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E-Book

Lebenswende statt Lebensende

Reise meiner Herzensbildung

AutorFranz Wimberger
VerlagGrace today Verlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl201 Seiten
ISBN9783959330374
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Manche von uns können mit Schicksalsschlägen besser umgehen als andere. Warum ist das so? Welche positive Kraft treibt sie an? Was stärkt uns Menschen in schwierigen Situationen? In allen Lebensbereichen beschäftigte sich Franz Wimberger über viele Jahre hinweg mit diesen Fragen - bis er Veränderung erfuhr. Er erweiterte seine Lebenserfahrung und stärkte seine Widerstandsfähigkeit, um die kleinen und großen Herausforderungen seines Lebens bewältigen zu können. Leben ist Verwandlung und Veränderung. Franz Wimberger hat einen Traum, dass ein Entschlossener mehr bewegen kann als Zehntausend Unentschlossene. Darum will er seine kostbare Lebenserfahrung mit allen Menschen teilen. Er hat den Mut, seine intimsten Seiten offenzulegen. Fesselnd verwebt er in seiner spannenden Lebensgeschichte Perspektiven und Erkenntnisse aus dem privaten und beruflichen Bereich.

Franz Wimberger ist Unternehmer, Pädagoge, Mediator und Coach und hat eine umfassende theologische Ausbildung sowohl in katholischen als auch evangelischen Bibelschulen absolviert.

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Leseprobe

Kapitel 1

Elternhaus

Es lag sehr viel Schnee in dieser Silvesternacht 1951, als mein Vater mit dem Pferdeschlitten zur zwei Kilometer entfernten Bahnstation fuhr, um telefonisch einen Arzt zu erreichen. Der Weg war umsonst, weil der Arzt – so wie das in dieser Nacht eben üblich ist – feierte und nicht erreichbar war. Derweilen kämpfte meine Mutter ums Überleben. Es war der 1. Januar, als ich um 0:30 Uhr im Elternhaus im oberösterreichischen Trölsberg 1 das Licht der Welt erblickte und meine Mutter dabei sehr viel Blut verlor.

Als mein Vater zurückkam, blieben ihm und der Hebamme nur noch das Gebet. Mehr konnten sie nicht tun. Es waren also keine schönen Stunden, in die ich da hineingeboren wurde, denn bereits in der Silvesternacht des vergangenen Jahres hatte meine Mutter ein totes Mädchen zur Welt gebracht. Man kann sich ausmalen, wie schrecklich diese Situation in Kombination mit der Erinnerung daran war.

Die Trauer noch nicht überwunden, der Viehbestand war aufgrund von Tuberkulose notgeschlachtet worden, der Hof war hoch verschuldet und stand kurz vor der Versteigerung – meine Eltern wollten viel, aber zu der Zeit nicht noch ein Kind. Wenngleich das alles nachvollziehbar ist, macht mich die Erinnerung daran heute noch traurig. Ich hörte auch von meiner Mutter, dass ich ein »Kind der Ablehnung« sei. So etwas hört kein Mensch gern und schon gar nicht ein Kind, mögen die Umstände noch so furchtbar gewesen sein.

Dementsprechend schlecht war auch meine gesundheitliche Konstitution. Im Alter von zwei Jahren hatte ich bereits so starken Keuchhusten, dass ich sogar eine Erinnerung daran habe. Ich sehe es heute noch vor mir, wie ich in der Stube saß und hustete, dass ich glaubte, ich müsste ersticken – und es wollte einfach nicht aufhören. Das war schrecklich.

So gar nicht erinnern kann ich mich hingegen an liebevolle Zuwendungen meiner Eltern. Das lag aber nicht an mir, denn das ging meinen zwei Schwestern und zwei Brüdern nicht anders. Vielleicht hatte es mit der damaligen Zeit zu tun, damit, dass mein Vater seine Mutter bereits mit 13 Jahren verloren hatte oder dass der Vater meiner Mutter starb, als sie sechs Jahre alt war. Außerdem mussten meine Eltern extrem hart arbeiten. Was auch immer der Grund war, ich habe jedenfalls keine Erinnerung daran, von Mutter oder Vater liebevoll in den Arm genommen oder geküsst worden zu sein. Das Thema Liebe hatte bei uns am Hof nicht oberste Priorität. Lediglich wenn wir krank waren, erhielten wir so etwas wie liebevolle Zuwendung.

