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E-Book

Kulturen (er-)leben: Handlungsorientierte Ansätze aus der interkulturellen Jugendarbeit

AutorStephan Stumpner
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl70 Seiten
ISBN9783955496135
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Gibt man den Themenblock 'Entwicklung interkultureller Kompetenz' in die Internet-Suchmaschine Google ein, so erscheinen ca. 554000 gefundene Seiten. Dieses Ergebnis spiegelt die mannigfachen Ansätze und Zugangsweisen zum praxisorientierten Trainingskonzept interkulturellen Lernens wider. Nicht nur im Internet, sondern auch in unzähligen Mappen und Büchern finden engagierte Pädagogen und Pädagoginnen eine Vielzahl von Übungen zur Förderung interkultureller Kompetenzen und Kommunikation. Interkulturelle Kompetenz firmiert immer mehr als übergeordnete Bezeichnung, bei der auch technologisch-instrumentelle Sichtweisen zum Ausdruck kommen. Qualitätskriterien zur Einschätzung interkultureller Bildungsangebote sind nur selten zu finden, dennoch bedienen sich die meisten Angebote der gleichen Methoden - nämlich der handlungsorientierten Methoden. Doch eignen sich diese handlungsorientierten Methoden überhaupt, um z.B. Selbstreflexivität zu entwickeln? Wer sind die Adressaten dieses Bildungsangebotes, nur die der Mehrheitsgesellschaft? Welches Menschenbild wird mit der Handlungsorientierung vertreten? Wie geht dieses Lernarrangement mit der Unmöglichkeit der Technologisierung pädagogischen Handelns um? Im vorliegenden Buch wird versucht diese und ähnliche Fragen zu beantworten.

Dipl. Päd. Stephan Stumpner, M. Ed., ist Mitarbeiter des Entwicklungs- und Forschungsprojektes „Gelingender Berufseinstieg“, diplomierter Outdoor-Trainer und Canyoning- Guide sowie staatlich geprüfter Schi- & Snowboardinstruktor. Des Weiteren ist der Auto

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.,Interkulturelle Kompetenz: Ein Konzept für deSchulbereich: Bevor ich den Bereich des handlungsorientierten Lernens näher untersuchen kann, werde ich zunächst in der Diskussion zum Aufbau interkultureller Kompetenzen Stellung beziehen. Die dadurch erlangten Erkenntnisse zeigen die Ansprüche an die Wirkungsweisen handlungsorientierter Methoden, damit eine positive Wirkung auf den Aufbau interkultureller Kompetenzen möglich wird, die auch nachzuweisen ist. 2.1,Kulturelle und soziale Vielfalt in der österreichische Schule - ein Auftrag zu interkultureller Erziehung: Im Schuljahr 2005/06 besuchten 264349 Schüler/innen österreichische Hauptschulen, wovon 45799 Schüler/innen eine andere Erstsprache als Deutsch angegeben haben (Bundesministerium für Inneres 2008). Diese Statistiken geben Hinweis darauf, dass die meisten Kinder mit Migrationshintergrund Hauptschulen im städtischen Bereich besuchen. Dabei entstehen Hauptschulen wie zum Beispiel die HS 5 in Linz, die einen MigrantInnenanteil von 95% aufweist. Die dadurch entstehende kulturelle Vielfalt wird dabei noch durch Integrationsklassen erweitert, in denen Schüler/innen mit besonderen Bedürfnissen (durch Lernschwächen oder Verhaltensauffälligkeiten) ihren Platz finden. Die Lehrkräfte haben hier die Aufgabe, diese Milieuvielfalt produktiv zu nützen, um ein friedliches und nachhaltiges Zusammenleben zu ermöglichen, was kurz gesagt einen Auftrag zu interkultureller Erziehung darstellt. Die Grundvoraussetzung für eine interkulturelle pädagogische Professionalität 'ist die Anerkennung der Vielfalt [wie sie in der Schule ihren Ausdruck findet] als gesellschaftliche Norm' (Gültekin 