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E-Book

Mit kleinem Gepäck

Wunderschöne Geschichten vom Reisen

AutorTamina Kallert
VerlagGütersloher Verlagshaus
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641234416
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
»Ich glaube, die Neugier auf die Welt macht das Leben größer.« (Tamina Kallert)
Skurriles und Persönliches, manchmal Trauriges, vor allem aber viel Reiselustiges - in diesem Buch erzählt Tamina Kallert von den Dingen, die in ihren Filmberichten so nicht zu sehen sind. Für ihre Sendung »Wunderschön« hat die erfolgreiche Reisejournalistin über 70 Länder und Regionen bereist. Sie wandert, fährt Rad, Auto, Zug, klettert auf Vulkane, reitet auf Kamelen, sie besucht abgelegene Dörfer, einsame Inseln und pulsierende Städte. Reisen ist ihre Leidenschaft, und sie liebt es, in Welten einzutauchen, die sie noch nicht kennt. Mit ihrer warmherzigen und lebensfrohen Art öffnet sie die Herzen der unterschiedlichsten Menschen.
  • Berührende Erlebnisse hinter den Reisegeschichten
  • Unterwegs mit der »Herzensöffnerin« Tamina Kallert
  • Herzlich, empathisch und authentisch
  • Reisen bereichert - und das Lesen dieses Buches erst recht


Tamina Kallert, geboren 1974, arbeitete nach dem Studium der Geschichte und Anglistik als Moderatorin, Reporterin und Autorin beim Westdeutschen Rundfunk, bei ProSieben und für das Deutsche Sportfernsehen. Seit 2004 moderiert sie das WDR-Reisemagazin »Wunderschön«, seit 2016 auch die Städtereisen »2 für 300«. Zusammen mit dem WDR-Funkhausorchester führt sie regelmäßig durch wunderschöne Reisekonzerte. Tamina Kallert ist erfolgreiche Autorin, ihr Bestseller »Mit kleinem Gepäck« erschien 2018. Sie ist verheiratet, Mutter von zwei Kindern und lebt mit ihrer Familie in Freiburg im Breisgau.

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Leseprobe

1 WELTOFFEN TROTZ INSELLAGE

»Drum, o Mensch, sei weise,

pack die Koffer und verreise!«

frei nach Wilhelm Busch (1832–1908)

Zugegeben, bei mir ist die Sache mit dem Reisen ex­trem. Seit über zwanzig Jahren bin ich reiselustig für das Fernsehen unterwegs und zeige meinen Zuschauern die Schönheiten der nahen und fernen Reiseziele. Es gab Zeiten, da war ich bis zu 200 Tage im Jahr von zu Hause fort. Auch heute heißt es noch oft: raus aus dem Flieger, Koffer neu packen, wieder los. Ganz am Anfang meinte eine Kollegin: »Das machst du keine zwei Jahre. Spätestens dann hast du die Nase voll.« Sie hatte unrecht. Meine Neugier auf die Welt ist immer noch da. So viele spannende Orte und großartige Landschaften, die ich noch entdecken will! Dabei muss es nicht immer das Ferne und Exotische sein. Deutschland zum Beispiel ist reich an wunderschönen Städten und Dörfern, Wäldern, Heiden, Mooren und Berglandschaften. Sogar zwei Meere haben wir. Hier bekommt die Seele, was sie braucht, Ruhe oder Inspiration. Neulich filmten wir im Paderborner Land – die von Wasserläufen und Seen durchzogene Landschaft war für mich eine Traumgegend. Wie so oft dachte ich: Wie wunderschön haben wir es hier bei uns! Wir hatten besonderes Glück mit dem Wetter und erlebten goldene Herbsttage. Vormittags hing noch Nebel über Feldern und Wiesen, während die Sonne immer kräftiger aus einem dunkelblauen Himmel herabstrahlte. Am dritten Drehtag machten wir uns mit kleiner Teambesetzung in der Morgendämmerung auf den Weg, dieses zauberhafte Naturschauspiel zu filmen. Als ein geeigneter Platz gefunden war, hatte ich nur den einen Wunsch: innehalten. Ich wollte nicht groß reden und erklären, sondern den wunderbaren Anblick genießen. Und tatsächlich beschlossen wir, einfach nur die Stimmung mit der Kamera einzufangen. Da stand ich, in eine dicke Strickwolljacke gehüllt und an ein Holzgatter gelehnt, und genoss den Blick auf die erwachende Nebellandschaft und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. Mir kam eines meiner Lieblingsgedichte in den Sinn, es stammt von Eduard Mörike:

