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Jugendliche und Internet-Communities / Chats

Gratifikationen jugendlicher Internetnutzer durch Teilhabe an elektronischen Gemeinschaften

AutorJulius Mittenzwei, Patrick Hammer
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2002
Seitenanzahl214 Seiten
ISBN9783638108638
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,00 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Multimedia, Internet, neue Technologien, Note: 1,7, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Kommunikationswissenschaft), Veranstaltung: Magisterprüfung, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Kommunikationswissenschaft hat sich mit dem Thema 'Online-Communities' nur am Rande auseinandergesetzt - so gibt es bisher lediglich eine Handvoll Studien zu ihrer Nutzung. Welche Gratifikationen die Teilhabe an Internet-Communities liefern kann, wurde in diesen Untersuchungen jedoch nur partiell berücksichtigt. An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an. Es sollen die Motive für die Nutzung virtueller Gemeinschaften untersucht werden sowie die Gratifikationen, die sie ihren Mitgliedern bieten. Der Fokus liegt dabei auf der Hauptnutzergruppe - den Jugendlichen. Ziel ist es, den speziellen Nutzen virtueller Gesprächsforen für Teenager aufzuzeigen und einen umfassenden Katalog möglicher Gratifikationsdimensionen zu erstellen, um diesen von der Kommunikationswissenschaft vernachlässigten Forschungsbereich zu erhellen. In drei Online-Gruppendiskussionen im Chat der Schüler- und Studentencommunity 'GRIN'3 sollen die Motive und Gratifikationen von Vielnutzern für die regelmäßige Teilnahme an einer virtuellen Gemeinschaft ermittelt werden. Dabei soll die Betrachtung des Alltags der Jugendlichen nicht vernachlässigt werden, da davon ausgegangen werden kann, dass die spezifischen Lebensumstände Heranwachsender sich gravierend auf deren Bedürfnisse auswirken. In der explorativen, qualitativen Untersuchung wird Wert darauf gelegt, möglichst viele der erdenklichen Gratifikationen zu ermitteln, um einen Gesamtkatalog der Nutzungsmotive aufstellen zu können. In der Konzeptionsphase der vorliegenden Arbeit hat der Kommunikationsforscher Prof. Dr. Höflich von der Universität Erfurt wertvolle Anregungen gegeben, um das Gesamtkonzept der Studie zu optimieren. Im ersten, theoretischen Teil der Arbeit sollen die medienwissenschaftlichen Grundlagen zur empirischen Untersuchung vorgestellt werden. Betrachtet wird die Kommunikation innerhalb elektronischer Gemeinschaften, ebenso Jugendliche und die Lebensphase, in der sie sich befinden und letztendlich die für die Studie relevanten kommunikationswissenschaftlichen Theorien. Im empirischen Teil wird daraufhin die grundlegende Forschungsfrage mit den zugehörigen Untersuchungsfragen vorgestellt. Im Anschluss daran wird die Untersuchungsmethode und die Konzeption der Studie präsentiert. Die Ergebnisse der Auswertung der Online-Gruppendiskussionen sollen letztlich dazu beitragen, die Forschungslücke im Bereich der Nutzung virtueller Communities zu schließen.

Patrick Hammer hat in München Kommunikationswissenschaft, Amerikanische Kulturgeschichte, Markt- und Werbepsychologie und Spanisch studiert. Momentan ist er Geschäftsführer des GRIN Verlags und beschäftigt sich mit Themen wie Usability, Business Development und SEO.

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Leseprobe

Die Auswertung der Gruppendiskussionen lieferte eine ganze Reihe an bewussten und unbewussten Motiven für die Communitynutzung. Auf einige dieser Bedürfnisse soll später noch genauer eingegangen werden, dieses Kapitel dient als Gesamtüberblick. Die Motive, die von den jugendlichen Teilnehmern der Untersuchung genannt wurden, lassen sich am besten unter den vier bereits dargestellten Motivdimensionen für Mediennutzung nach McQuail 204 zusammenfassen. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass für die Teilhabe an virtuellen Gemeinschaften zum einen zusätzliche Motive auszumachen sind und zum anderen wohl der Grad der Bedeutung einzelner Motive von dem der Nutzung herkömmlicher Medien abweicht. Nachfolgend werden nun die Motivdimensionen nach McQuail zusammen mit den zugehörigen Motiven für Mediennutzung angeführt. Es soll geklärt werden, ob die einzelnen Bedürfnisse auch bei der Communitynutzung durch Jugendliche eine Rolle spielen - Bedürfnisse, die bei McQuail nicht zu finden sind, werden unterstrichen dargestellt.

