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Kritische Würdigung des Vermögenswertbegriffes in der internationalen Rechnungslegung unter besonderer Berücksichtigung aktueller Projekte des IASB

AutorPhilipp Eigler
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl92 Seiten
ISBN9783640216932
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,0, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main (Schwerpunkt Rechnungswesen), 151 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Gegenstand dieser Arbeit ist die kritische Analyse des Vermögenswertbegriffes der IFRS im Kontext aktueller Nivellierungsprojekte des IASB. Insb. die Frage, inwiefern den IFRS ein einheitlicher, d.h. inhaltlich und theoretisch konsistenter Vermögenswertbegriff zugrunde liegt, wird in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt. Dabei greift die vorliegende Arbeit vorrangig das 'Conceptual Framework Project', das 'Leasing Project' sowie das 'Revenue Recogntition Project' auf. Obgleich alle drei Projekte sich den unterschiedlichsten Bilanzierungsfragen eines Rechnungslegungssystems annehmen, verbindet sie der Gedanke der Etablierung einer konsistenten Vermögenswertkonzeption im Rahmen der IFRS durch das IASB. Die Entscheidungen, die das IASB im Zuge dieser Projekte zu treffen hat, sind grundlegender Art und werden das Gesamtbild der IFRS, deren theoretische Konsistenz und damit ihre internationale Bedeutung zukünftig maßgeblich prägen. In der Tatsache, dass es sich bei allen drei Projekten um gemeinsame Projekte des IASB und des FASB handelt, manifestiert sich darüber hinaus die Tendenz zur Konvergenz und Internationalisierung der Rechnungslegung insgesamt.

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Leseprobe

3. 3. Das „Leasing Project“ des IASB: Ausgangssituation, Problemstellung, Lösungsansätze


 

3.1 3.1 Darstellung der aktuellen Regelungen des IAS 17


 

Leasing stellt eine Finanzierungsform dar, die in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat[155] und die geprägt ist von dem möglichen Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und rechtlichen Eigentum[156]. Im Jahr 2004 wurde das weltweite Volumen der Leasingfinanzierung auf ca. 580 Milliarden US$ geschätzt.[157] Da ein Großteil dieses Umsatzes in den USA und Europa getätigt wird[158] und insb. Europa zu den wichtigsten Anwender- und Adressatenkreisen der IFRS zählt, stellt sich die Frage inwiefern die IFRS sich der Bilanzierung von Leasingverhältnissen annehmen.

 

Die IFRS haben der Bilanzierung von Leasingsachverhalten einen eigenen Standard, den IAS 17, zugrunde gelegt. IAS 17 unterteilt Leasingverträge in zwei Subkategorien: Zum einen in das sog. Finance Lease, zum anderen in das sog.  Operate Lease.[159] Die jeweilige Zuordnung eines konkreten Leasingsachverhaltes führt hierbei zu unterschiedlichen bilanzrechtlichen Folgen. Während das Finance Lease wie ein Ratenkauf behandelt wird, wird das Operate Lease als schwebendes Geschäft angesehen.[160] Aus dieser Klassifikation ergibt sich, dass bei einem Finance Lease der Leasingnehmer das entsprechende Leasingobjekt stets in Höhe des zu Beginn des Leasingverhältnisses beizulegenden Zeitwertes bzw. des Barwertes der Mindestleasingzahlungen zu erfassen hat (IAS 17.20). Diesem Vorgehen liegt die Überlegung zugrunde, dass es sich bei dem Leasingverhältnis um einen kreditfinanzierten Kauf handelt. Umgekehrt ist ein sog. Operate Lease aufgrund seines Charakters als schwebendes Geschäft nicht bilanziell beim Leasingnehmer anzusetzen;[161] es wird vielmehr als „Dauerschuldverhältnis mit andauernder Pflichtanspannung“[162] gewertet. Die periodisch aufgewendeten Leasingraten finden nur in der GuV des Leasingnehmers Berücksichtigung (IAS 17.33). Für den Leasinggeber bedeutet dieses dichotome Vorgehen der IFRS, dass im Falle eines Finance Lease nicht mehr das Leasingobjekt Eingang in die Bilanz des Leasinggebers findet, sondern eine Forderung in Höhe des diskontierten Zahlungsanspruchs. Der fingierte Eigentumsübergang findet also auch hier bilanzielle Berücksichtigung.[163] Bei einer Klassifikation als Operate Lease findet das (physische) Leasingobjekt seinen bilanziellen Ansatz auf der Seite des Leasinggebers (IAS 17.49).

