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E-Book

Kick-off!

Auf Entdeckungsreise zur Organisation der Zukunft

AutorMarkus Baumanns
VerlagHaufe Verlag
Erscheinungsjahr2019
ReiheProfessional Publishing for Future and Innovation 
Seitenanzahl215 Seiten
ISBN9783648129043
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR
Eigenverantwortung statt Abstimmungsorgien, Selbstständigkeit statt Meetingflut: In 'Kick-off! Auf Entdeckungsreise zur Organisation der Zukunft' ruft Markus Baumanns zum Wandel im Herzen eines Unternehmens auf: der Organisation. Der Bestseller-Autor ist überzeugt, dass lebendige Teamarbeit und Spaß im Joballtag allen helfen - den Mitarbeitern wie dem Unternehmen selbst. Dafür müssen aber antrainierte Business-Binsenweisheiten weichen und Hierarchien in Frage gestellt werden - die wohl größten Herausforderungen der Arbeitswelt. Inhalte: - Unternehmen neu denken: Wie Organisationsstrukturen mit dem Unternehmenserfolg zusammenhängen - Die Vorteile von selbstständigen und eigenverantwortlichen Mitarbeitern - auch für das Unternehmen - Aktuelle Beispiele, die einen Vergleich mit der eigenen Situation ermöglichen - Kritische Reflexion von Trend-Themen wie Agilität - Ein neues Selbstverständnis Ihrer Organisation entwickeln und Tipps zum praktischen DurchspielenDieser Titel ist ein Produkt der Reihe 'Professional Publishing for Future and Innovation by Murmann & Haufe'.  

Markus Baumanns ist Unternehmer, Unternehmensberater, Bestsellerautor, Kolumnist und gefragter Vortragsredner. Der promovierte Historiker begann seine Karriere als Diplomat, baute als Geschäftsführer mit der Bucerius Law School eine internationale Eliteuniversität in Hamburg auf, war Vorstandsmitglied einer der größten privaten Stiftungen in Deutschland und hat 2010 gemeinsam mit Torsten Schumacher die company companions gegründet. Mit den Colombia Companions investiert er in Immobilien im Zentrum von Bogotá und betreibt ein social impact investing Projekt in Vichada / Kolumbien.

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Leseprobe

Im Gefängnis

Es ist vor Beginn des Arbeitstags. Mirko S., Mitarbeiter des Reinigungsdienstleisters clean-down, schlurft hinter seinem Putzwagen her durch den Gang im sechsten Stock des Verwaltungsgebäudes der Sklerotec AG. Es ist Ende November, fünf Uhr morgens und draußen stockfinster. Neonröhren tauchen den engen Bürogang in weißes, gleißendes Licht. Nachdem er drei Einzelbüros auf dem Gang gereinigt hat, öffnet er eine vierte Tür, die Tür zum Konferenzraum. Der Konferenztisch ist übersät mit leer getrunkenen und halb vollen Kaffeetassen. Kaffeereste malen hellbraune Halbkreise auf das weiße Porzellan. Benutzte Löffel liegen auf den Untertassen. Silberne Kaffeekannen sind von halb leeren Kekstellern eingekreist. Um die Teller herum heben sich helle Kekskrümel vom dunklen Furnier des Konferenztisches ab. Geöffnete Plastikmilchdöschen liegen in und neben einem bereitgestellten Tischabfalleimer aus weißem Plastik. Um den Tisch herum stehen schwarze, eingesessene Lederstühle mit chefig hohen Rückenlehnen. Ein anthrazitfarbener Teppich schluckt den Schall eines jeden Schritts. Gemeinsam mit den offenporigen weißen Schalldämmplatten an der Decke trägt er bei zu einer gedämpften Atmosphäre, die den Eintretenden unwillkürlich flüstern lässt. An der Stirnseite hängt ein großformatiger Bildschirm, darunter eine Steuerungskonsole. Das Dunkelgrün der großen Blätter eines in der Ecke stehenden pflegeleichten Gummibaums stemmt sich tapfer gegen die Monotonie des Schwarz-Weiß-Grau-Gesamteindrucks. Die weißen Wände sind mit Luftaufnahmen von den Produktionsstandorten in aller Welt dekoriert. In weißen Rahmen hängen die großformatigen Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand und künden von den Erfolgen der Sklerotec AG als ehemals führendem Maschinen- und Anlagenbauer in der Textilindustrie.

