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E-Book

Kein Grund zur Klage!

Wie Sie ohne Richter zu Ihrem Recht kommen

AutorManuela Reibold-Rolinger
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783641239916
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
»Gut ist, was nicht vor Gericht landet.« (Manuela Reibold-Rolinger)
Vor Gericht zu gehen kostet immens viel Zeit, Geld und Nerven, und ob sich der Einsatz am Ende lohnt, ist mehr als fraglich.
Wie belastend ein Prozess für Menschen ist, weiß Manuela Reibold-Rolinger aus über zwanzigjähriger Erfahrung. Anhand aufrüttelnder Fallbeispiele zeigt die bekannteste Verbraucheranwältin Deutschlands: Nur selten führt eine Klage zu einer befriedigenden Lösung.
Aber es gibt eine Alternative: Eine Schlichtung führt in 90 Prozent der Fälle zu einem Konsens ohne Kadi, der beide Seiten glücklich macht. Dieses Buch ist für jeden, der sich auf die Suche nach seinem Recht macht, ein wertvoller Wegweiser. Und allen, die schon mitten im Scheidungskrieg, Nachbarschaftsstreit, Baudebakel oder Verkehrskonflikt stecken, zeigt es eine erfolgreiche Exit-Strategie raus aus der Prozesshölle.
  • Konsens statt Kadi - praktische Ratschläge für Verbraucher
  • Alles über die Wirklichkeit vor einem Gericht
  • Schlichtung - ein alternativer Weg, sein Recht zu bekommen
  • Von der bekanntesten Verbraucheranwältin Deutschlands


Manuela Reibold-Rolinger, geb. 1964, Rechtsanwältin, vertritt seit mehr als 20 Jahren die Interessen privater Bauherren und engagiert sich als Verbraucheranwältin rund um die Themen Wohnen, Leben, Kaufen und Bauen. Seit 2008 ist sie als Schlichterin mit dem Ziel außergerichtlicher Streitbeilegungen tätig und setzt sich als Stiftungsrätin der Stiftung Kriminalprävention und Opferanwältin für die Belange von Opfern ein.

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Leseprobe

KAPITEL 1

»ICH WILL MEIN LEBEN WIEDERHABEN

Ein Rechtsstreit kostet Kläger und Beklagte viel Energie, Zeit und Geld. Vor allem die Ungewissheit sorgt für stressige Tage und schlaflose Nächte. Deshalb ist selbst für denjenigen, der vor Gericht voll obsiegt, ein Prozess unterm Strich oft ein Minus-Geschäft.

Als ich meine Mandantin im Foyer des Gerichtsgebäudes begrüße, zögert sie einen winzigen Moment, mir die Hand zu geben. Ich kann mir denken, warum: Ihre Hände sind feucht. Tapfer bemüht sie sich, einen zuversichtlichen Eindruck zu machen, doch das leichte Zittern der Unterlagen in ihrer Hand zeigt mir, unter welch hohem Druck sie steht. Leider ist ihre Aufregung völlig normal. Nach Monaten der intensiven Vorbereitung könnte sich gleich heute, beim ersten Gerichtstermin, alles entscheiden.

Noch eine Viertelstunde. Als wir auf den Gerichtssaal zugehen, packt mich meine Mandantin plötzlich ganz fest am Arm. Autsch! »Da! Da ist er! O Gott, mir wird ganz schlecht!«, stöhnt sie. Am Ende des Flurs hat sich die gegnerische Partei zusammengefunden. Der Beklagte und sein Anwalt stecken die Köpfe zusammen. Meine Mandantin ist ganz bleich geworden, ihr Prozessgegner ist genauso verunsichert und weiß gar nicht, wo er hinschauen soll.

Da ist sie wieder, die schier unüberwindliche Mauer zwischen Klägern und Beklagten, auf die ich so oft treffe.

