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Karotten lieben Butter

Eine Sterneköchin, ein Arzt und ein Wissenschaftler über traditionelles Kochwissen und gesunden Genuss

AutorGunter Frank, Léa Linster, Michael Wink
VerlagKnaus
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783641221874
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Was gutes Kochhandwerk mit gesundem Genuss zu tun hat
Die meisten von uns können kaum noch genießen. Selbst Gäste in Léa Linsters Sterne-Restaurant bringen inzwischen eine Portion schlechtes Gewissen mit zum festlichen Dinner. Muss das wirklich ein Widerspruch sein - Gesundheit und Genuss? In diesem außergewöhnlichen Text-Bildband trifft Kochkunst auf Ärztewissen und Ernährungsforschung. Die Spitzenköchin Léa Linster, der Arzt Gunter Frank und der Evolutionsbiologe Michael Wink haben einen mehrtägigen Selbstversuch unternommen. Sie haben eingekauft, gekocht, gegessen, diskutiert: Welche Art von Essen bereitet Genuss und ist trotzdem gesund? Oder gerade deswegen? Zwischen Wochenmarkt, Herd und gedeckter Tafel erfährt der Leser, warum uralte Kochtraditionen viel mit modernem Forschungswissen zu tun haben und echter Genuss immer auch gesund ist.



Gunter Frank, Jahrgang 1963, ist seit 20 Jahren Allgemeinarzt mit eigener Praxis in Heidelberg und Autor mehrerer sehr erfolgreicher Bücher ('Lizenz zum Essen', 'Lexikon der Fitness-Irrtümer', 'Die Mañana-Kompetenz').

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Leseprobe

Vorgeschichte

»Aber Madame, auf einem schönen Teller schmeckt Ihnen mein Kuchen viel besser.«

Mit beiden Händen griff die Schauspielerin in den Schokoladenkuchen und stopfte sich die abgerissenen Stücke in den Mund. Sie hatte gerade durch eine Ernährungsumstellung zehn Kilo abgenommen. Es war kurz vor Weihnachten, wir waren alle zu Gast beim Nachtcafé des SWR, und das Thema lautete: »Hüftgold unterm Weihnachtsbaum – Schlemmen oder schlechtes Gewissen?« Wieder einmal ging es darum, ob genussvolles Essen Sünde sei und wir dadurch krank und dick werden. Die Schauspielerin beklagte den Magerwahn, der in ihrer Branche besonders ausgeprägt sei und der viel Disziplin und Ernährungskontrolle erfordere. Durch den spontanen und fast hilflos wirkenden Zugriff wollte sie uns demonstrieren, dass sie ihre Genussfähigkeit nicht verloren hatte und noch in der Lage ist, sich Leckeres zu erlauben.

Nun war besagter Schokoladenkuchen nicht irgendein Schokoladenkuchen, sondern ein Geschenk an die Talkrunde von Léa Linster aus Luxemburg, einer der besten Köchinnen auf diesem Planeten. Sie hatte den Kuchen nach dem Rezept ihrer Großmutter gebacken. Dass er aber so malträtiert wurde, damit hatte sie nicht gerechnet, und so sagte sie zu der Schauspielerin: »Aber Madame, ich besorge Ihnen gern einen schönen Teller mit einer Gabel, da schmeckt Ihnen mein Kuchen doch noch viel besser.«

Schokoladenkuchen

»Kinderleicht zu backen und absolut köstlich! Aber bitte dran denken: Die Butter muss weich sein.«

Für 12 Stücke

200 g Edelbitter-Schokolade (70 % Kakaoanteil)

6 Eier

250 g Zucker

125 g gemahlene Mandeln

250 g Butter

100 g Mehl

1 Prise Salz

Die feine Schokolade schmelze ich in einem nicht zu heißen Wasserbad. Ich trenne die Eier. Mit dem Handrührgerät schlage ich die Eigelb mit 200 Gramm vom Zucker cremig auf, bis sich der Zucker aufgelöst hat und die Masse hellgelb ist. Dann rühre ich nacheinander die geschmolzene Schokolade hinein, die gemahlenen Mandeln und die weiche Butter. Ist alles gut gemischt, hebe ich das gesiebte Mehl darunter.

