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Jugendkriminalität. Theoretische und empirische Erkenntnisse sowie kriminalpräventive Hilfen

Theoretische und empirische Erkenntnisse sowie kriminalpräventive Hilfen

AutorNadine Heß
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl154 Seiten
ISBN9783640213542
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis39,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Jugendkriminalität ist ein stets aktuelles und brisantes Thema. Insbesondere die im Jahr 2007 aufkommenden mehr oder weniger wissenschaftlich geführten, teilweise durch die Medien stark publizierten Diskussionen, aber auch das Wissen, dass Jugendkriminalität ein immer existentes Thema ist, veranlassten die Autorin zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dieser Thematik. Dabei möchte sie jedoch nicht erneut die Diskussion um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts aufgreifen, da dies meines Erachtens keine adäquate Lösung sein kann, denn es bleibt fraglich, inwiefern eine Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters sowie härtere und längere Strafen junge Menschen vor dem erstmaligen Begehen einer strafrechtlich sanktionierten Handlung abschrecken beziehungsweise davon abhalten können, erneut straffällig zu werden. Ziel dieser Arbeit soll es vielmehr sein, pädagogische Hilfen im Umgang mit straffälligen und von Straffälligkeit bedrohten jungen Menschen in den Blick zu nehmen. Im Jahr 2007 entfachte aufgrund gewaltsamer Übergriffe Jugendlicher eine Diskussion um kriminelle junge Menschen. Damit einher ging die Forderung der Verschärfung des Jugendstrafrechts, welche bis heute jedoch nicht durchgesetzt wurde. Einer der Gründe hierfür könnte darin gesehen werden, dass normabweichendes oder gar straffälliges Verhalten von Jugendlichen insofern kein 'neues' Thema ist, da dies schon immer beobachtet wurde. Heinz (2008) konstatiert in diesem Zusammenhang, dass Jugendliche zwar quantitativ häufiger auffallen, die Straftaten, die von ihnen begangen werden, jedoch meist spontan sind und überwiegend als Bagatelldelikte gelten. Auch Kaiser äußerte sich bereits 1989 wie folgt: 'Soweit unsere Erfahrung reicht, gab es zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften ein von den Erwartungen abweichendes Verhalten junger Menschen. Jugendliche müssen im langgestreckten Übergangsstadium zum Erwachsenenalter einerseits ihre eigene Identität finden, andererseits sehen sie sich verstärkt den Ansprüchen der Gesellschaft ausgesetzt.'

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Leseprobe

II. JUGENDKRIMINALITÄT –


BEGRIFFLICHKEITEN SOWIE THEORETISCHE UND EMPIRISCHE ERKENNTNISSE


 

1. Begrifflichkeiten


 

1.1 Jugendliche – Heranwachsende:


Altersphaseneinteilung aus verschiedenen Perspektiven


 

Entwicklungspsychologie

 

