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Konzeptentwicklung eines Jugend- und Kulturzentrums für Jugendliche mit Lernbehinderung

AutorNicole Kissmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783640133321
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: Befriedigend, Universität Wien, 99 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit Jugendlichen mit Lernbehinderung (LB) und setzt sich mit ihrem Mangel an sozialen Kontakten auseinander. Reaktionen aus dem Umfeld auf die Jugendlichen mit LB (Stigmatisierung durch LB) sowie Störungen in der Sozialkompetenz der Jugendlichen mit LB und die daraus resultierende mögliche soziale Isolation werden empirisch belegt. Angesichts der oben genannten Defizite in der Sozialkompetenz bei Jugendlichen mit LB und deren möglichen sozialen Isolation, ist ein pädagogischer Handlungsbedarf gegeben, damit die Jugendlichen mit LB durch pädagogische Hilfestellung (z.B. durch das BetreuerInnenteam) eine Situation erleben, wo sie soziale Kontakte herstellen können. In Form eines Jugend- und Kulturzentrums für Jugendliche mit LB kann eine Möglichkeit im Freizeitbereich geboten werden, die Jugendliche mit LB von der möglichen sozialen Isolation bewahren.

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Leseprobe

1. Jugendalter


 

1.1 Einleitung


 

Wie in der Einleitung der vorliegenden Diplomarbeit bereits angekündigt, ist es eingangs notwendig, den Lebensabschnitt des Jugendalters zu definieren, da die Arbeit von Jugendlichen mit Lernbehinderung handelt.

 

Um die gemeinsame Problemlage (wie beispielsweise biologische sowie psychologische Veränderungen) der Jugendlichen mit LB und den nicht behinderten Jugendlichen herausarbeiten zu können, werde ich in diesem ersten Kapitel meiner Arbeit auf die Kennzeichen des Jugendalters allgemein eingehen. Es soll aufgezeigt werden, dass für Jugendliche im Allgemeinen eine Vielzahl an Problemen vorhanden sind. Aus diesem Faktum heraus kann man den Schluss ziehen, dass Jugendliche mit LB noch stärker mit der Bewältigung des Jugendalters zu kämpfen haben. Gründe dafür werde ich im folgenden Kapitel anführen.

 

Zu Beginn möchte ich einen kurzen historischen Einblick in den Bereich der Jugendforschung geben.

 

Obwohl der Entwicklungsabschnitt des Jugendalters als Forschungsthema bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts entdeckt wurde, blieb der Umfang systematischer entwicklungspsychologischer Forschung bis in die 70er Jahre gering. Früher datierte deutschsprachige Werke (wie z.B. Bühler 1921, 1991; Spranger 1924, 1977 zit. nach Dorsch 1997) stellen vornehmlich Phänomenologien des Jugendalters dar, die beispielsweise aus der Analyse von Tagebüchern Jugendlicher gewonnen wurden. Es entstanden psychologische Typisierungen des Erlebens und Verhaltens, wobei das Hauptinteresse den „psychischen Korrelaten“ (Oerter/Dreher 1998, 313) biologischer Veränderungen galt. Die ´Sturm und Drang´ Thematik war hierbei vordergründig.

 

Die Verbindung entwicklungspsychologischer und pädagogischer Fragestellungen verweist auf eine weitere Linie jugendpsychologischer Arbeiten, die in der geisteswissenschaftlichen Tradition zwischen den 20er und 60er Jahren entstanden und als Orientierungshilfen für Erzieher konzipiert wurden (z.B. Tumlirz 1927, 1931; Kroh 1932, 1958; Engelmayer 1956; Petzelt 1965 zit. nach Dorsch 1997).