2006, S.373). Vielfalt darf dabei nicht als Belastung in der schulischen Praxis gesehen werden, sondern als Ressource, durch die interkulturelle und interdisziplinäre Kompetenzen vermittelt werden. Didaktische Konzepte, die den Anspruch an sich haben, diese Kompetenzen zu vermitteln, sind unter anderem 'Globales Lernen', 'Interkulturelle Kommunikation', 'Bildung Nachhaltiger Entwicklung', 'Länderkunde', 'Menschenrechtsbildung' und 'Antirassistische Erziehung'. Jedes dieser Themengebiete bietet praktische Übungssammlungen, die Pädagogen und Pädagoginnen helfen sollen, interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Doch was genau sind interkulturelle Kompetenzen? Dieser Fragestellung werde ich in den folgenden Punkten näher nachgehen. 2.2,Verlauf der Diskussion zu interkultureller Kompetenz: Interkulturelle Kompetenz scheint für viele wissenschaftliche Disziplinen sowie auch für unterschiedlichste Tätigkeits- und Anwendungsbereiche interessant und bedeutsam zu sein. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, wird bald feststellen, dass es unzählige Konzepte und Ansätze zu interkultureller Kompetenz gibt. Die Heterogenität der Adressatengruppen und die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Herangehensweisen an die Thematik verursachen eine Fülle von theoretischen und praktischen Konzepten, die unüberschaubar geworden ist. Theoretische Disziplinen, die sich mit interkultureller Kompetenz auseinandergesetzt haben, sind beispielsweise die Erziehungswissenschaft (Auernheimer 2007, Nohl 2006), die Psychologie (Thomas 2003), die Politikwissenschaft (Overwien/ Rathenow 2009a), die Sozialpädagogik (Leenen/Groß/Grosch 2000), die Sprachwissenschaft (Roche 2008), die Kommunikationswissenschaft (Schulz von Thun 2006) oder auch die Wirtschaftswissenschaft (Bolten/Erhardt 2003). Im deutschsprachigen Raum wurden erstmals in den 1980er Jahren interkulturelle Konzepte für den Schulbereich formuliert (Gültekin 2006, S.368). Die Definitionen von interkultureller Kompetenz sind mannigfach und reichen von 'spezifische[m] Handlungsvermögen' (Mecheril 2008, S15) über 'Fähigkeit zu produktivem, adäquatem und verständigungsorientiertem Denken, Verstehen und Handeln in kulturellen Kontakträumen und -situationen' (Antor 2002, S.143) bis hin zur 'Horizonterweiterung durch die Auseinandersetzung mit einer fremden Sprache und Kultur' (Vollmuth 2002, S.49). In der fachlichen Diskussion gibt es jedoch noch keine allgemein gültige Definition von interkultureller Kompetenz, da es mehr Uneindeutigkeiten als Übereinstimmungen gibt (Gültekin 2006, S.369). Übereinstimmung gibt es jedoch in der grundlegenden Unterscheidung von zwei Forschungszweigen interkultureller Kompetenz. So unterscheidet zum Beispiel Auernheimer (2008, S.37) zwischen 'Erfordernissen einer 'crosscultural adaptation' im Hinblick auf Auslandsaktivitäten und einer 'intercultural effectiveness' im Hinblick auf innergesellschaftliche Multikulturalität'. Da ich in meiner Arbeit den Fokus auf Konzepte für den Schulbereich (also 'intercultural effectivness') gelegt habe, bin ich auf das praxisorientierte 'Konzept für interkulturelle Arbeit in der Stadt Essen' (Stadt Essen, 1999) gestoßen. Dabei soll interkulturelle Kompetenz der Verwirklichung einer kommunalen interkulturellen Orientierung dienen, was auch das Ziel einer Schule der sozialen und kulturellen Vielfalt ist. Öztürk (2008) meint, dass der Begriff 'interkulturelle Kompetenz' nicht unumstritten ist. Experten wie auch Mecheril (2008) warnen davor, 'dass sozial und politisch