Jetzt werden die Eiweiß mit einer kleinen Prise Salz und dem restlichen Zucker steifgeschlagen und untergehoben. Ich fülle den Teig in eine gebutterte und bemehlte Kuchenform (am liebsten eine Pie-Form aus Porzellan) von 26 bis 30 Zentimeter Durchmesser und lasse ihn – weil die Form dicker ist – 40 Minuten bei 170 Grad (Umluft 150 Grad, Gas Stufe 2–3) backen.

Ich lege meinen Schokoladenkuchen zum Abkühlen auf einen Rost und bestäube ihn vor dem Servieren mit dunklem Kakaopulver.

Tipp: Dazu mag ich halbsteif geschlagene Sahne, die ich mit etwas Ahornsirup süße.

Diese Geschichte drückt etwas aus, was mich schon seit Jahren umtreibt. Wir haben einen normalen, unschuldigen Umgang mit Essen verloren, ganz besonders dann, wenn es sich um Nahrungsmittel handelt, die wir mit Genuss und Geschmack verbinden. Immer müssen wir uns entschuldigen oder einen besonderen Grund dafür angeben, wenn wir es uns einmal so richtig gut gehen lassen wollen. Mein Name ist Gunter Frank, und ich bin Allgemeinarzt aus Heidelberg. In meiner Sprechstunde, aber auch bei Vorträgen, Seminaren und Diskussionsrunden stelle ich immer wieder fest, dass viele Menschen denken, gesundes Essen zeichne sich vor allem dadurch aus, dass es salz-, fleisch- und fettarm, zuckerfrei und vitaminreich ist, kaum sattmachen darf und eigentlich nicht richtig gut schmecken kann. Alles, was gut schmeckt, sei mehr oder weniger »Sünde«. Kein Wunder, denn dass der unbefangene Genuss angeblich schuld an Millionen ernährungsbedingten Erkrankungen sei, wird uns seit Jahren von Medizin und Ernährungswissenschaft vermittelt – und zwar schon im Kindergarten.

Essen verliert seine Unschuld

Sogar in Expertengremien, die sich um gesundes Schulessen kümmern, erlebe ich, dass allein die Feststellung, etwas würde Kindern besonders gut schmecken, als Argument ausreicht, dieses Nahrungsmittel als »ungesund« vom Speiseplan zu streichen. Beispiel: Pommes frites. Nachweise und Belege für die Schädlichkeit werden dann gar nicht mehr gefordert. Mir scheint inzwischen eine viel zu große Portion Moralität in die Vorstellung einer gesunden Ernährung hineingemischt worden zu sein. Nahrungsmittel und deren Zubereitung werden zuallererst in Kategorien wie Unschuld, Reue oder Sünde eingeteilt, und letztlich wird gar nicht mehr darüber nachgedacht, ob dies denn auch wirklich stimmt.

Doch selbst Spitzenköche stellen unter diesem Einfluss in ihren Kochbüchern und Fernsehsendungen Rezepte vor, die vor allem gesund sein sollen und ohne Reue verzehrt werden dürfen. Sie nehmen es dabei in Kauf, alte Herstellungstechniken aufzugeben und bewährte Rezepturen so zu verändern, dass sie zwar gesünder erscheinen, aber auch ihre ursprüngliche Qualität einbüßen.

So etwas würde Léa Linster niemals mitmachen. »Warum sollen Kinder keine Pommes frites essen dürfen? Sie müssen nur gut gemacht sein«, sagt sie. Für sie stehen handwerkliches Können beim Kochen und die Qualität der Lebensmittel an erster Stelle und sind nicht verhandelbar. Das Grundübel bei der Ernährung ist für Léa Linster »jedes Essen, das nicht gut genug ist, um dich glücklich zu machen, und nicht schlecht genug, um dich abzuhalten«. Das machte sie in dieser Talkshow unmissverständlich klar, und genau das imponierte mir schwer.