  • Der Mitarbeiter, dem gekündigt werden soll, lässt sich krankschreiben, um seinem Chef nicht begegnen zu müssen. Zuhause driftet er allein durch den Tag, seine Gedanken drehen sich nur noch um den bevorstehenden Prozess. Der Kontakt zu seinen Arbeitskollegen geht verloren.
  • Weil zwei Nachbarn sich um die Parkplätze vor dem Haus streiten, sind ihre aneinander grenzenden Gärten zum Niemandsland mutiert. Unmöglich für sie, dort unbeschwert ihren Feierabend zu genießen, sie wären ja im Blickfeld des »Feindes«. Sie gehen auch nur noch mit Magengrummeln auf die Straße, weil sie dort ihrem Prozessgegner in die Arme laufen könnten.
  • Eine Frau war in einen Skiunfall verwickelt, bei dem ein anderer eine komplizierte Verletzung am Knie erlitt. Sie ist sich sicher, dass der Unfall nicht ihr Verschulden war, ein Zeuge hat aber ausgesagt, dass sie unkontrolliert und mit viel zu hohem Tempo gefahren sei. Das Verfahren ist noch im Gang und belastet sie sehr. Mehrere Freunde haben sie schon darauf angesprochen, dass sie sich seit dem Unfall zunehmend misstrauisch und zurückhaltend verhält. Mit dem Geschädigten hat sie nie ein persönliches Wort gewechselt.
  • Weil es wegen der dauerhaft im Hausflur abgestellten Kartons Ärger mit der Hausverwaltung gibt, erzeugt jedes Klingeln an der Haustür beim Mieter eine Schrecksekunde. Als er durch den Türspion tatsächlich den Vermieter im Hausflur stehen sieht, wagt der Mieter kaum zu atmen, damit der Vermieter nicht merkt, dass jemand zu Hause ist. Die Tür bleibt geschlossen.
  • Der Onkel geht nicht zur Abifeier seiner Nichte, obwohl die beiden eigentlich ein sehr gutes Verhältnis haben. Er hat einfach keine Lust, seiner Schwester zu begegnen, die ihn verklagt hat, weil sie sich von ihm beim Verteilen des Erbes ihrer Eltern über den Tisch gezogen fühlt. Dass er nicht gekommen ist, verzeiht ihm seine Nichte nie.

Statt miteinander im Gespräch zu bleiben, gehen sich Prozessgegner konsequent aus dem Weg – auch wenn das eine fühlbare Einschränkung ihrer Lebensqualität zur Folge hat.

Wenn sich die Parteien dann vor Gericht zum ersten Mal nach langer Zeit Auge in Auge gegenüberstehen, ist das ein Moment von großer emotionaler Wucht. Genau das erfährt auch gerade meine Mandantin, mühsam kämpft sie mit den Tränen. Wir setzen uns erst mal auf eine Bank. »Ich kann nicht mehr! Irgendwie ist mir das alles über den Kopf gewachsen«, sagt sie. »Abends kann ich nicht einschlafen, weil mir der Prozess nicht aus dem Kopf geht. Und er ist auch das erste, woran ich morgens beim Aufwachen denke. Das geht jetzt schon seit Monaten so. Ich wünschte, es wäre alles endlich vorbei!«

Ich habe dieser Mandantin mit Bedacht keinen Namen gegeben. Denn sie steht für alle Mandanten, die ich in den vergangenen 25 Jahren vor Gericht vertreten habe. Sie alle befanden sich mehr oder weniger im Ausnahmezustand – nicht nur am Tag einer Gerichtsverhandlung, sondern an jedem einzelnen Tag, den das Verfahren dauerte. Es ist ja oft so schon schwer genug, sein Leben zu meistern; in vielen Familien sind Zeit, Geld und Energie knappe Güter. Wenn dann die Belastung eines Gerichtsverfahrens dazukommt, knirscht es schnell im Getriebe. Alles, was das Leben schön und besonders macht – Eis essen gehen mit der Familie, Treffen mit Freunden, die Einschulung des kleinen Sohnes, die Hochzeit der Schwester, eine Beförderung im Beruf, ein langersehnter Urlaub –, ist dann wie überschattet. Manchmal lässt die Belastung sogar langjährige Beziehungen in die Brüche gehen.

Für viele Menschen erzeugt ein Rechtsstreit so viel Druck, dass ihr Alltag aus dem Gleichgewicht gerät. So manchem zieht es früher oder später den Boden unter seinen Füßen weg.

Das heißt natürlich nicht, es wäre besser, bei jeder Ungerechtigkeit den Kopf einzuziehen und im Streit mit anderen immer zurückzustecken. Ich möchte in diesem Kapitel zeigen, dass der Gang vor Gericht eine anstrengende Sache ist, die gut überlegt sein will. Es gibt ja Alternativen zu einem Gerichtsverfahren, die weniger »überwältigend« und gleichzeitig sehr wirkungsvoll sind. Wie die genau aussehen, dazu komme ich später in diesem Buch.

