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Irmgard Rode (1911-1989)

Dokumentation über eine Linkskatholikin und Pazifistin des Sauerlandes

VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl232 Seiten
ISBN9783741211881
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,49 EUR
Die linkskatholische Pazifistin Irmgard Rode (1911-1989) war nach dem 2. Weltkrieg Kommunalpolitikerin in der sauerländischen Kreisstadt Meschede und später wohl die bekannteste Frau am Ort. Ihr Leitmotiv: 'Das Leben zum Guten wenden.' Diese Dokumentation lenkt den Blick auf ihr Lebenszeugnis für die eine Menschenfamilie: Hilfe für Flüchtlinge; Aufnahme von sozialbenachteiligten Kindern in die eigene Familie; Initiativen der internationalen Versöhnungsarbeit und des Jugendaustausches unter dem Dach der 'Freunde der Völkerbegegnung'; Einsatz gegen Rassismus und das Verschweigen der nationalsozialistischen Massenmorde in nächster Nähe; Gründung eines Internationalen Kinderhauses; Aufklärung über die menschenfeindliche Religion des Militär- und Kriegsglaubens; Widerstand gegen die atomare Aufrüstung der 1980er Jahre ... Die streitbare Friedensarbeiterin arbeitete mit Menschen aus allen demokratischen Lagern zusammen, die sich um mehr Menschlichkeit bemühten.

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Leseprobe

II. Dokumentarisches zu Joseph Beckmann (1886-1959)


Aus dem Briefwechsel und Gedichtmappen von Irmgard Rodes Vater

Ausgewählt von Angelika Rode30

Die nachfolgenden Briefe und Gedichte hat Angelika Rode (Soest) aus dem von ihr aufbewahrten Familienarchiv ausgewählt und zusammen mit ihrem Sohn Ivo Köster – unter Mitarbeit von Peter Bürger – am Computer erfasst. Sie zeigen beispielhaft, wie intensiv sich Joseph Beckmann (1886-1959), der Vater von Irmgard Rode, als katholischer Pazifist direkt ab 1945 wieder der Friedensarbeit verschrieben hat. Der erhaltene Briefwechsel zeigt außerdem, dass Beckmann mit bedeutenden Linkskatholiken und FDK-Vertretern (Walter Dirks, Nikolaus Ehlen, Josef Rüther, Franziskus Stratmann OP) in Verbindung stand und namentlich im Vorfeld der Gründung einer deutschen Sektion von „Pax Christi“ (Ostern 1948 in Kevelaer) sogar von Pater F. Stratmann OP inhaltlich um Zuarbeit gebeten worden ist. Auch ein Schreiben Reinhold Schneiders vom 17.9.1951 an ihn liegt vor, in dem die heftige „innerkatholische“ Kontroverse um die Friedensfrage im Klartext thematisiert wird.

Joseph Beckmann (1886-1959), der Vater von Irmgard Rode

1. JOSEPH BECKMANNS MUNDARTGEDICHT „DAT OLLE BRÜGGSKEN“ (1944)

([Joseph Beckmann] schrieb dieses Gedicht [...],

nachdem sein Sohn gefallen war.)

De niee Brügge is nu proat.

De Lüe säggt, se wöär en Stoat –

so breet un fast van Steen un Iesen.

Stolt döht se Vader, Moder wiesen.

Ick kann mi gar nich drüöwer frain.

Ick magg de Brügge garnich seihn.

Ick truer dat olle Brüggsken noa.

Wu stonn dat leiwe Brüggsken doa!

Dat olle Brüggsken was van Holt,

gebriäklick wull, dann et was ollt.

Män’t drög so trü un ganss gedüllig

de Foatlaipers smoal un füllig.

Dat olle Brüggsken was so riek,

stonn tüsken Baim un gröne Strük.

An’t Kölksken Buotterblomen frisk,

de Wieske’n bunten Blomendisk!

De niee Brügge is so arm.

Den Iesenkrach – de mäck nich warm!

Se ligg so ungeneert un blaut.