»Im Nebel ruhet noch die Welt,

noch träumen Wald und Wiesen;

bald siehst du, wenn der Schleier fällt,

den blauen Himmel unverstellt,

herbstkräftig die gedämpfte Welt

in warmem Golde fließen.«

Was für ein unvergesslicher Augenblick! Das Glücksgefühl war genauso intensiv wie bei einer Dschungeltour in Sri Lanka oder einer Bootsfahrt in der Karibik. Meine Freude über die Schönheit der Welt war so groß – kaum auszuhalten!

Solche wunderbaren Augenblicke nehme ich nur dann wahr, wenn mich meine Neugier aus meinem Alltag entführt. Ein ungeheurer Reichtum kommt so in mein Leben. Aber noch bereichernder als die wunderbarsten Landschaften finde ich die Begegnungen mit Menschen. Wie leben sie? Was treibt sie an und worüber freuen sie sich? Und wie werden sie mit ihren Sorgen fertig? Ihre Antworten lassen mich immer wieder über meinen Tellerrand hinausschauen und geben mir ein Gefühl der Verbundenheit mit der ganzen Welt. Deshalb ist das wichtigste und reizvollste Reiseziel für mich persönlich immer der Mensch.

Einmal drehten wir für das Format »2 für 300« in Dublin. Der Plot dieser Reihe ist ganz einfach: Kameramann Uwe Irnsinger und ich haben 300 Euro zur Verfügung, um ein tolles Wochenende in einer spannenden Stadt zu verbringen und für vergleichsweise wenig Geld viel zu erleben. Überall, wo wir bis dahin waren – von Maastricht bis Mailand –, hatte das super geklappt. Aber ich muss sagen: Die Hauptstadt Irlands hat es uns nicht leicht gemacht, sie zu mögen. Es war grau, feucht und kalt und die Straßen schienen nur aus Baustellen zu bestehen. Alle hatten uns gesagt: »Dublin ist großartig! Da müsst ihr unbedingt mal hin!« Als wir endlich dort waren, fragten wir uns: Warum nur? Wir waren ziemlich ernüchtert, fast schon enttäuscht. Bis wir in diesen Pub kamen. Da wurde uns sofort klar, dass wir Dublin sozusagen auf dem falschen Fuß erwischt hatten. Es war später Nachmittag, aber im Pub war es knallvoll. Menschen aller Alters- und Berufsgruppen saßen und standen beieinander, in bunter Mischung. Der eine kam gerade aus der Uni, ein anderer hatte Feierabend, der dritte machte den Eindruck, dass er da immer sitzt. Und alle redeten wild durcheinander. Ob es beim Smalltalk bleibt oder sich ein tieferes Gespräch ergibt, darauf lässt man es hier in Irland einfach ankommen. Von der ersten Sekunde an waren wir mittendrin im Trubel. Die herzliche Atmosphäre war absolut ansteckend, selbst die etwas zurückhaltenderen Mitglieder unseres Fernsehteams kamen aus sich heraus. Und dann war da noch die Musik. Kaum hatte ich fallen lassen, dass ich Geige spiele, drückte mir auch schon der Chef – zack! – eine Fiedel in die Hand. Ein uraltes Teil, dem man ansah, dass es schon viel mitgemacht hatte, über und über mit Kolophonium verschmiert. Zu Hause hätte ich erst mal viel Zeit darauf verwendet, die Saiten zu stimmen. Hier aber war es völlig egal, ob die Töne etwas schräg rauskamen oder nicht. Hier ging es darum, ungezwungen und voller Lebenslust miteinander zu musizieren. Wir fühlten uns wie in einem Jungbrunnen: Müde und abgekämpft hatten wir den Pub betreten und innerhalb kürzester Zeit hatten wir leuchtende Augen und rote Backen und fühlten uns einfach nur pudelwohl. Und selbst Kameramann Uwe, der eigentlich gar kein Bier mag, war bester Dinge. Später am Abend mussten wir ins Hotel zurück, um den Ablauf des folgenden Tages zu besprechen. Da waren wir immer noch ganz beschwingt. Das ganze Team war der Meinung: Von diesem Lebensgefühl können wir uns echt was abschneiden.

