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E-Book

Klinische Studien erfolgreich durchführen

Ein Leitfaden und Ratgeber für Praxis und Klinik

AutorAlexander Schulze, Christina Hoffmann, Xina Grählert
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl114 Seiten
ISBN9783170294943
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Nach wissenschaftlichen Kriterien aufgebaute klinische Prüfungen bilden das Rückgrat moderner medizinischer Therapie. Das Buch zeigt, wie solche Studien in den Alltag in Klinik und Praxis integriert und erfolgreich durchgeführt werden können. Erfahrungsberichte runden die Darstellungen ab und verdeutlichen ethische Aspekte. Der Buchaufbau folgt den realen Schritten, die Studien in klinischen Einrichtungen durchlaufen. Ärzten, Studienassistenten sowie Monitoren wird so ein Zugang zu dieser komplexen Materie eröffnet.

Dr. sc. med. Alexander Schulze, niedergel. Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Dr. rer. nat. Xina Grählert, Leiterin des Koordinierungszentrums für Klinische Studien Dresden der Medizinischen Fakultät der TU Dresden. Christina Hoffmann, Senior Clinical Research Associate, Iatec BV Amsterdam.

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Leseprobe

3 Der zweite Kontakt – ein orientierender Besuch durch den Auftraggeber


Wenn nach dem ersten Kontakt beide Seiten Interesse an einer Zusammenarbeit haben, findet ein erster Besuch zum gegenseitigen Kennenlernen statt. Dieser wird von einer Monitorin (oder auch engl.: Clinical Research Associate) durchgeführt.

Hinweis:

Ein Monitor ist kein Pharmareferent! Eine solche missverständliche Gleichsetzung kann die erste Kommunikation sehr erschweren.

Dieser Besuch wird in der Regel als Vor- oder Zentrumsauswahlbesuch (engl.: Pre-Study Visit oder Site Selection Visit) bezeichnet. Dabei werden die materiellen, personellen und zeitlichen Ressourcen des Prüfzentrums besprochen (siehe auch GCP-V § 7 (3) 8).

Als Ergebnis beschreibt der Monitor in einem Bericht, wie diese Punkte erfüllt sind und somit eine Eignung des Prüfzentrums für die geplante Studie gegeben ist oder nicht.

Praxistipp:

Prüfer und Monitor sollten sich über die Auswahlkriterien als Prüfzentrum im Rahmen eines Vorbesuchs tatsächlich verständigen.

Bericht einer Monitorin:

»Als Monitorin musste ich in einem Krankenhaus einen Vorbesuch durchführen. Den Termin hatte ich bereits vier Wochen im Voraus vereinbart und außerdem mitgeteilt, dass ich den verantwortlichen Prüfer für etwa 30 Minuten sprechen wollte, um den Prüfplan und vor allem die Ein- und Ausschlusskriterien vorzustellen. Als das Treffen nach einer Stunde Wartezeit mit dem Arzt endlich stattfand, hatte dieser so wenig Zeit, dass nur noch die notwendigen Unterschriften eingeholt werden konnten. Zum Beispiel für das ›Financial Disclosure‹, in dem der Prüfer bestätigt, kein finanzielles Interesse am Ergebnis der Studie zu haben. Gerade noch konnte ich dem Arzt eine Aussage zur Anzahl möglicher Studienpatienten abringen.