Aus entwicklungspsychologischer Perspektive wird die Lebensphase Jugend als ein Entwicklungsabschnitt gefasst, der mit dem Begriff ‚Adoleszenz’ beschrieben wird. Dieser Lebensabschnitt zwischen Kindheit und Erwachsenenalter umfasst den Zeitraum zwischen dem vollendeten zehnten und 21. Lebensjahr. Die Altersangaben geben lediglich einen zeitlichen Orientierungsrahmen. Genaue altersbezogene Abgrenzungen sind aus der Sicht der Entwicklungspsychologie nicht möglich, da diese Disziplin insbesondere die Bewältigung von bestimmten Entwicklungsaufgaben und das damit einhergehende Erreichen nächst höherer Entwicklungsstufen als bedeutsam erachtet. Dennoch findet man bei Oerter/Dreher (1998) eine grobe Untergliederung der Adoleszenz. Die Autoren unterscheiden zwischen Jugendalter und später Adoleszenz. Das Jugendalter erstreckt sich über die Zeitspanne vom elften bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und untergliedert sich in die Phasen der Transeszenz und der frühen Adoleszenz.[3] Während Transeszenz „für den Übergang von der Kindheit in die frühe Adoleszenz“[4] steht und die Phase der Geschlechtsreife im Alter von elf bis 14 Jahren bezeichnet, umfasst letztere die Altersspanne vom 14. bis zum 18. Lebensjahr. Ferner konstatieren die Autoren, dass insbesondere die „altersbezogene Abgrenzung ‚Späte Adoleszenz’ (18.-21. Lebensjahr) und ‚Junges Erwachsenenalter’ (21.-25. Lebensjahr) relativ willkürlich“[5] erscheint, da der Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen nicht durch einen solch biologisch prägnanten Reifungsprozess wie die Pubertät beim Übergang von der Kindheit zum Jugendalter gekennzeichnet ist. Das 21. Lebensjahr wird dennoch aufgrund der Volljährigkeit häufig als markante Altersgrenze angenommen und ist somit in den gesellschaftlichen Vorstellungen als allgemeine Grenze zwischen Jugendlichen und Erwachsenen verbreitet.[6] Aufgrund sich verändernder gesellschaftlicher Strukturen, wie beispielsweise verlängerte Schul- und Ausbildungszeiten sowie Mangel an Arbeitsplätzen ist für viele junge Menschen der Übergang in den Status eines Erwachsenen mit dem 21. Lebensjahr nicht möglich, da die Bewältigung bestimmter Entwicklungsaufgaben, die aus entwicklungspsychologischer Sicht kennzeichnend für das Ende dieser Lebensphase sind, noch nicht vollständig abgeschlossen ist.[7]

 

Pädagogik

 

„Die gesellschaftliche Konstruktion des Jugendalters und der Lebensabschnitt Jugend werden in der historischen erziehungswissenschaftlichen Literatur zwischen dem 16./17. und dem 25. Lebensjahr, in der neueren Zeit vom 11./12. bis zum 27./29. Lebensjahr – mit unterschiedlichen Phasen von der Pubertät; mit adoleszenten Etappen, die ins junge Erwachsenenalter reichen – markiert.“[8]

 

Versuche einer Abgrenzung der Lebensphase Jugend von anderen Lebensphasen und der damit einhergehenden Bestimmung von Begriffen wie ‚Jugendliche oder Heranwachsende’ werden primär anhand rechtlicher, psychologischer oder soziologischer Kriterien, die sich am Alter oder an Reifungsprozessen orientieren, vorgenommen, an welche sich auch die Pädagogik anlehnt.[9] Nach Böhnisch (1997) ist dies notwendig, da aus pädagogischer Sicht in der Auseinandersetzung mit dem Jugendalter insbesondere die Bewältigungsstrategien der jungen Menschen in dieser Lebensphase bei der Übernahme neuer Rollen sowie der Umgang mit möglichen Konfliktsituationen von Bedeutung sind, die über eine gelingende soziale Integration in die Erwachsenengesellschaft entscheiden können. Dadurch ergeben sich je nach Situation und Kompetenzen der Jugendlichen ganz individuelle Variationen der Biografieverläufe, die nicht nur durch zeitliche Verschiebungen bei der Bewältigung bestimmter Aufgaben, sondern auch durch voneinander abweichende Möglichkeiten und Übergänge der Integration in die Gesellschaft der Erwachsenen herbeigeführt werden und konkrete Alterseinteilungen und -abgrenzungen nur schwer möglich machen.[10]

 

In diesem Zusammenhang verweist auch Münchmeier (2001) darauf, dass für eine Definition der Lebensphase Jugend das Alter zwar ein wichtiges, jedoch nicht ausreichendes Merkmal ist, um diese hinreichend zu bestimmen. Dies liegt darin begründet, dass diese Lebensphase sich zunehmend entstrukturiert und insbesondere der Übergang vom Jugendalter in das Erwachsenenalter so unklare Konturen aufzeigt, dass Altersangaben hierfür kaum mehr möglich und sinnvoll sind.[11]

 

Soziologie

 

