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E-Book

Von Kritik lernen ohne verletzt zu sein

AutorMartina Kessler, Michael Hübner
VerlagBrunnen Verlag Gießen
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl112 Seiten
ISBN9783765571718
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
Kritik: (fast) niemand steckt sie gerne ein, und (fast) jeder denkt zuerst an negative Kritik! Es gibt aber auch konstruktive, berechtigte Kritik, die man sich zu Herzen nehmen sollte, die nur schlecht verpackt wurde. Und es gibt die unsachgemäße, neurotische, Kritik, von der man sich abgrenzen muss. Lernen Sie, wie man beides voneinander unterscheiden kann - und wie gerade der Blick von Außen helfen kann, sich selbst realistischer zu sehen und sich weiterzuentwickeln.

Martina Kessler, Jahrgang 1961, ist Theologin und seit 1999 Dozentin an der Akademie für christliche Führungskräfte. Seit 2006 moderiert sie die Seelsorgesendung 'Betesda' bei BibelTV. Die Autorin mehrerer Bücher ist verheiratet und hat vier Kinder.

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Leseprobe

Zwischenruf 2: Klären statt Streitvermeidung


Martina Kessler

Die Angst vor Kritikgesprächen hat auch damit zu tun, dass diese offensichtlichen und verdeckten Konfliktstoff in sich bergen. Deshalb erlebe ich immer wieder, dass Kritikabsender vor einer negativen Kritikäußerung „Geschenke“ verteilen. Man will die negative Botschaft abfedern und macht dem anderen zuerst ein Kompliment. Manchmal wird das sogar als Kritikmethode so gelehrt. Aber man muss sich fragen: „Wozu meine ich, den anderen vorher positiv stimmen zu müssen? – Soll die negative Kritik nicht so stark wirken, gleichsam abgefedert werden? Soll der andere weniger stark reagieren? Will ich als Absender mich selbst schützen?

Schwierig wird es manchmal auch, wenn die Kritik nachträglich noch einmal besprochen werden soll. Häufig tun sich dann wiederum die Kritikempfänger schwer, die Kritikbotschaft ein weiteres Mal zu thematisieren. Oft spielt die Angst vor einem Streitgespräch eine Rolle. Aber wenn ein schwelender Konflikt nicht verbal und direkt ausgetragen wird, wird er umso deutlicher nonverbal und indirekt gezeigt. Dabei wird etwas nicht geäußert, was man eigentlich gerne sagen würde. Stattdessen grollt man lieber innerlich. Letztlich wird die Beziehung dadurch negativ beeinträchtigt und nimmt so dauerhaft Schaden (Kessler 2012:20). Zum Glück können viele Kritikpunkte ohne Konflikte geklärt werden, aber manchmal führt der Weg zu einer Klärung über ein Streitgespräch.

Bevor wir uns nun über die Notwendigkeit einer guten Streitkultur Gedanken machen, wollen wir uns vergegenwärtigen, dass im Alten wie im Neuen Testament eher vor dem Streiten gewarnt wird:

Ehre ist es dem Mann, vom Streit abzulassen, jeder Narr aber fängt Streit an.

Sprüche 20,3 (ELB)

Wenn ihr den Neigungen eurer sündigen Natur folgt, wird euer Leben die entsprechenden Folgen zeigen: …, Streit, Eifersucht, Zorn, selbstsüchtigen Ehrgeiz, Spaltungen, selbstgerechte Abgrenzung gegen andere Gruppen.

Galater 5,19-20 (NLB)

Es geht in den meisten dieser Bibelstellen eher um eine allgemeine Streitgesinnung, die fast schon als Streitsucht bezeichnet werden kann, als um ein Streitgespräch, an dessen Ende eine Klärung in theologischen, sachlichen oder zwischenmenschlichen Fragen steht. Streiten um zu zeigen, dass ich nun doch wieder mal im Recht bin, dass ich wieder einmal gewinnen konnte, oder weil ich eh immer anderer Meinung bin, weil ich eifersüchtig bin, weil wir im Machtkampf sind, etc. – diese Art von Streit ist abzulehnen. Ich plädiere für eine gute Streitkultur, weil wir erleben können, dass Schweigen keine gute Alternative ist und ein klärendes Streitgespräch erhellend für den zukünftigen gemeinsamen Weg sein kann.

Eine weitere Vorbemerkung: Wenn Streit ausgetragen wird, sollte das immer auf der Basis der persönlichen Wertschätzung geschehen. Hart in der Sache, aber liebevoll mit dem Menschen umzugehen, ist eine Herausforderung, der man sich besonders in Situationen stellen muss, wenn Dissensen zu besprechen sind.

Sich zu streiten ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern so alt wie die Welt. Von zwischenmenschlicher Streiterei berichtet die Bibel schon in 1. Mose 4 in der Geschichte von Kain und Abel. Ich habe lange gedacht, Streit an sich sei Sünde. Deshalb konnte ein Streit nur schlecht sein. Diese Einstellung erlebe ich auch heute noch, besonders oft im christlichen Umfeld. Wenn die Frage „Habt ihr euch gestritten?“ verneint wird, geht es allen gleich ein bisschen besser. Sicherlich kann Streiten zur Sünde werden! Wenn man längerfristig böse aufeinander ist, sich gegenseitig abwertet, über den anderen redet statt mit ihm, sich Schimpfworte zuruft etc., dann liegen Streit und Sünde nah beieinander. Aber in einer gesunden Streitkultur führen Auseinandersetzungen in der Regel zu einem besseren gegenseitigen Verständnis, zu tieferem Frieden und zu einem besseren Miteinander.