Mirko S. räumt Geschirr und Kannen vom Tisch in den silberfarbenen Geschirrwagen und putzt den Tisch blank. Nachdem er ebenfalls die Sitzflächen der Stühle von Krümelresten befreit hat, bückt er sich, um den Stecker des Hochleistungsstaubsaugers in die Steckdose unten neben der Zimmertür zu führen. Beim Bücken streift sein Blick das links neben dem Ausgang in Augenhöhe hängende Plakat: »Unsere Werte: Vertrauen, Transparenz, Ergebnisorientierung und Unternehmertum.« Darunter auf demselben Plakat ist zu lesen: »Unser Führungsleitbild: Wir kommunizieren zeitnah, offen und ehrlich. Wir sind Vorbild.« Mirko S. beginnt mit dem Staubsaugen.

Wenige Stunden zuvor trafen sich in diesem Raum die Abteilungsleiter des Bereichs Vertrieb. Sie waren ohne ihren Bereichsleiter zusammengekommen. Dieser hatte ihnen eine Woche zuvor mitgeteilt, dass auch der Vertriebsbereich einen Beitrag zur neuen Reorganisation leisten müsse. Die Wettbewerbssituation nehme zu, die Digitalisierung greife um sich, die Globalisierung, die Komplexität, die Unsicherheit und so weiter und sofort. All dies schlüge nun auch auf die Sklerotec AG durch, hatte der Vorstand wissen lassen. Er wolle im Rahmen dieses groß angelegten »Reorganisationsprojekts« mit dem Namen »Leap Forward« »endlich Ergebnisse sehen« und nicht, wie sonst immer, »reine Absichtserklärungen«. Mit unüberhörbarer Ungeduld in der Stimme habe der Vorstand die Reduktion des »Wasserkopfs« der Zentrale angekündigt. Silos sollen aufgebrochen, Abteilungen zusammengelegt und die Fixkosten, sprich Personal, reduziert werden. Einem »modernen Führungsstil« folgend, hätte sich der Vorstand überlegt, zunächst »Bottom-up« Ideen zur Umorganisation einzusammeln. Er werde knallhart durchgreifen, wenn es irgendwelche Blockierer gebe. »Schuldige für Verzögerungen werden an den Pranger gestellt, Fehler nicht akzeptiert.« Mit Aplomb unterstreicht der Vorstand seine Entschlossenheit mit der Wortwolken-Devise: »Walk the talk!« und »Endlich Butter bei die Fische!« – und gibt zugleich die Wirkungslosigkeit aller vorangegangenen Initiativen zur Ertüchtigung der Organisation zu.

Die Abteilungsleiter wollen ihre Position zu diesem neuen Vorhaben abstecken.

»Das passt doch alles nicht zusammen: Einerseits sollen wir ständig mehr machen. Und andererseits kürzen sie uns immer mehr Mitarbeiter«, so ist zu hören. »Zusammenlegen von Abteilungen? Das kommt für keinen von uns infrage«, so die einhellige Meinung aller Anwesenden. »Man muss die Organisationen immer wieder einmal ausmisten, sonst verfetten sie«, so, weiß ein Kollege zu berichten, habe er auf dem Gang den Vorstand reden hören, als er letzte Woche zum Rapport in der Vorstandsetage erscheinen musste. »Bottom-up, das ist der blanke Hohn«, murren die Anwesenden. »Der Vorstand gibt das heiße Eisen an den Bereichsleiter ab, und der schiebt mal wieder die Verantwortung auf uns. Und wir dürfen das den Mitarbeitern gegenüber ausbaden.« Der gemeinsame Feind der Abteilungsleiter ist klar: Vorstand und Bereichsleiter. Die wollen ihnen ans Leder, und die »Bereichsleiter denken nur daran, ihre eigene Haut zu retten.« Jetzt gilt es, sich aufzurüsten und ins Gefecht zu ziehen. »Wir müssen unsere Zuständigkeiten verteidigen«. »Das ist meine Abteilung. Da pfuscht mir keiner rein.«

Die Abteilungsleiter sind kampferprobt im Abwehren von Angriffen. Die im letzten Jahr begonnene Reorganisation, die Aufgaben, etwa das Supply Chain Management aus der Zentrale in die Fläche zu verlagern, kann im Schulterschluss mit den Abteilungsleiterkollegen aus anderen Bereichen erfolgreich abgewehrt werden. Nach zähem Ringen bleibt von der Dezentralisierung zumindest im Vertrieb wenig übrig. Lediglich die wenigen Abteilungen, die Kunden betreuen, die im direkten Umfeld der Fertigungsstätten liegen, werden in die Fläche verlegt.