Die altersbezogene Abgrenzung der Jugendphase wird auch in der Soziologie diskutiert. Hier hat sich „eine Sichtweise durchgesetzt, die Jugend als eine zeitlich ausgedehnte Lebensphase begreift, die weder mit dem biologisch und psychodynamisch fundierten Erwachsenwerden noch mit der vollen Rechtsmündigkeit endet.“[12] Eine konkrete Altersangabe für den Übergang vom Kind zum Jugendlichen ist aus soziologischer Perspektive nur schwer möglich, da der Statuswechsel fließend und weniger augenfällig verläuft und sich an keinem charakteristischen Ereignis festmachen lässt. Ähnlich verhält sich dies bei dem Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen. Der Statuswechsel verläuft auch hier fließend und ist weitestgehend unabhängig vom Alter. Der Erwachsenenstatus gilt dann als erreicht, wenn der junge Mensch ein gewisses Maß an Selbstständigkeit gemessen an der Bewältigung bestimmter Entwicklungsaufgaben ähnlich denen aus entwicklungspsychologischer Sicht erworben hat.[13] Dennoch versucht man bezugnehmend auf biologische Reifungsvorgänge die Jugendphase in drei größere aufeinanderfolgende Abschnitte zu unterteilen. Dies scheint notwendig, da sich analog zum Alter zunehmend Reifungs- und Entwicklungsprozesse in der Jugendphase vollziehen, die jungen Menschen selbstständiger und verantwortungsbewusster werden, auch wenn ein gewisser Grad an Autonomie, der für den Übergang in den Erwachsenenstatus kennzeichnend ist, noch nicht erreicht wurde. Folglich werden Jugendliche, Heranwachsende und junge Erwachsene unterschieden. In der sogenannten pubertären Phase im Alter von zwölf bis 17 Jahren werden junge Menschen als Jugendliche bezeichnet. Die sich daran anschließende nachpubertäre Phase erstreckt sich über eine Zeitspanne vom 18. bis zum 21. Lebensjahr. Personen in diesem Alter werden entsprechend als Heranwachsende bezeichnet. Junge Erwachsene sind Personen im Alter von 21 bis etwa 29 Jahren.[14] Diese letzte Jugendphase ist durch das „Erreichen der vollen Rechtsmündigkeit bis zum Abschluss der Erstausbildung“[15] definiert.[16] Ähnliche altersbezogene Abgrenzungen finden sich auch bei Hurrelmann (2004), wobei er neben den von Schäfers/Scherr (2005) angegebenen Bezeichnungen für die jeweiligen Phasen auch die Begriffe frühe, mittlere und späte Jugendphase verwendet.[17]

 

Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII)

 

Im §7 Absatz 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes werden folgende Altersphasen-einteilungen und Begrifflichkeiten unterschieden:

 

„Im Sinne dieses Buches ist 1. Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist, (...) 2. Jugendlicher, wer 14, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, 3. junger Volljähriger, wer 18, aber noch nicht 27 Jahre alt ist, 4. junger Mensch, wer noch nicht 27 Jahre alt ist (...).“[18]

 

Jugendgerichtsgesetz

 

Das Jugendgerichtsgesetz kommt nach §1 Absatz 1 JGG dann zur Anwendung, „wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.“[19]

 

Gemäß §1 Absatz 2 JGG gilt, „Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.“[20]

 

1.2 Kriminalität, Verbrechen, kriminell, abweichendes Verhalten –


Jugendkriminalität und -delinquenz:


Eine inhaltliche Annäherung an diese Begrifflichkeiten


 

„Vom Wortstamm her ist Kriminalität auf das lateinische ‚crimen’, das heißt Verbrechen, Vergehen, Schuld zurückzuführen.“[21]

 

„Das Verbrechen (…) als Sozialerscheinung bezeichnet man als ‚Kriminalität’. Dieser Begriff meint die Summe der strafrechtlich missbilligten Handlungen. Sie werden gewöhnlich nach Raum (national, regional, lokal) und Zeit sowie Umfang (Zahl der Delikte), Struktur (Art und Schwere der Delikte) und Entwicklung beschrieben. (…) Kriminalität ist aber keine Wirklichkeit für sich, sondern abhängig von gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen, die auf Verbrechen antworten, sie verfolgen oder ahnden.“[22]

 

Schwind (2001) verweist...

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