 

Eine Intensivierung der entwicklungspsychologischen Forschung zum Jugendalter ging im Wesentlichen vom Aufschwung aus, den dieser Zweig in den USA seit den 70er Jahren verzeichnet. Als Gewinn der interdisziplinären Ausrichtung betont Petersen (1988), dass theoretische und empirische Fortschritte in Bereichen der Biologie, Soziologie, Anthropologie und Medizin einbezogen werden können. Ferner profitierte die gegenwärtige Jugendforschung von Beiträgen der „Lifespan-Entwicklungspsychologie“, der ökologischen Perspektive, der kognitiven Entwicklungspsychologie und der „Coping-Forschung“ (engl. cope, handeln, kämpfen mit) (Petersen 1988, zit. nach Oerter/Dreher 1998, 313).

 

Die gegenwärtig stärkere Akzentuierung der Adoleszenz (lat. adolescere heranwachsen)  als Periode innerhalb der Lebensspanne brachte mit sich, dass klassische Themen der Jugendentwicklung (z.B. der Identitätsentwicklung) jetzt unter Perspektiven und Konzepten bearbeitet werden, die innerhalb der Entwicklungspsychologie generell an Bedeutung gewonnen haben (z.B. Übergänge und Entwicklungsaufgaben, kritische Lebensereignisse, Sinn- und Handlungsorientierung der Lebensbewältigung) (Oerter/Dreher 1998).

 

1.2 Definitionen von Jugendalter


 

Jugendalter [engl. adolescence] steht zwischen Kindheit und reifem (oder mittlerem) Lebensalter, umfasst also etwa die Entwicklungsphasen Pubertät und Adoleszenz.

 

Wesentliche geistig-seelische Grundannahme des Jugendalters ist nach Spranger (1969, zit. nach Dorsch 1997, 370) „die tiefere Berührung der jugendlichen Seele mit den objektiven Geistesgebilden“. An diesem Vorgang lassen sich drei charakteristische psychische Erscheinungen unterscheiden:

 

„Die Entdeckung des Ichs. – Die Tendenz zur Individuation bringt eine starke Wendung nach innen, das staunende Erleben der eigenen Innerlichkeit, die sich der übrigen Welt als eine zwar noch nicht durchgegliederte, aber besondere Welt entgegenstellen will. Das Gefühlsleben des Jugendlichen schwankt zwischen den Extremen: Einsamkeitsbedürfnis – geselliger Tatendrang, Niedergeschlagenheit – Selbsterhöhung, Verschlossenheit – brutale Offenheit, Zaghaftigkeit – Äußerung persönlichen Kraftgefühls usw.

 

Entstehung eines Lebensplanes. – Hierbei handelt es sich weniger um ein zielbestimmtes, systematisches Planen als um die Andeutung der Richtung, der sich das seelische Leben zuwendet. Gleichzeitig konstituiert sich im großen Umriss die individuelle Werthaltung.

 

Das Hineinwachsen in die einzelnen Lebensgebiete. – Dabei wirkt noch nicht das Bewusstsein der Lebenseinheit der einzelnen Teilgebiete der Kultur, sondern es treten differenzierte jugendliche Ichgefühle auf, in denen die einzelnen Sinnrichtungen noch unverbunden erscheinen“ (Spranger, Jaide/Hille 1977 zit. nach Dorsch 1997, 371).

 

Oerter und Dreher (1998) sehen die Entwicklung im Jugendalter als eine Phase innerhalb des Lebenszyklus, die durch das Zusammenspiel biologischer, intellektueller und sozialer Veränderungen zur Quelle vielfältiger Erfahrungen wird. Diese Entwicklungsphase bedeutet, mit anderen Lebensabschnitten durchaus vergleichbar, für manche eine positive Zeit, für manche ist sie mit Problemen in persönlichen, familiären oder außerfamiliären Bereichen verbunden. Im Alltagsdenken wird ´Jugend´ oft  mit ´Erwachsenwerden´ assoziiert. Global betrachtet ist damit eine Übergangsperiode gemeint, die zwischen Kindheit und Erwachsenenalter liegt.

 

„Die Zuschreibung der Attribute ´nicht mehr Kind´ und ´noch nicht Erwachsener´ akzentuiert die Veränderungsdynamik der Zwischenposition, die beides umfaßt: Verhaltensformen und Privilegien der Kindheit aufzugeben und Merkmale/Kompetenzen zu erwerben, die Aufgaben, Rollen und Status des Erwachsenen begründen“ (Oerter/Dreher 1998, 310).