Von diesem Manko einmal abgesehen, das in der Nachkriegszeit sicher kein Einzelschicksal war, hatten wir eine gute Kindheit. Dass wir früh am elterlichen Hof mitarbeiten mussten, und zwar jeden Tag nach der Schule und in den Ferien, war für uns selbstverständlich. Ora et labora – Bete und arbeite. Das war die Philosophie bei uns zu Hause. Bildung hingegen hatte keinen so hohen Stellenwert. Mein älterer Bruder hatte es mit der Hauptschule probiert, aber weil er dort Englisch lernen musste und darüber schimpfte, befand mein Vater, dass wir das ohnehin nicht bräuchten und somit durften ich und mein jüngerer Bruder nur noch in die Volksschule gehen – und zwar acht Jahre lang, womit unser Weg vorerst vorgezeichnet schien.

Während meine Mutter von der ersten bis zur letzten Klasse lauter Einser gehabt hatte, war mein Vater schulisch nicht so begabt, was wohl auch daran lag, dass er und seine Geschwister nach dem Tod ihrer Mutter auf die umliegenden Höfe aufgeteilt wurden, um bereits früh zu arbeiten. Jedenfalls vertrat er die Einstellung, dass nur Handwerk goldenen Boden habe, und damals war das, was die Eltern, und speziell was der Vater sagte, noch Gesetz.

Ungeachtet dessen, dass man mir mit dem Schulentscheid eine Chance auf Bildung nahm, war ich ein fröhliches und aufgewecktes Kind. Den Großteil der 5 ½ Kilometer in die Schule gingen wir zu Fuß, was fast immer spannend war. In der Zeit nach dem Krieg lagen auf den Wegen und abseits davon mitunter auch Waffen herum. Damit schossen wir dann einfach in die Luft oder auf Nachbars Hühner. Es gab immer viel zu entdecken und man kann sagen, dass wir ziemlich »wild« und frei aufgewachsen sind.

Die Eltern hatten gar nicht die Zeit, darauf zu achten, ob wir Hausaufgaben machten oder lernten. Sie konnten sich darum nicht kümmern. Ich für meinen Teil hatte immer recht gute Noten, wenn man in Betracht zieht, dass ich nicht sonderlich strebsam war. Meine Hausaufgaben erledigte ich in den acht Jahren kein einziges Mal zu Hause. Meist schrieb ich sie in der Garderobe kurz vor dem Schulläuten. Wenn ich mehr gelernt hätte, wären wohl auch die Noten besser gewesen, aber viel wichtiger als gute Noten oder die Schule an sich waren bei uns zu Hause eben der Kirchengang und das Beten. Die Sonntagsmesse war heilige Pflicht.

Auch in der Jugendzeit, wenn wir um 5 Uhr früh von einer Veranstaltung nach Hause kamen, mussten wir sonntags in die Kirche gehen. Niemanden interessierte, wie wenig wir geschlafen hatten, da gab es keine Diskussion, und es war selbstverständlich, dass die gesamte Familie zur Kirche ging. Bis zum Bundesheer kann ich mich nicht an einen einzigen Sonn- oder Feiertag erinnern, an dem wir nicht im Gottesdienst waren. Allerdings kann ich mich auch nicht erinnern, von dort irgendetwas Geistliches mitgenommen zu haben. Wir waren geistlich, ja, im Sinne von religiös, aber das war es dann auch schon.

Obwohl ich getauft war, immer am Religionsunterricht teilgenommen hatte, zur Kommunion ging, gefirmt war und fast zwei Jahrzehnte lang jeden Sonntag das Glaubensbekenntnis mitsprach, wusste ich bis zu meinem 42. Lebensjahr nicht einmal im Ansatz, was Jesus Christus bedeutet. In all der Zeit konnte mir niemand etwas von einer lebendigen Beziehung zu ihm vermitteln. Alles, was ich tat, geschah aus reinem Gehorsam, Gewohnheit und Tradition. Ich erinnere mich, dass in meiner Jugendzeit das Highlight der Kirchenbesuche die anschließenden Treffen mit meinen Freunden bei der Stammtischrunde im Gasthof Hirsch waren. Da tranken wir bereits am Vormittag einige Biere – sozusagen zum Runterspülen der Kommunion. Eigentlich unglaublich, aber so war es.