Wildat se kahl is, schint se graut.

Wu was dat olle Brüggsken riek!

Wat trurig is, vertell ick gliek:

Mien leiwen Jung met sienen Frönd

häbbt hier de leste Rast sick gönnt.

Dann moss he wierr noa Russland goahn

in’n Krieg, üm Lüde dauttosloan.

Up jedden Wägg, bi jedden Tratt

dach’ he an’t Brüggsken, an sien’n Schatts

Du Brücksken, löchtest em in’n Draum

met Wittdornstruuk un Eekenbaum,

In all sien Söcht – doa was en Spier

van Heimweh noa dat Brüggsken hier. –

Du Brüggsken, dähs no lange luern,

äs Vader, Moder üm em truern. –

Wi Noabers un auk annere Lü –

wi truert, Brüggsken, auk üm di.

Textquelle: Holling, Margret / in Kooperation mit dem Stadtheimatbund Münster (Hg.): 25 Jahre Plattdeutscher Gesprächskreis – Bürgerhaus Kinderhaus. Münster 2007, S. 186.

In Holling 2007, S. 186 ist zu diesem Gedicht vermerkt: „[Joseph Beckmann] schrieb dieses Gedicht um 1943, nachdem sein Sohn gefallen war.“ – Indessen hat J. Beckmann das Gedicht wohl erst 1944 verfasst, denn sein Sohn Ivo musste Sylvester 1943 als Soldat sein Leben lassen und sein Sohn Egon ist am 25.6.1944 „gefallen“. – Der Abdruck dieses Gedichtes im Jahr 2007 ist vor folgendem Hintergrund zu sehen: Joseph Beckmanns Schwiegertochter Maria Beckmann, geb. Eller, verheiratet mit Alfons Beckmann, „hat selbst viel auf Platt gedichtet und gehörte in [Münster-]Kinderhaus zu so einem plattdeutschen Kränzchen“ (mitgeteilt von Angelika Rode am 27.11.2014). Vermutlich hat Maria Beckmann Mundarttexte ihres Schwiegervaters beim „plattdeutschen Kränzchen“ eingebracht. In der 2007 erschienenen Veröffentlichung des Plattdeutschen Gesprächskreisen Kinderhaus sind jedenfalls gleich drei plattdeutsche Gedichte von J. Beckmann aufgenommen worden. – Im Internet ist nunmehr zugänglich das postum 1964 erschienene Mundartliederbuch: Joseph Beckmann: „Laot us singen!“ – Liederbuch eines ,plattdeutschen Pazifisten‘ im Münsterland. = daunlots. internetbeiträge des christine-koch-mundartarchivs am museum eslohe. nr. 74. Eslohe 2014. www.sauerlandmundart.de

Während des 2. Weltkrieges: Irmgard Rode, geb. Beckmann mit einem der zur Wehrmacht einberufenen Brüder, einer Tante und dem Vater.

2. JOSEPH BECKMANN: „DAS WÜCHSIGE BÄUMCHEN“ (8.11.1945)

[Offenkundig als Reaktion auf eine Predigt in der Ortskirche niedergeschrieben.]

Das wüchsige Bäumchen

(Eine Predigt, die nicht gehalten wurde.)

8.11.1945

Vorbemerkung: Die Predigt, die gehalten wurde, tadelte das Fällen eines wüchsigen Bäumchens im Kirchenbusch in nüchterner Weise. Sie beschränkte sich auf die Erörterung des Sach- und Geldschadens zu Lasten des Pfarrers.

Sie haben ein wüchsig Bäumchen gefällt,

Der Stumpf zeigt es traurig an.

Wer treibt hier Verschandlung in Wald und Feld?

Hat Frevelmut es getan?

Vielleicht nur törichter Unverstand,

Denn Hunger und Kälte sind ja im Land.

