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E-Book

Launische Diva

Warum wir Eintracht Frankfurt lieben. 200 Fakten und Legenden

AutorChristopher Michel
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783745301342
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
1960 erreichte die Frankfurter Eintracht überraschend das Finale im Europapokal der Landesmeister. Das Spiel gegen Real Madrid gilt als »Jahrhundertspiel«: Vor 128 000 Zuschauern im Hampden Park zu Glasgow siegte Real zwar mit 7:3. Doch große Trauer herrschte unter den hessischen Amateurkickern nicht lange. Der Stolz überwog, nach einer starken Europacup-Saison als erste deutsche Vereinsmannschaft im Endspiel des Wettbewerbs gestanden zu haben. Jeder Fußballfan hat seinen Lieblingsverein, mit dem er durch dick und dünn geht, und glaubt, alles zu wissen und zu kennen: die größten Triumphe, schmerzhafte Niederlagen, die höchsten Siege, die schönsten Tore, peinliche Skandale und natürlich - edle Techniker und Raubeine auf dem Feld und sagenhafte Trainer an der Seitenlinie. Doch wer kennt neben den Eckdaten all die kleinen Ereignisse am Rande der großen Spiele, die spannenden Randaspekte und kuriosen Fakten rund ums runde Spielgerät? Wer weiß, was sich bei seinem Verein neben dem Platz abspielt? Im Leben lernt man niemals aus, genauso wie als Fußballfan.

Christopher Michel, Jahrgang 1985, ist seit vier Jahren als freier Journalist und Reporter vor Ort bei der Eintracht tätig. Zu seinen beruflichen Stationen zählen die Sportabteilung des Hessischen Rundfunks und das Nachrichten-Portal fussball.news. Auf Twitter ist er zu finden unter @SGEChris1985.

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Leseprobe

1. KAPITEL


MEILENSTEINE


Eintracht Frankfurt zählt zu den größten und erfolgreichsten Traditionsvereinen im deutschen Fußball. Die Meilensteine zeigen einige wesentliche Entwicklungsschritte in der nun 119-jährigen Geschichte des Klubs auf.

Victoria und Kickers als »Eltern« der Eintracht

Eintracht Frankfurt besitzt Tradition und gilt als große Fußball-Familie. Der Familienstammbaum im Überblick:

Der »Opa«: Der Fußball-Club Germania Frankfurt wurde am 26. August 1894 gegründet. Der Klub gilt als der erste für damalige Verhältnisse große Fußball-Verein in Frankfurt. Die Begeisterung für Fußball nahm weiter zu, die Mitglieder bei Germania wollten aber auch auf ihre Einsatzzeit kommen. Zudem fehlten in Frankfurt noch Gegner auf Augenhöhe, weshalb die Mannschaft oft lange Auswärtsfahrten auf sich nehmen musste. In der Folge entstanden weitere Klubs in Frankfurt.

Der »Vater«: Der Frankfurter Fußball-Club Victoria entstand am 8. März 1899. Albert Pohlenk wurde von den 15 Mitgliedern zum 1. Vorsitzenden gewählt. Der Tag gilt heute als Gründungsdatum von Eintracht Frankfurt. Im Januar 1900 zählte die Victoria auch zu jenen 86 Klubs, die in Leipzig den Deutschen Fußball-Bund (DFB) aus der Taufe hoben.

Die »Mutter«: Die Frankfurter Kickers wurden vermutlich am 13. November 1899 ins Leben gerufen. Sie schlossen sich zudem am 28. November 1900 mit dem Frankfurter Fußball-Club 1899 zum Frankfurter Fußball-Club 1899 - Kickers zusammen. Fußball-Pionier Walther Bensemann spielte zeitweise selbst im Team mit. 1908 gesellte sich noch der Fußball-Verein Frankfurt zu den Kickers hinzu, der vollständige Name lautete nun Fußball-Verein Frankfurter Kickers.

