Die Subprime-Krise bezeichnet die im Jahr 2006 einsetzenden Turbulenzen auf dem US-Markt für Hypothekarkredite mit geringer Bonität. Die aufgrund einer expansiven Geldpolitik der FED geringen Zinsen[25] und die seit Anfang der 90er-Jahre steigenden Immobilienpreise[26] resultierten in einer zunehmenden Nachfrage nach Wohneigentum und Kreditfinanzierungen.[27] Die Kreditrisiken wurden i. Allg. durch die Emission von hypothekenbesicherten Wertpapieren, sog. Mortgage Backed Securities (MBS)[28], auf den Kapitalmarkt transferiert[29]. Im Jahr 2003 begrenzten die amerikanischen Aufsichtsbehörden das vergabefähige Kreditvolumen der staatlich abgesicherten US-Finanzierungsinstitutionen „Fannie Mae“ und „Freddi Mae“[30], woraufhin zunehmend privatwirtschaftliche Zweckgesellschaften in den Verbriefungsprozess[31] eintraten, was zu sinkenden Kreditvergabestandards führte. Die im Zuge der guten Ratingeinstufung günstigen Refinanzierungskosten wurden an Schuldner mit zweifelhafter Bonität, sog. „subprime borrowers“, weitergegeben[32]. Im Jahr 2006 kam es dann verstärkt zu Kreditausfällen[33]. „Adjustable rate mortgages“, welche für einen Großteil der Laufzeit eine von einem Referenzzinssatz abhängige variable Verzinsung vorsahen, hatten mit Anstieg der Leitzinsen[34] zu „Zahlungsschocks“ der Kreditnehmer geführt[35]. Ebenso alterna-tive Ausgestaltungsvarianten von Subprime-Hypothekendarlehen, bei welchen nach Ablauf einer vereinbarten Anfangsphase die finanzielle Belastung signifikant ansteigt. Aufgrund der inzwischen gesunkenen Immobilienpreise war eine Refinanzierung nicht mehr möglich. Infolge der Verbriefung erreichte die Subprime-Krise auch die internationalen Finanzmärkte und entwickelte sich als sog. Finanzmarktkrise fort.[36]
Im Rahmen von „True-Sale“-Transaktionen veräußert eine Hypothekenbank (Originator) einen Pool an Hypothekarkreditforderungen (Referenzportfolio) an eine eigens hierfür gegründete Zweckgesellschaft, welche sich durch die Verbriefung der Forderungen am Kapitalmarkt refinanziert. Andere Zweckgesellschaften investieren in die MBS und verbriefen diese wiederum als Collateralized Debt Obligations (CDOs). Darüber hinaus gibt es Formen von CDOs, die in Tranchen anderer CDOs investieren, sog. CDO² bzw. CDO³[37]. Neben diesen langfristigen „Term-Deal“-Verbriefungen[38] existieren Asset Backed Commercial Paper (ABCP)-Programme, die revolvierend – aufgrund der Fristentransformation – kurzfristige Geldmarktpapiere emittieren.[39]
Neben „True Sale“-Transaktionen werden synthetische MBS bzw. CDOs unterschieden. Dabei werden Kreditrisiken des Referenzportfolios über Credit Default Swaps (CDS)[40] an die Zweckgesellschaft transferiert. Die Mittelzuflüsse aus der Anleiheemission werden in bonitätsstarke Bundesanleihen investiert, welche als Sicherheiten und der Verzinsung dienen.[41]
Die Kreditausfälle im Referenzportfolio führten bei den Investoren der MBS bzw. CDO zu Zins- und Tilgungsausfällen. Die Zweckgesellschaften mussten die zinstragenden Bundesanleihen zur Refinanzierung der Ausgleichszahlungen aus den CDS veräußern. Der Nachfragerückgang nach ABCP seitens der Investoren – aufgrund bonitätsbedingter Risiken – resultierte in Rückzahlungsproblemen bei den fälligen Geldmarktpapieren.[42]
Die Lukrativität der Konstruktion von Zweckgesellschaften wurde insbesondere dadurch begünstigt, dass sie nicht den bankenaufsichtsrechtlichen Regelungen unterlagen und Kreditlinien mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr – Originatoren erteilten zur Verbesserung der
Ratingeinstufung der MBS bzw. CDOs häufig Credit Enhancements[43] – gemäß Basel I nicht durch Eigenmittel zu hinterlegen waren[44]. Die zielgerichtete Nichtkonsolidierung der Zweckgesellschaften, Nichtpassivierung der Credit Enhancements sowie mangelhafte Anhangpublizität[45] führten zu einer unzureichenden Risikokommunikation und mit der Inanspruchnahme der Originatoren in die „härteste Vertrauenskrise der vergangenen Jahrzehnte“[46]. Der Interbankenmarkt trocknete beinahe vollständig aus, und die Zentralbanken[47] entwickelten sich zur vorrangigen Refinanzierungsadresse.[48] Der IKB drohte beispielsweise mit zunehmender Wahrscheinlichkeit, dass die Liquiditätslinie i. H. v. 8,1 Mrd. EUR gegenüber der Rhineland Funding in Anspruch genommen wird, die Zahlungsunfähigkeit[49].
Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise veröffentlichte das IASB am 18. Dezember 2008
„ED 10 Consolidated Financial Statements“, der IAS 27 und SIC 12 ersetzen soll[50]. Das neue Control-Konzept soll den Konsolidierungskreis auf gestaltungspolitisch bilanzunwirksam gebliebene Zweckgesellschaften ausweiten. Darüber hinaus sollen die Anhangsangaben[51] für nicht beherrschte, strukturierte Unternehmen ausgeweitet werden.[52]
Die Verbriefungsinstrumente erhielten im Wesentlichen sehr gute Ratingergebnisse[53]. Die Ausfallrisiken des Forderungsportfolios wurden in einem „Wasserfall“ tranchiert. Verluste werden dabei zuvorderst der „Equity-Tranche“ zugewiesen und darüber hinausgehende Beträge von der „Mezzanine-Tranche“ getragen. Auf diese Weise ließ sich trotz bonitätsschwacher Referenzwerte für die „Senior-Tranche“ ein AAA-Rating erzielen. Durch Mehrfachverbriefung wurden aus BBB-„Mezzanine-Tranchen“ wiederum erstklassige AAA-Tranchen.[54] „Super-Senior-Tranchen“ mit einer Ausfallwahrscheinlichkeit unter 0,061 Prozent machten i. Allg. 50 bis 60 Prozent einer einfach verbrieften CDO-Transaktion aus. Dieser Anteil wurde über Replikationsketten sukzessive ausgeweitet.[55] Auf der Investorenseite entstand der Eindruck sehr sicherer, mit der Bonität von Bundesanleihen vergleichbarer Finanzprodukte[56]. Aufgrund der Komplexität der Verbriefungstitel wurden die Ratings vielfach kritiklos von den Investoren übernommen und ihr Aussagegehalt überschätzt[57]. Im Zuge der Subprime-Krise haben sich dann aber selbst die hervorragend gerateten „Senior-Tranchen“ als äußerst riskant erwiesen, und es kam zu Ratingherabstufungen[58].
Insbesondere um die Qualität und Transparenz der Ratingprozesse bzw. -ergebnisse zu erhöhen, erweiterte die IOSCO im Mai 2008 den Code of Conduct[59], und das Europäische Parlament erließ am 23.04.2009 eine Verordnung über Ratingagenturen. Beispielsweise sind künftig Ratingsymbole für strukturierte Finanzinstrumente von denen anderer Anlageklassen zu differenzieren, um die Risikostrukturen besser abzugrenzen.[60]
Kritiker des Fair Value Accounting befürchteten bereits im Jahr 2001 „that fair-value .. would threaten the stability of entire banking systems”[61]. Inzwischen hat die Finanzmarktkrise die krisenbeschleunigende und -intensivierende Wirkung des Fair Value offenbart und ihn vom „Hoffnungsträger [einer entscheidungsorientierten Rechnungslegung] zum Krisenkatalysator“[62] mit einem für die Finanzmärkte erheblichen Destabilisierungspotenzial degradiert[63]. Beispielsweise führt Prof. Dr. Peter Bofinger, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die Finanzmarktkrise auch auf die Prozyklität der Fair-Value-Bewertung von Finanzinstrumenten zurück[64]. Anhänger der handelsrecht-lichen Bewertungskonzeption sind überzeugt, dass „am Vorsichtsprinzip orientierte Bilanzen dazu bei[tragen], eine Volkswirtschaft gegenüber zyklischen Krisen und exogenen Schocks wetterfester zu machen“[65] und die Finanzmarktkrise unter dem vorsichtsgeprägtem HGB weniger ausgeprägt verlaufen wäre. Die handelsrechtliche Anschaffungskostenrestriktion[66] hätte einerseits nicht in einer ergebniswirksamen Erfassung psychologisch überzeichneter Buchgewinne resultiert, und andererseits hätten sich infolge des niedrigeren Wertansatzes vergleichsweise geringere Abwertungsverluste ergeben.[67]
Die mit einer Fair-Value-Bewertung einhergehende stärkere Ergebnis- und Eigenkapitalvolatilität kann zu Fehlallokationen führen. Bei einer steigenden Marktpreisentwicklung führt sie zu einer „Bewertungsblase“[68] unrealisierter Gewinne, die dadurch, dass sich aus dem IFRS-Konzernabschluss...