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Lebenslanges Lernen als Programm

Eine diskursive Formation in der Erwachsenenbildung

AutorDaniela Rothe
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl465 Seiten
ISBN9783593411392
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis52,99 EUR
Die Rede vom lebenslangen Lernen bestimmt heute die öffentliche Bildungsdebatte sowie die Erwachsenenbildungsforschung. Daniela Rothe zeigt, dass dadurch Lernen zunehmend als selbstgesteuerte Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel gesehen wird und der Zugang zu Bildung in Abhängigkeit von Kosten- Nutzen-Kalkülen gerät. Sie plädiert für einen kritischen Abstand zum Programm Lebenslanges Lernen und für autonome Konzepte zur Analyse und Begleitung von Lernen in der Lebensspanne.

Daniela Rothe, Dr. päd., ist Mitarbeiterin am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.

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Leseprobe
9 Lebenslanges Lernen als Regierungsprogramm (S. 393-394)

Den Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit bildete die Beobachtung, dass das bildungspolitische Konzept Lebenslanges Lernen seit Mitte der 1990er Jahre auf internationaler Ebene und in Deutschland eine Renaissance erlebt – und zwar nicht nur in der Bildungspolitik, sondern auch in fachwissenschaftlichen Diskussionszusammenhängen, in öffentlichen Debatten und in der Bildungspraxis. Die weitgehende Etablierung und Verbreitung des Begriffs scheint dabei zunächst in Kontrast zu stehen zu seiner immer wieder konstatierten inhaltlichen Unbestimmtheit.

Nach ersten für diese Arbeit durchgeführten Recherchen zeichnete sich ab, dass Lebenslanges Lernen weder als ein eindeutig identifizierbares Forschungsfeld noch als ein theoretisches Konzept betrachtet werden kann. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit nicht die Frage gestellt, was Lebenslanges Lernen ist, sondern wie Lebenslanges Lernen in der Erwachsenenbildungsforschung und in der Bildungspolitik thematisiert wird. Dafür wurden zwei verschiedene Zugänge gewählt.

Sensibilisiert durch die feldtheoretische Perspektive Bourdieus (1993b, 1998) wurde zunächst gefragt, wie sich das disziplinäre Feld der Erwachsenenbildungsforschung mit Lebenslangem Lernen auseinandersetzt. Auf der Basis einer Auswahl von in diesem Feld erschienenen Publikationen konnte gezeigt werden, dass die Grenzen zwischen den Feldern Erwachsenenbildungsforschung und Bildungspolitik keineswegs immer eindeutig erkennbar sind.

In den unterschiedlichen Formen der Bezugnahme des disziplinären auf das bildungspolitische Feld waren immer wieder Überschreitungen und Verschiebungen dieser Grenze zu beobachten. Insgesamt wurde daran sichtbar, dass das disziplinäre Feld der Erwachsenenbildung nicht nur empfänglich für bildungspolitische Argumentationsmuster ist, sondern seine Akteure versuchen auch mit Gestaltungsempfehlungen in das bildungspolitische Feld »hineinzuagieren«.

Die erkennbare Zunahme theoretisch fundierter empirischer Beschäftigung mit dem Lernen in der Lebensspanne im Untersuchungszeitraum trägt zu einer größeren Distanz der Erwachsenenbildungsforschung zu bildungspolitischen Argumentationsmustern bei, wodurch die Grenze zwischen disziplinärem und bildungspolitischem Feld wieder deutlicher erkennbar wird. Zugänge, die eine theoriegeleitete empirische Auseinandersetzung mit Lebenslangem Lernen als einem bildungspolitischen Konzept ermöglichen, sind jedoch nach wie vor ein Desiderat. Den zentralen Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildete deshalb die Untersuchung der in Deutschland stattfindenden bildungspolitischen Diskussion dieses Konzeptes.

