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Klassiker der Pädagogik

Die Bildung der modernen Gesellschaft

VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl378 Seiten
ISBN9783531912035
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis22,99 EUR
Von Rousseau bis Herbart, über Diesterweg, Natorp, Nohl und Mollenhauer bis Luhmann werden in diesem Band die Grundlegungen der Pädagogik der modernen Gesellschaft dargestellt. Neben einer biografischen Orientierung im jeweiligen soziokulturellen Kontext werden die zentralen Aussagen der klassisch gewordenen pädagogischen Akteure dokumentiert. Ergänzt werden die Portraits um die Perspektiven, wie sie jeweils zur sozialen Erziehung entwickelt wurden. Wissenschaftlich aktuell wird das Buch durch die Berücksichtigung von Foucault, Bourdieu und Luhmann als pädagogische Klassiker der modernisierten Moderne.

Dr. Bernd Dollinger ist Professor am Fachbereich Sozialpädagogik an der PH Freiburg.

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Leseprobe
"Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) (S. 27-28)

Über die Kunst der Erziehung zur moralischen Freiheit in der entfremdeten Welt

Otto Hansmann

1 Einleitung

Mit Recht gilt Jean-Jacques Rousseau als einer der herausragenden Vertreter neuzeitlicher Pädagogik an der Schwelle zur Moderne. In beispielloser Weise zieht er Gesellschaft und Kultur des 18. Jahrhunderts vor den Richterstuhl kritischer Vernunft. Die Berechtigung dazu nimmt er aus der unmittelbaren Erleuchtung eines ursprünglichen Naturzustands des Menschen – eines Menschen ohne soziale Bindung, ohne Sprache, ohne Kultur, aber eben auch ohne Eitelkeit, ohne Neid, ohne Falsch, kurzum: ohne Widerspruch zwischen Sein und Schein.

Was bringen diese Unterscheidungen? Sie lassen sich ausschärfen auf der Grundlinie eines gedanklichen Experiments, welches Rousseau mit der Frage einleitete: «Was hätte aus dem Menschen werden können, wenn er isoliert von seinesgleichen unter der Ordnung der Natur gelebt hätte?» Dieses gedankliche Experiment befähigt dazu, die Prinzipien der Unabhängigkeit und der Freiheit inmitten einer entfremdeten Welt nicht nur begrifflich fassen, sondern zugleich auch sinnlich wahrnehmen zu können. Damit hat Rousseau zwei Anhalte für eine folgenreiche Reflexion gefunden: „Kritik und Krise"" (Koselleck 1973). Beide Anhalte brachten Rousseau in die Position eines Skeptikers der neuzeitlichen Aufklärung, was den Bruch mit den Exponenten der neuzeitlichen Aufklärung in Frankreich (D`Alembert, Diderot) nach sich zog.

Für die soziale Erziehung zeichnet sich auf dieser Grundlinie ein Weg der Bildung des theoretischen, des praktisch-moralischen und des religiösen Urteils ab, der nicht in der affirmativen Aneignung kultureller Überlieferung endet, sondern Prinzipien moralischer Freiheit anvisiert, welche geeignet sind, die überlieferte Kultur zu erneuern. Und moralische Freiheit grundiert die Reflexivität menschlichen Handelns, eine unausweichliche Voraussetzung für die Bildung moderner Gesellschaft.

2 Lebensverlauf

Am 28. Juni 1712 erblickte Jean Jacques (JJ) als zweiter Sohn des Uhrmachers Isaac Rousseau und seiner Ehefrau Suzanne Bernard in Genf das Licht der Welt. Wenige Tage darauf, am 7. Juli, verstarb seine Mutter. Obgleich JJ ohne Mutter aufwuchs – in seinen „Bekenntnissen"" bezeichnete Rousseau diesen Verlust als „mein erstes Unglück"" (OCP, I, 7) – erlebte er eine glückliche Kindheit im Kreis seiner Verwandten, der Freunde der Familie und der Nachbarn (vgl. BEK, 14). „Ich fühlte, ehe ich dachte."" (BEK, 12)

1722, im Oktober wurde JJ zusammen mit dem gleichaltrigen Sohn seines Onkels Bernard beim Prediger Lambercier, dessen Schwester den Haushalt führte, in Bossey, einem Dorf vor den Toren Genfs, zur Erziehung in Kost und Wohnung gegeben.

Von 1724 – 1728 unterzog sich JJ handwerklichen Lehren, die er nicht abgeschlossen hat. Danach schlug er sich mit der Empfehlung eines katholischen Geistlichen nach Annecy durch, wo ihn Mme de Warens aufnahm.

1728, am 21. April trat JJ mehr aus Verlegenheit denn aus tiefster Überzeugung – „Ich war zwar nicht gerade fest entschlossen, katholisch zu werden, aber da ich den Zeitpunkt noch fern sah, hatte ich eine Frist, mich mit dem Gedanken vertraut zu machen…"" (BEK, 67) – in Turin zum Katholizismus über, wodurch er die Bürgerschaft des calvinistisch reformierten Genf verlor.
"
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Klassiker der Pädagogik. Einleitende Anmerkungen zu einer eigentümlichen Spezies7
I. Die Konstitution der modernen Gesellschaft25
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)26
Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827)52
Friedrich Schleiermacher (1768-1834)74
Johann Friedrich Herbart (1776-1841)99
II. Erziehung und Industrialisierung122
Friedrich Adolph Wilhelm Diesterweg (1790-1866)123
Karl Volkmar Stoy (1815-1885) und Otto Willmann ( 1839- 1920)146
Paul Natorp (1854-1924)173
III. Erziehung am Beginn des 20. Jahrhunderts190
Reformpädagogik und Klassiker191
John Dewey (1859-1952)213
Herrman Nohl (1879-1960)239
Siegfried Bernfeld (1892-1953)257
IV. Die „modernisierte“ Moderne279
Michel Foucault (1926-1984)280
Niklas Luhmann (1927-1998)302
Klaus Mollenhauer (1928-1998)321
Pierre Bourdieu (1930-2002)343
Autoreninformation367

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