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E-Book

Kollektive Intelligenz im Innovationsmanagement

Erstellung eines integrativen Erfolgsfaktorenmodells

AutorAnja Daniela Höbel
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl125 Seiten
ISBN9783668208131
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, sind Innovationen für Unternehmen unverzichtbar. Innovative Unternehmen generieren mehr Umsatz, können schneller wachsen, in neue Innovationsvorhaben investieren und sind nachhaltig erfolgreicher. Aus diesem Grund müssen Unternehmen Möglichkeiten finden, um Innovationen zu generieren, die genau auf die Bedürfnisse am Markt zugeschnitten sind. Unsere Gesellschaft ist jedoch durch zunehmend globale Vernetzung geprägt. Dem Einzelnen ist es nahezu unmöglich, sich das gesamte Wissen auf einem bestimmten Fachgebiet anzueignen. Die Folge: Um Innovationen hervorbringen zu können, muss ein Unternehmen das Wissen von möglichst vielen Personen anzapfen. In diesem Buch erarbeitet die Autorin ein Erfolgsfaktorenmodell für den Einsatz kollektiver Intelligenzmethoden im Innovationsmanagement eines Unternehmens. Aus dem Inhalt: - Innovation; - Kollektive Intelligenz; - Open Innovation; - Externe Akteure; - Integratives Erfolgsfaktorenmodell

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Leseprobe

2 Definitionen und Grundlagen


 

Um das Potenzial von kollektiver Intelligenz im Innovationsmanagement zu verstehen und die Erfolgsfaktoren herausarbeiten zu können, sollen zunächst die Grundlagen und Definitionen zu den Begrifflichkeiten erläutert werden. Bereits in diesem Kapitel werden Erfolgsfaktoren extrahiert, die für die Beantwortung der Forschungsfrage verwendet werden.

 

2.1 Kollektive Intelligenz


 

Um die Forschungsfrage beantworten zu können, ist es notwendig, an die große Bedeutung von kollektiver Intelligenz heranzuführen, was im Folgenden mithilfe eines Vergleichs zwischen Einzelpersonen und Gruppen (Kollektiven) vorgenommen werden soll.

 

In Unternehmen werden gerne fachvertraute Einzelpersonen hinzugezogen, um eine komplexe Aufgabe lösen zu können. Nach Surowiecki konnte jedoch nachgewiesen werden, dass Urteile von sogenannten Experten weder im Einklang mit Auffassungen anderer Fachleute desselben Gebiets noch in sich stimmig sind. Übereinstimmungen liegen teilweise bei unter 50 %. Der Konsens unter Experten ist also genauso wahrscheinlich wie der Dissens. Warum wird so gerne ein Einzelner und nicht eine ganze Gruppe zurate gezogen? Die Tatsache, dass Gruppen bessere Lösungen generieren als ein einzelner Experte, wird oft nicht berücksichtigt. Und zwar deshalb, weil dem Durchschnittsdenken generell nicht vertraut wird, da es mit einem Kompromiss gleichgesetzt wird (Surowiecki 2005:61ff).

 

Ein Beispiel aus der Medienbranche veranschaulicht diesen Vergleich: Wenn ein Kandidat bei der TV-Sendung „Wer wird Millionär?“ eine Frage nicht beantworten kann, hat er die Möglichkeit, den „Expertenjoker“ zu ziehen oder das Publikum zu befragen. Wird der Expertenjoker gezogen, meldet sich eine Person (Experte) aus dem Publikum, die glaubt, die Frage richtig beantworten zu können. Diese Experten geben in 65 % der Fälle die richtige Antwort. Im Vergleich ist das jedoch nicht viel: Fragt der Kandidat das gesamte Studiopublikum, bekommt er sogar in 95 % der Fälle die richtige Antwort. Obwohl das Studiopublikum eine zufällig entstandene heterogene Gruppe von Menschen ist, ist es folglich klüger als ein einzelner Experte (Surowiecki 2005:23f).

