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Lachen hilft Heilen. Humor in der Sozialpädagogik

Lachen hilft Heilen

AutorChristiane Welding
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2005
Seitenanzahl88 Seiten
ISBN9783638345002
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 2, Fachhochschule Kiel (Fachbereich Sozialwesen), 36 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Lachen ist nicht gleich Lachen. Wenn vom Lachen die Rede ist, dann ist meist das spontane, natürliche Lachen in komischen Situationen gemeint. Es gibt jedoch erheblich mehr Arten: das echte, fröhliche, befreiende, alberne, schallende, kokette, übermütige, ansteckende, unechte, hinterhältige, dumme, unterwürfige, kumpelhafte, arrogante, drohende, unbeherrschte, gehemmte, schadenfrohe, um nur einige zu nennen. Lachen kann verschiedene Ursachen und Absichten haben. Es hat viele Gesichter und muß nicht unbedingt etwas mit Humor zu tun haben, wie diese Varianten des Lachens zeigen: Das höhnische oder das verspottende Lachen hat ebensowenig mit dem Humor als Lebenshaltung zu tun wie das Lachen aus Schadenfreude. Diese Arten des Lachens möchte ich als 'böses' Lachen bezeichnen, weil es als Waffe gegen jemanden eingesetzt wird, mit dem Ziel zu verletzen, zu kränken oder zu demoralisieren. Jeder weiß aus Erfahrung, wie unangenehm es ist, wenn jemand unfreiwillig komisch wirkt und sich Gelächter über ihn ergießt, ohne daß derjenige selbst mitlacht - er wird als Außenstehender zum Opfer. Dem Menschen eigen sind allerdings auch Formen des Lachens, die weder 'böse' noch 'gut' sind. So wird aus Verlegenheit oder aus Unsicherheit gelacht, etwa um eine peinliche Situation zu überspielen. Reine Freude und Glücksmomente gelten dagegen als Quelle des ursprünglichen Lachens 'aus dem Bauch heraus'. Das Lachen, das einen Menschen mit Sinn für Humor auszeichnet, zeigt sich nicht nur in angenehmen, lockeren Lebenssituationen, sondern eben auch oder gerade in mißlichen Lagen. Ich bezeichne dieses Lachen als 'gutes' Lachen, weil es sich nicht über etwas lustig macht, sondern in konstruktiver Weise einer bitteren Seite des Daseins ein Lächeln abgewinnen kann. Es ist frei von Überheblichkeit und Arroganz und belustigt sich nicht auf Kosten eines anderen. Um sich dem Phänomen Humor zu nähern, ist es wichtig, es gegen 'verwandte' Kategorien wie Witz, Ironie, Satire und anderen abzugrenzen. [...]

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Leseprobe

II. Das "gute" und das "böse" Lachen - Definitionen


 

Lachen ist nicht gleich Lachen. Wenn vom Lachen die Rede ist, dann ist meist das spontane, natürli­che Lachen in komischen Situationen gemeint. Es gibt jedoch erheblich mehr Arten: das echte, fröh­liche, befreiende, alberne, schallende, kokette, übermütige, ansteckende, unechte, hinterhältige, dumme, unterwürfige, kumpelhafte, arrogante, dro­hende, unbeherrschte, gehemmte, schadenfrohe, um nur einige zu nennen. Lachen kann verschiedene Ur­sachen und Absichten haben. Es hat viele Gesichter und muß nicht unbedingt etwas mit Humor zu tun ha­ben, wie diese Varianten des Lachens zeigen: Das höhnische oder das verspottende Lachen hat ebenso­wenig mit dem Humor als Lebenshaltung zu tun wie das Lachen aus Schadenfreude. Diese Arten des La­chens möchte ich als "böses" Lachen bezeichnen, weil es als Waffe gegen jemanden eingesetzt wird, mit dem Ziel zu verletzen, zu kränken oder zu demo­ralisieren. Jeder weiß aus Erfahrung, wie unange­nehm es ist, wenn jemand unfreiwillig komisch wirkt und sich Gelächter über ihn ergießt, ohne daß der­jenige selbst mitlacht - er wird als Außenstehender zum Opfer.

