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E-Book

Kommunikation in der Pflege

AutorEsther Matolycz
VerlagSpringer-Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl258 Seiten
ISBN9783211890127
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis42,99 EUR

Pflegende führen mit Klienten, Kollegen und Auszubildenden in den unterschiedlichsten Situationen Gespräche. Um diese Kommunikation professionell zu gestalten, zu steuern und zu reflektieren, ist es unabdingbar, das Wesen der menschlichen Interaktion zu verstehen. Mit dem Buch will die Autorin die Vorgänge rund um Verstehen und Verständigung greifbar machen. Ausgehend vom Pflegealltag erklärt sie die Mechanismen des kommunikativen Miteinanders. Dabei berücksichtigt sie die schwierigen Rahmenbedingungen, unter denen Pflege häufig stattfindet.

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Leseprobe
III. Pflegeabhängigkeit und Kommunikation (S. 167-168)

Die Situationen, in denen Pflege stattfindet, sind vielfältig und könnten, was ihre kommunikativen Bedingungen betrifft, unterschiedlicher nicht sein. Ein Gespräch zwischen einer Pflegeperson auf einer chirurgischen Abteilung und einem jungen Patienten, der zur Appendektomie aufgenommen wird, gestaltet sich anders als eines, in dem ein in einer geriatrischen Wohneinrichtung praktizierender Pfleger versucht, mit einer demenziell erkrankten Frau Kontakt aufzunehmen. Pflegende bringen je unterschiedliche persönliche Befindlichkeiten und kommunikative Möglichkeiten in verschiedenartigste Situationen mit. Menschen, die einer der vielen Formen von Pflege bedürfen, können ebenfalls gut oder schlecht gestimmt sein und mehr oder weniger die Fähigkeit haben, das Geschehen rund um das Aussenden und den Empfang von Botschaften zu reflektieren.

Im vorliegenden Kapitel möchte ich versuchen, ausgesuchte Elemente auszumachen, die Kommunikation, die im Pflegekontext stattfindet, mitbestimmen können.

Wer – in welcher Form auch immer – der Pflege bedarf, ist in manchen Belangen seines Lebens von Anderen abhängig. Das hat natürlich Auswirkungen auf das kommunikative Geschehen. Zunächst möchte ich mich darum auch mit der Asymmetrie beschäftigen. Ein weiteres Phänomen, mit dem man es im Zusammenhang mit pflegerischem Geschehen immer wieder zu tun bekommen kann, ist das der „Botschaft hinter der Botschaft“. Häufig ist das Phänomen bereits eine Folge der asymmetrischen Interaktions-, auch Kommunikationsstruktur rund um das Miteinander in Einrichtungen, in denen gepflegt wird. Ein besonderes Augenmerk soll hier auf die Langzeitpflege gelegt werden.

Weiters soll Affektivität samt Angst und Aggression Thema sein, und zwar einerseits jene, die Klienten der Pflege empfinden können, andererseits die, die Pflegende selbst betrifft.

1. „Sie waren sicher einmal eine schöne Frau“ (Die besondere Asymmetrie der Kommunikation in der Pflege)

Aus der Praxis (Operationsvorbereitung)

Herr Müller liegt auf der Chirurgie und wird von Susanne auf die Operation vorbereitet. Dazu gehört ein Einlauf. Susanne führt alle Arbeitsschritte durch, kündigt sie Herrn Müller auch jeweils an und führt die Pflegehandlung korrekt aus. Dem Patienten ist die Situation sichtlich peinlich. „Ich habe das zu Hause auch schon einmal bei mir selbst gemacht“, sagt er. „Ja?“, gibt Susanne zurück, „Sie hätten es auch gerne selbst tun können. Wäre Ihnen das lieber gewesen?“ „Nein, Schwester“, beteuert Herr Müller. „Es wäre, wie gesagt, kein Problem gewesen.