 

„Wer wird Millionär?“ ist jedoch ein Frage-und-Antwort-Spiel, bei dem es immer eine richtige Antwort gibt. In Unternehmen ist es oft nicht so einfach, eine Antwort auf eine Fragestellung zu finden, wenn es überhaupt eine Fragestellung gibt (Surowiecki 2005:37). Was kann kollektive Intelligenz also unter der Bedingung von Ungewissheit leisten, also dann, wenn die richtige Antwort offen ist, weil sie noch nicht existiert, wie es oft in Unternehmen der Fall ist? Wie kollektive Intelligenz im Rahmen der Open Innovation in der Wirtschaft Anwendung finden kann, wird im Laufe dieser Arbeit erklärt. Vorab soll nun beschrieben werden, was genau unter kollektiver Intelligenz zu verstehen ist.

 

Es handelt sich um kollektive Intelligenz, wenn Menschen in Gruppen klüger handeln, als sie es alleine tun würden. Kollektive Intelligenz wird oft synonym mit den Begriffen „Schwarmintelligenz“ oder „Weisheit der vielen“ verwendet. Wirtschaftswissenschaftler Mark Prokaska merkt an, dass mit letzterem Begriff jedoch kritisch umgegangen werden sollte, da er bereits eine Aussage über die Leistungsfähigkeit einer Gruppe impliziert (2014:7). Jan Marco Leimeister, Professor für Wirtschaftsinformatik, beschreibt ein Kollektiv als eine Gruppe von Individuen, die nicht unbedingt die gleichen Ansichten vertreten müssen. Durch die verschiedenen Mitglieder können neue Aspekte zum Vorschein kommen, durch die ein Problem besser gelöst werden kann (2010:239).

 

Das Phänomen der kollektiven Intelligenz basiert auf der in der Tierwelt beobachtbaren Schwarmintelligenz. Unternehmensberater Jochen May erklärt: Schwarmintelligenz vernetzt Verhaltensweisen, um Delta-Plus-Effekte zu erzielen. Unter Delta-Plus-Effekten sind positive Gruppenergebnisse zu verstehen (May 2011:51). Anders gesagt: Durch Zusammenführen der kognitiven Fähigkeiten aller Schwarmmitglieder wird schließlich ein Ergebnis erzeugt, das für den Einzelnen nicht erreichbar gewesen wäre (May 2011:50f). Delta-Plus-Effekte lassen sich auf der Handlungsebene der einzelnen Akteure nicht unbedingt erkennen. Sie zeigen sich erst in Relation zu einem übergeordneten Bezugsrahmen. Dieser setzt Verhaltensnormen für die Schwarmmitglieder und erwartet bestimmte Ergebnisse (May 2011:68).

 

Ameisen, Fische, Gänse und viele andere Tierarten nutzen die Interaktion im Schwarm zum Fortbestehen ihrer Art. Mittlerweile können auch Roboter ‒ bei Rettungseinsätzen ‒ und Drohnen ‒ im Militär ‒ kollektive Intelligenz nutzen, indem sie nur funktionieren, wenn zwischen ihnen Signale geschaltet werden und sie miteinander kommunizieren.

 

Der Zweck von Schwarmintelligenz wurde beschrieben, doch was sind die Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für schwarmintelligente Gruppen?

 

Für Prokaska sind Selbstorganisation, Anpassungsfähigkeit und Robustheit wichtige Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für Schwarmintelligenz. Selbstorganisation bedeutet für ihn, dass die Gruppen ihre Aufgaben ohne externe Überwachung erledigen (2014:25). May formuliert ferner vier Grundbausteine, auf denen Schwarmintelligenz beruht: die übergeordnete Steuereinheit, Delta-Plus-Effekte, Verhaltenskodex und Motivation.

 

Die übergeordnete Steuereinheit definiert die erwünschten Delta-Plus-Effekte und entwickelt für den Schwarm einen auf seine kognitiven Fähigkeiten abgestellten Verhaltenskodex. Dieser Verhaltenskodex bildet das Herzstück der Schwarmintelligenz und unterliegt hohen Anforderungen: Er muss einerseits Freiheitsgrade zulassen, ohne die kollektive Kompetenz im Schwarm nicht nutzbar ist. Andererseits muss der Kodex gewährleisten, dass seine Befolgung mehr oder minder automatisch zum gewünschten Delta-Plus-Effekt führt (May 2011:99).

