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Kooperationsprobleme von Regel- und Sonderschullehrkräften im Gemeinsamen Unterricht - inwiefern können Professionelle Lerngemeinschaften die Zusammenarbeit verbessern?

AutorAnonym
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl49 Seiten
ISBN9783656550617
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Pädagogik - Der Lehrer / Pädagoge, Note: 1,0, Universität Bielefeld, Sprache: Deutsch, Abstract: Die gesellschaftlichen und schulischen Entwicklungen der letzten Jahre haben neue Herausforderungen und vielfältige Aufgaben für die Lehrkräfte mit sich gebracht: Im Hinblick auf die künftige Inklusion wird der Gemeinsame Unterricht (GU) von Schülern mit und ohne Förderbedarf an allgemeinen Schulen zunehmend ausgeweitet. In der Folge verändern sich die Rollen der Lehrkräfte und lassen einen bestimmten Aufgabenbereich in den Fokus rücken: Für das Gewinn bringende Lernen aller Schüler und eine inklusive Schulentwicklung ist die Kooperationsgestaltung von Regel- und Sonderschullehrkräften von zentraler Bedeutung (vgl. Baum/Idel/Ullrich 2012, S. 9; vgl. Harazd/Drossel 2011, S. 146). Dieser Erwartungshaltung steht ein Beruf gegenüber, bei dem sich das Bild des 'Einzelkämpfers' (Willmann 2009, S. 477) herausgebildet hat: So zeigen sich bereits in integrativen Settings oftmals vielfältige und gravierende Probleme , die eine Zusam-menarbeit erschweren bzw. unmöglich machen.

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Leseprobe

3. Kooperationen: Was kann eine PLG bieten?


 

3.1 Was ist eine PLG?


 

Der Begriff der „Professionellen Lerngemeinschaften“ (PLG) entstammt der anglo-amerikanischen Schulforschung[67]: Seit den 1990er Jahren werden dort „Professional Learning Communities“ (Hord 1997, S. 2) als Instrument für Innovationen bzw. Unterrichtsentwicklung zunehmend wahrgenommen und implementiert.[68] Im Jahr 1991[69] greift Rolff dieses Modell erstmals auf, untersucht es empirisch und macht es in der Folgezeit für die deutsche Schulentwicklung fruchtbar (vgl. Fussangel/Gräsel 2009, S. 118; vgl. Von der Gathen 2005a, S. 105).

 

In einer PLG treffen sich Lehrerinnen und Lehrer, die als Fachleute ihres Berufes von ihrem persönlichen Bedarf an beständiger Weiterentwicklung überzeugt sind. Sie suchen daher fortdauernd nach berufsbezogenen Lernprozessen, über die sie sich austauschen und deren Ergebnisse sie in ihrem Unterricht umsetzen können.[70] Das stets übergeordnete Ziel ist hierbei die Entwicklung einer Qualität von Unterricht, die fortwährend evaluiert wird und deren Ergebnisse konsequent ihren Schülerinnen und Schülern zugutekommen und zur Verbesserung ihrer Leistungen beitragen sollen (vgl. Huber/Hader-Popp 2008, S. 34; vgl. Rolff 2000, S. 4).[71]

 

Nach Seashore Louis/Leithwood sind fünf Elemente[72] für eine PLG maßgeblich: Zunächst ist es wichtig, dass grundlegende „Normen und Werte[73] in Bezug auf Schule und Unterricht von allen Mitgliedern festgelegt und getragen werden. Die Formulierung eines Leitbildes der Schule kann das Ergebnis solcher Überlegungen sein, sie sollten jedoch auch im Alltagshandeln einer jeden Lehrkraft Berücksichtigung finden (vgl. Fussangel 2008, S. 100).[74] [75]

 

