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Kinderrechte und Kindheitsphilosophie: Dialog der Generationen

AutorWerner Boesen
Verlagepubli
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl101 Seiten
ISBN9783748520719
Altersgruppe1 – 99
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Die Kindheitsphilosophie ist noch eine junge Wissenschaftsdisziplin. Menschsein ist Kindheit und Erwachsensein und erfordert Kommunikation, einen Dialog. Die Dialogphilosophie bietet eine integrative Basis im interdisziplinären Kontext von Psychologie, Biologie, Pädagogik, Soziologie, Rechtswissenschaft und Religionswissenschaft: •Was ist Kindheit? •Welches Naturrecht hat ein Kind? •Wer hat Verantwortung für ein Kind? •Welche kindlichen Entwicklungsphasen sind dialogphilosophisch differenzierbar? •Welches Verständnis liefert das Generationenkonzept für Kindheit und Erwachsensein? •Was gilt als Grundthese zur Erziehung? •Welchem Mythos (Märchen) wurde der Weg geebnet bis in unsere Staatsverfassung? •Welcher Erziehungskonflikt bleibt unlösbar? •Welche Grundrechte fehlen in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen? •Welche Rechte und Pflichten sind aus dem Selbstverständnis von Natur und Kosmos ableitbar? Kindsein bedeutet gegenüber dem Erwachsensein eine schwächere Position mit dem Risiko des Missbrauchs. Im kindheitsphilosophischen Sinne bedarf es einer Antwort zu den Risiken des Kindseins und dem bestmöglichem Schutz des Kindes. Juristisches Grundlagenwerk ist die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Doch mit Gesetzen erreichen wir die Kinder nicht. Es braucht mehr als nur den Dialog und die elterliche Fürsorge. Über das Mehr streiten Politik und Wissenschaft. Der Autor findet klare Antworten.

Werner Boesen, geb. 1955, Dipl.-Kfm., verh., 5 Kinder, erlebte früh den Verlust der Eltern, die Jugend verbrachte er in Pflegefamilien. Sein Studium ergänzte er mit Erkenntnissen aus Soziologie, Psychologie und Philosophie. Nach 40 Berufsjahren, überwiegend bei der SAP SE, hilft er nun Menschen bei gravierendem Verlust wie Tod und zu frühe Trennung der Eltern. Sein weiterer Schwerpunkt sind Kinderrechte und Kindheitsphilosophie auf der Basis des Generationendialogs Eltern-Kind im Sinne eines statischen und dynamischen Kindheitsverständnisses.

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Leseprobe

Kinderrechte: Zwischen Beständigkeit und Wandel


Moralische Rechte: Sicht auf Kindheitsphasen


Kinderrechte sind erst im Zuge der schriftlichen Festlegungen von Menschenrechten in die philosophische Diskussion aufgenommen worden. Die Literatur beschäftigt sich seit gut 200 Jahren mit einer neuzeitlichen Kindheitskonzeption, die Wissenschaft seit 100 Jahren (Vgl. Archard 2015 S. 53). Als Wegbereiter gilt der französische Philosoph Jean-Jacques Rousseau mit dem Werk „Emile oder über die Erziehung (1762)“ (Archard Ebd. S. 1 Emile (1762) the earliest manifesto for a ‚child-centered‘ education). Zuvor hat der englische Philosoph John Locke einige Überlegungen zur Erziehung eines jungen Gentlemans veröffentlicht (Some Thoughts concerning Education 1693, Archard Ebd. „He did not write a philosophical treatise on childhood…recommends the appropriate education for a young gentleman). Kant steht für die Prioritätsthese und eine dynamische Sicht auf Kindheit, begrenzt auf die Zeit bis zum ausgehenden Jugendalter (weiteres dazu u.a. im letzten Kapitel dieser Arbeit, zur grafischen Ableitung siehe Boesen 2017). Ein Durchbruch erfolgte durch die Vereinten Nationen im Jahre 1959 und im Jahre 1989 entstand die z.Zt. gültige Fassung der UN-KRK (weiteres zur Geschichte der Kinderrechte, siehe http://www.kinderrechte.de/kinderrechte/geschichte-der-kinderrechte/ (Abruf 01.08.2017). Inzwischen haben über 190 Staaten die UN-KRK ratifiziert, doch die wenigsten Staaten haben sie in ihre Staatsverfassungen aufgenommen (Archard S. 107). Archard führt mehrere Gründe zur Bedeutung der UN-KRK an. Sie hat Einfluss auf Gesetze und politische Entscheidungsträger, die über den Status von Kindern nachdenken (ebd.). Sie gilt als Benchmark für Regierungen zur Bewertung von Fortschritten im Feld der Kinderrechte (ebd.). Es gibt regelmäßige Berichte und klare Verpflichtungen für die Infrastruktur (ebd.). Dennoch sind die praktischen und gesetzlichen Einflüsse der UN-KRK begrenzt. An erster Stelle nennt Archard den weltweiten systematischen Missbrauch von Kinderrechten. Viele Kinder sind gezwungen zu arbeiten, Flüchtlinge und asylsuchende Kinder sind oft getrennt von ihren Familien. Waisenkinder unter staatlicher Fürsorge und Kontrolle sind oft missbraucht, wohnen in Institutionen wo sie Quälereien und Ablehnungen erfahren (Ebd. S. 109). Einen wesentlichen Grund für die mangelnde Umsetzung der UN-KRK in vielen Ländern sieht Archard darin, dass ein internationaler Gerichtshof fehlt bzw. nicht verfügbar ist (Ebd.). Seit dem 14. April 2014 ist nun mit dem 3. Zusatzprotokoll (kurz OP3 CRC), die Möglichkeit des Individualbeschwerdeverfahrens geschaffen worden: „OP3 CRC came into force on 14 April 2014, three months after the 10th State ratified the Protocol. A complaint against one of the ten first States parties can be brought in relation to a violation of a child’s rights that took place after this date.” (siehe das Zusatzprotokoll unter What is the OP3 CRC https://www.ohchr.org/EN/ProfessionalInterest/Pages/OPICCRC.aspx (13.03.2019). Diesem Beschwerdeverfahren sind zum 25. September 2014 beigetreten: “[…] 13 States had ratified OP3 CRC: Albania, Belgium, Bolivia, Costa Rica, Gabon, Germany, Ireland, Monaco, Montenegro, Portugal, Slovakia, Spain and Thailand.” (ebd.).