Nur wenn der Mandant genau weiß, was ihn erwartet, kann er eine kluge und verantwortungsbewusste Entscheidung treffen, ob er einen Prozess führen will oder nicht. Deshalb gehört eine ausführliche Belehrung zu den gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten jedes Anwalts. Neue Mandanten, die sich auf keine Alternative einlassen und unbedingt vor Gericht ziehen wollen, kläre ich also gleich beim Erstgespräch ausdrücklich auf:

  1. 1.über den Zeitaufwand, der auf sie zukommt,
  2. 2.über die Kosten, die entstehen und auf denen sie sitzenbleiben könnten, und
  3. 3.über das Prozessrisiko, das sie eingehen.

Alle drei Punkte werden von Laien in der Regel stark unterschätzt. Aber der Reihe nach.

1. Zeitaufwand

2. Kosten

3. Prozessrisiko

Wie ein neuer Nebenjob

»Machen Sie mal, Frau Anwältin! Und sagen Sie mir dann bitte Bescheid, wie es ausgegangen ist.« So geht das leider nicht. Über die gesamte Dauer eines Verfahrens sind Mandanten eng in die Abläufe eingebunden, ausklinken können sie sich nicht. Schon allein deswegen, weil während eines Verfahrens immer wieder Ergänzungsfragen auftauchen, zu denen sie Stellung beziehen müssen. Ihr Anwalt allein kann sie nicht beantworten, denn er ist ja beim Geschehen, um das es geht, nicht dabei gewesen.

Der Mieter einer Wohnung verlangt von seinem Vermieter, dass er endlich etwas gegen den Schimmel in Küche und Bad unternimmt. Dessen Anwalt schickt einen Schriftsatz an das Gericht, in dem der Prozessgegner behauptet, dass der Schimmel nur deswegen da ist, weil der Mieter nie lüftet. Bestreitet der Mieter das nicht innerhalb einer gewissen Frist, geht die Zivilprozessordnung davon aus, dass er dem sogenannten Vortrag des Prozessgegners zugestimmt hat. Er hätte also durch sein Schweigen zugegeben, dass er nie lüftet und so für den Schimmel verantwortlich ist. Die Konsequenz: Er selbst müsste für den Schaden aufkommen. Kann aber der Anwalt des Mieters nach Rücksprache mit seinem Mandanten zurückschreiben: »Der Mandant lüftet mindestens dreimal die Woche.« – im besten Fall kann er auch Zeugen benennen, die das bestätigen –, dann ist diese Gefahr abgewendet.

In einem Rechtstreit gilt: »Nicht bestreiten heißt zugestehen.« Beide Parteien müssen also sehr gut aufpassen, was die jeweilige Gegenseite behauptet – und gegebenenfalls den Sachverhalt richtigstellen. Das geht nur in enger Zusammenarbeit von Mandant und Anwalt.

Auf den Mandanten kommt also einiges an Arbeit zu. Hier die üblichen Zeitfresser:

  • Die Akten werden im Prozessverlauf immer dicker, denn jedes Telefonat, jede mündliche Aussage wird verschriftlicht. Wenn Gutachten in Auftrag gegeben werden, schwillt der Papierkram noch einmal an; ich habe schon Gutachten lesen müssen, die 400 Seiten dick waren. Der Mandant kann sich natürlich darauf verlassen, dass sein Anwalt in dem anfallenden Papierwust nichts übersieht, die vorgeschriebene Form wahrt und auch keine Fristen versäumt. Doch auch er selbst muss die Schriftstücke zumindest oberflächlich lesen, um auf dem Laufenden zu bleiben.
  • Dazu kommen die Telefonate mit seinem Anwalt – hier mal zehn Minuten, dort eine Stunde …
  • Auch die Beschaffung von beglaubigten Kopien, Unterlagen wie Quittungen und Rechnungen, Adressen von möglichen Zeugen usw. kann sehr zeitintensiv sein.
  • Die erste Gerichtsverhandlung ist fast immer ein Gütetermin, zu dem der Mandant anwesend sein muss. Bei allen weiteren Verhandlungen ist seine Anwesenheit nicht erforderlich, aber ratsam. Bei Ortsterminen ist es ebenfalls wichtig, dass beide Parteien anwesend sind.
  • Auch der ständige Austausch mit Freunden, Arbeitskollegen...
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