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Keine Angst vor dem Islam

Die meistgefürchtete Weltreligion besser verstehen und Muslimen offen begegnen.

AutorPatrick Nachtigall
VerlagGerth Medien
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783961221431
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Der Islam durchlebt zurzeit intensive Konflikte mit sich selbst und mit Menschen anderer Religionen. Patrick Nachtigall präsentiert die Grundlagen des islamischen Glaubens und erklärt die Gründe für die derzeitige Instabilität des Islam. Politische Spannungen und die terroristische Bedrohung werden ebenso thematisiert wie die Bekehrungen unter Muslimen. Und er wagt einen Ausblick darauf, wie sich der Islam in den verschiedenen Teilen der Welt entwickeln wird. Das Buch bereitet Christen darauf vor, von Vorurteilen befreit auf Muslime zuzugehen, ausgerüstet mit einer realistischen Sicht bezüglich der Unterschiede zwischen dem christlichen Glauben und dem Islam. Ein Buch voller Hoffnung - insbesondere für Menschen, die sich Sorgen um die Zukunft unserer Kultur und unserer Welt machen.

Patrick Nachtigall studierte in Yale 'Vergleichende Religionswissenschaften' und hat bereits fünf Bücher über die Schnittstellen zwischen Religion und Globalisierung veröffentlicht. In den vergangenen 15 Jahren hat der US-Amerikaner für seine Studien vor allem im Nahen Osten, in Asien und Europa gelebt, unter anderem in Berlin und im Schwarzwald. Zurzeit lebt er wieder in Deutschland.

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Leseprobe

Einleitung

Das Leben eines interkulturellen Missionars ist sehr aufreibend. Auf der Holmes-Rahe-Stress-Skala wird der Durchschnittsmensch mit hundert Punkten eingestuft. Jeder, der über dreihundert liegt, steht wahrscheinlich vor einem Zusammenbruch, da Stress den Körper krank macht. Der Durchschnittsmissionar befindet sich bei sechshundert Punkten und diese Ziffer steigt bis zu achthundert oder gar tausend im ersten Jahr auf dem Missionsfeld. Während der vierzehn Jahre, die ich in der Mission verbrachte, hat sich meine Gesundheit erheblich verschlechtert. Ich war häufig im Krankenhaus und echte Entspannung ist eine lang zurückliegende Erinnerung geworden.

Als meine Pflichten immer globalere Ausmaße annahmen, reiste ich durch zahlreiche Länder und war nur selten zu Hause in Berlin. Nur an wenigen Orten fand ich wirklich Entspannung. Es gab jedoch einen Ort, wo ich tatsächlich loslassen und mich erholen konnte, und das war das Haus unserer Freundin Linda. Ihr Sohn Colin wurde der beste Freund meines Sohnes, als wir nach Deutschland zogen.

Am ersten Tag der Orientierungswoche für neue Schüler an der Berlin Brandenburg International School wanderten meine Frau und ich unruhig über das Schulgelände in der verzweifelten Hoffnung, dass unser Sohn einen Freund finden würde. Sehr schnell trafen wir auf Linda. Sie stammte aus dem Vereinigten Königreich und hatte einen wundervollen Nordwest-London-Akzent. Unser Sohn Christopher und Lindas Sohn Colin machten Bekanntschaft, verstanden sich auf Anhieb und liefen gemeinsam auf den Schulhof. Es war ein verheißungsvoller Start für die zweite Klasse.

Schon bald verbrachten wir viel Zeit miteinander. Wenn ich zu Hause war, ging ich gern zu Linda, die am Berliner Stadtrand wohnte. Ihre beiden Kinder liebten es, mit unserem Sohn zu spielen. Sie hüpften draußen zusammen auf dem Trampolin, spielten Star Wars oder mit der Wii und rauften irgendwann miteinander. Wir Erwachsenen saßen derweil zusammen und sprachen über unser Leben als Ausländer in Berlin, über die britische Popmusik der Achtzigerjahre und über unsere gemeinsame Liebe zu London oder die Orte, die wir gern bereisen wollten. Wir lachten viel und legten immer gute Tanzmusik auf.

