Sicherheit und Rentabilität sind zwei wichtige Aspekte bei Überlegungen neue Automatisierungstechnik in der Produktion zum Einsatz zu bringen. Dabei ist der Aspekt der Sicherheit nicht nur unter dem Gedanken eines guten Images für die Firma oder unter einem verantwortungsbewusstem, unternehmerischen Handelns zu sehen. Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit wird nach Art. 2 Abs. 2, des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschlands (GG), jedem gewährt[1]. Aus diesem Grundsatz folgen weitere Gesetze, Verordnungen und Normen sowie weitere Vorschriften und Regeln, die nicht immer den Stellenwert eines Gesetzes haben aber dennoch zu beachten sind. Diese Fülle an Vorschriften und den damit verbundenen Standard, den sie gewährleisten, gab es allerdings nicht von Anfang an.
Zu Beginn der Industrialisierung war die Hauptintention, den Profit zu steigern. Dies wurde durch den Einsatz von Maschinen und einem, zum Handwerk abgeänderten, Arbeitsablauf erreicht. „Auch die Konsumgesellschaft entsteht letztlich nur, weil durch die industrielle Produktion Waren nicht mehr in Handarbeit, sondern mit Maschinen hergestellt werden. Dadurch nämlich sinken die Produktionskosten, während gleichzeitig die Produktivität steigt.“[2] Die Massenproduktion, die standardisierte Produkte auf den Markt brachte, leitete ein neues Zeitalter ein. Durch die Verfügbarkeit von mehr und bis dato teureren Produkten stieg aber auch der Anspruch an die Lebens- und Arbeitsbedingungen. Zwischen 1883 und 1889 wurden durch Reichkanzler Otto von Bismarck (1871 bis 1890) die Sozialversicherung, mit den drei Säulen[3] Krankenversicherung (1883), Unfallversicherung (1884) und Rentenversicherung (1889), eingeführt.[4] Auch wenn durch die Sozialversicherungen die Menschen abgesichert waren, ist die beste Absicherung, präventiv mögliche Gefahren auszuschalten. Die Vermeidung von Unfällen im Betrieb hat heutzutage einen hohen Stellenwert. Nicht nur Gesetzgeber, Berufsgenossenschaften und die Öffentlichkeit fordern einen Schutz der Arbeiter, auch der finanzielle Aspekt spielt hierbei eine wichtige Rolle. Ausfalltage kosten den Unternehmer gleich in zweierlei Hinsicht Geld. Zum einen fehlt der Arbeiter und kann keine Leistung für das Unternehmen erbringen, zum anderem steigen, durch Unfälle, auch die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung. Der „durch einen Unfall entstandene monetäre Verlust ist hoch und wird meistens unterschätzt. Bezogen auf die Industrie liegen die Kosten für einen Arbeitsunfall mit einer durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeit von 15 Tagen bei etwa 7.500,00 Euro.“[5][6] Auch wenn durch die Industrialisierung viele Arbeiten von Maschinen übernommen werden, kann auf den Produktionsfaktor Mensch (noch) nicht verzichtet werden. Um den Menschen vor den Gefahren durch Maschinen zu schützen, ist es am einfachsten, die beiden Partner, Mensch und Maschine, räumlich voneinander zu trennen. Mit Einführung der ersten Roboter in die Produktion, um 1970, war dies selbstverständlich. Mit steigendem Automatisierungsgrad, dem globalen Wettbewerb und dem Kundenwunsch nach mehr Individualität der Produkte, steht die räumliche Trennung der beiden Systempartner nun aber auf dem Prüfstand. Auch wenn viele Produktionsabläufe komplett automatisiert ablaufen können, kommen diese, rein technischen Systeme, an ihre Grenzen.
Werden beide Systempartner zusammengebracht ergeben sich daraus Vorteile hinsichtlich der Flexibilität und körperlicher Entlastung des Menschen. Gleichzeitig aber zusätzliche Anforderungen an den Arbeitsschutz. Dazu heißt es, in dem Schriftstück Automation 2020, der VDI/VDE-Gesellschaft: „Der heutige Sicherheitsstandard in der Automation und durch die Automation muss auch in Zukunft gewährleistet bleiben.“[7] Bei den kollaborierenden Systemen, müssen diese Sicherheitsstandards unter allen Umständen erfüllt werden, da hier, aufgrund der direkten Zusammenarbeit schnell schwere Verletzungen eintreten können. „Obgleich kollaborierende Roboter selbst immer sicherer werden, gilt es eine Reihe von Schutzmaßnahmen rund um ihren Einsatz zu treffen.“[8] Den ein Ausfall oder eine „technische Panne“ kann nie ganz ausgeschlossen werden.[9] Um zu entscheiden welche Risiken auftreten und welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind, ist eine Einteilung der Systeme wichtig. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten.