Wir zwingen hier ja niemanden zu etwas, das er auch selbst kann.“ Herr Müller nestelt an seinem Nachthemd und legt sich ins Bett. „Danke, Schwester“, sagt er und Susanne verlässt das Zimmer. Als einige Zeit später Carmen, Praktikantin auf der Abteilung, den Patienten fragt, ob er wegen der Operation ein wenig nervös sei, bestätigt er das. „Das habe ich mir gedacht“, sagt Carmen, „Sie sind ganz weiß im Gesicht. Aber“, lacht sie, „wissen Sie, wenn Sie dann im Operationssaal sind, sind Sie der Mittelpunkt, nach allen Regeln der Kunst. Was meinen Sie, wer da alles gleichzeitig auf Sie aufpasst!“ Als der Transportdienst Herrn Müller zur Operation abholt, halten beide, Herr Müller und Carmen, die Arme nach oben und drücken je beide Daumen. Erst zwinkert Carmen mit den Augen und ruft „Genießen Sie’s!“, dann zwinkert der Patient zurück und lacht. Seine Frau bedankt sich später bei Carmen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Statt einer Einleitung: zum Umgang mit diesem Buch8
I. Klassiker der Kommunikations- und Pflegetheorie. Grundlagen14
1. Paul Watzlawick: Fünf Axiome der Kommunikation und ihre Bedeutung für die Pflege17
1.1 „Das strengt mich mehr an als alles andere“ ( Man kann nicht nicht kommunizieren)17
1.2 „Das haben Sie ja gut gemacht!“ ( Inhalts- und Beziehungsaspekt von Kommunikation)24
1.3 „Ich kann nicht anders, weil . . .“ ( Die Interpunktion von Ereignisfolgen)30
1.4 „Und manches lässt sich gar nicht sagen“ ( Digitale und analoge Kommunikation)36
1.5 „Es schaukelt sich immer weiter auf“ ( Symmetrische und komplementäre Interaktion)41
2. Friedemann Schulz von Thun: Die Anatomie einer Nachricht und die Bedeutung für die Pflege46
2.1 „Das kann man so und anders verstehen“ ( Die Anatomie einer Nachricht)46
3. Florence Nightingale über Kommunikation in der Pflege60
3.1 „Flüstern im Zimmer“ ( Geräusche und Erwartungen)60
3.2 „Wie man ungenaue Informationen bekommt“ ( Informationen geben und bekommen)64
3.3 „Gekünsteltes Verhalten“ ( Mit Patienten sprechen)69
3.4 „Ratschläge, die den Kranken verhöhnen“ ( Mangel an Einfühlungsvermögen)72
4. Verstehen und verstanden werden76
4.1 „Pflege – unser Ding“ ( Symbolischer Interaktionismus)77
4.2 „Das heißt, sie mögen das nicht . . .“ ( Paraphrasierung, Verbalisierung und Empathie – Elemente guten Zuhörens)93
4.3 „So eine Gemeinheit!“ (Spiegeltechnik)102
4.4 „Darin sehe ich keinen Sinn“ ( Kongruenz und Ich- Botschaften: ein Für und Wider)107
4.5 „Rein prophylaktisch“ ( Fach- und andere Sprachen – manchmal der Versuch, Grenzen abzustecken)116
4.6 „Das ist mehr, als jemandem in die Augen zu sehen!“ – ( Sich- Identifizieren und Rückfragen – aktives Zuhören und Antworten unter den besonderen Bedingungen der Pflege)124
II. Wenn Kommunikation schwierig wird – spezielle Problemfelder und Lösungsansätze132
1. „1 + 1 = 3“ (Kreisläufe oder Spiele)133
2. „Wie ich es auch mache: Immer ist es falsch!“ ( Double- Bind)140
3. „Wir pflegen hier nach Böhm!“ ( Die „ Bibel“ in Gruppen nachW. R. Bion)150
4. „Das will ich ihr die ganze Zeit schon zeigen . . .!“ ( Komplementäre Schismogenese)156
5. „Könnten wir bitte ernst bleiben?“ ( Störungen haben Vorrang)163
6. „Ihr Ton gefällt mir nicht“ ( Metakommunikation und „ Therapeutenfalle“)169
III. Pflegeabhängigkeit und Kommunikation174
1. „Sie waren sicher einmal eine schöne Frau“ ( Die besondere Asymmetrie der Kommunikation in der Pflege)175
2. „Was der nur immer mit dieser Allergie hat!“ ( Die Botschaft hinter der Botschaft)181
3. „Den Fraß können Sie behalten, Schwester!“ ( Affekt, Angst und Aggression)186
IV. Transkulturelle Pflege und Kommunikation192
1. „Die sind da nicht so locker“ (Kommunikation zwischen den Kulturen – worum es dabei geht)192
1.1 „Ein Mordstheater ist das immer“ ( Die Äußerung von Gefühlen am Beispiel Italiens, Spaniens und der Türkei)194
1.2 „Da weiß man’s nie genau“ (Nähe und Distanz am Beispiel Chinas, Indiens und Ghanas)200
1.3 „Andere Länder . . .“ (Kommunikation im Team am Beispiel der Philippinen)205
1.4 „Mehr als nur ‚kein Schweinefleisch‘“ ( Kommunikation und Interaktion mit muslimischen Patienten)211
V. Kommunikationspartner und ausgewählte Gesprächssituationen in der Pflege218
1. Kommunikation zwischen Pflegenden und Patienten220
1.1 „Schön, dass Sie da sind?“ ( Das Aufnahme- oder Erstgespräch)220
1.2 „Zwischen Tür und Angel“ ( Das „ beiläufige“ Gespräch und die sogenannte Alltagskommunikation)228
2. Kommunikation zwischen Pflegenden und Angehörigen von Klienten der Pflege238
2.1 „Ich kenne meine Mutter!“ ( Kommunikation mit Angehörigen von Klienten der Langzeitpflege)238
2.2 „Seit zehn Tagen warte ich darauf“ ( Mit Beschwerden und Kritik von Angehörigen umgehen)244
VI. Literaturverzeichnis254
VII. Sach- und Personenverzeichnis258

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