Irgendwann war es Zeit zum Abendessen und jedes Mal gab es Spaghetti, die wir alle lieben. Die drei Jungen verhielten sich wie alle Jungen der Welt – sie redeten unaufhörlich und kamen nicht dazu, ihren Teller leer zu essen. Es endete immer damit, dass wir elterliche Drohungen anbrachten, während wir unsere Teller wegräumten und die Jungen erst zwei Gabeln gegessen hatten, wobei die Spaghetti mit jeder Minute kälter wurden.

Eines Abends legte Linda Michael Jacksons „Thriller“ auf und wir tanzten alle dazu, Kinder wie Eltern. Ich machte meine Michael-Jackson-Bewegungen und den „Moonwalk“, was wirklich nur vorkommt, wenn ich mich in der Gruppe der Anwesenden pudelwohl fühle. Colin sagte: „Das ist der tollste Abend, den ich je erlebt habe!“ Und er hatte recht. Wir fuhren an jenem Abend in Hochstimmung nach Hause – der Stress hatte sich vorübergehend verflüchtigt und alles schien im Gleichgewicht zu sein. Ein perfekter Nachmittag und Abend hatten mir dabei geholfen, all die Spannungen und Sorgen der Welt zu vergessen.

Dieser Ort des Friedens und der Geborgenheit war das Haus einer muslimischen Familie. Linda und ihr Mann sind Muslime aus England. Ihre Eltern waren Einwanderer der ersten Generation aus Pakistan und Indien. Doch Linda und ihr Mann wurden in der englischen Mittelklasse groß, mit der Industrial House Music der Club-Szene Manchesters. Keiner von beiden ist besonders religiös, doch sie haben tiefe moralische Werte und ziehen zwei wundervolle Jungen groß. Lindas Mann hat einen hervorragenden Posten in einem deutschen Pharmaunternehmen und Linda arbeitete bei einer sehr angesehenen, politisch konservativen Zeitschrift. Abgesehen von bestimmten Ernährungsvorschriften wies nichts darauf hin, dass sie Muslime sind. Kein Gebet in Richtung Mekka, keine Burka, kein langer Bart, keine Affinität zum Terrorismus und keine feindseligen Äußerungen über die Vereinigten Staaten. Linda und ihr Mann respektierten vollkommen, dass wir christliche Missionare waren. Sie verbrachten keine Zeit damit, uns aus dem Koran zu predigen oder uns zu erklären, wie sie eines Tages die Weltherrschaft übernehmen würden. Wir waren uns in vielerlei Hinsicht bemerkenswert ähnlich und sprachen eher über das schlechte Beispiel des Cartoons SpongeBob für unsere Kinder als über al-Qaida oder den 11. September. Die lustigen Äußerungen unserer Kinder und das Chaos, das sie oft anrichteten, standen fast immer im Mittelpunkt unserer Gespräche. Was für ein Schock war es, als unser Sohn einige Zeit in den USA verbrachte und von Christen hörte, alle Muslime seien böse. Für ihn ergab das keinen Sinn, da er den größten Teil seiner Zeit auf dem Schulhof mit Colin, Hammad und anderen muslimischen Kindern Minecraft spielte. Die Leute, die sämtliche Muslime als böse bezeichneten, hatten dagegen nie auch nur einen Muslimen persönlich kennengelernt.

Während ich dies schreibe, kann ich auf fünfzehn Jahre Reisen rund um die Welt zurückblicken. Ich reise regelmäßig in den Nahen Osten und mehrere meiner Kollegen leben in islamischen Ländern und so sind die Probleme im Nahen Osten und die Bedrohung durch den militanten Islam für mich sehr real. Im Gegensatz zu den wohl meisten Lesern dieses Buches müssen meine Kollegen, meine Frau, mein Sohn und ich regelmäßig die islamische Welt betreten, auch wenn es gefährlich ist. Wir sind bereit, dieses Risiko auf uns zu nehmen, um Gott zu verherrlichen. Doch wenn wir mitten durch die Gefahren des Nahen Ostens reisen, lernen wir immer wieder, dass nicht alle Muslime böse sind. Das Gegenteil ist der Fall: Wir sehen Nuancen, die in den westlichen (und besonders amerikanischen) Medien nicht sichtbar sind. Die meisten von uns, die wir in der islamischen Welt umhergereist sind, dort gearbeitet oder über einen längeren Zeitraum dort gelebt haben, sind beeindruckt von der Freundlichkeit der meisten Menschen, ihren politischen und historischen Kenntnissen und ihrer intellektuellen Raffinesse.