Irland ist nicht weit weg von Deutschland und doch ist die Lebensart dort erfrischend anders. Erst im Kontrast wird klar, wie wir selber ticken. Auch diese Vergleichsmöglichkeit macht das Reisen so spannend. Dublin hat mir gezeigt, wie sehr wir oft in Schubladen denken und leben. Sich zu treffen ist hierzulande mittlerweile ja fast schon ein Staatsakt. Man verabredet sich umständlich Wochen im Voraus, damit bloß alles seinen festen Rahmen hat und man vor Überraschungen sicher ist. Aus demselben Grund gibt es wohl bei uns Ü30-Partys und beim Betriebsfest sitzen die verschiedenen Abteilungen oft in genau derselben Besetzung beieinander, wie sie es Tag für Tag auch im Büro tun. Den ganzen Abend lang. Kommst du neu in eine Kneipe und traust dich, jemanden anzusprechen, dann steht auf dem Gesicht deines Gegenübers gleich geschrieben: »Wer bist du denn? Was soll das?« Ein echter Ire kann da nur den Kopf schütteln. Wenn er in den Pub geht, will er einfach nur das Leben und das Zusammensein feiern.

Also warum nicht mal ein bisschen offener und abenteuer­lustiger sein? Es gibt da die bekannten Standardsitu­a­tionen. Zum Beispiel, wenn du eine bestimmte Straße oder einfach nur das nächste Café suchst. Es wäre ganz einfach, irgendjemanden nach dem Weg zu fragen. Aber da ist eine Stimme in dir, die dir sagt: »Ach was! Das finde ich schon selber.« Man könnte fast meinen, Fragen wäre ein Zeichen von Schwäche. Übrigens: Mir scheinen Männer da besonders anfällig zu sein. Aber es geht doch gar nicht darum, um jeden Preis auf eigene Faust durchs Leben zu kommen! Ich finde es viel schöner, mit Menschen in Kontakt zu kommen, und sei es nur für eine halbe Minute. Eine unfreundliche Antwort habe ich selten erlebt. Ganz im Gegenteil! Selbst aus einer kurzen Begegnung können sich ganz neue Perspektiven eröffnen. Ich hab sogar schon wertvolle Geheimtipps bekommen. Zum Beispiel, als ich in Mailand in ein angesagtes Restaurant gehen wollte und ein Einheimischer mir sagte: »Ach, das ist doch nichts! Gehen Sie lieber dorthin, wo wir alle aus diesem Viertel hingehen. Das ist gleich da vorn um die Ecke.« So lernte ich in einer schrägen Trattoria die Mailänder Aperitivo-Kultur kennen. Es war ein Traum! Für fünf Euro bestellt man sich ein Getränk und darf sich dazu bei den kleinen Köstlichkeiten bedienen, die auf dem Tresen aufgereiht sind: Tramezzini, Mozzarella caprese, eingelegtes Gemüse und Oliven … Die superleckeren Antipasti können auch mal ein teures Abendessen ersetzen. Was für ein Glück, dass ich nach dem Weg gefragt hatte!

Die Offenheit der Menschen in Irland kann einen auch inspirieren, sich nicht immer mit festen Verabredungen abzusichern. Warum nicht einfach mal ohne Vorwarnung bei jemandem vorbeischneien? Mache ich auch viel zu selten. Bei uns ist das ja fast ein No-Go. Dabei muss es doch niemanden in Verlegenheit stürzen, wenn nicht aufgeräumt ist oder nichts Besonderes zum Essen im Haus ist. Die schönsten Nachmittage mit Freunden habe ich erlebt, wenn sie ungeplant waren. Und wenn der spontane Überfall mit einem »Oh schön! Ich freu mich, dass du da bist!« belohnt wurde.

Wer lieber in seiner Komfortzone bleibt, in der er sich auskennt und sich sicher fühlt, könnte einen hohen Preis für seine Bequemlichkeit zahlen. Meiner Erfahrung nach bauen diejenigen, die sich die Neugier abgewöhnt haben, schneller ab und werden umständlich. Im schlimmsten Fall werden sie sogar desinteressiert und abgestumpft. Dann heißt es nur noch: »Ach, das wird mir jetzt aber zu viel … hab ich schon gesehen … kenn ich schon … was soll ich denn da …« So eine Einstellung kann man in allen Altersgruppen finden. Auch Dreißigjährigen kann es zu viel sein, mal für zwei Stunden etwas mit ihren Nichten und Neffen zu unternehmen und so die Welt mit deren Augen zu sehen. Find ich...

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