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Kulturbegegnung und Literatur der Migration in 'Abengs Entscheidung' von Philomène Atyame

AutorYannick Gnipep-oo
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl91 Seiten
ISBN9783656954095
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis31,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Didaktik - Deutsch - Deutsch als Fremdsprache, Note: 15/20, Université de Yaoundé I (Ecole Normale Supérieure du Cameroun), Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Diplomarbeit geht es um die Kulturbegegnung als Voraussetzung für die Bekämpfung bestehender Vorurteile und Stereotypen und gleichzeitig für die Existenz einer Migrationsliteratur. Manfred und Abeng begegnen sich in Kamerun und verlieben sich ineinander, obwohl Abengs Großvater gegen die Heirat ist. Stereotypen werden herausgehoben und bekämpft.

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Leseprobe

1- ERSTES KAPITEL: THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN


 

1. Definitorische Einführung


 

1.1. Begriffserklärung


 

Um wissenschaftlich zu arbeiten, hat es sich immer als notwendig erwiesen, die Kategorien bzw. die Konzepte, die das Thema oder die Aufgabe bilden, zu definieren. Die Erklärungen dieser Konzepte sind meines Erachtens notwendig, um zu wissen, wie man diese Konzepte gebrauchen wird, damit sie wichtige Analysewerkzeuge werden. Kategorien oder Konzepte weisen oft auf einen umfangreichen und einen unbegrenzten Gegenstand hin, der nicht im Rahmen einer einzigen Arbeit ganz erfasst werden kann. Der Gegenstand muss immer begrenzt und bestimmt werden, damit er dicht und tief behandelt wird. In seinen vier entworfenen Kriterien der Wissenschaftlichkeit weist Umberto Eco auf diesen Tatbestand hin: „Die Untersuchung behandelt einen erkennbaren Gegenstand, der so genau umrissen ist, dass er auch für Dritte erkennbar ist.“[14] Es kann also so verfahren werden, dass Konzepte definiert werden und es ist wichtig, um diesem Teil eine Grundlage zu geben, deshalb möchte ich die Termini „Kultur“, „Migration“ und „Literatur der Migration“ näher bestimmen und auf ihre Aspekte hinweisen, die die Grundlage meiner Arbeit konstituieren.

 

1.1.1. Zum Kulturbegriff

 

Der traditionelle Kulturbegriff verweist auf eine Kugelförmigkeit, wie Johann Gottfried Herder postuliert hat. Er ging von der Kugelförmigkeit der Kulturen aus, die sich in abgeschlossenen Sphären bilden. Für ihn bedeutete eine Mischung von Kulturen Verlust an „Eindrang, Tiefe und Bestimmtheit.“ Herder plädiert für eine Reinheit und Reinhaltung einer Kultur, die für ein bestimmtes Volk kennzeichnend ist. Nach Herder „bringt eine Kultur nur so weit Verständnis für fremde Kulturleistungen auf, als diese assimilierbar sind. Eine Übernahme wird zu einer Integration und nicht zu einer eigentlichen Innovation der eigenen Weltanschauung. Sie folgt den Verständnisgesichtspunkten der eigenen, nicht der fremden Kultur.“[15] Aus diesem Zitat Herders ist zu ersehen, dass Kulturen als statische Gebilde und als homogene Gefüge betrachtet werden. Sie sind primär auf sich selbst bezogen und sehr begrenzbar. Kulturen in diesem Sinne verweisen auf etwas Geschlossenes, auf reine Merkmale für ein bestimmtes Volk oder eine bestimmte Gruppe. Kultur ist der grundsätzliche Wert einer Gruppe, der dabei hilft, sich zu definieren, sich von den anderen zu unterscheiden und abzugrenzen, seine Reinheit zu bewahren zu versuchen. Kultur wird in diesem Sinne als Container[16] betrachtet, d.h. als statisches in sich geschlossenes homogenes System. „Ein solcher Kulturbegriff ist noch fixiert auf die Idee von Einheit von Raum, Gruppe und Kultur“[17]. Diese Einheit verweist auf die Tatsache, dass der Raum einen bestimmten Einfluss auf einen Menschen übt. Der Mensch reagiert in diesem Fall dem Raum und der Gruppe gemäß, weil es bestimmte Normen und Eigenschaften besteht, die unbedingt erkennt werden müssen. Die traditionelle Auffassung von Kultur ist –so kann ich sagen- einäugig, d.h. eine solche Definition würde keine diskursive Auseinandersetzung erlauben und setzt voraus, dass Kultur mit deren Offenheit nicht zu definieren ist. Durch diesen Kulturbegriff werden der Raum und die Gruppe mit dem Phänomen der Reinheit charakterisiert, sodass durch bestimmte Reaktionen, Denkweisen und Handlungen Kulturen anerkannt werden können. Man weiß genau, wie einäugige Menschen sehen. Sie sehen immer nur in einer einzigen Richtung. Der Blick ist nur auf einen alleinigen Sachverhalt fokussiert. Eine solche Betrachtungsweise reduziert die Kultur auf feste Merkmale und Charakteristiken, die den Kulturen unterworfen sind. Es geht in dieser Arbeit nicht um die Aufzählung repräsentativer Merkmale des traditionellen Kulturbegriffs, vielmehr um die Ablösung und die Entfernung von dem Begriff, um was Neues zu entwerfen, zu definieren und in die Praxis umzusetzen. Der traditionelle Kulturbegriff bringt die Tatsache zum Ausdruck, dass nach Herder es eine Möglichkeit gibt, damit die Kulturen in Berührung treten. Aber dies erfolgt durch eine Assimilation. Ihm zufolge dadurch, dass eine Kultur von einer anderen Kultur assimiliert wird, wird das Verständnis gefördert. Der Assimilationsprozess setzt voraus, dass die beiden Kulturen nicht mehr zu erkennen sind, denn eine menschliche Gruppe wird von einer anderen Schritt für Schritt absorbiert. Dieser Assimilationsprozess setzt auch die Tatsache voraus, dass menschliche Gruppen unterschiedlich sind und sollen daher von ihrer unterschiedlichen Herkunft definiert werden. Damit ein Assimilationsprozess stattfindet, soll eine Kultur dominierend sein, um die dominierte auszusaugen.