Bei der regelmäßigen Zusammenarbeit konzentrieren sich die Teilnehmer vor allem auf das „Lernen der Schüler“ (Rolff 2000, S. 2). In diesem Zusammenhang ist das Unterrichten der Lehrer ist nicht länger eine persönliche Angelegenheit, sondern wird zunehmend „de-privatisiert“ (Ders. 2000, S. 3), zur Diskussion gestellt und transparent gemacht. Durch wiederkehrende „Kooperationen“ (ebd.) in unterschiedlichen Formen bringen die Lehrkräfte ihre Fähigkeiten und Erfahrungen ein, tauschen sich über ihre pädagogische Arbeit aus und unterstützen sich gegenseitig. Im gemeinsamen „reflektierenden Dialog“ (ebd.) sind die Mitglieder auf die professionellen Rückmeldungen ihrer Kolleginnen und Kollegen angewiesen, um ihr persönliches Handeln bewusst zu reflektieren und daraus neue Erkenntnisse gewinnen zu können (vgl. Von der Gathen 2005a, S. 106; vgl. Bonsen/Rolff 2006, S. 170).[76]

 

Innerhalb einer PLG wird strikt auf die professionelle Weiterentwicklung der Lehrkräfte geachtet: Die Mitglieder verstehen sich als (lebenslang) Lernende[77], die das Unterrichten als komplexes Handeln begreifen und durch den beständigen Diskurs miteinander nicht nur den Schülern, sondern letztlich auch sich selbst etwas Gutes tun (vgl. Huber/Hader-Popp 2008, S. 33 f.; vgl. Rolff 2000, S. 4).[78] [79]

 

Das gemeinsame Entwickeln von Unterricht beinhaltet auch, dass neue Erkenntnisse ausprobiert werden und das Risiko des Scheiterns nicht von vorneherein vermieden wird. Fehler werden – wie bei den Schülern auch – als Möglichkeit und Aufforderung zur Weiterentwicklung betrachtet (vgl. Bonsen/Rolff 2006, S. 169). –

 

PLG sind mehr als gelegentlicher Austausch von Erkenntnissen und Materialien unter Kollegen: Sie sind Ausdruck einer Schulkultur, in der Professionalität, Lernen in allen Bereichen und das Erleben und Gestalten innerhalb einer Gemeinschaft von grundlegender Bedeutung sind (vgl. Huber/Hader-Popp 2008, S. 34). Durch die Kombination von Kooperation und Unterricht und damit die Verbesserung der professionellen Kompetenzen haben PLG eine weitere wichtige Funktion: Sie sind ein Instrument, mit dessen Hilfe die Lehrkräfte in die Lage versetzt werden, neben der Steigerung der Unterrichtsqualität auch die Entwicklung der jeweiligen Schule positiv zu beeinflussen (vgl. Frank 2011, S. 10; vgl. Fussangel/Gräsel 2009, S. 120; vgl. Bonsen 2007, S. 17).

 

3.2 Aktivitäten einer PLG


 

Die Aktivitäten innerhalb einer PLG hängen sowohl von der Zusammensetzung der Gruppe als auch von ihrem Anwendungsgebiet ab, in dem sie implementiert werden: Es gibt PLG, die sich als „Klassen- oder Jahrgangsteams“ (Rolff 2000, S. 5) im Schwerpunkt mit dem Lernen ihrer Schüler beschäftigen und solche, die sich als „Fachteams“ (ebd.) mit didaktischen Fragen eines bestimmten Faches auseinander-setzen. Weiterhin gibt es welche zur „innerschulischen Koordination“ (Frank 2011, S. 10) und „schulübergreifende PLG“ (ebd.), aber auch die Kooperation mit externen Berufsgruppen wird inzwischen praktiziert.[80] Auf diese Weise entsteht eine neue „intermediäre“[81] Organisation auf einer neuen Steuerungsebene innerhalb von Schule, bei der mit Hilfe von gewählten Sprechern eine Art „mittleres Management“ (Bonsen/Rolff 2006, S. 182) geschaffen wird.