Mit Gott hatte ich jedenfalls nichts am Hut. In der katholischen Jugendgruppe organisierte unser Kooperator1 einige Male einen Bibelkreis, aber auch der trug keine Früchte und die diesbezüglichen Auswirkungen auf mein Leben sind mit Null zu verbuchen. Das waren einfach nur Verstandesdiskussionen, ganz ohne den Heiligen Geist.

Im Advent und im Mai war die Zeit des Rosenkranzbetens angesagt. Ich sehe meinen Vater heute noch vor mir, wie er dabei am Abend in der warmen Stube oft einschlief. Auch vor und nach dem Essen wurde bei uns viele Jahre lang gebetet. Das war einfach so, aus Tradition und Religiosität. Auch meine Eltern hatten keinerlei Bewusstsein für Jesus Christus. Als ich mich später der Freien Christengemeinde anschloss, fürchteten sie zunächst, ich hätte mich in eine Sekte verirrt.

Sie waren beide bereits über 70 Jahre alt, als ich mit ihnen dieses entscheidende Gebet sprach, bei dem sie Jesus in ihr Herz aufnahmen. Als ich 44 Jahre alt war, schenkte ich ihnen eine katholische Bibel und mein Vater erzählte mir später, dass er das gesamte Neue Testament gelesen habe, und auch meine Mutter nahm die Bibel regelmäßig zur Hand und las darin. Dadurch wurde auch ihr Leben verändert und sie verbrachten ihren Lebensabend als gläubiges Ehepaar in Frieden und Freude.

Das war nicht immer so gewesen, denn wenngleich mein Vater nie Widerworte geduldet hätte, wenn es um den Kirchenbesuch ging, so führte er ansonsten in mancherlei Hinsicht kein christliches Leben. Als Kind hatte er mitbekommen, dass sein Vater mit Dienstboten im Haus ein sexuelles Verhältnis hatte, und auch er tappte als Erwachsener in diese Falle und begann ein Verhältnis mit unserer Dienstmagd. Dies bemerkten auch wir Kinder.

Das Verhältnis ging so lange, bis die Magd schwanger wurde, dann musste sie vom Hof wegziehen. Für die ganze Familie war das eine belastende Zeit. Für meine Mutter sowieso, und auch wir Kinder hatten große Angst, dass unsere Eltern sich trennen würden. Meine Mutter schaffte es jedoch, meinem Vater zu vergeben. Die beiden haben sich versöhnt und sind Zeit ihres Lebens zusammengeblieben. Das war das erste Mal – soweit ich das in meinem Alter wahrnehmen konnte –, dass ich erfahren durfte, was Vergebung bedeutet. Das war eine extreme Erleichterung für uns alle, weil uns klar war, dass die Familie ansonsten völlig auseinander gebrochen wäre. In der damaligen Zeit war das generell ein harter Brocken, weil die Affäre auch in der Nachbarschaft bekannt wurde und für die ganze Familie eine Schande war.

Da meine Eltern aber tüchtig und fleißig waren, blieben sie trotzdem angesehene und beliebte Leute. Zumindest war das mein Eindruck, weil ich ja auch sah, wie die anderen mit ihnen umgingen und wie hilfsbereit sie waren. Im Herbst beim Dreschen halfen sich die Nachbarn gegenseitig, und da konnte ich schon erkennen, dass mein Vater als fleißiger Arbeiter geachtet und geschätzt wurde. Das war mir wichtig, weil ich meine Eltern sehr gerne hatte. Das Gleiche kann ich von meinen Geschwistern behaupten, mit denen ich noch heute ein gutes Verhältnis habe. Auch unseren Hof gibt es noch. Er wird mittlerweile von einem Sohn meines Bruders bewirtschaftet. Wir hatten nun einmal unsere Krisen, wie es sie vermutlich in den meisten Familien gibt, aber wir sind...

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