 

Dieser Kulturbegriff betrachtet die Menschen als stark von Nationalität, Rasse oder Religion geprägt. Diese Kategorien spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung dessen, was Identität ist. Sie schränken die Identität auf eine ganz begrenzte Eigenschaft ein. Es ist also zu bemerken, dass einem solchen Kulturbegriff eine problematische statische Sichtweise anhaftet. Ein so umrissener Kulturbegriff lässt an Cliffort Geertz denken, wenn er die Kultur als: „Netz von Bedeutungen, in das der Mensch selbst verstrickt ist“[18] definiert. Eine solche Art und Weise, Kultur zu definieren zeigt eine Kugelbeschreibung auf. Seinerseits spricht Terry Eagleton von einem „Komplex von Werten, Sitten und Gebräuchen, Überzeugungen und Praktiken, die die Lebensweise einer bestimmten Gruppe ausmachen.“[19] Hier funktioniert die Kultur als etwas Homogenisierendes, etwas Einheitliches. In derselben Richtung hat Hofstede eine Definition des Kulturbegriffs entworfen, die sich auf eine anthropologische Bestimmung bezieht. Für ihn ist Kultur „ein kollektives Phänomen, da man sie zumindest teilweise mit Menschen teilt, die im selben sozialen Umfeld leben oder lebten, d.h. dort, wo die Kultur erlernt wurde. Sie ist die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet.“[20] Träger verschiedener Kulturen kommunizieren miteinander. Die Kultur wird also verstanden als das, was ein Mensch zu einem beliebigen Verhalten veranlasst. Denk- und Handlungsweisen werden schon bestimmt zu einer bestimmten Gruppe. Die unterschiedlichen Kulturen handeln nach diesen „Orientierungssystemen“. Der Begriff Orientierungssystem kommt von Thomas Alexander, um den Kulturbegriff zu definieren. Er fasst die Definition folgendermaßen zusammen:

 

„Kultur ist ein universelles, für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe, aber sehr typisches Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tradiert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder und definiert deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich der Gesellschaft zugehörig fühlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und schafft somit die Voraussetzungen zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umweltbewältigung.“[21]

 

Aus diesen Bestimmungen ist zu erfahren, dass Kulturen sind Gebilde, die so programmiert sind, dass innerhalb einer selben Gemeinschaft Kommunikation hergestellt werden kann. Wie ich oben betont habe, geht es um eine intrakulturelle Kommunikation, d.h. die Kommunikation wird nur in derselben Kultur durchgeführt, weil die Programmierung davon ausgeht, dass das Verständnis nur innerhalb dieses Raumes möglich ist. Dieses Orientierungssystem unterscheidet sich auch von Gesellschaft zu Gesellschaft. Diese Unterscheidung bildet eine unlösbare Grenze[22] zwischen den Kulturen, sodass intrakulturelle Kommunikation nicht zur interkulturellen Kommunikation werden kann, denn diese Grenzen sind die Voraussetzung von Reinheit, Kontinuität und Kohärenz, die bestimmte Merkmale des traditionellen Kulturbegriffs sind.

 

 Constantin von Barloewen hat seinerseits den Versuch unternommen, den traditionellen Kulturbegriff zu erfassen. Seine Funktion fasst er folgendermaßen zusammen: „eine weitere Funktion der Kultur liegt in dem Vermögen verborgen, Motive für menschliches Verhalten zu begründen, die Logiken des Denkens und Handelns zu bestimmen, und auch im politischen und wirtschaftlichen Raum. Was einen Menschen in seinem Verhalten in einer besonderen Weise reagieren lässt, ist in seinem Ursprung kulturell.“[23] Eine bestimmte Art und Weise zu reagieren, zu denken und zu handeln fällt in den Bereich der Kultur. Diese Funktion bringt den stärkeren Einfluss der Kultur auf Menschen zum Ausdruck. Sie leitet das menschliche Leben, gibt Orientierungspunkte, organisiert das Denken. Diese Funktion verweist ganz genau auf den Begriff „Orientierungssystem“ von Thomas Alexander. Barloewen zufolge enthält die Kultur noch eine entscheidende Aufgabe, die wie folgt ausgedrückt wird: „Die entscheidende Aufgabe der Kultur ist es aber, die Grundlage für eine Identität des Menschen zu stiften“[24]. Darunter ist zu verstehen, dass der Mensch, der aus einer kulturellen Umgebung stammt, leicht erkennbar und klassifizierbar ist. Seine Identität ist so aufgebaut, dass die Merkmale dieser Kultur zum Vorschein kommen und sich beobachten lassen. Daraus...

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