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E-Book

Leaving the Frame

Eine Weltreise ohne Drehbuch

AutorMaria Ehrich
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl280 Seiten
ISBN9783843720625
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Seit sie zehn ist, steht Maria Ehrich regelmäßig vor der Kamera. Jetzt hat sich die 25-Jährige eine Auszeit genommen, um gemeinsam mit ihrem Freund Manuel auf Weltreise zu gehen. Im Januar 2018 ging es los: Die beliebte Jungschauspielerin (»Ku'damm 56/59«, 'Edelstein-Trilogie') bereiste innerhalb eines halben Jahres (so) verschiedene Länder wie Kenia, Mexiko, Hawaii, die USA und Kanada, um Menschen zu treffen, die mit dem, was sie tun, faszinieren. Menschen, die im Dunklen agieren und etwas Licht in die Welt bringen. Wie zum Beispiel die Ordens-Schwester Mary Jane, die in Nairobi ohne jegliches Geld ein Waisenhaus leitet und schon über 300 Kinder großgezogen hat. Oder der in New York lebende Pole Jurek, der als Jude den Holocaust überlebt hat und seitdem jeden Tag unzählige, eindringliche Bilder auf Leinwand bringt um die damaligen Geschehnisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Aus der Reise ins Unbekannte wurden unvergessliche Begegnungen mit berührenden Geschichten und viel Raum für spontane Abenteuer.

Maria Ehrich, geboren 1993 in Erfurt, ist Schauspielerin und wurde durch ihre Kino-Hauptrolle in der 'Edelstein-Trilogie' bekannt. 2013 erhielt sie den 'New Faces Award' als beste Nachwuchsschauspielerin und 2015 die 'Goldene Kamera' in der Kategorie 'Nachwuchspreis' sowie den 'Jupiter Award' als 'Beste Darstellerin national'. Sie spielte in TV-Filmen wie 'Die Frau vom Checkpoint Charlie', 'Das Adlon. Eine Familiensaga' und 'Die Glasbläserin' mit und war zuletzt als Hauptdarstellerin in der Erfolgsserie 'Ku'Damm 59' zu sehen.

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Leseprobe

Berlin


Ich hoffe, du hast es dir bequem gemacht und bist bereit für einen ziemlich wilden Ritt, und das ganz ohne moderne Klimaanlage.

Unsere Reise führte über drei Kontinente, durch sechs Länder und 20 000 Kilometer weit durch Nordamerika auf den Sitzen eines alten VW Käfers. Die staubige Hitze in Kenia hat meine Haut verbrannt, und die kalten Winde, die über Neufundland fegten, ließen mich zu einem bewegungsunfähigen Eisblock gefrieren. Wir fanden uns in den wahnwitzigsten Situationen wieder, haben unsere eigenen Grenzen regelrecht gesprengt und dabei unsere gesamten Ersparnisse ausgegeben.

Hätte mir das jemand vor Antritt unserer Reise erzählt – ich weiß nicht, ob ich gefahren wäre.

Aber da ich von alldem zum Glück noch keine Ahnung hatte, saß ich im grauen Berliner Dezember an meinem Schreibtisch in Schöneberg und blätterte gedankenversunken durch vier dicke Reiseplaner. Kenia, Hawaii, Mexiko und Norwegen. An diese grundverschiedenen Orte sollte uns unsere Route führen – so weit der Plan. Ich weiß … ziemlich irrsinnige Auswahl an Reise­zielen. Mein Freund Manuel und ich fühlten uns bei der Entscheidung, wo es hingehen sollte, wie zwei unbeaufsichtigte Neunjährige, die mit 100 Euro in der klebrigen kleinen Hand ein Süßigkeitengeschäft stürmen dürfen. Denn jeder dieser Flecken Erde hatte eine besondere Bedeutung für uns, und wir hatten vier Monate Zeit, um sie zu erkunden. Once in a lifetime also.

Den Entschluss zu fassen, einfach mal für ein paar Monate den Alltag auf Eis zu legen, war keine leichte gewesen. Warum wollten wir überhaupt so lange von zu Hause weg? Denn objektiv betrachtet war ja alles super.

