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Kaiser Franz Joseph ganz privat

'Sie haben's gut, Sie können ins Kaffehaus gehen.'

AutorGabriele Praschl-Bichler
VerlagAmalthea Signum Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl272 Seiten
ISBN9783902998316
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
So war Kaiser Franz Joseph wirklich In dem vergnüglichen Lesebuch wird die Geschichte eines Menschen beschrieben, dem das Schicksal das Amt des Kaisers von Österreich zugedacht hatte. Es erzählt von dem hohen Beamten, vom Zigarrenraucher, Jäger und Theaterliebhaber und läßt den Leser als Zaungast in den kaiserlichen Alltag Einblick nehmen. Dem Leser offenbart sich bei der Lektüre ein Unbekannter - ein liebevoller Ehemann, Freund, Vater und ein pedantisch arbeitender Beamter. Hätte die Thronfolge nicht für ihn das Amt des Kaisers bereitgehalten, wäre er ein ganz normaler Bürger geworden. Mit 32 Abbildungen

Dr. Gabriele Praschl-Bichler, geboren 1958 in Wien, beschäftigt sich beruflich mit Alltags- und Habsburger Geschichte und privat mit historischer und gegenwärtiger Koch- und Backkunst. Sie hat zahlreiche Bücher über die Kulturgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts sowie über das österreichische Kaiserhaus veröffentlicht und organisiert Ausstellungen zu diesen Themen. Nebenbei kopiert sie dekorative Wandmalerei und renoviert Häuser.

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Leseprobe

3
Wenn alle aufstehen, muß es wohl
die Kaiserhymne sein


Über die musischen und handwerklichen Talente des Kaisers

Trotz der vielen hochmusikalischen Vorfahren (sehr viele Habsburger sind aus der großen Menge der Familienmitglieder als anerkannte Komponisten hervorgetreten, unter denen Kaiser Leopold I. eine besondere Rolle einnimmt: seine Opern finden sich bis heute auf den Spielplänen der Opernhäuser) scheint Kaiser Franz Joseph nicht die geringste Begabung für Musik gehabt zu haben, so soll er die Kaiserhymne nur daran erkannt haben, daß sich schon während der ersten Takte alle Anwesenden von ihren Plätzen erhoben.

Für die Zeichenkunst zeigte Kaiser Franz Joseph seit seiner Jugend ein wesentlich größeres Talent, wie verschiedene erhaltene Blätter – vorzugsweise Landschaften und Genrebilder – dokumentieren. Außerdem liebte er es, militärische Szenen und typische Volkscharaktere mit dem Zeichenstift festzuhalten. Im Alter von dreizehn Jahren machte er eine solche Sammlung seinem Erzieher, dem Grafen Timotheus Ledochowski, zum Geschenk. Als er mit sechzehn Jahren eine Reise durch Dalmatien unternahm, hielt er seine Eindrücke aus diesem Land mit dem Stift fest, die 1888 anläßlich seines vierzigjährigen Regierungsjubiläums bei der Wiener k.k. Hof- und Kunstdruckerei Reiffenstein & Uhl veröffentlicht wurden. Wie aus dem Vertrag mit dem Kunstverlag hervorgeht, scheint Kaiser Franz Joseph ein Förderer und Anhänger der in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts noch jungen Kunst der Lithographie gewesen zu sein: »Daß Wien an der Spitze dieses Kunstzweiges war, mag wohl auch die damalige kaiserl. und königl. Hoheit, den jungen Erzherzog Franz Joseph, unseren jetzigen hochsinnigen und kunstbegeisterten Kaiser, veranlaßt haben, diese Kunst durch eigene Lithographien zu ehren … Zweiundvierzig Jahre ruhen diese für uns so werthvollen Steine unter besonderer Obhut in unserem Geschäfte, und jetzt zum vierzigjährigen Regierungs= Jubiläum Seiner Majestät wurde uns auf unsere allerunterthänigste Bitte Allerhöchst gestattet, diese Lithographien in einem Album vereinigt der Jubiläums= Ausstellung einzuverleiben, wo sie unzweifelhaft eines der interessantesten Ausstellungsobjecte bilden werden …« (Wien, 1888)