Ich habe ihn selbst gesehen, den Stumpf, den Baumkrüppel, der nun dahinsiecht. Und es hätte noch so gerne gelebt, das Bäumchen. Dass es im Kirchenbusch war, wo dieses geschehen, tut wenig. Das Holz als Nutzholz gehört ja der Kirche. Aber ein Baum, ein Wald ist nicht nur etwas Nützliches, sondern auch etwas Schönes, er macht Freude, und die Freude ist unser aller. Letzthin aber gehört Baum und Wald dem lieben Gott, er lässt ihn wachsen, und Nutzen und Schönheit und Freude gibt er uns durch ihn.

Allen diesen hat der Baumtöter geschadet. Aber er tat es gewiss nicht aus Frevelmut, dann hätte er es schon früher tun können. Warum gerade jetzt?

Hunger und Kälte sind ja nicht weit,

So verleitete ihn wohl nur Unbedachtsamkeit.

Das tröstete mich und versöhnte mich. Ich kenne den Täter nicht. Vielleicht war’s eine Frau, ein grösseres Kind vielleicht, halbwüchsig. Wie es kam, dass ihr Blick getrübt wurde für das Unrecht, wir wissen es nicht.

Überlegung übt ja die Frau nicht sehr [sic!],

Doch Helfen und Heilen um so mehr,

Verstand, das ist nicht ihre Stärke31 [sic!],

Doch Bereitschaft zu jedem Liebeswerke.

Aber wenn es ein junger Mann gewesen wäre, und ich meine, es war einer. Ich stelle ihn mir vor: Ein junger Mann, vor kurzem zurückgekehrt aus dem Kriege uns aus harter Gefangenschaft. Er hat seine Frau, seine Kinder heil wiedergefunden, und das hat den Lebensmut in ihm wieder entfacht. Sonst hätte er sich nicht die Mühe gemacht, in den Wald zu gehen und Holz zu hauen, er wäre untätig geblieben. Aber er will ja den Seinen und sich selbst helfen, denn die Winterkälte droht und sie haben nichts zu heizen. Wie gern hätte er sich Kohlen geholt, wenn auch mit schwerer Mühe, aber niemand gab sie ihm. Da muss Holz aushelfen. Dass er an ein wüchsiges Bäumchen geraten, das hat er nicht bedacht. Er war ja im Kriege, und wieviel wüchsige Menschen sind um ihn herum getötet oder zu Krüppeln geworden! Das Schaurige, das er sechs Jahre mit ansehen und mittun musste, mitantun musste jungen, lebendigen Menschen, von denen der Apostel sagt, dass sie Tempel des hl. Geistes sind, das hat ihn stumpf gemacht gegen das, was er dem Bäumchen getan. Sein Sinn war tot für so etwas. Die grossen Missetaten, das Töten von Menschen immerfort Tag um Tag und Jahr um Jahr hat ihn blind gemacht für das Töten eines Bäumchens.

Sie haben Millionen Bäumchen gefällt,

Die Kreuze zeigen es an.

O schauriger Frevel an Gottes Welt,

Es schreit zum Himmel hinan!

Wenn dich das tote Bäumchen betrübt,

Gedenke der Schändung, vom Kriegswahn verübt.

Damit verlassen wir den Übeltäter, der ja gar nicht übel tun wollte, sondern gut. Ihm sei vergeben. Im Kriege war ja jedes Unrecht Recht (Menschenmorden wie Bäumeschänden), jetzt soll es wieder Unrecht sein! Es ist unsere Aufgabe, den im Kriege Verirrten und durch den Krieg Verwirrten wieder die Augen zu öffnen dafür, was jetzt Recht und Unrecht ist. Ja, weit mehr! Wir wollen erkennen allesamt, dass Menschen töten wie Bäumchen töten immer Unrecht ist, auch im Kriege. Doch darüber in späteren Predigten.

Noch einmal zurück zu den Tempeln des hl. Geistes:

Bedenke, wie viele Tempel entweiht,

Zerstört im Völkermorden,

Wieviel des Geistes, der Göttlichkeit

Zu Schlachtfelddünger geworden,

Zu Kehricht und Auswurf, besudelt, verdreckt! –

Bedenkt’s, wenn das tote...

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