»Gutes Essen ist nur dann gut, wenn es dir guttut und ein bisschen glücklich macht.«

Seitdem verstehen wir uns prächtig. Wer einmal das Glück hatte, von Léa Linster in ihrem wunderschönen und sterneprämierten Restaurant bekocht zu werden, wird schwerlich auf die Idee kommen, dass an diesem Essen irgendetwas ungesund sein könnte. Das gilt für ihr preisgekröntes Sechs-Gänge-Menü, mit dem sie den Bocuse d’Or gewonnen hat, die Weltmeisterschaft der Köche. Das gilt für einen Salat, den sie zwischendurch auf die Schnelle aus Roter Bete und Eiern zaubert, und dessen Zutaten sie vorher auf dem Markt von Thionville ausgewählt hat. Und das gilt genauso für ihre wunderbaren Madeleines, die sie nicht nur zum Espresso in ihrem Restaurant in Frisange, sondern auch in ihrem kleinen Café im Herzen der Stadt Luxemburg anbietet und nach denen man schlicht süchtig wird. Nichts davon macht krank oder dick, man fühlt sich einfach nur angenehm gesättigt, liebevoll verwöhnt und rundum wohl.

Aus gutem Grund. In den letzten 20 Jahren behandelte ich in meiner Sprechstunde unzählige Menschen mit Verdauungsbeschwerden. Es fällt auf, dass dies meist Menschen betrifft, die denken, sich besonders gesund ernährt zu haben, während es denjenigen, die sich eher traditionell ernähren, deutlich besser geht.

Heute bin ich sicher: Diese überbordenden gesundheitlichen Probleme mit Nahrungsmitteln haben einen einzigen Grund – den immer größer werdenden Mangel an ordentlich verarbeitetem und handwerklich korrekt hergestelltem Essen. Einem Essen, welches von guten Köchen aus einfachen Grundzutaten mit solidem handwerklichem Können so zubereitet wird, dass es uns während und nach dem Verzehr ein wohliges Bauchgefühl bereitet und manchmal sogar ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Lagen unsere Vorfahren wirklich falsch?

Doch anstatt Tradition und altes Wissen wertzuschätzen und Menschen, die dies noch praktizieren, den Rücken zu stärken, empfiehlt die Ernährungswissenschaft die Abkehr von bewährten Rezepturen. Die moderne Lebensmittelindustrie mit ihren Fertiggerichten, künstlichen Geschmacksverstärkern und modernen Convenience-Produkten tut ihr Übriges, um das bewährte Zusammenspiel der Originalzutaten in traditionellen Gerichten, das sich in der Menschheitsgeschichte über zig Generationen hinweg entwickelt hat, innerhalb nur weniger Jahre erheblich zu verändern. Dies irritiert nicht nur Profis, sondern auch unzählige Menschen, die zu Hause für sich und ihre Familien ein gutes und gesundes Essen zubereiten wollen und dabei Orientierung suchen. Und so kommt es, dass einerseits ein wohltuendes, qualitativ hochwertiges Essen immer seltener in Restaurants, Kantinen und in Privathaushalten zu finden ist, andererseits nachdrücklich behauptet wird, dass diese Entwicklung gesund sei.

Es scheint gerade so, als würden Tradition und Genuss nicht mit Wissenschaft und Gesundheit zusammenpassen. Wirklich? Genau wie Léa Linster kann ich das nicht hinnehmen. Als naturwissenschaftlich ausgebildeter Arzt weiß ich, wir hätten die letzten 100000 Jahre Entwicklung als Homo sapiens nicht überstanden, wenn unser Appetit tatsächlich so unvernünftig wäre, dass er uns konsequent zu schädlichen Nahrungsmitteln führen würde. Das Gegenteil ist der Fall: Unsere Vorfahren haben über unzählige Generationen hinweg festgestellt, dass das, was schmeckt, auch gut bekömmlich ist. Und wenn etwas nicht schmeckte, bedeutete dies meist, dass es nach dem Verzehr zu Schwierigkeiten führte. Und weil beides, guter Geschmack und Bekömmlichkeit, seit Urzeiten das Ziel guter Nahrungsherstellung war, zentriert sich all dieses Wissen bei den Meistern der Kochkunst.

Die Idee

Und wer könnte Kochkunst besser repräsentieren als Léa Linster. Nach der Talkshow kommen wir in ein langes Gespräch. Sie hat das kleine Café ihrer Eltern in Frisange, einem Örtchen im Süden von Luxemburg, zum Pilgerort für Essensliebhaber aus aller Welt gemacht. Auch dort beobachtet sie, dass sich immer wieder Gäste, statt mit großer Vorfreude auf die kommenden Gaumenfreuden, mit diffusen...

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