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Lebenszyklus und pathogene Eigenschaften des Erregers der Cholera heute

Ist die Seuche immer noch eine Bedrohung?

VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl79 Seiten
ISBN9783668486874
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Biologie - Krankheiten, Gesundheit, Ernährung, Note: 1,5, Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Zoophysiologie am Fachbereich Biologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, anhand der Darstellung aktueller Forschungsergebnisse jene Faktoren zu bestimmen, die die Pathogenität von V. cholerae entscheidend beeinflussen. Dazu werden neben typischen Virulenzfaktoren auch der Lebenszyklus und die genetische Flexibilität des Bakteriums betrachtet. Mit Hilfe dieser Ausführungen soll nachfolgend beurteilt werden, ob und inwiefern die Cholera zwar eine 'alte Seuche', jedoch auch eine 'neue Gefahr' darstellt. Wenn wir das Wort Cholera hören, denken wir vielleicht an eine alte Seuche, die im Mittelalter neben Krankheiten wie der Pest in Europa zahlreiche Opfer forderte. Nicht umsonst sprechen wir von der Wahl zwischen Pest und Cholera, wenn wir uns zwischen zwei gleich großen Übeln entscheiden müssen. Oder wir erinnern uns an die Erzählung von Gabriel García Márquez in seinem Buch 'Die Liebe in den Zeiten der Cholera', in dem er die Lebensgeschichte zweier Liebender erzählt, die Ende des 19. Jahrhunderts auf einem Schiff in Kolumbien zueinander finden. Vielleicht denken wir aber auch an jene Schlagzeilen zurück, die in den letzten Jahren immer wieder die Zeitungen zierten. Darunter Sätze wie 'Cholera - wenn der Durchfall tödlich wird', 'Jetzt handeln oder alles verlieren' oder 'Eine Seuche außer Kontrolle'. In den dazugehörigen Berichterstattungen wird meist von tausenden Betroffenen und vielen Toten gesprochen. Angesichts dieser dramatischen Berichte stellt sich eine Frage, die bereits im Titel dieser Arbeit angeschnitten wird: Ist die Cholera immer noch, in Zeiten des stetigen wissenschaftlichen Fortschritts und der guten medizinischen Versorgung, eine ernstzunehmende Bedrohung?

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Leseprobe

1. Einleitung


 

Wenn wir das Wort Cholera hören, denken wir vielleicht an eine alte Seuche, die im Mittelalter neben Krankheiten wie der Pest in Europa zahlreiche Opfer forderte. Nicht umsonst sprechen wir von der Wahl zwischen Pest und Cholera, wenn wir uns zwischen zwei gleich großen Übeln entscheiden müssen. Oder wir erinnern uns an die Erzählung von Gabriel García Márquez in seinem Buch „Die Liebe in den Zeiten der Cholera“, in dem er die Lebensgeschichte zweier Liebender erzählt, die Ende des 19. Jahrhunderts auf einem Schiff in Kolumbien zueinander finden (Márquez 1994). Vielleicht denken wir aber auch an jene Schlagzeilen zurück, die in den letzten Jahren immer wieder die Zeitungen zierten. Darunter Sätze wie „Cholera – wenn der Durchfall tödlich wird“, „Jetzt handeln oder alles verlieren“ oder „Eine Seuche außer Kontrolle“ (n-tv.de 2010; Müller 2015; Rojas 2015). In den dazugehörigen Berichterstattungen wird meist von tausenden Betroffenen und vielen Toten gesprochen (n-tv.de 2010). Angesichts dieser dramatischen Berichte stellt sich eine Frage, die bereits im Titel dieser Arbeit angeschnitten wird: Ist die Cholera immer noch, in Zeiten des stetigen wissenschaftlichen Fortschritts und der guten medizinischen Versorgung, eine ernstzunehmende Bedrohung?

 

Am 12. Januar 2010 erschüttert ein Erdbeben der Stärke 7 Haiti, 3.500.000 Menschen sind betroffen. Das Beben beschädigt die ohnehin schon nur marginal ausgebauten sanitären Anlagen und Wasseraufbereitungssysteme, sodass ideale Bedingungen für den Ausbruch von Infektionskrankheiten herrschen. Im Oktober 2010, neun Monate nach dem Erdbeben, bricht schließlich eine verheerende Choleraepidemie aus, die sich schnell über das ganze Land verbreitet (Orata et al. 2014). Auslöser der Choleraerkrankungen ist das Bakterium Vibrio cholerae. Die mit dem Erreger infizierten Haitianer zeigen schnell massive Symptome. Durch starken Durchfall und Erbrechen verlieren viele von ihnen hohe Wassermengen, bis zu einem Liter pro Stunde (Nelson et al. 2009). Der Flüssigkeits- und Elektrolyteverlust lässt sich leicht behandeln, jedoch breitet sich die Krankheit explosiv aus. Bis zum 7. Januar 2014 werden etwa 8.500 Tote und fast 700.000 Erkrankungen durch das haitianische Gesundheitsministerium verzeichnet. Der Ursprung der Choleraepidemie ist zunächst unklar, denn vor 2010 gab es bis auf einige Ausbrüche im 19. Jahrhundert keinen einzigen gemeldeten Fall von Cholera in Haiti (Orata et al. 2014). Wie ist solch ein explosiver, unerwarteter Ausbruch einer Choleraepidemie möglich?