In den Appartements der Erzherzogin Sophie, der Mutter Franz Josephs, fanden für die kleinen Söhne Theateraufführungen, Kinderjausen, Kinderbälle und allerlei Spiele statt, zu denen junge Erzherzoge und ihre Freunde aus hochadeligen Familien geladen wurden. Die einzige Schwester Franz Josephs, Maria Anna, die 1835 geboren worden war, erlebte nicht viele dieser Kinderfeste, da sie 1840 im Alter von kaum viereinhalb Jahren verstarb.

Ein bunter Bericht über einen dieser Kinderbälle ist aus der Feder einer Hofdame der Prinzessin Amalie von Schweden (eine Tochter des Exkönigs Gustav IV. Adolf, dessen Familie sich nach dem Thronverlust Prinzen von Wasa nannte), Sophie Baronin von Scharnhorst erhalten: »Gestern war Kinderball bei der Erzherzogin Sophie, wo eben soviel Große1) als Kinder tanzten. Der Kinderball war durch eine sehr komische Episode verherrlicht. Es entstand auf einmal in der Mazurka – wo der kleine siebenjährige blondlockige Lobkowitz2) tanzte, Sohn von Leopoldine Lobkowitz, geborene Liechtenstein – ein großer, spiegelheller See, auf dem die Puppen hätten eine brillante Wasserfahrt machen können.

Der Kleine war gar nicht überrascht – desto mehr die Mittänzer und Zuschauer. Die Mutter des kleinen Verbrechers stürzte kokelrot auf ihr Kind und führte es zur großen Belustigung des schaulustigen Publikums quer durch die Mazurka hinaus ins Toilettezimmer, wo eine Manipulation mit Servietten den Kleinen instandsetzte, sich wieder zu zeigen und mit den anderen Knaben zu soupieren, eine Naivität, die die Mutter durch allgemeine Heiterkeit büßen mußte, denn die Herren sagten ihr manches ins Ohr, was sie einmal über das andere erröten ließ.« (Brief, März 1851)

Zurück zum jungen Franz Joseph, der traditionsgemäß wie jeder Habsburger ein Handwerk erlernen mußte: Er hatte den Beruf des Buchbinders erwählt. Der Sinn dieser Ausbildung läßt sich auf die Geschichte zahlreicher Herrscher zurückführen, deren Regentschaft durch Umsturz geendet hatte. Daraus hatte man gelernt, daß eine Herrschaft bestenfalls ein Gottesgeschenk ist, daß man für ihre Beständigkeit aber keine Garantie erhalten konnte. Viele Staatsumwälzungen haben abgesetzte Regenten und deren Familien – so man sie am Leben gelassen hatte – ins finanzielle Elend gestürzt. Dem wollten die Habsburger entgegenwirken, indem alle männlichen Familienmitglieder Berufe erlernten, um im Notfall in ein bürgerliches Leben »einsteigen« zu können.

Der Buchbinder Franz Joseph zeigte allerdings wenig Interesse für das Produkt seiner Zunft – er hatte mit Lyrik, Prosa, Noten oder Libretti wenig im Sinn. Musikalisch ist er nur ein einziges Mal, im Bubenalter, hervorgetreten, als er sich während eines Diners in Reichenau vor den diensttuenden Kapellmeister aufstellte und dessen Handbewegungen nachahmte. Für Musik konnte er sich aber im Zusammenhang mit Militärparaden begeistern, zu welcher Vorliebe sich seit Kindesalter ein stark ausgeprägter Ordnungssinn gesellt hatte. So wie er die exakt ausgerichteten Reihen der (musizierenden) Soldaten bewunderte, genauso liebte er Ordnung auf dem Schreibtisch, im Familienleben und im Staatsbetrieb. Ihr widmete er sich mit dienender Hingabe, weshalb er Tausende Male lieber auf das Leben und die pulsierende Wirklichkeit verzichtete, als unerledigte Akten liegenzulassen.