 

Dem Menschen eigen sind allerdings auch Formen des Lachens, die weder "böse" noch "gut" sind. So wird aus Verlegenheit oder aus Unsicherheit ge­lacht, etwa um eine peinliche Situation zu über­spielen. Reine Freude und Glücksmomente gelten da­gegen als Quelle des ursprünglichen Lachens "aus dem Bauch heraus". Das Lachen, das einen Menschen mit Sinn für Humor auszeichnet, zeigt sich nicht nur in angenehmen, lockeren Lebenssituationen, son­dern eben auch oder gerade in mißlichen Lagen. Ich bezeichne dieses Lachen als "gutes" Lachen, weil es sich nicht über etwas lustig macht, sondern in kon­struktiver Weise einer bitteren Seite des Daseins ein Lächeln abgewinnen kann. Es ist frei von Über­heblichkeit und Arroganz und belustigt sich nicht auf Kosten eines anderen. Um sich dem Phänomen Hu­mor zu nähern, ist es wichtig, es gegen "verwandte" Kategorien wie Witz, Ironie, Satire und anderen ab­zugrenzen.

 

Humor: Humor leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet Feuchtigkeit. Laut Meyers Neues Lexi­kon (1993) ist darunter die heitere Gelassenheit gegenüber den Schwierigkeiten des Alltags und den Unzulänglichkeiten von Welt und Menschen zu verste­hen. Die ursprüngliche Bedeutung geht auf die anti­ke und mittelalterliche Medizin zurück, nach der Claudius Galen[1] die Temperamente der Menschen aus der unterschiedlichen Mischung der Körpersäfte (humores) erklärte. Der Körper besaß vier Humores: Melancholia (schwarze Galle), Chole (Galle), Phlegma (Schleim) und Sanguis (Blut). Der Mensch, der eine ausgewogene Mischung der Körpersäfte hatte, galt als ideal. War jedoch einer der Säfte im Übermaß vorhanden, so konnte daraus ein Tempera­ment in der Persönlichkeit entstehen. Daraus re­sultieren bis heute die vier Temperament-Bezeich­nungen:

 

der Choleriker, der schnell reizbar ist;

 

der schwermütige Melancholiker;

 

der Phlegmatiker, der schwer anzutreiben ist;

 

der Sanguiniker, der dem Leben leichtblütig

 

 und lebhaft ins Gesicht blickt.

 

Zwei Strömungen entwickelten sich aus dem Be­griff des Humors: Im Englischen und Französischen wird er im Sinne von Stimmung und Laune erklärt, während sich in Deutschland die Bedeutung der menschlichen Haltung durchgesetzt hat (Bernhardt, 1985, 18ff). Einen erweiterten Humorbegriff kann Dopychai bieten:

 

"Humor ist eine durch Lebenserfahrung gewonnene, aber auch stets von neuem zu erringende, grundle­gende Haltung dem eigenen Leben und der Welt gegen­über. Das Dasein wird in unvoreingenommener Heiter­keit positiv und voller Freude aufgenommen, dabei bleibt der humorvolle Mensch jedoch kritisch und realistisch, denn er weiß um die Ambivalenzen des Lebens. Aber er ist auch selbstkritisch; er ist sich seiner Grenzen und insgesamt seiner Endlich­keit bewußt und akzeptiert sie. Aus alledem er­wächst die für den Humor so eigentümliche, umfas­sende Toleranz, die aber nicht rein kontemplativ ist, sondern durchaus mit Aktivität verbunden sein kann." (59f.).

 

Ein humorvoller Mensch betrachtet seine Situa­tion mit Gelassenheit, indem er sich geistig mit ihr auseinandersetzt und dadurch einen Abstand zu den Dingen bekommt. Dies ermöglicht ihm quasi eine übergeordnete Sichtweise, die ihm hilft, sich letz­ten Endes mit den Widersprüchlichkeiten des Lebens zu versöhnen.

 

Entscheidend hierbei ist, daß der Mensch mit Sinn für Humor aber auch in der Lage ist, sich selbst nicht überernst zu nehmen. Er besitzt die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, um gerade auch der tragischen Seite des Lebens eine komische Komponente abgewinnen zu können. Wenn man gewillt ist, dies zu erkennen und umzusetzen, kann das Le­ben viel von seiner Schwere verlieren. Die Psycho­logen Eleonore Höfner und Hans-Ulrich Schachtner sehen im Humor die Befähigung, das Absurde an einer Situation zu erkennen und sich davon nicht unter­kriegen zu lassen, sondern darauf mit Lachen zu reagieren. Die Voraussetzung dafür ist, daß man in der Lage ist, sich selbst von außen zu betrachten (Höfner/Schachtner, 1995, 54).

