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E-Book

Kunst ist käuflich

Freie Sicht auf den Kunstmarkt

AutorDirk Boll
VerlagHatje Cantz Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl216 Seiten
ISBN9783775730082
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
 Auf dem Kunstmarkt wurden und werden Rekordpreise und substanzielle Gewinne erzielt. Doch wer mitspielen will, muss sich auskennen: Was unterscheidet den englischen vom holländischen Auktionstypus? Was den Vintage vom Period, Modern oder Estate Print? Dirk Boll, Geschäftsführer von Christie's in Zürich, erläutert diese und andere Fachbegriffe, während er uns Einblick in den sich rasant verändernden Kunstmarkt gibt: Die sich verstärkende Symbiose zwischen Auktionshäusern und Kunsthandel, die Strategien der großen Häuser, das Erkennen und Schaffen von Trends, die Profile der einzelnen Kunstmessen, vielversprechende neue Sammelgebiete und die zukünftige Entwicklung des Kunstmarktes sind nur einige der reizvollen Themen, die der Fachmann in konzisen Kapiteln kenntnisreich und humorvoll umreißt. Der studierte Jurist beleuchtet zudem die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Kunsterwerbs ebenso kompetent wie das schwierige Gebiet der Raubkunst und Restitutionsverfahren. (Englische Ausgabe ISBN 978-3-7757-2815-7)      Sprache: Deutsch 

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Leseprobe

Die Struktur des Kunstmarktes

Die Kunstvermittlung bewegt sich zwischen den beiden Polen Künstler und Sammler. Obgleich Kunstmarkt vor allem kommerzielle Vermittlung bedeutet, haben auch nicht-kommerzielle, inhaltliche Vermittler Einfluss auf den Markt und werden so zu dessen Akteuren.

Kommerzielle Kunstvermittler

Der Handel

Der Handel lässt sich in Kunsthandel, Antiquariate und Galerien aufteilen und zeichnet sich international durch eine starke Fragmentierung aus. Die ersten beiden Verkaufsformen bieten antikes und altes Kunstgewerbe sowie Bücher in ihren Verkaufsräumen, auf Messen und im Internet an. Der Begriff Galerie umschreibt jede Art von Kunsthandel auf privatwirtschaftlicher Basis, also auch das Angebot von Werken Alter Meister oder sogar von Multiples und Postern. Traditionell wird allerdings eine Galerie als ein Unternehmen bezeichnet, das Werke von zeitgenössischen Künstlern verkauft, in aller Regel noch bevor sich die Museen der Vermittlung dieser Werke annehmen. Es handelt sich bei dieser Tätigkeit nicht nur um die Vermittlung zwischen Kunstwerk und Käufer, sondern vor allem zwischen Atelier und Publikum. In diesem Fall ist der Galerist häufig unmittelbar persönlicher Vermittler zwischen dem Künstler und dem Kunden, und er setzt sich oft für noch nicht arrivierte Künstler ein. Ein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Künstler und dem Galeristen ist, wenn nicht Voraussetzung, so aber doch häufig Folge dieser Aufgabe. Auf dem Primärmarkt ist der Verkauf durch den Galeristen schließlich die erste Möglichkeit, dem Künstler eine Vorstellung vom kommerziellen Wert seines Schaffens zu geben. Durch die Auswahl seiner Künstler hat der Galerist zudem die Möglichkeit, ein Programm zu gestalten, das sein Unternehmen von der Konkurrenz abhebt. Man spricht daher bei diesen Erstgalerien auch von Programmgalerien.

Die Galerie ist der klassische Ort für Erstpräsentationen und Gespräche; der Künstler setzt hier sein Werk erstmalig einer öffentlichen Kritik aus. Der Galerist übernimmt im besten Fall die Aufgabe, junge und unbekannte Künstler auf den Markt zu bringen und entscheidet so über den künstlerischen Wert von Kunstwerken genauso wie über Marktpreis, Kunstmarktstrategie und Sozialgeltung mit. Damit kommt den Galerien eine Schlüsselstellung im Kunstmarkt zu, wenn nicht gar für die Bestimmung der Entwicklungsrichtungen der Kunst insgesamt.

