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JesusMaria

Christentum für Frauen

AutorBeatrice von Weizsäcker
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783492967860
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Ist die Bibel tatsächlich so männlich gemeint? Taugt Jesus als Vorbild? Oder Maria? Es sind alte Fragen. Fragen, die nicht nur die Autorin umtreiben, sondern Männer und Frauen beider Konfessionen. Sie zeigt anhand von Geschichten über Frauen in der Bibel und Jesu Wirken den Kontrast zur katholisch-männlichen Wirklichkeit. Sie ist überzeugt: Im Sinne Jesu war das nicht. Frauen spielten in seinem Leben eine entscheidende Rolle. Jesus kannte keine verschiedenen Konfessionen. Es gab sie noch nicht. Er vertrat auch kein männliches Christentum, sondern ein menschliches. Beatrice von Weizsäcker geht es nicht um Gleichberechtigung und die Ökumene. Denn solange es keine Ebenbürtigkeit gibt, kann auch von Ökumene keine Rede sein. Das muss sich ändern.

Beatrice von Weizsäcker, geboren 1958, ist promovierte Juristin und arbeitete viele Jahre als Journalistin in Berlin. Seit 2003 lebt sie als freie Autorin in München. Sie ist Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Zuletzt erschien von ihr »Ist da jemand? Gott und meine Zweifel« (2012).

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Leseprobe

Jesus – ein Vorbild für Frauen?

Die christlichen Kirchen – vor allem die katholische – beanspruchen Jesus als Christus für sich. Auf ihn gründen sie ihre Macht. Das taugt aus zweierlei Gründen nicht.

Erstens hatte Jesus keine Kirche im heutigen Sinne gründen wollen, mit ihren Machtstrukturen und irdischen Schätzen, sondern eine Gemeinschaft von Menschen gleichen Glaubens. Seine Jüngerinnen und Jünger sollten das Wort verbreiten. Dass auch Frauen zu den Jüngern gehörten, ist nach der Bibel verbrieft (Markus 15, 40 – 41). Jesus verkündete stets die Liebe Gottes, nie die Herrschaft einer Institution. Nirgends findet sich ein Hinweis Jesu, eine Organisation gründen zu wollen. Stattdessen berief er einzelne Menschen in seine Nachfolge, Männer und Frauen. Auch von einer Missionierung im großen Stil hielt Jesus nichts.

Zweitens: Mochte er auch eine Gemeinde »bauen«, gründen wollte er sie aber nicht auf sich, sondern auf Petrus, wenn man der Überlieferung Glauben schenkt, was nicht alle tun. Nach Matthäus (16, 18, Lutherbibel) sagte Jesus zwar: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.« In der Einheitsübersetzung ist nicht von Gemeinde, sondern von Kirche die Rede. Aber ob Gemeinde oder Kirche, niemals hätte er eine Kirche mit Machtstrukturen und Prunk gewollt. Jesus schwebte vielmehr eine Gemeinde/Kirche/Gemeinschaft von Jüngerinnen und Jüngern vor, die so glaubten wie er selbst.

Setzt man jedoch eine Gemeinde mit der Institution Kirche gleich, ist es nur folgerichtig, dass sich die Päpste als Nachfolger von Petrus sehen. Auf ihn gründen sie ihre Macht. Für ihre Religion aber berufen sie sich auf Jesus, einen, der angeblich Macht ausüben wollte, es aber nicht tat. Ganz im Gegenteil: Weltliche Gewalt lehnte Jesus ausdrücklich ab. Die grauenvollen Dinge, die im Namen des Christentums geschehen sind, waren an keinem Punkt in Jesu Sinne.