 

Nach der Festlegung der Gruppe bzw. des Anwendungsgebietes trifft sich die PLG, um bereits vorhandene Kompetenzen zu evaluieren und einen Entwicklungsbedarf herauszuarbeiten. Im Folgenden werden Lernziele und konkrete Schritte zu ihrer Erreichung geplant, die dann in der Praxis umgesetzt und auf ihre Effektivität hin überprüft werden: Aus den Ergebnissen ergibt sich dann ein neuer Entwicklungsbedarf (vgl. Frank 2011, S. 13).[82] [83]

 

Je nach Schwerpunktsetzung kann der Austausch über erfolgreiche Unterrichtsstunden (bzw. eine gemeinsame Erarbeitung und Durchführung derselben), über Materialien und Fördermöglichkeiten, über gegenseitige Unterrichtsbesuche und über Leistungs-kontrollen, über Forschungsergebnisse und Curricula[84], aber auch über die Festlegung von verbindlichen Standards und die Evaluation von Schülerrückmeldungen etc. im Mittelpunkt eines Treffens stehen (vgl. Ders./Rolff 2006, S. 181; vgl. Von der Gathen 2005a, S. 108; vgl. Philipp 2004, S. 4; vgl. Rolff 2000, S. 5 f.).[85]

 

Der Moderator der jeweiligen Sitzung verhilft durch gezielte Fragen, Initiierung der Arbeitsphasen sowie Strukturierung der Prozesse den Mitgliedern zu einem konstruktiven Austausch bzw. Feedback[86], an dessen Ende die Entscheidungen gemeinsam getroffen und von allen vertreten werden können. Seine Aufgaben erfordern hierbei die Berücksichtigung der Sach- und der Beziehungsebene der Mitglieder.[87] Da er zudem selbst Teilnehmer der Sitzung ist, muss er zwischen den Rollen unterscheiden und diese je nach Bedarf und mit Hilfe bestimmter Techniken bewusst einnehmen (vgl. Dies. 2011, S. 17 f.).

 

Alle Aktivitäten haben als Ziel gemein, dass sie das Lernen ihrer Schüler verbessern wollen. Die Konzentration auf die Frage, auf welche Weise die Kinder sich bestimmte geistige oder soziale Kompetenzen aneignen bzw. diese vertiefen sollen, ist daher für jede Sitzung handlungsleitend (vgl. Von der Gathen 2005a, S. 108).[88] [89]

 

Eine langfristige und dauerhafte Veränderung des Schülerlernens wird durch die kontinuierliche Zusammenarbeit der Lehrkräfte begünstigt (vgl. Fussangel/Gräsel 2009, S. 123).[90]

 

3.3 Effekte einer PLG…


 

3.3.1 …auf die Mitglieder


 

Bereits seit 1997 können positive Auswirkungen von PLG benannt werden: Nach Hord[91] belegen Forschungsergebnisse, dass durch die kooperativen Strukturen innerhalb einer PLG das Einzelkämpfer-Dasein und damit die „Isolation von Lehrern“ (Huber-Hader-Popp 2008, S. 35; Von der Gathen 2005a, S. 106) vermindert wird. Die gemeinschaftliche Verantwortung für die kontinuierliche Weiterentwicklung der Schüler wird vermehrt in das Bewusstsein gerückt und verstärkt (vgl. ebd.). Intensiviert wird auch das persönliche Empfinden, eine lernende Organisation[92] zu sein: Der Austausch von bereits vorhandenem und das Erlernen von zusätzlichem Wissen vertieft die fachlichen Kenntnisse, gibt den Lehrkräften Sicherheit und bestärkt sie in ihrem Selbstverständnis als professionell Handelnde. Sie fühlen sich kompetent, den einzelnen Schüler angemessen zu berücksichtigen und den Unterricht seinen Bedürfnissen anzupassen (vgl. ebd.). Durch den kontinuierlichen Dialog der Mitglieder werden vermehrt Räume für Feedback und damit auch für individuelle Anerkennung geschaffen (vgl. Bonsen/Rolff 2006, S. 175).[93]

 

Diese Faktoren erhöhen die berufliche Zufriedenheit[94] der Lehrkräfte und vermindern ihre Fehlzeiten. Das Interesse an Weiterbildungen und die Bereitschaft, sich auch für schulische...

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