 

Im Falle einer Analyse der beiden Auffassungen wäre für Prokaska der Unterschied zwischen Schwarmintelligenz in der Natur und kollektiver Intelligenz in einem wirtschaftlichen Kontext die Selbstorganisation. Doch durch die Tatsache, dass sich Individuen in einem betriebswirtschaftlichen Rahmen unter dem Dach eines Unternehmens oder einer Organisation befinden, agieren sie geleitet und nicht eigenständig. Die Voraussetzung der Selbstorganisation kann in einem Unternehmen folglich nicht erfüllt werden ‒ oder nur bis zu einem gewissen Grad ‒ und scheidet somit als Erfolgsfaktor aus. Aus diesem Grund treffen im wirtschaftlichen Kontext die von May formulierten Grundbausteine für kollektive Intelligenz wahrscheinlich eher zu als die Bausteine von Prokaska, und sie werden als Erfolgsfaktoren definiert. Ein Höchstgrad an Eigenständigkeit des Kollektivs sollte jedoch auch im Unternehmen angestrebt werden. In Kapitel 7 wird genauer darauf eingegangen.

 

Aus den Erfolgsfaktoren von Prokaska wird nur „Robustheit“ in das Modell übernommen. „Anpassungsfähigkeit“ scheidet aus, da sich dieser Faktor dem Erfolgsfaktor „Heterogenität“, der sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit als zentraler Erfolgsfaktor herausstellt, widerspricht.

 

Welche Wirkungen ergeben sich aus diesen Erkenntnissen für das Innovationsmanagement von Unternehmen? In einem betriebswirtschaftlichen Kontext geht es, wie auch in der Natur, immer um die Kumulierung von Intelligenz und damit um die Schaffung von Intelligenzsynergien (Delta-Plus-Effekte), schreibt Betriebswirtschaftler Patrick Ulrich (2010:389). Die positiven bzw. negativen Effekte, die mit der kollektiven Intelligenz einhergehen, wirken sich jedoch bei interagierenden und nicht interagierenden Kollektiven unterschiedlich aus, was in Kapitel 5 ausführlicher behandelt wird. Ein wichtiger Vorteil ist zudem, dass kollektive Intelligenz bei jedem einzelnen Gruppenmitglied Innovationsdruck fördert.

 

Aus diesem Abschnitt werden folgende Erfolgsfaktoren extrahiert: „Delta-Plus-Effekt“, „Robustheit“, „Übergeordnete Steuereinheit“, „Verhaltenskodex“, „Motivation“, „Freiheitsgrade“ und „Offene Innovationskanäle“.

 

Innovation braucht nach Kruse jedoch Eigenverantwortung und Spielräume (Freiheitsgrade) (2005:26). Folglich kann kollektive Intelligenz in einem betriebswirtschaftlichen Kontext nur funktionieren, wenn offene Innovationskanäle vorhanden sind. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit kollektive Intelligenz im Rahmen des Open-Innovation-Modells analysiert, da der Open-Innovation-Ansatz solch offene Kanäle zulässt. Um den Open-Innovation-Ansatz erläutern zu können, muss zunächst der Begriff „Innovation“ im betriebswirtschaftlichen Kontext abgegrenzt werden.

 

2.2 Innovation im betriebswirtschaftlichen Kontext


 

Wie einleitend erwähnt, spielen Innovationen für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens eine zentrale Rolle. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts definierte Joseph Schumpeter Innovation im wirtschaftlichen Kontext als Treiber für Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg (Prokaska 2014:30). Er war jedoch auch der Meinung, dass neue Ideen, Produkte oder technische Erfindungen allein noch keine Innovation ausmachen. Seiner Meinung nach handelt es sich erst dann um Innovationen, wenn die neu entwickelten Produkte erfolgreich am Markt...

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