 

Keller und Novak (1993) sind in ihrer Auseinandersetzung mit der Definition des Begriffs ´Jugendalter´ auf die Autoren Schelsky und Dietz gestoßen und gewähren einen zusammenfassenden Einblick, welche unterschiedlichen Aspekte, nicht isoliert voneinander im Kontext mit dem Jugendalter, zu betrachten sind.

 

Problemerörterung: Die skeptische Generation, Jugendprotest, Resignation und Enttäuschung, Jugend ohne Perspektive, Generationskonflikt, Rauschgift- und Drogenprobleme, Jugendarbeitslosigkeit, Jugendalkoholismus, Rechtsradikalismus, Ausländerfeindlichkeit, Gewaltbereitschaft etc. sind Schlagworte, mit denen die Probleme des Jugendalters in der gegenwärtigen Wohlstandsgesellschaft umrissen werden. Wodurch werden Probleme im Jugendalter verursacht? Warum ist die „heutige Jugend“ anders als die Jugend in vergangenen Epochen? Was können Erzieher tun und was wird getan, um den Jugendlichen zu helfen? Das sind Fragen, die die gegenwärtige Diskussion über die Erziehung im Jugendalter beherrschen.

 

Begriffsbestimmung: Nach H. Schelsky (1972 zit. nach Keller/Novak 1993) ist ein Jugendlicher „weder Kind noch Erwachsener“, er befindet sich in einer Verhaltensphase, in der er nicht mehr die Rolle des Kindes spielt und in der er noch nicht die Rolle des Erwachsenen übernommen hat. Dieser Altersabschnitt (Jugendalter) kann als „Übergangsphase“, als Phase des Werdens, als Phase der Übernahme des Erwachsenenstatus, als Phase der Identitätssuche, als Phase der Ablösung von der Familie gekennzeichnet werden. Das Jugendalter wird oft in die Phase der Vorpubertät, Pubertät und Adoleszenz unterteilt. Da das Jugendalter als Produkt soziokultureller Faktoren und Bedingungen anzusehen ist, die von Kultur zu Kultur, von Zeitepoche zu Zeitepoche verschieden sind, sind konkrete Altersangaben nicht möglich.

 

Allgemeine Probleme im Jugendalter: Probleme im Jugendalter haben verschiedene Ursachen. Sie sind zum Teil Folgen der biologischen Veränderungen (äußere Dimension): der Hormonausschüttung und Geschlechtsreife, des Längenwachstums und der Ungeschicklichkeit, der sekundären Geschlechtsmerkmale und des Aussehens, der Ablehnung oder Akzeptierung durch die Gleichaltrigen aufgrund körperlicher Merkmale. Der Jugendliche muss sich mit seinem Körper abfinden, er kann nicht mehr auf Veränderungen hoffen. Schwierigkeiten psychologischer Art (innere Dimension) ergeben sich aus der Suche nach dem Selbst (Identitätsfindung), aus der biologisch und psychologisch bedingten emotionalen Unruhe, Erregbarkeit, aus der Ablehnung des eigenen Körpers, aus der Anfälligkeit für Ideologien, aus der Angst vor Verantwortung mit gleichzeitigem Verlangen nach Selbständigkeit, aus einer undifferenzierten inneren Unruhe und Spannung.

 

Soziologisch gesehen wird das Jugendalter zusätzlich zu den schon genannten Gründen (Übergang vom Kind zum Erwachsenen, Erwartungs- und Leistungsdruck, Jugend ohne Statussymbole, mehr Pflichten als Rechte, unklare Rolle und Rollenkonflikte) durch die Probleme der gegenwärtigen Gesellschaft belastet:

 

„Anonymität durch die Vernachlässigung persönlicher Beziehungen und emotionaler Bindungen, sozialer Wandel, Unbeständigkeit der Ordnungen, Mangel an > Vorbildern, > Streß und...

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