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Jugendliche im Abseits

Zur Situation in französischen und deutschen marginalisierten Stadtquartieren

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl302 Seiten
ISBN9783531913735
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,00 EUR
Zum Verständnis der Entwicklungen und Ausprägungen der Exklusionsprozesse in Frankreich und Deutschland ist eine detaillierte Analyse der unterschiedlichen Rahmenbedingungen der beiden Länder erforderlich. Das Thema impliziert nicht nur eine internationale, sondern auch eine interdisziplinäre Sichtweise der Sozialen Arbeit: Nicht nur die Jugendthematik, sondern auch Gender, Migration, Sozialraumorientierung und die Rolle der Medien sind unmittelbar eingebunden.

Dr. Markus Ottersbach ist Professor für Soziologie an der Fachhochschule Köln, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften.
Thomas Zitzmann, Diplom-Pädagoge, ist Leiter einer Flüchtlingsberatungsstelle und Unterrichtsbeauftragter an der Universität zu Köln.

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Leseprobe
"Jugendliche in einer Pariser Banlieue: Am Rand der Städte oder Teil der Stadtgesellschaft? (S. 147-148)

Sonja Preissing

Einleitung

Die Gewalt der Jeunes des Cités, der Jugendlichen in den französischen Vorstädten, wurde spätestens seit den ersten Unruhen in den Vororten Minguettes und Villeurbanne von Lyon im Jahr 1981 zu einer vielseitig diskutierten Thematik (vgl. Bachmann/Le Guennec 1996, S. 359f., Jazouli 1992, S. 19f.). Dabei fokussiert sich der Blick erstens auf eine bestimmte Gruppe, nämlich die männlichen, mit Gewalt assoziierten Jugendlichen. Die Heterogenität der jungen Bewohner/ innen in den Vierteln wie sie beispielsweise durch das Geschlecht, das Alter, das Milieu sowie die unterschiedlichen Lebenskontexte und -entwürfe sichtbar wird wird innerhalb der Diskussion nur unzureichend berücksichtigt (vgl. Avenel 2004, ders. 2005). Zweitens wird das Themenfeld vorwiegend aus einer defizitorientierten Perspektive heraus betrachtet. Die Ressourcen und Kompetenzen der jungen Bewohner/innen bleiben überwiegend außerhalb dieses Blickwinkels.

Trotz der Unterschiedlichkeit der Auswirkungen des Lebens in einem marginalisierten Stadtteil ist die Konfrontation und Auseinandersetzung damit allen Bewohner/innen gemeinsam. Loch (2005) erläutert in diesem Zusammenhang den Begriff der Exklusion, worunter „die mangelnde oder blockierte Zugangsmöglichkeit zu Gütern, Positionen und Beteiligungschancen"" (ebd., S. 45) verstanden wird, also der fehlende Zugang zu ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Kontexten der Gesellschaft.

Konkret bedeutet dies, dass Bewohner/ innen marginalisierter Stadtviertel eine Benachteiligung im Hinblick auf den Zugang zu wichtigen formalen Systemen der Gesellschaft wie beispielsweise Bildung und Beschäftigung – erfahren und aufgrund der Randständigkeit ihres Wohnortes stigmatisiert werden (vgl. ebd., S. 45f). Die Ursprünge der Marginalisierung von Hochhausgebieten in den französischen Vorstädten liegen insbesondere in der Urbanisierungspolitik der 50er und 60er Jahre, die durch die rasante Errichtung sowie die einheitliche und zentralstaatliche Steuerung gekennzeichnet ist.

Die Segregation der Stadtteile wurde somit politisch und städtebaulich eingeleitet (vgl. Kühr 2001, S. 79ff). Zur Ver besserung der Lebensbedingungen in den Vierteln wurde in den 80er Jahren eine sozialpolitische Stadtpolitik, die Politique de la Ville, eingeleitet. Nach 25 Jahren Stadtpolitik muss jedoch festgestellt werden, dass nach wie vor strukturelle Barrieren den Alltag der Bewohner/innen der französischen Vorstädte bestimmen. Insbesondere junge Menschen sind davon betroffen: Die Jugendarbeitslosigkeit in manchen Vierteln beträgt bis zu 50%. Die Hochhausgebiete in den Vorstädten werden für die stadtpolitischen Konzepte anhand sozialräumlicher Kriterien (sozialgeografische Daten) administrativ und politisch als benachteiligte Lebensräume bestimmt.

Dieser Blickwinkel „von außen"" auf das Viertel vernachlässigt jedoch die eigene Perspektive der jungen Bewohner/innen der Banlieues auf ihre Alltagswelt1. Die folgenden Überlegungen basieren auf theoretischen Grundlagen der postmodernen Stadtgesellschaft. Ausgangspunkt ist der gesellschaftliche Bezugshorizont der Menschen in der Postmoderne2, respektive die unterschiedlichen Kontexte und Systeme der postmodernen städtischen Gesellschaft.

Der Alltag der Menschen ist durch drei Bereiche strukturiert: den systemischen Kontext, d.h. den Arbeits-, Bildungs- und Kultureinrichtungen, den lebensweltlichen, privaten Bereich sowie den diskursiven Kontext, der kommunikativen Austausch und zivilgesellschaftliche Beteiligung ermöglicht (vgl. Bukow/Nikodem/Schulze/ Yildiz 2001). Im Hinblick auf den gesellschaftlichen Bezugshorizont der Jugendlichen soll Folgendes näher untersucht werden"
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Jugendliche im Abseits?7
Die allgemeine Situation18
Rassismus, städtische Räume und der Begriff des „ Ghettos“ in Frankreich19
Jugendliche in marginalisierten Quartieren Deutschlands49
Die Situation im Detail Geschlechtsspezifische Aspekte73
Rollenteilung und Ausschreitungen in den Banlieues74
Jungen und Mädchen in marginalisierten Stadträumen Deutschlands89
Migrationsspezifische Aspekte107
Die paradoxen Ausgrenzungen der Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Frankreich – Betrachtung der algerischen, portugiesischen und türkischen Einwanderer108
Jugendliche mit Migrationshintergrund in Deutschland: Ausländer oder Einwanderer?129
Sozialräumliche Aspekte146
Jugendliche in einer Pariser Banlieue: Am Rand der Städte oder Teil der Stadtgesellschaft?147
Die Situation Jugendlicher in Köln-Ostheim176
Segregation als Medienthema191
Der Umgang der französischsprachigen Medien mit Segregation192
Migrantenjugendliche in deutschsprachigen Medien204
30 Jahre Politique de la Ville und kein Erfolg in Sicht?232
Politische Programme gegen Soziale Ausgrenzung Jugendlicher in Deutschland255
Chancen der Sozialen Arbeit269
Jugendprotest im Spiegel von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit – Herausforderungen für die Jugendarbeit270
Autor(inn)enverzeichnis288

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