Das optimale Mittel, als Galerist einen Künstler bekannt zu machen, sind die Verkäufe seiner Werke, und zwar am besten an bedeutende Museen und Privatsammlungen. Doch der Weg dahin besteht oft aus langwieriger und kostspieliger Arbeit, die zudem mit hohem Risiko verbunden ist, da sich nur eine kleine Minderheit der Künstler tatsächlich einmal am Markt durchsetzen kann – möglich wird der Erfolg einer Galerie nur durch eine funktionierende Mischkalkulation.

Eine weitere wichtige Funktion des Galeristen ist die Betreuung des Sammlernachwuchses. Er kann langfristiger und kontinuierlicher Sammler beraten als jedes Auktionshaus, das einen neuen Käufer sucht. Hinsichtlich der zunehmenden Vermittlungsbedürftigkeit von zeitgenössischer Kunst ist der Einfluss der Kunsthändler seit dem Beginn der Moderne stetig gewachsen. Die steigende Verantwortung von Kunsthändlern als Vermittlern von Kunst für Gesellschaft und Kultur ist offensichtlich.

Die Auktion

Die Auktion ist diejenige Form des Warenabsatzes, die innerhalb eines versammelten oder durch technische Hilfsmittel präsenten potenziellen Käuferkreises zu einer bestimmten Zeit an einem festgelegten Ort unter einheitlicher Leitung den öffentlichen Verkauf einer Sache organisiert. Charakteristikum einer Versteigerung ist, dass die Ware zum höchsten erzielbaren Preis im Wettbewerb zwischen den bietenden Kaufinteressenten verkauft wird.

Auf dem Auktionsmarkt stehen den beiden Marktführern Christie’s und Sotheby’s eine Vielzahl von eher national positionierten Häusern gegenüber, die zwar auch international tätig sind, aber signifikant weniger Ware vermitteln. Ohne die Frage nach Ursache und Wirkung beantworten zu können: Die beiden großen, internationalen Häuser haben zusammen einen Marktanteil von 90 Prozent; wie später dargestellt, wurde der Großteil aller Neuentwicklungen in diesem Geschäftsbereich jeweils von einem dieser beiden Häuser eingeführt, sie stehen exemplarisch für die Entwicklungsgeschichte des modernen Auktionshauses. Ihr Bekanntheitsgrad ist ein wichtiges Instrument auf dem Beschaffungsmarkt, aber auch ein Umstand, welcher Kunden Sicherheit vermittelt, da diese Häuser aufgrund ihrer Marktposition deutlich stärker vom öffentlichen Interesse überwacht werden.

Eine Mischform von Handel und Auktion

Eine häufige Vermischung der beiden Absatzformen ist der Händler, der sich als Auktionator betätigt. Eine solche Konstellation entsteht oft eher zufällig. Ein Kunsthändler versucht, durch den neu geschaffenen Absatzkanal der Auktion mehr Kunden zu erreichen und nutzt umgekehrt die Fremdeinlieferungen der Auktion zur Warenbeschaffung für den eigenen Kunsthandel. Oder ein Auktionator kauft in der eigenen Auktion und schafft zum Absatz einen weiteren Kanal in Form einer Kunsthandlung.

Aber auch die generelle Auktionsbeschaffung kann der Grund solcher Zweigleisigkeit sein: Gerade Eigentümer kleinerer Auktionshäuser in der Provinz, denen das Kundenpotenzial einer Großstadt fehlt, agieren wie Händler und kaufen die Ware an, mit der sie dann die eigenen Auktionen bestücken. Hierbei äußert sich der Handelscharakter der Beschaffung nicht in einem eigenen, gesonderten Kunsthandelsunternehmen des Auktionators, sondern er bleibt verdeckt ( Konkurrenz auf dem Beschaffungsmarkt).

