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Kinder körperlich kranker Eltern (Reihe: Praxis der Paar- und Familientherapie, Bd. 5)

AutorGeorg Romer, Miriam Haagen
VerlagHogrefe Verlag Göttingen
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl179 Seiten
ISBN9783840920325
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis23,99 EUR

Wenn Kinder Eltern an einer ernsthaften körperlichen Krankheit leiden, ist das Leben aller Familienmitglieder hiervon nachhaltig betroffen. Kranke Eltern fühlen sich in ihrer Elternrolle oft verunsichert und Jugendliche sind je nach Altersstufe unterschiedlich gut in der Lage, die Situation zu bewältigen. Im günstigen Fall reifen sie an der Situation und entwickeln besondere soziale Kompetenzen. Bleiben Kinder jedoch ohne Ansprechpartner für ihre Sorgen und Nöte, die sie oftmals von ihren Eltern fernhalten, können emotionale Überforderung und seelische Entwicklungskrisen die Folge sein.

Die Autoren stellen in diesem Band theoretische Grundlagen und Interventionskonzepte vor, die in der Beratung und Therapie mit betroffenen Familien zur Anwendung kommen. Anhand zahlreicher Fallbeispiele werden die verschiedenen Beratungs- und Behandlungsstrategien erläutert. Der speziellen Problematik im Umgang mit Kindern sterbender Eltern ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Der Band bietet für alle, die in der psychosozialen Beratung oder Psychotherapie mit körperlich Kranken und ihren Angehörigen tätig sind, wertvolle und praxisorientierte Anregungen für das therapeutische Handeln.

Die Autoren

Dr. med. Georg Romer, geb. 1963. 1985-1992 Studium der Medizin in Freiburg. 1992 Promotion. Facharztausbildung zum Kinder- und Jugendpsychiater und -psychotherapeuten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Ausbildung zum psychoanalytischen Paar- und Familientherapeuten in Göttingen. Seit 2005 Leitender Oberarzt an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und seit 1999 Leiter der dortigen Beratungsstelle „Kinder körperlich kranker Eltern".

Dr. med. Miriam Haagen, geb. 1959. 1979-1986 Studium der Medizin in Hamburg und London. 1992 Promotion. Weiterbildung zur Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in Hamburg. Weiterbildung in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sowie in psychoanalytischer Paar- und Familientherapie. 1999-2004 stellvertretende Leiterin der Beratungsstelle „Kinder körperlich kranker Eltern" an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie des Universiätsklinikums Hamburg-Eppendorf. Seit 2005 in eigener Praxis als Psychotherapeutin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Hamburg tätig.

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Kapitelübersicht
  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Vorwort
  3. Danksagung
  4. 1 Einleitung: „Wenn Papa oder Mama krank ist“
  5. 2 Grundlagen
  6. 3 Besonderheiten bei verschiedenen Krankheitsbildern
  7. 4 Begleitung von Familien mit einem sterbenden Elternteil
  8. 5 Beratung und Therapie für Familien mit einem körperlich kranken Elternteil
  9. 6 Schwierige therapeutische Situationen
  10. 7 Beratungsverläufe
  11. 8 Zukunftsperspektiven für die Familienmedizin und medizinische Familientherapie/ -beratung
  12. Literatur
  13. Anhang
  14. Stichwortverzeichnis
Leseprobe

5 Beratung und Therapie für Familien mit einem körperlich kranken Elternteil (S. 78-79)

Bevor sich die medizinische Familientherapie als konzeptionell fundierte, eigenständige Richtung innerhalb der psychosozialen Medizin etablieren konnte, hatten andere psychosoziale Betreuungskonzepte für chronisch Kranke eine wichtige Vorreiterfunktion. Einer familientherapeutischen Sicht auf die mit ernsthafter Erkrankung einhergehenden Stressoren und ihre Bewältigung ging theoretisch die Entwicklung eines bio-psycho-sozialen Krankheitsverständnisses (Uexküll & Wesiack, 1996) sowie klinisch die Entwicklung einzeltherapeutischer Konzepte für chronisch kranke Erwachsene und Kinder voraus.