Archard wertet die UN-KRK als Hauptwerk internationaler gesetzlicher Kinderrechte (ebd. S. 57). Da auf die UN-KRK im deutschen Grundgesetz kein gesetzlicher Anspruch formuliert ist, bleiben sie moralische Rechte, obgleich auch die Ansicht berechtigt ist: „These need not be accepted as moral rights.“ (Archard 2016 Stanford Encyl.). Inzwischen setzt sich eine politische Mehrheit dafür ein, Kinderrechte in das Grundgesetz aufzunehmen: ( https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/mediathek/72628!search?query=kinderrechte+ins+grundgesetz&search-button=%C2%A0&newSearch=true (Abruf 13.03.2019).

Archard gleicht die moralischen Rechte mit den Erwachsenenrechten ab (Archard S. 60) und stellt fest, dass zu den Kinderrechten auch jene gehören, die die Kinder zur Erreichung des künftigen Erwachsenseins haben müssen (ebd. S. 63). Insofern ist es naheliegend die einzelnen Entwicklungsphasen der Kindheit zu betrachten. Die Sicht auf die Kindheitsphasen verdeutlicht die Bedeutung der Gewichtung von Kinderrechten. Wie wichtig insbesondere die ersten Kindheitsphasen sind zeigte Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse (Hügli S. 303) und nachfolgend der Tiefenpsychologie (Arnold u.a. Bd 1 S. 635, Sigmund Freud geb. 06.05.1856 in Freiberg (Mähren), gest. 23.09.1939 London. Psychiater, seit 1885 habil., seit 1902 ao. Prof. in Wien). Freud gelang mit seinem Denkansatz für die Psychologie mit Betonung auf der psychosexuellen Entwicklung auch die Philosophie zu beeinflussen. Dabei lag die grundsätzliche Feststellung in der Bewusstmachung, dass seelische Probleme aus dem Unterbewusstsein ins Bewusstsein geführt werden müssten, um Heilung erfahren zu können. Dazu entwickelte Freud seine Gedanken zu „einem metaphysischen Modell des `psychischen Apparates`, in dem zwischen `Es`, `Ich` und `Über-Ich` differenziert wird“ (Gessmann S. 238). Für Freud sind die ersten sechs Lebensjahre die wichtigsten Entwicklungsjahre und die folgenden von untergeordneter Bedeutung. Jean Piaget (geb. 9.8.1896 Neuchatel (Schweiz), gest. 16.09.1980 in Genf (Schweiz), siehe http://www.piaget.org/ (Abruf 24.07.2017)) beschreibt in seinem Entwicklungsmodell die Entwicklung der Intelligenz, die ihre Basis etwa bis zum siebten Lebensjahr vorlegt und danach ihre Ausprägung auf der letzten Stufe der Intelligenzentwicklung bis zum 15. Lebensjahr erfährt (Vgl. Arnold u.a. Bd. 2 Piaget S. 1639). Jede Entwicklungsstufe „ist durch ihre eigene, als strukturiertes Ganzes aufgefaßte Denkorganisation gekennzeichnet. Höhere Stufen integrieren die Strukturen der niedrigeren.“ (ebd. Bd. 1 S. 482). Erik H. Eriksen (geb. 1902 in Frankfurt/Main, gest. 1994 in Harwich, Massachusetts US, weiteres siehe https://www.erikson.edu/about/history/erik-erikson/ (Abruf 24.07.2017)) fokussiert im Gegensatz zu Freud auf die psychosoziale Entwicklung und differenziert über die Kindheitsphasen hinaus drei Lebensphasen des Erwachsenenalters. Jede Lebensphase hat ihre Herausforderungen und sie können bei Problementwicklungen gleichermaßen pathologisch tiefgreifend auf die Persönlichkeit wirken, d.h. selbst wenn die vorherigen Lebensphasen harmonisch verliefen, kann bei Störung der nachfolgenden Phase auch die Persönlichkeit nachhaltig geschädigt werden: „Each phase was the potential root of later health and pathology […] personality is shaped over the life span, which implies that experiences later in life can heal or ameliorate problems in early childhood.” (Siehe https://www.erikson.edu/about/history/erik-erikson/ (Abruf 24.07.2017). Ein Fokus liegt bei den Kindern: “Erikson’s beliefs in the complexity and resilience of children and in the importance of mutuality in helping relationships” (ebd.). Dazu tragen Kinderrechte bei in Relevanz zu den Kindheitsphasen.