 

Ob Humor angeboren ist oder erworben wird - dar­über gehen die Meinungen auseinander. Der Psycho­loge Branko Bokun nimmt an, daß in der Pubertät ur­sprünglich vorhandene Grundlagen des Humors verlo­rengehen können. Er geht davon aus, daß alle Kinder Verspieltheit, Freude am Leben, Neugier und Fle­xibilität von Geburt an mitbringen. Gleichzeitig ist er als Lerntheoretiker davon überzeugt, daß auch Menschen, die den Humor verloren haben, ihn wieder erlernen können (Bokun, 1996, 216f).

 

Eine andere Ansicht vertreten Höfner/Schachtner: Humorvoll ist man nicht von Natur aus, sondern wird es erst in einem lebenslangen Prozeß. "Es ist kei­neswegs so, daß Menschen humorvoll oder humorlos auf die Welt kommen und dann passiv der Macht ihrer Gene ausgeliefert sind. Humor kann man lernen wie Schreibmaschine schreiben." (Höfner/Schachtner, 55) Säuglinge haben noch wenig Humor, weil sie überwie­gend instinktgesteuert sind und wenig Einsichten haben. Die erforderliche Reife, die Höfner und Schachtner unterstellen, ist jedoch nicht am Alter festzumachen. "Manchmal stellen wir staunend fest, daß schon ein Vierjähriger weise Einsichten und Hu­mor haben kann und registrieren auf der anderen Seite, daß mancher 40jährige mit sich und seinen Mitmenschen (und seinem innigsten Besitz, seinem Automobil) ausgeprägt humorlos und verbissen um­geht." (Höfner/Schachtner, 55)

 

Mit zunehmender Reife kann der Mensch aber ler­nen, sich selbst zu relativieren. Jeder kann sich darin schulen, die komische Seite des Daseins zu entdecken. Es ist leicht, aus der Zuschauerposition heraus über andere Menschen oder Situationen zu la­chen. Geht es jedoch um einen selbst, finden die meisten das gar nicht komisch. Wenn es aber ge­lingt, das Absurde an sich selbst zu erkennen und darüber zu lachen, verliert man seine Engstirnig­keit und hört auf, die Dinge einseitig zu sehen. Darüber hinaus verträgt sich Humor weder mit Ärger, noch mit Hilf- oder Hoffnungslosigkeit. Hiermit verbunden ist ein Wachsen der Kräfte, die Resigna­tion verhindern und neue Freiräume schaffen (vgl. Höfner/Schachtner, 52ff).

 

Was zeichnet nun aber das Wesen eines humorvol­len Menschen aus? Der Berliner Psychotherapeut Juan Andrés Bernhardt hat, ausgehend von eigenen Erfah­rungen mit seinen Klienten, Überlegungen dazu ange­stellt: Zunächst ist festzustellen, daß das Lachen eines Menschen mit Sinn für Humor nie ein Auslachen ist. In seinem Lachen schwingt Mitgefühl mit. Er erkennt die tiefere Wahrheit, die sich hinter einem Scherz verbirgt. Der andere fühlt sich dadurch ver­standen und kann mitlachen. Auch drückt sich im La­chen des Humorvollen Freiheit und Ungezwungenheit aus. Dabei bestimmen seine eigenen Werte und Vor­stellungen, worüber er lacht und nicht unbedingt das Komische einer Situation. Zudem betrachtet er die Welt aus einer höheren Warte und hat dadurch einen größeren Blickwinkel, der es ihm ermöglicht, eine andere Haltung zu einer Situation einzunehmen. Schnell kann er sich auf Neues einstellen, weil er flexibel und spontan ist. Seine Heiterkeit, Freude und Optimismus stecken andere an. Mit seinem Ein­fühlungsvermögen kann er andere dazu bringen, eine neue Sicht ihres Problems zu erkennen (vgl. Bern­hardt, 1985, 42f).

 

Die zwei Säulen des Humors sind nach Bernhardt der Intellekt und das Gefühl. So begibt sich der Humorvolle mittels seines Verstandes in eine neue höhere Position, die verknüpft ist mit Heiterkeit und Zuversicht. Heiterkeit und Ernst als auch Freu­de und Traurigkeit ergänzen sich bei ihm. So weiß er genau, daß die Welt viel Leid und Mißstände mit sich bringt, aber auch immer Gutes. Auf dieser Ba­sis kommt er zu einem realistischen Optimismus, der das Tatsächliche sieht und nicht Illusionen nach­hängt. Jedes Unglück kann er mit dem Wissen und der Erkenntnis, daß auch dies ein Ende haben wird, ak­tiv überwinden und daraus stärker werden, woraus...

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