Unter allen Künsten bevorzugte Kaiser Franz Joseph das Theater (seltene Operetten- und Opernbesuche miteingeschlossen), in seiner Kindheit hatte er sogar als Darsteller in von seiner Mutter arrangierten, familiären Theateraufführungen in den Räumen der Hofburg mitgewirkt. Der erwachsene Franz Joseph besuchte mit viel Leidenschaft professionelle Darbietungen, wobei ihm einige Stücke oder deren Darsteller so gut gefielen, daß er einige Vorstellungen sogar mehrmals ansah.

Im Herbst des Jahres 1894 war ein kleines Mädchen, Camilla Gerzhofer, in den vielbegehrten Status der Hofschauspielerin aufgenommen worden. Nach einer längeren Probezeit hatte sie einen fixen Vertrag als Kinderdarstellerin am kaiserlichen Burgtheater mit fünfundzwanzig Gulden Monatsgage, acht Wochen bezahlten Urlaubs und der Kostenvergütung für einen Fiaker zu allen Proben und Vorstellungen erhalten. Ihre Mutter, eine Offizierswitwe, hatte das Mädchen im Alter von zweieinhalb Jahren ans Burgtheater gebracht, wo sie der Komparsenchef Ferrari, dem auch die Besetzung der Kinderrollen oblag, spontan engagierte. Den Ausschlag dazu hatte ihr natürliches Auftreten vor dem erwachsenen Mann gegeben, der als einer der ersten ihrem Charme erlag.

Als sie während des »Vorstellungsgesprächs« auf ein großes Wandgemälde deutete, das Kaiser Franz Joseph im Krönungsornat darstellte, und Ferrari ganz offenherzig fragte, ob denn der Kaiser zu Hause auch immer eine Krone aufhabe, mußte er darüber so lachen, daß dem weiteren Erfolg des Mädchens – zumindest von seiner Seite her – nichts mehr im Wege stand.

Camilla Gerzhofer gab am Burgtheater Tells Sohn, das Kind Carl im Götz und Klein Eyolf in dem gleichnamigen, selten gespielten Stück von Ibsen. Es erzählt vom Schicksal eines gehbehinderten Knaben, der sich nur auf Krücken fortbewegen kann. Mit seiner Darstellung hatte man das begabte Mädchen betraut. Die Eltern Klein Eyolfs waren mit den damaligen Burgtheatergrößen Friedrich Mitterwurzer und Adele Sandrock besetzt.

Klein Eyolf geriet zu einem großen Publikumserfolg, und Kaiser Franz Joseph war von dem Spiel des Kindes so entzückt, daß er der Aufführung insgesamt siebenmal beiwohnte. Und es war vorwiegend die kleine Schauspielerin, die den Kaiser ins Theater lockte, denn er verließ stets nach dem ersten Akt, an dessen Ende das Kind verstirbt, seine Loge. Ein anderer Grund des frühen Aufbruchs mag auch die Angewohnheit des Kaisers gewesen sein, sich gegen neun Uhr abends ins Bett zu begeben, um den darauffolgenden Arbeitstag wie üblich um vier Uhr früh beginnen zu können. Die schon damals in der Gunst des Kaisers stehende Schauspielerin Katharina Schratt wurde anläßlich der großen künstlerischen Leistung des Kindes beauftragt, der Mutter des Mädchens die besten Empfehlungen zu übermitteln und in Erfahrung zu bringen, womit man der kleinen Darstellerin eine Freude bereiten könnte.

Die damals Siebenjährige wünschte sich nichts sehnlicher als eine Puppe, und so übergab Frau Schratt eines Tages dem Mädchen eine Pariser Puppe der Marke Bébé Jumeau, die ein besonderes Modell dieser berühmten Puppenherstellungsfirma war: eine Polichinelle, in deren Brust – von einer abnehmbaren Blechplatte verdeckt – ein Phonograph mit Schlüssel und Federantrieb...

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