Ein Streit bedeutet erst einmal nur, dass verschiedene Menschen zur gleichen Sache unterschiedliche Meinungen haben. Ein Streit zeigt auch: „Du bist mir nicht egal. Du bist es wert, dass ich mich mit dir und deiner anderen, für mich schwierigen, Meinung auseinandersetze.“ Menschen, die sich egal sind, streiten nicht mehr miteinander. Das ist viel schlimmer – und häufig ist es auch irreversibel!

Die Art und Weise zu streiten wird schon früh im Elternhaus erlernt und später in die verschiedensten Lebenssituationen übertragen. Wer also seine eigene Art zu streiten erkennen will, sollte über sein verinnerlichtes Streitmuster nachdenken. Die in der Kindheit gemachten Beobachtungen und die daraus gezogenen Schlüsse prägen uns bis heute. Auch wenn die Eltern nie vor den Kindern gestritten haben, haben die Heranwachsenden daraus ihre individuellen Schlüsse gezogen und sind in ihrer Streitkultur bis ins Hier und Jetzt davon geprägt.

Streiten kann fair oder unfair geschehen. Wer unfair streitet, nimmt billigend in Kauf, den anderen zu verlieren. In einer guten Streitkultur ringt man miteinander um einen guten Weg. Dazu sind schon im Neuen Testament Beispiele zu finden. Paulus und Barnabas hatten mit den Christen in Antiochia in Syrien „einen nicht geringen Streit“ (Apostelgeschichte 15,2). Sie stritten also heftig miteinander! Das hatten sie in der Synagoge gelernt, denn dort wurde immer wieder heftig um die richtige Auslegung der Heiligen Schriften gestritten. Weil der theologische Konflikt in Antiochia aber nicht zu lösen war, rief man eine höhere Instanz an, die Apostelversammlung in Jerusalem. Auch dort hat man „lange gestritten“8 (Apostelgeschichte 15,7). Die dann gefällte Entscheidung ist bis heute für Christen gültig. Bei keinem der Berichte wird der jeweilige Streit bewertet. Aber es wird aufgezeigt, dass man um eine gute Lösung der theologischen Differenzen rang. Beendet wurden die Streitereien, weil die Lösungsvorschläge von Petrus und Jakobus schließlich von allen angenommen wurden.

Ebenso wird von einem persönlichen Streit zwischen Paulus und Barnabas berichtet. Sie können sich nicht einigen, ob Markus ein weiteres Mal bei einer geplanten Missionsreise dabei sein sollte. Paulus hielt ihn für unzuverlässig und wollte ihn nicht wieder dabeihaben, Barnabas wollte Markus eine zweite Chance geben. Dabei „kamen sie scharf aneinander“ (Apostelgeschichte 15,39). Ihr Streit und ihre Uneinigkeit führten zu getrennten Wegen. Barnabas reiste mit Markus nach Zypern und Paulus zog mit Silas nach Syrien und Zilizien. Wieder wird in der Bibel keine Wertung dieses Streites vorgenommen. War es falsch, dass sich Paulus und Barnabas trennten? War es gut oder schlecht für die Weltmission, dass sie als Folge ihres Streites in verschiedenen Regionen missionierten? Wer will das beurteilen? Diese Fragen wurden überhaupt nicht gestellt. Die Trennung der Missionare bleibt in der Apostelgeschichte unbewertet.9 Aus einem Missionsteam wurden zwei – und damit wurde die biblische Botschaft stärker verbreitet. Wenn also Konflikte zu einer Trennung10 führen, ist das nicht automatisch gleichzusetzen mit einem Fehler oder gar mit Sünde.11

Wie heute im Leben auch sind die in der Bibel beschriebenen Konflikte unterschiedlich in Intensität und Stärke. Je größer der Streit, umso schwieriger ist es, eine gemeinsame Lösung zu finden. Streitgespräche im Blick auf Werte, bei Zielkonflikten und zur Beziehungsklärung sind unbedingt notwendig. Manchmal, aber nicht immer, kann man zu einer gemeinsamen Lösung kommen. Demgegenüber sind Streitgespräche wegen Unachtsamkeit, wegen Missverständnissen, wegen Scheingefechten oder wegen Nebensächlichkeiten unnötig. Allerdings ist auch dann nicht jeder Konflikt befriedigend lösbar (Kessler 2009:82-85).

Vier neutestamentliche Beispiele für unterschiedliche Arten von Streit:

1. Situation: In Apostelgeschichte 15 wird von einem Streit unter den ersten Christen berichtet. Einige meinten, dass die Heiden-christen zuerst Juden werden müssten, bevor sie Christen werden könnten. „Als man sich aber lange gestritten hatte“, fand Petrus die rechten Worte und der Streit wurde beigelegt.

Streitart: notwendig und lösbar

Lösung: Nein, Christen müssen nicht zuerst Juden werden.

2. Situation: Zwischen den Griechisch sprechenden Juden in der Gemeinde und denen mit hebräischer Muttersprache kam es zu einem Streit, weil die Griechisch sprechenden Witwen bei der Verteilung von Lebensmitteln benachteiligt worden waren. Durch eine strategische Veränderung in der Essensverteilung wurde dieser Missstand umgehend abgestellt (Apostelgeschichte 6).

Streitart: überflüssig und lösbar

Lösung: Strukturen schaffen, die künftig solche Missverständnisse verhindern

3. Situation: In der Gemeinde in Korinth hatte es...

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