»Wenn ich mit anderen Abteilungen zusammenarbeite, schade ich mir selbst. Mein Bonus bemisst sich schließlich noch dem, was ich in meinem Bereich leiste.«

Abteilungsleiter eines Maschinen- und Anlagenbauers

Die Freude über die gemeinsam gewonnene Schlacht wird indes rasch wieder vom Alltag eingeholt. Untereinander sind sich die Abteilungsleiter spinnefeind. »Wehe, Sie greifen noch einmal auf meine Mitarbeiter zu«, droht der eine dem anderen. »Dann eskaliere ich das hoch.« Der andere Abteilungsleiter hat zur Ausgestaltung eines Großkundenvertrags um die Kompetenz eines Mitarbeiters gebeten, der die Prozesse des Kunden aus einem Vorgängerprojekt kennt. »Wer hat hier die disziplinarische Führung?«, schmettert ihm sein Kollege entgegen.

Überhaupt, diese ewigen »dotted lines«, also informelle Berichtslinien neben den disziplinarischen, sind die Pest. Es herrscht »keine Klarheit« in den Verantwortungsbereichen. Als besonders schlimm erweist sich die Einführung einer gruppenübergreifenden Matrix aus funktionaler, regionaler und Produktlinienverantwortung. Funktional, also Vertrieb, Produktion und Verwaltung. Regional, also Verantwortung über eine Vertriebsregion oder eine Produktionsgesellschaft. Und die Verantwortung über die drei Produktlinien Wirkmaschinen, Kettvorbereitungsmaschinen und technische Textilien. Hinzu kommen Querschnittskompetenzen, also solche, die in Produktionsgesellschaften der gesamten Gruppe gebraucht oder ausgebildet werden, wie Neuentwicklungen, die allen zugutekommen und zu denen alle Organisationseinheiten beitragen sollen. An den Schnittstellen dieser Matrix gibt es ständig Reibungsverluste. Fach- und disziplinarische Führung zu trennen führt ins Chaos. Linien-, also funktionale Verantwortung, und Regionalverantwortung gleichzeitig im Unternehmen umzusetzen sorgt für nicht enden wollende Auseinandersetzungen. Diener zweier Chefs zu sein? Unmöglich! Eine Berichtslinie zu einem Vorgesetzten wünschen sich Mitarbeiter vor allem auf den »unteren Ebenen«: »Die wollen klare Ansagen«, erklärt einer mit dramatischer Geste. »Fragen wir die einmal, wie wir die neue Fixkostenrunde gestalten sollen.« »Daran sollen die sich mal ruhig die Zähne ausbeißen!« »Die reden doch immer davon, dass sie mitbestimmen wollen.« »Liefern, nicht immer nur meckern.« Vereint gegenüber dem gemeinsamen Feind, den Mitarbeitern, nicken alle heftig und bestärken sich in ihren Klagen über die ewig fordernden Mitarbeiter.

Die Runde diskutiert sich heiß. Schnell ist der Plan gemacht. »Als Erstes müsste man die mal ins Boot holen und ihnen zeigen, welche Erwartungen der Vorstand an uns hat.« »Dann fordern wir Antworten.« »Nach oben können wir berichten, dass wir die Ideen gemeinsam entwickelt haben. Das klingt modern, nach Bottom-up und Basisdemokratie. Das finden doch alle gut zurzeit.« »Aber halt«, wirft ein mit allen Wassern gewaschener Kollege ein: »Müsste man dieses Vorgehen nicht vorher absegnen lassen? Nicht dass wir hier vorangehen und uns am Ende selbst ein Grab schaufeln: ›Ihr wiegelt die Mannschaft auf?‹« Die Kollegen stimmen zu. »Dann schreib du eine E-Mail an den Bereichsleiter.« Antwort: »Mache ich.« »Aber ich setze alle in Kopie und sage: … wie die Abteilungsrunde gestern besprochen hat … So bin ich abgesichert.«

Die Runde der Abteilungsleiter geht in den Feierabend und hinterlässt Mirko S. das Feld.

Krankheitssymptome

So oder ähnlich spielt es sich in vielen Führungsetagen ab. Endlose Abstimmungsschleifen und Meetingmarathons prägen den Alltag. Wir stöhnen über Reibungsverluste an Schnittstellen und steigende Komplexität. Überlastung und Überforderung stehen auf der Tagesordnung. Wir sind langsam geworden – zu langsam für die Geschwindigkeit, mit der sich Märkte entwickeln. Verzweifelt rufen wir nach einheitlichen Prozessen und glauben allen Ernstes: Wenn wir...

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