Die »Hochzeit«: Am 13. Mai 1911 fusionierten Victoria und Kickers zum Frankfurter Fußball-Verein (Kickers-Victoria) von 1899.

Die »Geburt« der Eintracht: Nach dem Ersten Weltkrieg musste sich der Frankfurter Fußball neu aufstellen. Im April 1920 gingen Kickers-Victoria und die Frankfurter Turngemeinde von 1861 zur Turn- und Sportgemeinde Eintracht Frankfurt von 1861 in einem Verein auf. Erstmals taucht demnach der Klub-Name Eintracht auf!

Komplikation am Rande: Weil die deutsche Turnerschaft von ihren Untergliederungen eine Trennung von den Fußball-Klubs verlangte, folgte im Juni 1927 die Aufspaltung in Turngemeinde Eintracht Frankfurt von 1861 und Sportgemeinde Eintracht Frankfurt (F.F.V) von 1899. Der Fußball-Klub nahm damit wieder Bezug auf das Gründungsdatum von Victoria am 8. März 1899.

Ein letzter formaler Akt der Vereinsgründung erfolgte zwischen Ende 1967 und Oktober 1969: Die Sportgemeinde Eintracht von 1899 e.V. und die Turn- und Fechtgemeinde Eintracht Frankfurt von 1861 e.V. fusionierten und firmieren seitdem unter dem Namen Eintracht Frankfurt e.V.

Die »Schlappekicker« etablieren sich als Top-Team im Deutschen Reich

»Schlappekicker« erweckt den Eindruck, jemand sei ein schwacher, schlapper Fußballer. Im Bezug auf Eintracht Frankfurt stellt es aber eher ein Kompliment dar. Der Hintergrund: Die Frankfurter Schuhfabrik »J. & C.A. Schneider« unterstützte ab Mitte der 1920er-Jahre die Eintracht-Spieler. Das 1911 von den jüdischen Geschäftsleuten Fritz und Lothar Adler übernommene Unternehmen stellte einem Teil der Spieler Arbeitsplätze zur Verfügung, während die Kicker vor allem für die Eintracht auf Torejagd gehen konnten. Echtes Sponsoring und hohe Gehaltszahlungen des Vereins waren damals noch verboten, weshalb die Alternative, ein gut bezahlter Teilzeit-Job, für Top-Fußballer sehr verlockend war. Der Begriff »Schlappekicker« leitete sich davon ab, dass die Schuhfabrik vor allem Hausschuhe herstellte, die im Frankfurter Dialekt »Schlappe« hießen. Es sprach sich herum, wo die Spieler zum Großteil arbeiteten, weshalb sich »Schlappekicker« als Synonym für die Eintracht entwickelte.

Süddeutscher Meister und
deutscher Vize-Meister:
Die ersten großen Titel für die Eintracht

Jene »Schlappekicker« spielten um die 1930er-Jahre erfolgreich auf. Die Frankfurter entwickelten sich zu einem der Top-Vereine im deutschen Reichsgebiet und begannen dem Konkurrenten FSV Frankfurt (deutscher Vize-Meister 1925) den Rang abzulaufen. 1930 wurde die Eintracht süddeutscher Meister, es war der erste große Titel der Vereinsgeschichte. Die Eintracht war zudem rund fünf Jahre Dauergast bei der Endrunde um die deutsche Meisterschaft: 1928 kam sie bis ins Achtelfinale, 1930 und 1931 reichte es für das Viertelfinale, bevor 1932 der Einzug ins Endspiel glückte (0:2 gegen den FC Bayern). Mit dem Ausscheiden im Halbfinale 1933 endete die erste sportliche Blütephase der Frankfurter. Bis zum Kriegsende 1945 sollte es nur noch einmal mit dem Erreichen der Endrunde klappen (1938).

Die nächsten großen Erfolge der Eintracht folgten erst über 20 Jahre später: 1959 gewann Frankfurt das erste und bislang einzige Mal die deutsche Meisterschaft. 1960 glückte zudem der Einzug in das Finale des Landesmeistercups.