Eine weitere Mischform besteht darin, dass sich Händler zu einem Auktionshaus zusammenschließen. Ein bekannter Fall ist das Auktionshaus Villa Grisebach, heute das wichtigste Haus für Kunst der klassischen Moderne in Deutschland. Die »Villa« wurde 1986 vom Kunsthändler Bernd Schultz und vier weiteren Händlerkollegen im Haus des Architekten Hans Grisebach in der Berliner Fasanenstraße gegründet. Die Händler betreiben ihre Galerietätigkeit neben dem Versteigerungsbetrieb.

Kauft sich hingegen ein Auktionshaus bei einer Galerie ein, um Zugang zu deren Kundenkartei zu erhalten und vor allem auf der Auktion durchgefallene Werke elegant und diskret erneut auf dem Markt anzubieten, handelt es sich eher um den Versuch, diese Galerie als alternativen Absatzkanal zu nutzen ( Neue Distributionskanäle).

Berater, Sachverständige, Detektive

Eine große Rolle auf dem Kunstmarkt spielen Berater. Diese Art Consultants bringen ihre kunsthistorischen, steuerrechtlichen oder ökonomischen Kenntnisse ein, indem sie Sammler oder Museen bei Akquisitionen oder auch der Durchführung von Einzelprojekten unterstützen. Eine besonders große Rolle spielen diese Berater bei Firmensammlungen. In dem Maße, in dem das Unternehmen die Sammlung als Werkzeug der Öffentlichkeitswirkung und der Mitarbeitermotivation versteht, wird der Einfluss privater Vorlieben einzelner Führungskräfte ersetzt durch einen Anspruch auf Fachkompetenz, den häufig nur ein professioneller Berater erfüllen kann.

Die Rahmenbedingungen der Art-Consulting-Tätigkeit werden durch Beratungsverträge definiert. Der Berater hat dabei die Pflicht, gewissenhaft, richtig und vollständig Auskunft zu geben und Drittinformationen zu überprüfen. Vertreter dieses Berufsstandes sehen sich gern als objektive und, wenn sie keine finanziellen Interessen an einem Geschäft haben, als wertneutrale Vermittler. Andere Formen sind noch selten; nur sehr große Privatsammlungen haben fest angestellte Berater, die unabhängig von dem ihnen zuzuschreibenden Umsatz entlohnt werden. Umgekehrt haben Galerien zuweilen Abteilungen, die unabhängig vom Tagesgeschäft eine freie Kunstberatung anbieten – die Grenze zwischen Galeriehandel und Art Consulting verschwimmt zusehends. Künstler, die sich selbst auch der kommerziellen Vermittlung ihrer Kunst widmen wollen, sind ebenfalls Nachfrager der Dienstleistung von Art Consultants.

In einigen Ländern ist das Sachverständigenwesen detaillierter geregelt. Unabhängige Kunstsachverständige werden in Deutschland von den Industrie- und Handelskammern, in Frankreich vom Versteigerungsrat geprüft und dann öffentlich bestellt und vereidigt. Aufgaben dieser Sachverständigen ist die Echtheitsuntersuchung und Wertfeststellung von Kunstwerken sowie die gutachterliche Hilfe für Versicherungen und vor Gericht. Voraussetzungen für eine Bestellung sind kunsthistorisches Vorwissen, eine mehrjährige Berufserfahrung im Kunsthandel sowie ein Mindestalter von 30 Jahren. Die Institutionen, die ernennen, publizieren Listen der bestellten Sachverständigen.

Eine ebenfalls wichtige Rolle auf dem Kunstmarkt spielen Architekten und Innenarchitekten, die ihre Kunden in Fragen der Inneneinrichtung beraten. In den Fällen, in denen Kunst als reine Dekoration des Lebensumfeldes und angewandte Kunst als Mobiliar angeschafft werden, ist die Beratung durch diese Berufsgruppe nicht zu unterschätzen. Vor allem in den USA bestellen wohlhabende Kunden bei ihren Innenarchitekten eine komplette Einrichtung inklusive Kunstwerken und Antiquitäten; im New Yorker Handel sind bis zu 80 Prozent der Käufer von Antiquitäten Inneneinrichter.

Letztlich bieten zunehmend auch Banken und Versicherungen ihren Kunden eine Beratung in...

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