Um eins vorwegzunehmen: In Deutschland wird man mit dem Schauspielern nicht reich. Schon gar nicht als Frau. Die deutsche Filmindustrie ist nicht mit der amerikanischen zu vergleichen. So oft werde ich gefragt, wie reich ich denn nun eigentlich mit meinen Filmen geworden bin. Die Bilanz entlockt mir meistens nur ein müdes Lächeln. Aber ich hatte es trotzdem zu einer recht bekannten, gut verdienenden und ambitionierten 24 Jahre jungen Schauspielerin geschafft, die schon 15 Jahre Arbeitserfahrung auf dem Buckel hatte. Ich hatte mein Abitur in der Tasche, eine schöne Mietwohnung und einen tollen Partner an meiner Seite. So weit, so gut. Warum sollte ich auf die Idee kommen, einfach Reißaus zu nehmen und damit vielleicht sogar meine Karriere zu gefährden? Das Filmgeschäft vergisst schließlich schnell.

Aber da war dieses Ziehen in mir. Ein Ticken und Tacken. Das irgendwann zu einem Dröhnen wurde und immer mehr Raum einnahm: Ich war unzufrieden. Trotz all des Glücks, das sich schon in meinem Leben befand, machten sich plötzlich Eifersucht und Missgunst in mir breit. Gefühle, die ich bis dahin nicht an mir gekannt hatte, die ich nicht in meinem Leben haben wollte. Es gab keinen Grund, sie zu haben, und doch – waren sie da.

Ich versuchte wirklich alles, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich meditierte mich auf den Mond, trieb Sport, ging zum Psychologen, las spirituelle Bücher, versuchte es mit Yoga, malte Mandalas aus, ließ Mandalaausmalen wieder sein, klebte in der ganzen Wohnung Affirmationen auf, ging meinem Freund damit ziemlich auf die Nerven und schickte Gebete Richtung Himmel. Aber nichts schien richtig zu helfen. Vorerst.

Denn wenn du das Universum so hartnäckig rufst, dann kommt es. Nur meistens haut es dir beim Landeanflug erst mal ordentlich eins gegen die Melone. Und so wurden meine Rollenangebote immer weniger und nichtssagender. Während alle um mich herum ihre größten Coups zu landen schienen, kassierte ich Absage über Absage und wurde zu den tollsten Castings erst gar nicht mehr eingeladen. Ungläubig beobachtete ich, was mein Leben da gerade mit mir trieb, und ich verstand es nicht. Nada. So hatte ich mir das alles wirklich nicht vorgestellt.

Auf einer Berlinale-Veranstaltung, bei der das komplette Who is Who des deutschen Films anwesend war, unterhielt ich mich mit einem Kollegen, der auf einmal seine perlweißen Zähne bleckte und sagte: »Du drehst ja auch enorm viel, Maria! Richtig Karriere – echt geil!« Ich sah ihn fassungslos an und ließ mein Gehirn nach der richtigen Antwort suchen. Wäre uns die Musik nicht so unglaublich laut um die Ohren geschallt, hätte man es in meinem Kopf wahrscheinlich rattern hören können. So nahm man mich also wahr? Eine Rolle nach der anderen? Ich wusste nicht, ob mich das nun aufmuntern oder noch mehr frustrieren sollte.

Statt einer Antwort schnappte ich mir ein Glas Champagner, das gerade auf einem Tablett an uns vorbeigetragen wurde, und trank es auf ex. Bedröppelt schaute ich zu Boden.

Plötzlich begriff ich, warum manche Schauspieler irgendwann den Beruf aufgeben. Warum das, was als Leidenschaft begann, keinen Bestand mehr hatte. Warum es sich wie ein Gift in jeder Faser des Körpers ausbreiten konnte und am Ende nur noch ein unerfüllter Traum blieb, an den du dich bald schon gar nicht mehr richtig erinnern konntest.

Aber war das nun wirklich auch meine Realität? Mich hatte die Schauspielerei doch eigentlich gerettet, damals, als das Schlimmste passierte. Als ich meinen geliebten Cousin bei einem schrecklichen Unfall verlor. Als danach diese Angst kam und sich in mir einnistete, öffnete sich mir durch die Schauspielerei wie durch Magie die Tür in eine andere Welt. Dort war ich nicht mehr hilflos. Ich wusste plötzlich, wer ich war und wo mein Weg hinführte. Und es ging ganz leicht, wie von selbst. Schritt für Schritt, Rolle für Rolle schwebte ich auf dieser Wolke, die mich immer höher trug, und ich verschwendete nicht einen ernsthaften Gedanken daran, wie es sich unten vielleicht anfühlen könnte.