 

Es zeigt sich folglich, dass die Klassifizierung eines Leasingsachverhaltes als Finance- bzw. Operate Lease nach IFRS weit reichende Konsequenzen hat, da sie zu einer Beantwortung der Frage der bilanziellen Erfassung führt. Die Operationalisierung dieser Kategorisierung folgt innerhalb der IFRS dem Gedanken des wirtschaftlichen Eigentums (IAS 17.10), das in Kapitel 2 bereits erwähnt wurde. IAS 17.10 und IAS 17.11 geben hierbei bestimmte typisierende Eigenschaften bzw. Indikatoren eines Leasingvertrags vor, die seitens des Leasingnehmers wirtschaftliches Eigentum unterstellten (Eigentumsübergang, Einräumung einer Kaufoption an den Leasingnehmer, Mietzeittest, Barwerttest, Spezialleasing)[164]. IAS 17 verzichtet aber vollständig auf die Vorgabe quantitativer Grenzen, die im Rahmen der Beurteilungskriterien zu einer Präzisierung führen könnten.[165] Erst über den Rückgriff auf Verlautbarungen anderer Standardsetter mittels IAS 8.11 f. können bspw. quantitative Beurteilungsgrenzen aus den US GAAP herangezogen werden. Trotz dieses Verweises bleiben innerhalb der IFRS- Regelungen zur Leasingbilanzierung erhebliche Ermessensspielräume bestehen.[166] Letztlich lässt sich in Abgrenzung zu den unter Punkt 2.3.3 erarbeiteten ansatztheoretischen Grundlagen des Frameworks der IFRS festhalten, dass IAS 17 auch auf eine andere Ansatzkonzeption abstellt. Während das Framework, wie bereits ausgeführt, vorrangig den „Control- Approach“ hinsichtlich der Ansatztheorie betont, greift IAS 17.4 (bzw. auch IAS 17.8) explizit den „Risks and Rewards- Approach“ auf.[167] O.g. Kriterien präzisieren somit das wirtschaftliche Eigentum anhand von Zurechnungsregeln, die letztlich die seitens des Leasingnehmers getragenen Chancen und Risiken ausdrücken. Sobald ein Leasingnehmer die wesentlichen Chancen bzw. Risiken an einem Vermögenswert (i.S.d. IAS 17.7 f.) trägt, liegt nach den IFRS also ein Finance Lease- Sachverhalt vor.[168] Als Chance ist bspw. die Möglichkeit der Beteiligung an Wertsteigerungen genannt, als Risiko bspw. die Verlustmöglichkeit aufgrund technischer Überholung (IAS 17.7).[169] Es stellt sich ergo die Frage, inwiefern der Rückgriff des IAS 17 auf den „Risks and Rewards- Approach“ die Vermögenswertkonzeption des F.49(a) beeinflusst, bzw. ob dieser Rückgriff in Hinblick auf die Vermögenswertkonzeption der IFRS zweckadäquat ist.