»Juddebube« als historisches Vermächtnis

Die Rolle der deutschen Fußball-Klubs in der Nazi-Zeit (1933–1945) wurde im Grunde erst nach der Jahrtausendwende von Vereinen und Historikern intensiv aufgearbeitet. Frankfurt jedenfalls beheimatete vor der Machtergreifung der Nazis unter Adolf Hitler die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland (rund fünf Prozent der Stadtbevölkerung). Wie am Beispiel der »Schlappekicker« aufgezeigt, engagierten sich auch zahlreiche Juden für Eintracht Frankfurt, sei es als Sponsor, als Funktionär oder als Spieler. Das Sponsoring, die gelebte Toleranz und Multikulturalität der Eintracht in den 1920er-Jahren schürte bei anderen Frankfurter Klubs jedoch Eifersucht und Hass, zumal Juden in Deutschland ohnehin großen Vorurteilen ausgesetzt waren. Viele Gegner brachten die Eintracht mit Internationalität, Judentum und Mäzenatentum in Verbindung, und sie schmähten die Eintracht despektierlich als »Juddeklub« und die Spieler als »Juddebube«.

Um das Beispiel der Schuhfabrik »J. & C.A. Schneider« aufzugreifen: In den 1930er-Jahren hatte das Unternehmen noch mehreren Stammspielern der Eintracht einen Arbeitsplatz bieten können. Doch die Machtergreifung durch Hitler änderte alles. Rassenwahn und Judenhass waren nun prägende Elemente.

Die Adler-Brüder, die Leiter der Firma »J. & C.A. Schneider«, wurden 1938 verhaftet und wanderten in der Folge in die USA aus. Der Geschäftspartner der Adler-Brüder, Walter Neumann, ebenfalls ein Jude, floh 1935 nach Holland und dann weiter nach England. Der Autor Ulrich Matheja (Schlappekicker und Himmelsstürmer, Verlag Die Werkstatt) greift auch das Beispiel von Hugo Reiss auf. Reiss amtierte von 1924 bis 1933 als Schatzmeister der Eintracht, dann ergriff auch er die Flucht und wanderte in die USA aus.

Aber auch bei der Eintracht waren überzeugte Anhänger der NSDAP zu finden. So erklärte sich der Klub relativ früh (April 1933) öffentlich bereit, die »Arisierung«, also unter anderem die Verbannung der Juden, im Verein durchzuführen. Egon Graf von Beroldingen durfte mit Beginn des NS-Regimes Klubchef der Eintracht bleiben, galt er doch als den Nazis zugewandt. Zudem hatte er gute Kontakte zu führenden NS-Leuten. Zwar starb der Graf im Oktober 1933, Nachfolger Hans Söhngen war aber schon 1931 der NSDAP beigetreten.

Ein Sprung ins neue Jahrtausend: Mit Matthias Thoma hat die Eintracht einen führenden Mitarbeiter ausgewählt, der sich um historische Themen intensiv kümmert. Er begann in den 1990er-Jahren Artikel für das Klubmagazin zu verfassen, seit 2007 ist Thoma nun Leiter des Fußball-Museums der Eintracht. Thoma hat die sportgeschichtliche Entwicklung der SGE im Fokus, aber auch die politisch-historische Verantwortung und das jüdische Vermächtnis.

So organisierte Thoma 2014 gemeinsam mit dem Frankfurter Fan-Projekt besondere Aktionen: Zur Ehrung der Familie von Walter Neumann, dem einstigen Mitinhaber der Schuhfabrik Schneider, wurden Gedenksteine in der Kennedyallee 89 verlegt. Zu dieser Zeremonie waren auch die Enkel von Neumann gekommen, Michael und Andrew Newmann. Zudem weihte der Fanprojekt-Leiter Stefan von Poetz auf dem Stadiongelände der Eintracht die Skulptur »Im Gedächtnis bleiben« ein. Die Skulptur ist allen Frankfurter Fußballfans gewidmet, die in der NS-Zeit verfolgt oder ermordet wurden.

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