Bei Mensch-Maschine-Systemen kann einmal dahin gehend unterschieden werden, ob sie sich im industriellen Einsatz befinden oder im Servicebereich. Das Aufgabenspektrum des Serviceroboters wird dabei wie folgt definiert:
„Ein Serviceroboter ist eine frei programmierbare Bewegungseinrichtung, die teil- oder vollautomatisch Dienstleistungen verrichtet. Dienstleistungen sind dabei Tätigkeiten, die nicht der direkten industriellen Erzeugung von Sachgütern, sondern der Verrichtung von Leistungen für Menschen und Einrichtungen dienen.“[10][11]
In dieser Arbeit wird vorrangig die industrielle Anwendung betrachtet. Der Servicebereich wird vor allem zu Vergleichszwecken herangezogen.
Eine andere Unterscheidung zielt auf die Art der Interaktion ab. Abbildung 1 zeigt eine Unterscheidungsmöglichkeit nach Schmidtler[12]. Dabei erfolgt die Kategorisierung anhand der vier Kriterien Arbeitsplatz, Arbeitszeit, Ziel und Kontakt in aufsteigender Reihenfolge.[13] Die Mensch-Roboter-Interaktion wird hierbei in drei Bereiche abgegrenzt. Koexistenz beschreibt danach das Arbeiten im selben Raum zur selben Zeit. Kooperation wird durch ein gleich gelagertes Ziel erreicht, das beide Systempartner anstreben. Die direkte Zusammenarbeit, die Kollaboration, zeichnet sich zudem durch einen Kontakt der beiden Akteure aus. Dies heißt nicht unbedingt, dass sie sich berühren müssen, der Kontakt kann auch durch Befehle erfolgen. Bei der Betrachtung über die nötigen Absicherungsmaßnahmen zum Schutz des Menschen ist es wichtig, zu wissen, in welchem Bereich der Interaktion man sich befindet. Bei der Kollaboration ist, wie schon dargestellt, ein Kontakt zwischen den Systempartnern vorhanden. Dies bedeutet, dass hier umfassendere Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen sind.
Abbildung 1 Definition zur Mensch-Roboter-Interaktion nach Schmidtler[14]
Doch warum wollen Unternehmen, die vormals getrennten Partner enger zusammenbringen?
Ein Grund ist die Entlastung des Menschen durch den Roboter. Bisher mussten Arbeiter auch Aufgaben ausführen, die aus gesundheitlicher und im besonderem aus ergonomischer Sicht unvorteilhaft sind. Das Bewegen von schweren Gegenständen oder Arbeiten, die nur durch Körperverdrehungen möglich sind, können zum Ausfall der Arbeitskraft führen. Selbst auf den ersten Blick einfache Arbeitsschritte, können bei häufiger Wiederholung schnell zu Rückenbeschwerden führen.[15] Dies verdeutlichen auch Studien der Krankenkassen. Laut Krankenstandanalyse der DAK betrug der Anteil der Muskel-Skelett-Erkrankungen, im ersten Halbjahr 2015, 20,6%[16]. Dies stellt den größten Anteil der Ausfalltage dar. Dieser Aspekt nimmt vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft und dem, auch damit verbundenen, Fachkräftemangel eine stärker werdende Bedeutung ein. Diesen Bedarf zeigt auch Stuart Shepard, Geschäftsführer der US-Tochtergesellschaft von KUKA, auf. „Zahlreiche Faktoren sprechen für einen zunehmenden Bedarf. Marktexperten sehen im Fachkräftemangel des produzierenden Gewerbes mittelfristig einen wichtigen Wachstumstreiber für die Nachfrage nach automatisierten Lösungen.“[17] Das Ziel muss es sein, Arbeitskräfte möglichst lange im Unternehmen zu halten und auch deren Leistungsfähigkeit sicherzustellen.
Des Weiteren sind aber auch Arbeiten auszuführen, die derzeit nicht oder nur mit großem Aufwand durch Maschinen erledigt werden können. Das Einsetzen von flexiblen Gegenständen wie z. B. Dichtungen ist für Maschinen nicht so einfach wie für den Menschen. Der Mensch besitzt eine dementsprechende Fingerfertigkeit und kann durch seine Fähigkeit, logisch zu denken, eine Lösung finden und so die Bauteile schnell und sicher montieren. In Zukunft werden diese Tätigkeiten auch Maschinen erledigen, bis dahin kann aber das hybride System, Mensch-Maschine dafür eingesetzt werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Flexibilität, die insbesondere vor dem Hintergrund der vierten industriellen Revolution gefordert ist. Im Internet der Dinge sollen Systeme sich besser auf schnell ändernde Kundenanforderungen eingehen können. Zur Flexibilität gehört aber auch das richtige Erfassen neuer Situationen und die Entscheidung, was zu tun ist, um das Ziel zu erreichen. Diesen Part übernimmt in einem sozio-technischen-System der Mensch.
Aber auch die Eigenschaften hinsichtlich Wiederholgenauigkeit...