Aber von diesem Gefühl war ich zu diesem Zeitpunkt meilenweit entfernt. Ich stand nun da – unten – und blickte sehnsüchtig hoch. Es musste sich schleunigst etwas ändern, so viel stand fest. Nur hatte ich absolut keine Ahnung, was.

Doch nicht nur ich hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten und hin und her geschubst zu werden. Auch mein Freund Manu wollte wieder selbstbestimmt leben und arbeiten. Unabhängig sein und Projekte voranbringen, die ihm unter den Fingernägeln brannten. Als Quereinsteiger im Journalismus hatte er sich in einer Sportredaktion einen Namen gemacht und ganz gutes Geld verdient. Dort entdeckte er, dass seine Leidenschaft für Fotografie eng mit dem Film verwandt war, und reiste als Videojournalist um die Welt. Aber immer nur Fußball? Für manche Menschen mag das ja der absolute Traumjob sein, aber Manu wollte mehr als das.

Eines Tages saßen wir gemeinsam am Frühstückstisch und schwiegen uns an. Während ich meinen Haferbrei in mich hineinschaufelte und er lustlos an seinem Brötchen knabberte, starrten wir auf die uns gegenüberliegende Wand. Dort hing eine von Manus wunderschönen, auf Leinwand gedruckten Fotografien aus seiner Zeit in Brasilien. Er hatte mehrere Jahre in Latein- und Südamerika verbracht, bevor wir uns kennenlernten, und sprach auch später immer noch häufig von der sogenannten »Saudade«, der Sehnsucht nach Brasilien, die in ihm steckte. Auf dem Bild sieht man einen kleinen Jungen mit seiner jüngeren Schwester auf dem Arm eine etwas ansteigende Straße herauflaufen. Direkt auf Manu zu, der mit seiner Kamera den Moment festhält. Der Junge trägt Flipflops, die ihm etwas zu groß sind, sein Blick ist direkt auf die Linse gerichtet. Hinter ihm erstreckt sich, so weit das Auge reicht, eine von Rios Favelas. Es ist ein unglaublich eindringliches Bild. Während wir dort so saßen und es betrachteten, formte sich auf einmal ein Gedanke, der zuerst leise im Raum schwebte und dann plötzlich mit einer Deutlichkeit auf dem Tisch landete, die uns beide überraschte. Wir sahen uns an, und Manu sprach es als Erster aus: »Ich würde so gerne mal wieder richtig reisen. Nicht nur für zwei Wochen oder so, sondern richtig lange. Vielleicht für drei Monate oder sogar länger!«

»Ich auch!«, stotterte ich. Ich sagte das, bevor ich überhaupt an die Konsequenzen gedacht hatte. Denn ich war eigentlich viel zu heimatverbunden und ängstlich, um für längere Zeit von zu Hause wegzugehen. Meine Drehs hatten mich zwar schon häufig für ein paar Wochen ins Ausland geführt, aber während dieser Zeit war ich immer beschützt worden und musste mich nie selbst zurechtfinden. Vom Flieger über die Hotelbuchung bis hin zu meinen Freizeitaktivitäten war alles durchgeplant und wurde für mich organisiert. Ich musste mich um rein gar nichts kümmern – und nahm es auch dankend an. Ich ahnte natürlich schon da, dass die Wirklichkeit in diesen Ländern ein wenig anders aussah – wie sehr, das sollte ich noch erfahren.

Während wir unserer Fantasie freien Lauf ließen und darüber nachdachten, wo wir überall hinreisen könnten, packte mich aber doch plötzlich wieder die Angst. Was, wenn ich für drei Monate weggehe und mir in dieser Zeit meine absolute Traumrolle durch die Lappen geht? Was, wenn ich Heimweh bekomme? Was, wenn unsere Beziehung eine so lange gemeinsame Reise nicht aushält? Was, wenn das alles viel zu viel kostet?

Was wenn, was...

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