1 Hass versus Seligpreisungen

Zahllose Beispiele belegen, wie Kirche und Christen das Christentum missbrauchten. Kreuzzüge, die nicht christlich waren, sondern mörderisch. Inquisition und Glaubensgerichte, mit denen die Kirche gegen »Ketzer« vorging. Hexenverbrennung, und das unter Berufung auf die Bibel (Einheitsübersetzung, Exodus 22, 17): »Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen.« In der Lutherübersetzung heißt es statt Hexen »Zauberinnen« (2. Mose 22, 17). Beiden gemeinsam ist, dass die Anordnung zur Tötung nur weibliche Personen betrifft. Jesus hätte dem gewiss nicht zugestimmt, denn nach seiner Überzeugung zählte nicht brutale Männlichkeit, sondern Nächstenliebe für alle, also auch für Hexen und Zauberinnen. Christen verdammten den Islam und verfolgten Juden, als hätten Christentum, Islam und Judentum nicht dieselbe Wurzel: Abraham. Den Abraham des Alten Testaments, der als Stammvater, als Glaubensvater dieser Religionen gilt. Nicht von ungefähr nennen sich die drei »abrahamitische Religionen«. Die Exzesse im Namen des Christentums waren niemals akzeptabel.

Denn Jesus war ein ganz anderer.

Ein Blick auf die Seligpreisungen zeigt das klar (Matthäus 5, 3 – 20). Jesus sprach von ihnen in seiner Bergpredigt, dem Kernstück seiner »frohen Botschaft«, des Evangeliums. Zu den Armen sprach er, nicht vor den Reichen. An Menschen wandte er sich, nicht an irgendwelche Mächte. Von Männlichkeit keine Spur, von Brutalität erst recht nicht.

»Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn das Himmelreich ist ihr.«

Jede dieser Seligpreisungen steht im Widerspruch zu den grauenvollen Taten, die im Namen der Christen geschahen. Die Seligpreisungen zeigen einen ganz anderen Jesus als jenen, den die christlichen Verfolger damals im Blick hatten. Aus den Seligpreisungen spricht einer, der uns Vorbild sein kann; kein Gotteskrieger, sondern ein gütiger Gottessohn. Der gerade uns Frauen ein Vorbild sein kann, denn es wirkt zuweilen, als spräche er in seinen Seligpreisungen besonders zu uns.

2 Weiblicher Jesus

Weltweit sind es vor allem Frauen, die Leid ertragen; im Alltag, der Frauen mehr Gleichheit verspricht, als es sie gibt, in der Gesellschaft, in Kriegen, auf der Flucht, bei Überschwemmungen und großer Dürre. Frauen und Kinder sind es, die in der Regel stärker leiden müssen. Meist, weil sie körperlich schwächer sind, aber auch, weil sie nicht als gleichrangig anerkannt werden. Frauen sind in der Regel sanftmütiger, sei es aus Veranlagung, durch Erziehung oder weil man es von ihnen erwartet; viele müssen auch mehr erdulden als Männer, die Beispiele sind genannt. Frauen hungern und dürsten mehr nach Gerechtigkeit, da sie Ungerechtigkeiten von früh auf kennen.

Schon bei der Geburt zählt in vielen Gegenden bis heute ein Junge mehr als ein Mädchen – sichtbar nicht nur in China (als Folge der Einkindpolitik), sondern auch in der westlichen, vor allem konservativen Welt. Viele meinen, nur ein Junge könne Stammhalter der Familie sein, nur er könne den Namen der Familie weitergeben. Als wäre das den Töchtern nicht möglich. Als würde eine Tochter durch Eheschließung und Annahme des anderen Namens nicht mehr zur Familie gehören. Familienname soll der des Mannes sein. Dabei ist es längst erlaubt, auch den Mädchennamen als Familiennamen zu nutzen. »Die Ordnung muss doch klar sein«, heißt es dann. Welche Ordnung? Die einzige Folge dieser Tradition ist, dass Mädchen und Frauen immer wieder herabgesetzt werden.

Die Ungleichbehandlung von Söhnen und Töchtern hat ihre Wurzeln schon in der Bibel: Gebar die Frau einen Sohn, war sie »sieben Tage unrein« und sollte 33 Tage zu Hause bleiben. Brachte sie hingegen eine Tochter zur Welt, galt sie zwei Wochen als unrein und durfte den Tempel 66 Tage nicht betreten, also jeweils doppelt so lang (3. Mose 12, 2 – 5).

