der Sektoren an den gesamten Aktienbeständen von 1991 und 2003 einschließlich der prozentualen Änderung.

 

 

Tabelle 2: Anteile der Sektoren an den gesamten Aktienbeständen von 1991 und 2003 (Deutsches Aktieninstitut e.V. 2004, S. 08.1-3)

 

Auf den ersten Blick ist aus der Tabelle ersichtlich, dass das Geld, das zuvor bei nichtfinanziellen Investoren und Banken lag, jetzt in den Händen von Versicherungen, Investmentfonds und ausländischen Investoren (Übrige Welt) ist.

 

Während 1991 noch knapp 70 % des Aktienbestandes im Besitz von nichtfinanziellen Investoren war, wurden 2003 nur noch weniger als 50 % von dieser Investorengruppe gehalten. Trotzdem spielen diese Anteilseigner weiterhin eine wichtige Rolle auf dem Aktienmarkt.

 

Im Gegensatz zu finanziellen Investoren unterliegen nichtfinanzielle Investoren keinen gesetzlichen Anlagebeschränkungen[27], so dass es ihnen möglich ist, hohe Beteiligungen einzugehen. Die Studie von Becht/Boehmer (1999) zeigt, dass diese Investorengruppe einen hohen Anteil an den „blockholdern“ der deutschen börsennotierten Unternehmungen ausmacht. 27,4 % der Aktionäre mit großen Anteilspaketen waren private Haushalte, 24,6 % Nichtfinanzunternehmen und immerhin noch 3 % Öffentliche Haushalte (Becht/Boehmer 1999, S. 81).

 

Der Anteil der privaten Haushalte am Aktienbesitz in Deutschland ist zwar rückläufig und vergleichsweise[28] gering, aber dennoch bedeutend. In der Statistik enthält die Gruppe der privaten Haushalte neben Privatpersonen und Personengesellschaften auch die wohlhabenden Gründerfamilien bzw. -aktionäre. Die Letzteren zählen zu einer der bedeutendsten Aktionärsgruppe, weil sie in der Regel einen großen Anteil an einer Unternehmung besitzen. Bei den von Bassen (2002a) befragten börsennotierten Unternehmungen[29] zählen die Gründer/Familien zu der dominierenden Aktionärsgruppe[30] (Bassen 2002a, S. 222). Auch die Nichtfinanzunternehmen stellen trotz des Rückgangs ihrer Aktienanteile immer noch eine sehr wichtige Aktionärsgruppe dar (Bassen 2002a, S. 222; Gedajlovic/Shapiro 1998, S. 537; Tuschke/Sanders 2003, S. 633).

 

Der Staat als nichtfinanzieller Aktionär hat seine Aktienanteile auf nur noch 0,9 % reduziert[31]. Grund...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Management - Wirtschaft - Coaching

Zeitmanagement im Projekt

E-Book Zeitmanagement im Projekt
Format: PDF

Von Projektleitern und ihren Mitarbeitern wird grundsätzlich eine exakte Punktlandung erwartet: Sie sollen das Projekt zum vereinbarten Termin beenden, selbstverständlich die Budgetvorgaben einhalten…

Zeitmanagement im Projekt

E-Book Zeitmanagement im Projekt
Format: PDF

Von Projektleitern und ihren Mitarbeitern wird grundsätzlich eine exakte Punktlandung erwartet: Sie sollen das Projekt zum vereinbarten Termin beenden, selbstverständlich die Budgetvorgaben einhalten…

Basiswissen Beschaffung.

E-Book Basiswissen Beschaffung.
Format: PDF

Anhand vieler Beispiele für die relevanten Aufgaben und Methoden der Beschaffung bietet der Band Grundwissen für den Quereinsteiger sowie ein Repetitorium für den Praktiker. Das Buch gibt eine kurze…

Basiswissen Beschaffung.

E-Book Basiswissen Beschaffung.
Format: PDF

Anhand vieler Beispiele für die relevanten Aufgaben und Methoden der Beschaffung bietet der Band Grundwissen für den Quereinsteiger sowie ein Repetitorium für den Praktiker. Das Buch gibt eine kurze…

Weitere Zeitschriften

arznei-telegramm

arznei-telegramm

Das arznei-telegramm® informiert bereits im 53. Jahrgang Ärzte, Apotheker und andere Heilberufe über Nutzen und Risiken von Arzneimitteln. Das arznei-telegramm®  ist neutral und ...

Ärzte Zeitung

Ärzte Zeitung

Zielgruppe:  Niedergelassene Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten. Charakteristik:  Die Ärzte Zeitung liefert 3 x pro Woche bundesweit an niedergelassene Mediziner ...

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

Baumarkt

Baumarkt

Baumarkt enthält eine ausführliche jährliche Konjunkturanalyse des deutschen Baumarktes und stellt die wichtigsten Ergebnisse des abgelaufenen Baujahres in vielen Zahlen und Fakten zusammen. Auf ...

Card Forum International

Card Forum International

Card Forum International, Magazine for Card Technologies and Applications, is a leading source for information in the field of card-based payment systems, related technologies, and required reading ...

Das Grundeigentum

Das Grundeigentum

Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft. Für jeden, der sich gründlich und aktuell informieren will. Zu allen Fragen rund um die Immobilie. Mit ...

dental:spiegel

dental:spiegel

dental:spiegel - Das Magazin für das erfolgreiche Praxisteam. Der dental:spiegel gehört zu den Top 5 der reichweitenstärksten Fachzeitschriften für Zahnärzte in Deutschland (laut LA-DENT 2011 ...

elektrobörse handel

elektrobörse handel

elektrobörse handel gibt einen facettenreichen Überblick über den Elektrogerätemarkt: Produktneuheiten und -trends, Branchennachrichten, Interviews, Messeberichte uvm.. In den monatlichen ...