Für die wichtige Diskussion der Ein- und Ausschlusskriterien blieb leider keine Zeit mehr. Zum Glück hatte ich im Anschluss noch die Gelegenheit, mit zwei Studienkoordinatoren (auch Studienassistenten genannt) zu sprechen. Dabei stellte sich heraus, dass sie bereits für etwa 30 Studien verantwortlich waren. Dies zeigte mir einerseits, dass sie selbst sicherlich über ausreichend Studienerfahrung verfügen, jedoch andererseits war dies ein Hinweis darauf, dass es sich dabei möglicherweise um konkurrierende Studien handeln könnte. Konkurrierende Studien sind solche mit gleicher Indikation für die geplante Rekrutierung von Studienpatienten. Das Zentrum mit seinen Räumlichkeiten und seiner Ausstattung konnte ich mir noch ansehen. Die Beurteilung der Eignung dieses Prüfzentrums fiel mir schwer, weil ich nun nicht wirklich einschätzen konnte, ob der potentielle Prüfer und das Studienpersonal tatsächlich auch Zeit für die Durchführung der Studie haben. Ich beschrieb in meinem Besuchsbericht sachlich meine Beobachtungen. Die endgültige Entscheidung über die Eignung eines Zentrums fällt der Auftraggeber.

Eine Kollegin berichtete mir von einem anderen Prüfzentrum, dessen Personal einerseits keine Zeit hatte und andererseits auch nicht entsprechend qualifiziert war. Der Auftraggeber wollte aus marketingtechnischen Gründen dieses Zentrum trotzdem in die klinische Prüfung mit aufnehmen. Solche – für den Monitor sehr schwierige Situationen – sind zum Glück Einzelfälle.«

Zusammenfassend sind folgende Faktoren für die Auswahl eines Prüfzentrums von Bedeutung:

  1. Renommee des Arztes auf seinem Fachgebiet: Handelt es sich beispielsweise um einen sogenannten Meinungsführer bzw. verfügt der Prüfer über langjährige klinische Erfahrung in der gesuchten Indikation?
  2. Glaubwürdige Angaben über die Anzahl potentieller Studienpatienten
  3. Konzeption des Auftraggebers für die geplante Studie. Meist besteht eine genaue Vorstellung darüber, wie viele Zentren benötigt werden und wie deren regionale Verteilung aussehen soll. Bei seltenen Indikationen haben potentielle Prüfer daher größere Chancen, ausgewählt zu werden.
  4. Motivation des Prüfers für eine Studienteilnahme; kommerzielle Gründe allein reichen hier nicht aus!

Ein Vorbesuch aus der Sicht eines Prüfers:

»Es kommt also jetzt darauf an, mein Zentrum zu präsentieren. Es ist sinnvoll, sich auf diesen ersten Besuch etwas vorzubereiten. Zunächst sollte etwa eine Stunde Zeit im Praxis- oder Stationsalltag reserviert werden. Im Idealfall sollte das gesamte Studienteam (Prüfer, Studienkoordinatoren, Studienschwestern) daran teilnehmen. Es ist gut, wenn es dabei gelingt, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen.«

Konkret sollte Folgendes vorbereitet werden:

  1. Lebensläufe (unterschrieben und datiert, möglichst in englischer Sprache) für das gesamte Studienpersonal. Hierbei sind nicht die Anzahl der Geschwister und die private Adresse gefragt, sondern ausschließlich die berufliche und fachliche Qualifikation sowie Angaben über bisher durchgeführte Studien (einschließlich Phase, Indikation und Jahr).
  2. Nachweis der Qualifikation als Prüfer bzw. des Studienteams, d. h. dass möglichst alle ein entsprechendes GCP-Training absolviert haben. Gemäß Arzneimittelgesetz sind GCP-Kenntnisse inzwischen zwingend notwendig (siehe auch GCP-V § 7 (3) 6).

»(4.1) Qualifikation des Prüfers …:

(4.1.1) Ein Prüfer sollte durch Aus- und Weiterbildung sowie berufliche Erfahrung entsprechend qualifiziert sein, um die Verantwortung für die Durchführung der klinischen Prüfung zu übernehmen. Er sollte alle Qualifikationen, die durch die geltenden gesetzlichen Bestimmungen gefordert werden, vorweisen und sie anhand eines aktuellen Lebenslaufs und/oder relevanter Unterlagen, die vom Sponsor, dem IRB/der unabhängigen Ethik-Kommission und/oder der/den zuständigen Behöre(n) angefordert werden, nachweisen …