Motivdimension Informationsbedürfnis

Orientierung über relevante Ereignisse in der unmittelbaren Umgebung, in der Gesellschaft und in der Welt

Einige User geben an, sich beispielsweise in den Forenbeiträgen über Dinge zu in- die sie "indirekt oder direkt betreffen könnte[n]." 205 Themenspezifisch werden Politik, aktuelle Themen, Musik, und die die unmittelbare Umgebung der Befragten betreffende Schule genannt. Im Chat unterhalten sich manche User ebenfalls über Schulthemen. Insgesamt scheint die Community zwar durchaus zur Orientierung über relevante Ereignisse zu dienen, jedoch werden hierfür offenbar vor allem die Foren genutzt, der Chat ist dabei eher zweitrangig. Vermutlich ist dies keines der Hauptmotive für Communitynutzung durch Jugendliche.

Nahezu alle der befragten Jugendlichen wollen "sich austauschen mit anderen" 206 , sie betonen "eine andere Meinung zu hören, [sei] immer gut." 207 In der Community werden praktische Tipps und Ratschläge diskutiert - rationale Themengebiete wie Computerprobleme und insbesondere emotionale Themen wie private Sorgen und Beziehungen. "Austausch von Erfahrungen und Weitergabe von Ratschlägen" 208 unter Gleichaltrigen sind dabei von besonderer Bedeutung. Insgesamt scheint es ein zentrales Bedürfnis der Nutzer zu sein, durch die Gemeinschaft Entscheidungsalternativen zu finden, sie wollen "verschiedene Meinungen sammeln und dann abwä- gen." 209

"Die Neugier auf andere Persönlichkeiten" 210 ist für einige Nutzer ein Motiv für die Communitynutzung, sie wollen "andere Lebenssituationen kennen lernen." 211 Diese spezielle Neugier ist vermutlich ein Bedürfnis, das durch den Austausch mit anderen Mitgliedern der Community befriedigt werden soll. Auch allgemeines Interesse kann

durch die Teilhabe an der Gemeinschaft befriedigt werden, viele wollen von Zeit zu Zeit nur "rumstöbern in den Beiträgen" 212 , sie lesen dort "einfach nur, was [sie] interessiert." 213 Es ist anzunehmen, dass die besondere Form der Kommunikation in Communities und die Möglichkeit, viele verschiedene Menschen kennen zu lernen und deren Meinungen zu erfahren als bedeutsames Motiv der Jugendlichen angesehen werden kann.

Auch die Motive Lernen und Weiterbildung werden von den Befragten genannt, wo- sie wohl keine zentrale Rolle in der Communitynutzung spielen. "Manche Beiträ- ge sind interessant, da kann man Neues lernen" 214 wird von einem User bemerkt. Auch das Lernen des schnellen Schreibens am Computer wird von einigen erwähnt. "Sowohl auf 'menschlicher Basis' als auch auf intellektueller Basis" 215 könne man laut Meinung diverser Befragter etwas lernen, jedoch scheinen Ratschläge für die persönliche Lebensführung zentraler zu sein, als intellektuelle Weiterbildung. Insgesamt lässt sich sagen, dass durch die Communitynutzung offenbar ein Lern- und Bildungseffekt auftritt und die User dies auch zu schätzen wissen. Anzunehmen ist jedoch, dass dies keines der elementaren Motive ist.

