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Kriminalität im Alltag

Eine handlungstheoretische Analyse von Gelegenheiten

AutorStefanie Eifler
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783531914350
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Warum verschaffen sich Akteure Vorteile auf Kosten anderer? Warum nehmen oder behalten sie Wertgegenstände, die ihnen nicht gehören oder nicht zustehen, wenn sich im Rahmen alltäglicher Handlungsvollzüge spontan die Gelegenheit dazu bietet? - Die vorliegende Studie geht dieser Frage nach und verfolgt das Ziel, solche als 'kriminell' bezeichneten Aktivitäten angesichts günstiger Gelegenheiten zu erklären und aus der sozialen Situation von Akteuren heraus zu verstehen.
Auf der Grundlage des Modells der Frame-Selektion werden die wichtigsten kriminalsoziologischen Theorien in den Bezugsrahmen eines Makro-Mikro-Makro-Modells soziologischer Erklärungen integriert und auf die Selektion kriminellen Handelns bezogen. Am Beispiel von Gelegenheiten zu Fundunterschlagungen und ungerechtfertigten Bereicherungen wird dieser integrative Ansatz einer empirischen Analyse unterzogen. Die Studie, in der eine Stichprobe der Allgemeinbevölkerung postalisch befragt wurde, führt zu dem Ergebnis, dass kriminelles Handeln angesichts von Gelegenheiten als rationales Handeln aufgefasst werden kann, welches weniger durch instrumentelle Anreize als vielmehr durch nicht-instrumentelle Anreize in Verbindung mit kognitiven Strategien der Rechtfertigung strukturiert ist.


PD Dr. Stefanie Eifler ist gegenwärtig als Hochschuldozentin an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld tätig.

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Leseprobe
3. Empirische Untersuchung (S. 71-72)

Im Mittelpunkt dieser Studie steht kriminelles Handeln angesichts von Gelegenheiten, angesichts von Situationen also, die es ermöglichen, sich im Rahmen alltäglicher Handlungsvollzüge Vorteile auf Kosten anderer zu verschaffen. Es wird vermutet, dass die Wahrscheinlichkeit, mit der Akteure entweder unhinterfragt oder aufgrund von Überlegungen andere übervorteilen, ganz maßgeblich durch die soziale Situation der Akteure strukturiert ist. Nachdem in den vorhergehenden Teilen der Studie entsprechende theoretische Vorstellungen erörtert und Forschungsfragen formuliert wurden, widmen sich die nachfolgenden Ausführungen nun der empirischen Analyse der aus diesen Überlegungen abgeleiteten Untersuchungshypothesen (vgl. Kap. 2.5).

3.1 Methoden

Für die situationsbezogene Analyse kriminellen Handelns wurden im vorliegenden Zusammenhang zunächst Ausschnitte der alltäglichen Erfahrung ausgewählt, die übereinstimmend als ›günstige Gelegenheiten‹ betrachtet werden. Auf der Grundlage von Vorstudien (vgl. Kap. 2.1) wurden zwei solcher Ausschnitte der alltäglichen Erfahrung für die vorliegende Untersuchung ausgewählt: eine Situation, in der sich einem Akteur die Möglichkeit bietet, einen gefundenen Geldschein unbemerkt zu behalten, und eine weitere Situation, in der ein Akteur die Gelegenheit erhält, bei einem Einkauf in einer Bäckerei irrtümlich erhaltenes Wechselgeld stillschweigend zu einzustecken (vgl. Kap. 2.4).

Beide Situationen eröffnen sich im Zuge von Routinen des alltäglichen Lebens spontan und erfordern, dass Akteure sich in irgendeiner Weise zu ihnen verhalten. Am Beispiel dieser Situationen verfolgt die Studie die Frage, inwiefern kriminelles Handeln angesichts von Gelegenheiten entweder als unhinterfragtes oder als überlegtes Handeln vor dem Hintergrund der sozialen Situation von Akteuren aufzufassen ist (vgl. Kap. 2.4).

In bisherigen Studien wurden die sozialen Bedingungen kriminellen Handelns häufig mittels experimenteller Designs untersucht. Laborexperimente wurden jedoch vielfach kritisiert, weil sie im Vergleich zu alltäglichen Handlungsvoll zügen ›künstliche‹ Situationen darstellen, eine geringe ›Realitätsnähe‹ aufweisen (mundane realism, Aronson/Carlsmith 1968) und vergleichsweise homogene Gruppen von Akteuren untersuchen. Feldexperimente können demgegenüber sicherlich realitätsnah gestaltet werden, weisen jedoch den Nachteil auf, dass keine Informationen über Einflüsse der sozialen Situation von Akteuren auf deren Handeln erhoben werden können.

In der vorliegenden Studie sind Einflüsse der Merkmale von Gelegenheiten auf kriminelles Handeln allerdings nicht von Interesse. Vielmehr sollen an ›gleichen Gelegenheiten‹ - d. h. an übereinstimmend als ›günstig‹ definierten Gelegenheiten - Einflüsse ›unterschiedlicher‹ sozialer Situationen von Akteuren auf kriminelles Handeln untersucht werden. Daher wurden Techniken der Umfrageforschung gewählt, die die Analyse des kriminellen Handelns einer möglichst heterogenen Gruppe von Akteuren ermöglichen, und die ein möglichst hohes Maß an Vergleichbarkeit des Kontextes kriminellen Handelns erreichen können.

Kriminelles Handeln angesichts von Gelegenheiten wurde folglich nicht über Proxy-Variablen abgebildet, vielmehr wurden standardisierte Situationen mit dem Verfahren der Vignettentechnik modelliert (vgl. Kap. 2.1). Ein Vorteil von Vignetten im Vergleich zu anderen Erhebungstechniken wird darin gesehen, dass sie eine Annäherung an die alltäglichen Handlungsvollzüge von Akteuren ermöglichen und eine Standardisierung des Kontextes, vor dessen Hintergrund gehandelt wird, leisten.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis6
1. Einleitung8
1.1 Gelegenheiten, die Diebe machen9
1.2 Das Makro-Mikro-Makro-Modell soziologischer Erklärungen13
1.3 Gliederung der Studie19
2. Kriminalität im Alltag20
2.1 Gelegenheiten zu kriminellem Handeln23
2.2 Soziale Situation und kriminelles Handeln35
2.3 Kriminelles Handeln im Alltag als rationale Wahl?48
2.4 Forschungsfragen und Variablenmodell der Untersuchung54
2.5 Hypothesen63
3. Empirische Untersuchung70
3.1 Methoden70
3.2 Ergebnisse der Untersuchung110
3.3 Diskussion der Ergebnisse191
4. Kritische Würdigung und Perspektiven196
5. Literatur200
Anhang216
Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen220
Verzeichnis der Tabellen221

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