Phase 1: Die Vorgeburtsphase, Zeugung bis Geburt


Das Recht auf Ernährung und Schutz, die elterliche Autonomie.

Die UN-Kinderrechtskonvention veröffentlicht unter www.unicef.de https://www.unicef.de/blob/9364/a1bbed70474053cc61d1c64d4f82d604/d-0006-kinderkonvention-pdf-data.pdf (24.07.2017) führt in der Präambel aus, das „das Kind […] eines angemessenen rechtlichen Schutzes vor und nach der Geburt, bedarf“. Nach Artikel 1 „ist ein Kind jeder Mensch, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soweit die Volljährigkeit nach dem auf das Kind anzuwendenden Recht nicht früher eintritt“. Für die Mutter ist gem. Artikel 24 „eine angemessene Gesundheitsvorsorge vor und nach der Entbindung sicherzustellen“.

Die UN-KRK lässt Freiheitsgrade für Staaten, die das frühe Ableben im Mutterleib durch Abtreibung zulassen oder die Abtreibung verbieten soweit es mit internationalen Menschenrechtsgesetzen übereinstimmt. (Vgl. Archard S. 21). Das Gesetzeswerk erkennt die Möglichkeit an, dass die Fortpflanzung durch Gewalt erfolgt sein kann, d.h. ohne Einverständnis der Frau. Mit Gewalt wird die Ausübung physischen und psychischen Zwanges gegenüber anderen bezeichnet (Vgl. Regenbogen/Meyer S. 261, Gessmann S. 268). Das frühe Beenden menschlichen Werdens im Mutterleib bedarf rechtlicher Akzeptanz der Gesellschaft und obliegt insofern nicht einer unabhängigen Entscheidung einer einzelnen Person, sondern es bedarf rechtlicher Gestaltung und Befürwortung (Gründe für eine frühzeitige Beendigung werdenden Lebens im Mutterleib siehe Archard S. 21). Für die weitere Analyse genügt es darauf abzustellen, das auch ein werdendes Kind Rechte hat, für die die Eltern und die Staatsgemeinschaft Sorge tragen. Das Ich ist nicht nur Bewusstseins-Ich. Das körperliche Ich existiert ab Zeugungsbeginn. Ich bin Du für Mutter und Vater, den Familienclan, den Staat, die Religionsgemeinschaft, die Natur und Kosmos.

Phase 2: Das Kleinstkind, 0.-3. Lebensjahr


Das Recht auf Liebe, elterliche Fürsorge, körperliche Unversehrtheit.

Die Präambel der UN-KRK weist auf die Notwendigkeit zur kindgerechten Umgebung hin und bezeichnet die Familie „als Grundeinheit der Gesellschaft“. Nach Artikel 7 ist ein zwingendes Recht auf die Herkunftsfamilie nicht ableitbar nur „soweit möglich“. Artikel 8 gebietet den Vertragsstaaten keine rechtswidrigen Eingriffe in die gesetzlich anerkannten Familienbeziehungen vorzunehmen....

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