Wie bereits erwähnt, wollen einige Nutzer insbesondere aus den Beiträgen in den Foren wissenswerte Informationen ziehen, um sich weiterzubilden - gerade das Herumstöbern, um Interessantes entdecken zu können, wird oft genannt. Das Einholen von Ratschlägen, um die Richtigkeit eigener Aktivitäten abzusichern, wird ebenfalls von vielen als wichtiger Bestandteil der Communitynutzung erachtet. Demnach ist das Streben nach Sicherheit und Wissen ein Motiv Jugendlicher für die Teilhabe an Communities. Von besonderer Bedeutung ist für sie offensichtlich der Austausch von Ratschlägen für eine Erleichterung der Bewältigung alltäglicher Probleme und für eine Absicherung der Korrektheit eigener Entscheidungen - "weil man sich mit Menschen mit mehr Erfahrung austauschen kann." 216

Motivdimension Bedürfnis nach persönlicher Identität

Dass ähnlich orientierte Menschen in gleichartigen Lebenslagen anzutreffen sind, ist für eine Reihe der Diskutanten eine sehr positive Eigenart der virtuellen Gemeinschaft. Eine Befragte gibt an, sie nutze die Community insbesondere, "weil sich hier hauptsächlich Schüler und Studenten aufhalten." 217 Einige der Untersuchungspersonen finden es positiv, dass andere Mitglieder ihnen ihre Ansicht zu bestimmten Themen schildern: "bei Ungewissheit, weil sie auch eine separate Meinung darstellen." 218 Besonders die Möglichkeit, "Leute zu finden, die gleichgesinnt sind" 219 , scheint jugendlichen Communitynutzern dabei zu helfen, eigene Positionen und Werthaltungen bestätigen zu können. Bei persönlichen Sorgen ist die Bestärkung der eigenen Werte oft wichtig, was vor allem möglich ist, wenn die Kommunikationspartner "die gleichen Probleme haben." 220

Einige der befragten Diskutanten geben an, Freunde aus der Community könnten in verschiedenen Situationen Vorbilder sein:

"Wann? ... gibt viele Möglichkeiten... na ja...zum Beispiel ein optimistisches Vorbild sein, wenn man alles schwarz denkt." 221

Gerade in emotionaler Hinsicht scheinen andere Mitglieder eine Vorbildfunktion ein- zu können, wenn sie beispielsweise "für jemanden da [sind], zuhören und helfen." 222 Es gibt aber auch Vorbilder in Bezug auf praktische Tätigkeiten wie Programmierung. Zudem liefert die Community offenbar auch Orientierungsmodelle für die Organisation der Ausrichtung des eigenen Lebens:

"Ein GRIN-Mitglied ist Amerikaner und ist mit 17 nach Deutschland gezogen, das finde ich sehr beeindruckend" 223

Auch finden sich für einige Befragte negative Vorbilder in der Community, deren Ver- ihrer Ansicht nach nicht nachahmenswert sind:

"Gibt aber auch die Anti-Vorbilder - eine Person, die in Situationen so handelt, dass man sie sich nicht zum Vorbild nehmen will... Kann aber auch ein Vorbild sein, weil man weiß, dass man so nicht sein will..." 224

Es lässt sich also feststellen, dass Community-Nutzer wohl durchaus Verhaltensmo- in der virtuellen Gemeinschaft finden. Dies ist ein Effekt, der aus den zahlreichen Diskussionen und vielen Bekanntschaften in der Community entsteht.

Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, "viele Leute kennen und von vielen ge- werden" 225 ist für einige der Befragten ein wichtiger Aspekt der Communitynutzung. Es ist anzunehmen, dass sich viele der Jugendlichen mit den gleichgesinnten Chattern in der Community identifizieren, sie sind "eben Teil von einer 'Freundesgruppe.'" 226 Der Unterschied zu den herkömmlichen Medien ist hier, dass die Identifikation mit anderen nicht auf parasozialer Ebene stattfindet, sondern direkt durch Interaktion mit anderen entsteht.

Der für die Jugendphase typische Selbstfindungsprozess spielt bei der Community- mit hoher Wahrscheinlichkeit eine tragende Rolle: "Man sammelt Erfahrung." 227 Die befragten Jugendlichen holen sich in allen möglichen Situationen den Rat anderer Mitglieder und diskutieren über verschiedenste Themen, wodurch sie sich auch ihre Meinung bilden:

"Wenn ich in den Beiträgen stöbere, bin ich meistens bei Gedanken....mach mir Gedanken über die Texte und ziehe für mich selbst Schlüsse daraus." 228

Auch die bereits angesprochene Vorbildfunktion kann hier eine...

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