Herausragende Bedeutung kommt hierbei der Psychoonkologie zu, die längst zu einer eigenständigen Disziplin geworden ist, die insbesondere über ihre eigenen Forschungsaktivitäten enorm viel zur zunehmenden Evidenzbasierung psychosozialer Betreuungskonzepte in der Medizin beigetragen hat. Die professionelle Sensibilisierung für die Erlebnisperspektive und Bedürfnisse von Kindern körperlich kranker Eltern entwickelte sich im Laufe der letzten Jahrzehnte in einem Kontinuum. Nachdem zunächst der medizinische Fortschritt in der zweiten Hälfte des vorangegangenen Jahrhunderts eine zunehmende Verbesserung von Lebenserwartung und Lebensqualität chronisch Kranker ermöglicht hatte, ergab sich die zunehmende Notwendigkeit nach professioneller psychosozialer Unterstützung für diese Patienten.

In den 70er und 80er Jahren entwickelten sich spezialisierte Betreuungskonzepte für lebensbedrohlich oder chronisch kranke Kinder innerhalb der Pädiatrie (z. B. Bürgin, 1978), in die zwangsläufig die Eltern und teilweise auch die Geschwister mit einzubeziehen waren. Damit waren die Auswirkungen einer ernsten Krankheit auf die Eltern-Kind-Beziehung und das Bindungssystem im professionellen Blickfeld. So gesehen ist die Konzipierung einer sich den seelischen Nöten und Bedürfnissen von Kindern kranker Eltern zuwendenden medizinischen Familientherapie ein konsequenter Schritt, der die vorangegangenen Entwicklungen in der psychosozialen Medizin rezipiert und weiterentwickelt.

5.1 Publizierte Interventionskonzepte

Bislang gibt es nur wenige Interventionsprogramme, die explizit auf die psychosoziale Unterstützung von Kindern körperlich kranker Eltern fokussieren. Diese sind in der Regel theoriegeleitet entwickelt worden sind meist nicht systematisch qualitätsgesichert und evaluiert. Als klinisch-theoretischer Hintergrund wurden u. a. psychodynamische Konzepte (Gunther et al., 1998, Urbach & Culbert, 1991) kognitiv-verhaltenstherapeutische (Davis-Kirsch et al., 2003, Rotheram-Borus et al., 1997), neuere entwicklungspsychologische oder sozial-kognitive Ansätze (Hoke, 1997, Lewandowski, 1992, Christ, 2000) sowie systemische Konzepte (Dale & Altschuler, 1999, Rolland, 1999, Sholevar & Perkel, 1990, Steinglass, 1987, 1998) angegeben. Die elterlichen Erkrankungen, zu denen kindzentrierte Interventionsansätze publiziert wurden, beschränken sich vorwiegend auf Krebs, AIDS und Schädel-Hirn-Verletzungen (für eine Übersicht siehe Diareme et al., 2005). Bei der Darstellung familientherapeutischer Interventionskonzepte für körperlich Kranke wird in aller Regel nicht besonders Bezug auf minderjährige Kinder genommen. Bei spezifisch kind-zentrierten Ansätzen wurden gruppentherapeutische sowie einzeltherapeutische Vorgehensweisen berichtet.

Gruppentherapeutische Interventionen für Kinder und Jugendliche. Eines der ersten publizierten Gruppeninterventionsprogramme für Kinder von Krebspatienten war das von Call (1990) entwickelte Programm sogenannter „school-based-groups". Das Konzept besteht darin, dass Kinder, deren Eltern an Krebs erkrankt sind, an ihrer jeweiligen Schule zu betreuten Gesprächsgruppen zusammengeführt werden, die von einem Beratungslehrer und einem Mitarbeiter einer Beratungsstelle für Krebspatienten gemeinsam geleitet werden.

Der Ansatz ist supportiv mit dem vorrangigen Ziel der Entstigmatisierung der Krebserkrankung im Erleben der Kinder. An Vorteilen werden u. a. die Niedrigschwelligkeit durch Wegfall des Wegeproblems sowie die Möglichkeit der fortgesetzten wechselseitigen sozialen Unterstützung unter den Gruppenteilnehmern an der Schule auch nach Abschluss der Intervention angegeben. Eine Reihe ähnlich konzipierter unterstützender Gruppenangebote für Kinder und Jugendliche mit einem an Krebs erkrankten Elternteil wurden an Krankenhäusern entwickelt und an onkologische Behandlungseinheiten angegliedert (Bedway & Smith, 1996, Taylor Brown et al., 1993).