Frauen sind in der Regel barmherziger als Männer, ihnen ist es ein Bedürfnis, die Dinge geradezurücken, zuzuhören, zu reden und zu vergeben, statt sich zu bekämpfen, obwohl auch das natürlich vorkommt. Eifersucht und Ruhmessucht sind Eigenschaften fast aller Menschen. Doch kommt es zum Schwur, sind es eher die Frauen, die im Streit nachgeben, nicht die Männer. Vielen Frauen ist es ein Anliegen, zu schlichten und zu vergeben, weil sie mit den Folgen leben müssen und sie Zerwürfnisse schlechter aushalten als Männer.

Ob Frauenherzen reiner sind, weiß ich nicht. Ich kenne nur das eigene brennende Unwohlsein, wenn mein Herz nicht rein ist. Frauen sind friedfertiger als Männer, das stimmt. Das liegt auch daran, dass sie nicht so skrupellos sind wie viele Männer. Dazu kommt mangelndes Selbstbewusstsein, das manche von Kindesbeinen an kennen. Und wenn es zu Gerechtigkeitsfragen kommt, hört man eher Frauen als Männer sagen, sie ertrügen keine Ungerechtigkeit. Gerechtigkeit ist ein Anliegen der Frauen, weil sie mehr unter Ungerechtigkeit leiden als Männer. Und: Männer reden eher (man höre sich manche Sonntagsrede an), Frauen dagegen handeln und kümmern sich. Obwohl es oft schwerfällt – auch mir. Denn es erfordert Einsatz und Mut. Mut, den Jesus stets bewies.

Natürlich sind auch viele Männer mutig, keine Frage, meist scheinen sie nach außen mutiger zu sein. Aber nur Männer und Frauen zusammen sind in der Lage, Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Jeder und jede auf seine/ihre Weise.

In den Seligpreisungen meint Jesus natürlich nicht nur die Frauen, sondern die Männer gleichermaßen. Er spricht aber, sicher absichtslos, überwiegend Frauen an. Er benennt seine eigenen weiblichen Tugenden: Leid tragend, sanftmütig, barmherzig, Gerechtigkeit suchend, um nur die zu nehmen. Weibliche Eigenschaften, die oft als Schwächen ausgelegt werden, in Wahrheit aber Stärken sind.

Ich glaube nicht, dass Jesus die feminine Seite in sich sah. Ganz gewiss dachte er über solche Dinge nicht nach. Gleichwohl: Gerade seine weiblichen Tugenden sprechen mich an. Für mich ist er ein »starker Mann« – mit starken weiblichen Akzenten.

Eines ist sicher: Indem er Frauen in aufmerksamer und heilender Weise wahrgenommen hat, stellte sich Jesus in geradezu ungeheuerlicher Weise gegen die Kultur seiner Zeit, gegen die damals herrschenden Sitten, Gebräuche und Meinungen. Man nehme als Beispiel die Geschichte der Sünderin, die ihm die Füße wäscht und salbt, und der er vergibt (Lukas 7, 36 ff.). Was eine allgemeine Entrüstung nach sich zog – vor allem bei den anwesenden Männern. Um die Sünderin und andere Frauengestalten wird es später noch gehen.

Jesus überging Tabus als stiller Gottessohn, nicht als lautstarker Revolutionär. Darum folgten ihm viele Frauen, die in ihm ihr Vorbild sahen.

3 Gott und Gottesbild

In der Zeit, als Jesus von Nazareth geboren wurde, herrschten Not, Hunger und Unruhen im Land. Es gab Reiche, aber viel mehr Arme, ein gesunder Mittelstand fehlte. Unterdrückung war an der Tagesordnung. Das Christentum war nicht die einzige Religion, die sich gründete. Es existierten etliche Religionen und Kulte. Gemein war den Menschen die Suche, ja Sehnsucht nach...

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