Ja, der Islam befindet sich in einer Krise. Die Anschläge vom 11. September, der „Arabische Frühling“, das Wiederaufleben des militanten Islam und die mangelhafte ökonomische und politische Situation vieler muslimischer Gesellschaften sind Gründe für die turbulenteste Periode des Nahen Ostens seit einhundert Jahren. Es ist eine Krise, die wahrscheinlich zwei Generationen lang anhalten und die Weltgesellschaft völlig neu gestalten wird. Die Bereiche Energiebedarf, Wasserknappheit, Militärmacht und Zuwanderung werden von den Unruhen der islamischen Welt zutiefst beeinflusst werden und ein großer Teil dieser Probleme rührt von den Spannungen des Islam mit der säkularen politischen Ordnung und der modernen Welt. Was wir derzeit beobachten, ist nicht so sehr ein „Kampf der Kulturen“ oder „Zusammenprall der Zivilisationen“ als vielmehr ein Zusammenprall innerhalb einer Kultur/Zivilisation, der globale Ausmaße annimmt. Die islamische Welt fühlt sich nach wie vor mit der Modernität nicht wohl und viele islamische Nationen sind voller ethnischer Spannungen und Sektiererei.

Ungeachtet dessen darf das weitere Vorgehen nicht darin bestehen, stark vereinfachte politische Meinungen zu etablieren, theologische Äußerungen zu verbreiten und falsche Vorstellungen zu nähren, die auf Mangel an Informationen beruhen und dazu führen, dass alle Muslime zu Comicfiguren gemacht werden. Eine solche Haltung würde das Christentum nicht besser repräsentieren als der Ku-Klux-Klan. Die Vielfalt der islamischen Welt ist genauso gewaltig wie die Vielfalt der christlichen Welt. Und in unserer globalisierten, vernetzten Welt ist es sehr viel wahrscheinlicher, jemanden wie Linda als einen Terroristen zum Nachbarn zu haben.

Dieses Buch verfolgt das Ziel, den Leser in die aktuelle islamische Welt einzuführen, ohne die derzeitigen Herausforderungen zu verschweigen, und stößt zugleich einen Prozess der Humanisierung der Muslime an. Die Bibel lehrt uns, dass alle Menschen im Bilde Gottes geschaffen sind, und wenn wir die Muslime wie uns selbst lieben, um mit den Worten Jesu Christi zu sprechen, dann werden wir sie als Teil der menschlichen Familie und der Schöpfung Gottes betrachten. Dieses Buch befasst sich aufrichtig mit der Krise innerhalb des Islam und der Vielzahl entscheidender Unterschiede zwischen dem Christentum und dem Islam, aber es wird nicht anderthalb Milliarden Muslime zu Comicfiguren erklären, die dem Bild entsprechen, das von Nachrichtensendern gezeichnet wird, die nach den höchsten Einschaltquoten gieren. Dieses Buch ist auch kein Leitfaden, wie man Muslime bekehrt. Der erste Schritt, Jesus Christus vorzustellen, besteht nicht darin, unsere Argumente vorzutragen, sondern zunächst die Kultur zu studieren und das Land zu beobachten. Dieses Buch ist zwar absichtlich kurz gehalten und als Studien- und Diskussionsgrundlage für Gruppen gedacht, zielt aber dennoch darauf ab, dem Leser eine Hilfestellung für das Betreten der islamischen Welt zu bieten. Es beantwortet einige der dringendsten Fragen, die sich Christen in diesen schwierigen Zeiten stellen.

Wenn wir es damit ernst meinen, auf Muslime zuzugehen und sie zu Christus zu führen, können wir nicht umhin, sie kennenzulernen, und wir dürfen auch keine eindimensionale Sicht der islamischen Welt haben. Viele evangelikale Christen fühlen sich von Mormonen oder Jehovas Zeugen gestört, die an ihre Türen klopfen und ihnen erzählen, wie falsch sie damit liegen,...

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