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
Vorwort10
Danksagung12
1 Einleitung: „Wenn Papa oder Mama krank ist“13
2 Grundlagen17
2.1 Familienberatung und -therapie bei körperlicher Krankheit17
2.2 Reaktionen der Familie auf die körperliche Erkrankung eines Elternteils21
2.2.1 Empirische Befunde24
2.2.2 Familiäre Beziehungsdynamik27
2.2.3 Die Bedeutung des familiären Lebenszyklus30
2.2.4 Die Bedeutung der Großelterngeneration31
2.3 Entwicklungspsychologische Aspekte32
2.3.1 Schwangerschaft34
2.3.2 Säuglingsalter (0 bis 12 Monate)34
2.3.3 Kleinkindalter (1 bis 3 Jahre)36
2.2.4 Kindergarten- und Vorschulalter (4 bis 5 Jahre)37
2.2.5 Schulalter bis zur Pubertät (6 bis 11 Jahre)39
2.2.6 Pubertät und Jugendalter (12 bis 17 Jahre)42
3 Besonderheiten bei verschiedenen Krankheitsbildern49
3.1 Krebserkrankungen49
3.1.1 Brustkrebs50
3.1.2 Leukosen und Knochenmarktransplantation52
3.2 Hirnverletzung/Hirntumor55
3.3 Multiple Sklerose58
3.4 HIV/AIDS62
4 Begleitung von Familien mit einem sterbenden Elternteil64
4.1 Die Bedeutung der lebensbedrohlichen Erkrankung eines Elternteils für die Familie65
4.2 Trauerprozesse in Familien67
4.3 Unterschiede in der Trauer von Erwachsenen und Kindern69
4.3.1 Trauer Erwachsener69
4.3.2 Pathologische oder komplizierte Trauer71
4.3.3 Antizipatorische Trauer71
4.3.4 Gelingende Trauer72
4.3.5 Kindliche Trauer72
4.4 Hilfestellungen und Beratung78
4.4.1 Voraussetzung bei den Helfern78
4.4.2 Elterngespräche79
4.4.3 Familiengespräche84
4.4.4 Geschwistergespräche85
4.4.5 Welche Kinder brauchen kinderpsychotherapeutische Diagnostik?85
5 Beratung und Therapie für Familien mit einem körperlich kranken Elternteil87
5.1 Publizierte Interventionskonzepte87
5.2 Wichtige Elemente familientherapeutischer Interventionen91
5.2.1 Spezielle Familiendiagnostik91
5.2.2 Dialogische Psychoedukation98
5.2.3 Psychotherapeutisches Beziehungsangebot102
5.3 Das Hamburger COSIP-Beratungskonzept106
5.3.1 Entstehung und Kontext106
5.3.2 Interventionsziele107
5.3.3 Das Setting110
5.3.4 Akute Kriseninterventionen im Krankenhaus125
6 Schwierige therapeutische Situationen127
6.1 Umgang mit „unaussprechlichen“ Gedanken127
6.2 Inkompatible Coping-Strategien zwischen Eltern und Kindern131
6.3 Körperliche Krankheit als Teil multipler Familienprobleme133
6.4 Überlastung der empathischen Resonanzfähigkeit135
6.5 Familien in real unauflösbarer Dauerüberlastung8136
7 Beratungsverläufe138
7.1 Mutter mit Brustkrebs – „Ich kann mich nicht noch um alle anderen kümmern“138
7.2 Vater mit Hirntumor – „Wie soll ich meinem Sohn, der gerade das Schleifebinden lernt, erklären, dass Papa es gerade verlernt?“148
7.3 Vater mit Leukämie – „Papa soll nicht wieder nach Hause kommen“151
8 Zukunftsperspektiven für die Familienmedizin und medizinische Familientherapie/ -beratung157
Literatur159
Anhang168
Stichwortverzeichnis175
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