(4.1.3) Der Prüfer sollte die Gute Klinische Praxis (GCP) sowie die geltenden gesetzlichen Bestimmungen kennen und sie beachten.«

(Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis, S. 25)

Folgende Einrichtungen bieten Fortbildungen an: die Koordinierungszentren für Klinische Studien (KKS Netzwerk) oder ähnliche Einrichtungen. Sie sind an den meisten deutschen Universitätskliniken bzw. Medizinischen Fakultäten, beispielsweise in Berlin, Dresden, Düsseldorf, Essen, Freiburg, Halle, Heidelberg, Köln, Leipzig, Mainz, Marburg, Münster, München, Regensburg vertreten und führen in regelmäßigen Abständen Fortbildungsveranstaltungen für Prüfer und Studienassistenten, aber auch für Leiter der Klinischen Prüfung und Monitore durch.

Weitere Anbieter von GCP-Schulungen sind beispielsweise: berliner-seminare (Berlin), CenTrial GmbH (Ulm/Tübingen), Comprehensive Cancer Center Mainfranken und die Deutsche Gesellschaft für Pharmazeutische Medizin e. V.

Neben der Qualifikation des Studienpersonals ist der wichtigste Punkt eines Vorbesuchs die Frage nach der möglicherweise zu rekrutierenden Anzahl an Patienten. Hierfür lohnen:

  1. Durchsicht der eigenen Patientendatenbank, um eine möglichst realistische Voraussage treffen zu können.
  2. Schon während des Vorbesuchs sollte diskutiert werden, welche Rekrutierungsstrategien für diese spezifische Studie infrage kommen können (Zeitungsanzeigen, Flyer mit Kurzvorstellung der Studie für überweisende Hausärzte, Fahrtkostenerstattung für Studienpatienten).
  3. Lesen der Synopsis mit dem Studienablauf und den Ein- und Ausschlusskriterien, um jetzt auf mögliche Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung des Prüfplans hinzuweisen.

Der Monitor prüft in der Regel auch das Vorhandensein der notwendigen Ausstattung, wie eine geeichte Waage, den Medikamentenschrank mit Minimum-Maximum-Thermometer, Tiefkühlschrank, eine Zentrifuge, die Notfallausrüstung (Defibrillator), Arbeitsplatz für den Monitor, Internetzugang usw.

Sollte Ihnen der Monitor die Frage stellen, ob Sie überhaupt Zeit für die Studiendurchführung haben, lohnt es sich, über diese Frage genau nachzudenken. Zeitmangel ist oftmals schlicht der Grund, warum so viele initiierte Prüfzentren keinen Patienten einschließen. Dies gilt insbesondere für Kliniken.

»(4.2) Angemessene Ressourcen

(4.2.1) Der Prüfer sollte (z. B. auf der Grundlage retrospektiver Daten) darlegen können, dass die erforderliche Anzahl geeigneter Prüfungsteilnehmer innerhalb des vereinbarten Zeitraums rekrutiert werden kann.

(4.2.2) Der Prüfer sollte ausreichend Zeit haben, um die klinische Prüfung innerhalb des vereinbarten Prüfungszeitraums ordnungsgemäß durchzuführen und abzuschließen.

(4.2.3) Dem Prüfer sollten für den vorgesehenen Prüfungszeitraum qualifiziertes Personal in ausreichender Zahl und entsprechende Einrichtungen zur Verfügung stehen, damit die klinische Prüfung ordnungsgemäß und sicher durchgeführt werden kann.

(4.2.4) Der Prüfer sollte sicherstellen, dass alle Personen, die an der klinischen Prüfung mitarbeiten, über den Prüfplan, das/die Prüfpräparat(e) sowie über ihre prüfungsbezogenen Pflichten und Aufgaben ausreichend informiert sind.«

(Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis, S. 25)

Praxistipp:

Am Ende dieses »Pre-Study Visits« sollten Sie Ihr Interesse an dieser Studie kritisch reflektieren – es ist auch...

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