Dafür wurde – auf der Grundlage von theoretischen und methodologischen Überlegungen Foucaults (1981 [1973], 1991 [1972]) zur Analyse von Diskursen – zunächst ein methodisches Vorgehen entwickelt, das es ermöglichte, Lebenslanges Lernen als eine diskursive Formation im bildungspolitischen Feld zu untersuchen. Mit den von Foucault vorgeschlagenen begrifflichen Konzepten konnten Merkmale der diskursiven Formation im gewählten Untersuchungszeitraum herausgearbeitet werden, die den diskursiven Verlauf regeln und seine Richtung mitbestimmen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Vorwort10
Einleitung12
Teil A Lebenslanges Lernen in der Erwachsenenbildungsforschung –Muster der Bezugnahme und Forschungsergebnisse20
1 Wie die akademische Erwachsenenbildung die Bildungspolitik beobachtet: Zwischen Analyse und Verdopplung25
1.1 Die Rezeption und Darstellung bildungspolitischer Konzepte und Positionen26
1.2 Bildungspolitische Dokumente als Gegenstand der Analyse36
1.3 Kritische Bezugnahmen41
1.4 Die Übersetzung bildungspolitischer Programme in Praxiszusammenhänge47
1.5 Beobachtungen und Diskussion aus feldtheoretischer Perspektive50
2 Lebenslanges Lernen als Forschungsprogramm der Erwachsenenbildung53
2.1 Die Forschungsprogramme und ihre Hintergrundkonstruktionen54
2.2 Lebenslanges Lernen: Bildungspolitisches Konzept oder wissenschaftlicher Begriff?63
2.3 Theoretische Perspektiven und Forschungsgegenstände67
2.4 Beobachtungen und Diskussion aus feldtheoretischer Perspektive71
3 Theorie und Empirie des Lernens in der Lebensspanne76
3.1 Biographietheoretische Perspektiven auf Lernprozesse im Lebensverlauf78
3.2 Lebenslanges Lernen und die Universalisierung des Pädagogischen124
3.3 Gouvernementalität als theoretische Perspektive auf Lebenslanges Lernen139
4 Zwischenfazit und Ausgangspunkte für die diskursanalytische Untersuchung165
Teil B Lebenslanges Lernen als diskursive Formation im bildungspolitischen Feld –Theoretische Grundlagen und methodisches Vorgehen172
5 Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes176
5.1 Die Individualisierung der Untersuchungseinheit179
5.2 Die Ordnung der diskursiven Formation: Subjektpositionen und Mechanismen der Kontrolle190
5.3 Die Produktivität der diskursiven Formation: Gegenstände und Begriffe195
6 Methodisches Vorgehen200
6.1 Die Konstruktion des Datenkorpus200
6.2 Die Auswertungsstrategie210
Teil C Diskursanalytische Rekonstruktionen214
7 Die zeitliche Ordnung der diskursiven Formation216
7.1 Die Renaissance Lebenslangen Lernens in der europäischen und internationalen Bildungspolitik217
7.2 Lebenslanges Lernen als Lernbewegung: Nachträgliche Anschlüsse an internationale Konzepte230
7.3 Lebenslanges Lernen als Programm einer neuen Bildungsreform: Reformempfehlungen und Entwicklungsprogramme239
7.4 Lebenslanges Lernen als bildungspolitische Strategie: Diskursive Schließungen252
7.5 Merkmale der diskursiven Formation Lebenslanges Lernen in der deutschen Bildungspolitik: Zusammenfassende Diskussion263
8 Die Gegenstände der diskursiven Formation271
8.1 Gesellschaftlicher Wandel als Hintergrundkonstruktion272
8.2 Lernen als Imperativ der Lebensführung294
8.3 Chancengleichheit – Chancengerechtigkeit – Bildungsgerechtigkeit: Konzeptionelle Transformationen im Zugang zu Bildung356
Teil D Abschlussdiskussion392
9 Lebenslanges Lernen als Regierungsprogramm394
9.1 Die Merkmale der diskursiven Formation und die Konstruktion der Gegenstände: Zentrale Ergebnisse der diskursanalytischen Rekonstruktionen396
9.2 Lernen als Imperativ der Lebensführung statt Reform des Bildungswesens401
9.3 Das Feld der Erwachsenenbildungsforschung und der bildungspolitische Diskurs407
9.4 Reflexion des methodisch-methodologischen Vorgehens411
9.5 Forschungsperspektiven415
Teil E Anhang - Überblick über das Datenkorpus419
Institutionalisierte Sprecher: Abkürzungen und Überblick421
Dokumentformate: Abkürzungen und Überblick422
Tabellarische Übersicht über das Datenkorpus in chronologischer Reihenfolge425
Literatur443

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