Nachhaltigkeit kann in die drei Subsysteme ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit unterteilt werden. Nach Elkington besteht das Ziel im Rahmen unternehmerischer Nachhaltigkeit in einer gleichrangigen Balance zwischen ökologischem Einklang, sozialer Verantwortung und wirtschaftlicher Lebensfähigkeit.[93]
In diesem Abschnitt wird die Bedeutung der Nachhaltigkeitsdimensionen genauer analysiert. Um dem Begriff Nachhaltigkeit gerecht zu werden, wird an dieser Stelle ein ganzheitlicher Zugang gewählt. Neben betriebswirtschaftlichen Aspekten werden auch relevante volkswirtschaftliche und soziologische Faktoren einbezogen.
Spangenberg/Bonniot heben die Bedeutung von Nachhaltigkeitsindikatoren zur Bewertung von nachhaltiger Entwicklung hervor. Denn die „Vision“ über eine nachhaltige Gesellschaft kann zwar einen sinnvollen „Kompass“ zur Orientierung darstellen, eignet sich aber eben nicht zur Bewertung der einzelnen Dimensionen. Aus diesem Grund bedarf es Indikatoren, die es ermöglichen, Nachhaltigkeit zu messen und zu bewerten, um sie so einer zielgerichteten Steuerung zugänglich zu machen.[94]
Obwohl der Schwerpunkt dieser Arbeit unternehmerische Nachhaltigkeit darstellt, sollen zunächst kurz makroökonomisch orientierte Ansätze zur Bewertung von Nachhaltigkeit dargestellt werden. Denn vor allem kapitalorientierte Ansätze können nach einigen Anpassungen auch auf die Mikroebene übertragen werden. Im Anschluss wird auf mögliche Nachhaltigkeitsindikatoren auf Mikro-, also auf Unternehmensebene eingegangen werden.
In der Literatur werden unterschiedliche Ansätze zur Bewertung von Nachhaltigkeit diskutiert. Es ist anzumerken, dass der Diskurs über Nachhaltigkeitsindikatoren auf Makroebene stark von „ecological economists“ geprägt ist und dadurch oftmals auf ökologische Faktoren fokussiert.
Zunächst sind an Nachhaltigkeitsindikatoren einige Anforderungen zu stellen. Spangenberg/Bonniot heben drei wesentliche Kriterien hervor, nämlich Einfachheit, Relevanz und Signifikanz. Demnach soll die Zahl der Indikatoren überschaubar und die Methodik der Berechnung transparent sein. Weiters müssen die Indikatoren für die Nachhaltigkeit von Bedeutung sein und positive als auch negative Entwicklungen anzeigen können.[95]
Hanley diskutiert in dem Paper „Macroeconomic Measures of Sustainability“ zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze von ökonomischen Nachhaltigkeitsindikatoren. Die erste Kategorie basiert auf der klassischen volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die um Umweltfaktoren erweitert und angepasst wird („green national product“). Beispielhaft seien hier das „Environmentally-adjusted Net National Product“ oder „Eco Domestic Product 1,2 und 3“ erwähnt.[96]
Der zweite Ansatz folgt dem Konzept der nachhaltigen Kapitaltheorie. Er basiert auf Beständen bzw. Ressourcen, die in weiterer Folge auch als Kapitalien bezeichnet werden. Hanley unterscheidet in diesem Zusammenhang „man-made capital“ (z.B. Maschinen), „human capital“ (z.B. Bildung) und „natural capital“ (erneuerbare und nicht-erneuerbare natürliche Ressourcen) und orientiert sich damit an den klassischen Produktionsfaktoren Kapital, Land und Arbeit.[97]
Selbstverständlich hängen diese Konzepte zusammen. Abbildung 7 soll dies verdeutlichen.