 

3.2 3.2 Das Problem des „All- Or- Nothing- Approach“ des IAS 17 vor dem Hintergrund der Entscheidungsnützlichkeit der IFRS und der Maxime eines „True And Fair View


 

Unter die Leasingbilanzierung des IAS 17 fallen grundsätzlich alle Vereinbarungen, bei denen „[…] der Leasinggeber dem Leasingnehmer gegen eine Zahlung oder eine Reihe von Zahlungen das Recht auf Nutzung eines Vermögenswertes für einen vereinbarten Zeitraum überträgt“[170] (IAS 17.4).[171] IFRIC 4 dient in diesem Zusammenhang u.a. der Interpretation, ob eine bestimmte Vereinbarung den Sachverhalt eines Leasingvertrags erfüllt.[172] Obwohl in IAS 17.4 letztlich erkannt wird, dass nicht das zugrunde liegende Asset, sondern ein Nutzungsrecht vom Leasinggeber an den Leasingnehmer übertragen wird, findet nicht das Nutzungsrecht, sondern allenfalls (im Falle des Finance Lease) das physische Asset, seine Berücksichtigung in der Bilanz des Leasingnehmers.[173] Hierin liegt eines der Kernprobleme des IAS 17. Denn je nach Ausgestaltung führt ein Leasingvertrag entweder zu einer vollen bilanziellen Berücksichtigung (Finance Lease) auf Seiten des Leasingnehmers oder eine bilanzielle Erfassung unterbleibt gänzlich (Operate Lease). Diesen Zusammenhang bezeichnet man auch als sog. „All- Or- Nothing- Approach[174]. Leasing gewinnt damit neben anderen Vorzügen[175] (wie Liquiditätsschonung, verbesserte Kostenplanung, etc.) auch noch bilanzielle Vorteile. Die Vertragsparteien können im Rahmen der Vertragsgestaltung faktisch wählen, ob es sich um einen Finance- oder Operate Lease- Sachverhalt handeln wird.[176] Die Leasingbilanzierung ist somit erheblichen Ermessensspielräumen und bilanzpolitischen Überlegungen ausgesetzt.[177] In Folge des „All- Or- Nothing- Approach“ eröffnet sich dem Leasingnehmer die Möglichkeit einen Sachverhalt in der Form auszugestalten, dass die Kriterien eines Finance Lease nicht erfüllt werden, obwohl der Leasingnehmer die wesentlichen Chancen und Risiken an dem Leasingobjekt trägt. Die daraus resultierende Klassifikation als Operate Lease versetzt den Leasingnehmer in die Lage über das Leasingobjekt bilanzneutral zu verfügen, was man als sog. „off balance sheet effect“ bezeichnet.[178] Der Vorteil liegt für Leasingnehmer darin, dass im Falle eines Operate Lease keine Abschreibungen auf das Leasingobjekt durchzuführen sind, da ausschließlich die Leasingraten erfolgswirksam in der GuV erfasst sind und das Leasingobjekt keine bilanzielle Berücksichtigung findet. Zudem wird der Wert des Anlagevermögens künstlich gering gehalten, was zu Beeinflussungen der Kennzahlen des RNOA und des ROCE, aber umgekehrt auch des Leverage führen kann.[179] Zwar muss der Leasingnehmer gemäß IAS 17.35 Angaben über verschiedene Eigenschaften eines Operate Lease im Rahmen des Anhangs treffen,[180] jedoch vermag auch diese Tatsache nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Vermögenslage des Leasingnehmers in einem solchen Fall unzureichend, respektive äußerst restriktiv dargestellt wird und die Bilanz an Aussagekraft verliert.[181] Zu Recht führen Fülbier/ Pferdehirt in diesem Zusammenhang an, dass „[…] Anhangangaben den Informationsmangel der Rechenwerke nicht kompensieren [können]“[182]. Die Folgen dieser Handhabung von Leasingsachverhalten sind weit reichend. Zum einen führt IAS 17 zu „erheblichen Ermessensspielräumen“[183], zum anderen führt die Prämisse des „All- Or- Nothing- Approach“ zu einer Inkonsistenz mit der Vermögenswertkonzeption des Rahmenkonzepts.[184] Diese Inkonsistenz ist letztlich Ausdruck des Widerstreits der „Revenue- Expense- Theory“ und der „Asset- Liability- Theory“ innerhalb des Rechnungslegungssystems der IFRS.[185] Es lässt sich konstatieren, dass IAS 17 in der Variante des Operate Lease einem dynamischen Bilanzansatz entspringt und implizit dem Gedanken des „matching principle“ folgt. Die...

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