verursachte Probleme nur zu leicht fälschlich als ethnisch verursacht gedeutet werden könnten und dass interkulturelle Pädagogik erst Unterschiede schaffe, indem sie diese 'herbeirede'' (Öztürk 2008, S. 4). Vor dem Hintergrund dieses Problemfeldes der interkulturellen Erziehung, bedarf es einer ständigen Reflexion und (Neu-)Bewertung von Methoden, Themen, Zielen und Inhalten, die den Anspruch an sich haben, interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Diskussionsstoff liefert vor allem das Vermitteln von Wissen über fremde Kulturen. Hierbei wird der Vorwurf der kollektiven Zuschreibung laut, da die Unterscheidung 'Kultur' individuelle Einzigartigkeit ausschließt. Daher werde ich der Frage, wie viel Kultur interkulturelle Kompetenz benötigt, im folgenden Kapitel nachgehen. 2.3, Dynamisches Kulturverständnis: Wie bereits in Kapitel 2.1 erwähnt, findet man in der Fachliteratur eine Vielzahl von Ansätzen und Dimensionen interkultureller Kompetenz, wobei die Diskussion 'über den Umgang mit Kultur in Verhältnissen von Differenz und Dominanz' (Kalpaka 2006, S.387) eine zentrale Bedeutung einnimmt. In den USA wurden seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Methoden und Programme zur Ausbildung und zum Ausbau interkultureller Kompetenzen entwickelt. Vor allem wirtschaftliche Faktoren wie Geschäftskontakte zu ausländischen Firmen waren die treibende Kraft für die Entwicklung solcher Methoden und Programme, die Missverständnisse in der Kommunikation vermeiden sollten (Gültekin 2006, S.368). Aus dieser historischen Entwicklung heraus gewinnt man den Eindruck, 'dass eine technologische Denkweise vorherrscht, dass Kommunikationsprobleme nach dem Muster instrumenteller Rationalität bewältigt werden sollen' (Auernheimer 2008, S.35). In diesem Zusammenhang taucht auch immer wieder der Begriff des 'interkulturellen Trainings' auf, der das Vertrauen in die Macht des Wissens, nämlich das Wissen über fremde Kulturen suggeriert. Auernheimer (2008, S.35) meint, ein solches Verständnis von interkultureller Kompetenz ist mit pädagogischer Professionalität unverträglich, da es aufgrund der Dominanz der kulturellen Komponente als kulturalisierend bzw. ethnisierend gewertet werden kann. Fast alle Autoren neuerer Beiträge beschäftigen sich mit der Frage, 'wieweit die Kategorie Kultur in Bezug auf interkulturelle Kompetenz berücksichtigt werden soll' (Gültekin 2006, S.369). Kultur wird dabei als etwas Veränderbares betrachtet, das sich durch 'die Auseinandersetzung der Einzelnen mit den gesellschaftlichen Entwicklungen und ihren aktuellen Lebenssituationen' weiterentwickelt (Gültekin 2006, S.369). Nestvogel (2004, S.352) und Leenen/Groß/Grosch (2008, S.106) sprechen in diesem Zusammenhang von einem dynamischen Kulturbegriff, der an die Lebenswelt des Individuums gebunden, also inter- und intrakulturell vielfältig ist und daher auch Überschneidungen zwischen Kulturen zulässt. Das würde bedeuten, dass sich Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund in der Konfrontation mit der Einwanderungsgesellschaft ebenso wie Angehörige der Mehrheitsgesellschaft (z.B. Lehrkräfte) verändern. Ein enger oder statischer Kulturbegriff führt hingegen unweigerlich zur Kulturalisierung von Konflikten, Stereotypisierung und in weiterer Folge auch zu Diskriminierung. Für die Entwicklung von interkultureller Kompetenz bei Jugendlichen ist daher auch eine Reflexion des eigenen Kulturbegriffes notwendig, um auch interkulturell kompetent handeln zu können.
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