Abbildung 7: Bestände und Ströme im Produktionsprozess (Quelle: van Dieren (1995), S. 83)
Ausgegangen wird von drei Kapitalbeständen, nämlich ökologisches, menschliches und produziertes Kapital, wobei jeder dieser Bestände einen Strom von Leistungen produziert (Umwelt-E, Arbeit-L, Kapital-K), die als Input in den Produktionsprozess einfließen. Zusätzlich gehen Zwischenprodukte bzw. intermediäre Inputs (M) in den Produktionsprozess ein. Diese stellen den Output auf einer Vorstufe des Wirtschaftsprozesses dar und werden wiederum als Input in einem nachfolgenden Prozess verwendet.[98]
Der Output der wirtschaftlichen Aktivitäten wird in einem ersten Schritt in „gute“ und „schlechte“ Resultate unterteilt. Die positiven bzw. erwünschten Ergebnisse (zusätzlich aller positiven Externalitäten) können in Konsum, Investitionen und intermediäre Waren bzw. Dienstleistungen unterteilt werden. Die negativen Ergebnisse, also die nachteiligen Auswirkungen der Produktion umfassen die Verminderung der Kapitalbestände sowie negative Externalitäten. Die Notwendigkeit des Gleichgewichts von Materie und Energie innerhalb der Produktion bedeutet dann, dass alle Stoffe und die Energie, die als Input in den Produktionsprozess eingehen, auf der anderen Seite auch als Output erscheinen müssen. Bei der Entsorgung dieser Outputs werden alle ehemaligen Inputs in die Umwelt, also in den ökologischen Kapitalbestand, zurückgeführt, wo sie einen positiven, negativen oder neutralen Effekt haben können.[99]
Vereinfacht kann man also festhalten, dass Kapitaltheorien zur Beurteilung von Nachhaltigkeit die Auswirkungen der „Ströme“ einer Volkswirtschaft auf die Kapitalbestände betrachten. An dieser Stelle sei der Ökonom Hicks zitiert, der den Zusammenhang zwischen Kapital, Einkommen und Nachhaltigkeit treffend formuliert. Er definiert Einkommen „as the maximum amount which could be consumed in any period whithout reducing the potential for future period´s consumption by reducing the capital stock”.[100]
Spangenberg/Bonniot haben ein Konzept vorgelegt (Four Capitals-Modell), welches den Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und unternehmerischer Tätigkeit darstellen soll, wobei die Kapitaltheorie auf die Mikroebene übertragen wird. Sie gehen in ihren Darstellungen davon aus, dass Unternehmen im Rahmen ihrer Tätigkeiten auf vier unterschiedliche Kapitalformen zurückgreifen. Diese Kapitalien umfassen die Dimensionen der Triple Bottom Line, also Naturkapital, Sozialkapital, Sachkapital erweitert um organisationales bzw. intellektuelles Kapital (Humankapital)(siehe Abbildung 8).[101]
Abbildung 8: Four Capitals-Modell nach Spangenberg/Bonniot (Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an: Spangenberg/Bonniot (1998), S. 9)
Die Grundaussage der kapitalorientierten Konzepte besteht darin, dass Unternehmen, die Nachhaltigkeit anstreben, sicherstellen müssen, dass langfristig keine dieser Kapitalarten dezimiert bzw. erschöpft wird. Weiters soll Wachstum durch das gesamte System erreicht werden und nicht durch die einzelnen Elemente.[102]
SIGMA – Five Capitals
Das von Projekt SIGMA vorgeschlagene Five Capitals-Modell stellt einen Bestandteil der SIGMA Guiding Principles dar. Diese bestehen aus folgenden zwei Kernelementen:[103]
1. Ganzheitliches Management von fünf unterschiedlichen Arten von Kapital, die allgemein den Einfluss und das Vermögen einer Organisation reflektieren.
2. Einhaltung von Accountability durch Transparenz, Berücksichtigung von Stakeholderinteressen und Befolgung von relevanten Regeln und Standards.
Bei Projekt SIGMA handelt es sich um ein ganzheitliches Managementkonzept zur nachhaltigen Unternehmensführung. An dieser Stelle soll allerdings nur das Five Capitals-Modell diskutiert werden.
Das Five Capitals-Modell umfasst die fünf Kapitalformen Natural Capital (Naturkapital), Human Capital (Humankapital), Social Capital (Sozialkapital), Manufactured Capital (Sachkapital) und Financial Capital (Finanzkapital). Wie folgende Darstellung zeigt, werden diese fünf Kapitalarten aus den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit abgeleitet (siehe Abbildung 9).
Abbildung 9: Triple Bottom Line und Five Capitals (Quelle: Buckland (2003), S. 4)
Vergleicht man die Zugänge von Spangenberg/Bonniot und von Projekt SIGMA hinsichtlich der Abgrenzung der Kapitalarten, so sind auf den ersten Blick große Ähnlichkeiten festzustellen. Beide Konzepte gehen von den Nachhaltigkeitsdimensionen der Triple Bottom Line aus und leiten von diesen Kapitalien ab, die für nachhaltige Unternehmensführung relevant sind. Unterschiede sind aber hinsichtlich folgender Punkte festzustellen: Im Gegensatz zum Four Capitals-Modell wird im Rahmen des Five Capitals-Ansatzes das ökonomische Kapital weiter differenziert und zwischen Sachkapital und Finanzkapital unterschieden....