 

Die Weltgesundheitsorganisation meldete im Jahr 2006 insgesamt 236.896 Choleraerkrankungen, von denen 6.311 tödlich endeten. Dazu kommt eine weitaus höhere Dunkelziffer, also die Zahl an Erkrankungen, die nicht gemeldet wurden (Schild et al. 2008). Die exakte Morbiditäts- und Mortalitätsrate der weltweiten Choleraerkrankungen ist nur sehr schwer zu ermitteln, da die Kontrollsysteme in vielen Entwicklungsländern nur rudimentär ausgeprägt sind. Zudem fürchten viele Länder, dass die Meldung von Cholerafällen negative ökonomische Einflüsse auf ihren Tourismus und Handel haben könnte (Nelson et al. 2009). Heutige Schätzungen sprechen von mehreren Millionen Fällen pro Jahr, vorwiegend in asiatischen und afrikanischen Ländern (Nelson et al. 2009). In den letzten Jahrzehnten sind Choleraepidemien in Bezug auf ihre Intensität, Dauer und Frequenz immer weiter angestiegen. Dies zeugt von der Notwendigkeit der Erforschung effektiverer Herangehensweisen, Methoden und Denkansätze für die Prävention und Kontrolle der Krankheit (Harris et al. 2012). Jedoch setzt dies ein detailliertes Verständnis des Erregers der Cholera, dem Bakterium Vibrio cholerae, voraus.

 

Das Wissen über die charakteristischen Merkmale von V. cholerae, seine Biochemie, Physiologie und Genetik wächst dank zahlreicher Studien unentwegt (Ramamurthy, Bhattacharya 2011). Es konnten verschiedenste Faktoren identifiziert werden, die seine Pathogenität bedingen. Pathogenität bezeichnet „die Fähigkeit einer mikrobiellen Art, in einem definierten Wirt Krankheit zu erzeugen“ (Groß 2006). Der Ausprägungsgrad dieser krankheitserzeugenden Eigenschaften wird als Virulenz bezeichnet (Groß 2006). Die Pathogenität von Bakterien wie V. cholerae wird durch Zellfaktoren bedingt, die eine Besiedlung und Schädigung des Wirtes ermöglichen (Fuchs 2014). Sie werden Pathogenitätsfaktoren oder auch Virulenzfaktoren genannt. In dieser Arbeit werden beide Begriffe, basierend auf ihrer Nutzung in der hier hauptsächlich verwendeten Literatur, synonym verwendet. Diese Faktoren stellen jene Eigenschaften eines Mikroorganismus dar, die seine krankmachende Wirkung und damit seine Pathogenität bestimmen (Ramamurthy, Bhattacharya 2011). Neben Faktoren wie bestimmten strukturellen Eigenschaften oder Stoffwechselprodukten werden auch die Vermehrungsrate und die genetische Flexibilität zu den Virulenzfaktoren eines Bakteriums gezählt (Madigan et al. 2013). Somit können Erkenntnisse über den Lebenszyklus des Bakteriums, sein Genom und seine Evolution dazu beitragen, einen tieferen Einblick in die Pathogenität von V. cholerae zu erlangen.

 

Da bereits unzählige Studien zum Lebenszyklus und zur Pathogenität von V. cholerae durchgeführt worden sind, soll in dieser Arbeit nur eine überblicksartige Darstellung des aktuellen Forschungsstandes gegeben werden. Dabei steht die Betrachtung pathogener V. cholerae Bakterien im Mittelpunkt. Weitergehende Ausführungen über Bakterien, die nicht in der Lage sind, eine Choleraerkrankung auszulösen oder nur zu schwachen Durchfallerkrankungen führen, würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen und finden deshalb nur in geringem Maße Berücksichtigung.

 

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, anhand der Darstellung aktueller Forschungsergebnisse jene Faktoren zu bestimmen, die die Pathogenität von V. cholerae entscheidend beeinflussen. Dazu werden neben typischen Virulenzfaktoren auch der Lebenszyklus und die genetische Flexibilität des Bakteriums betrachtet. Mit Hilfe dieser Ausführungen soll nachfolgend beurteilt werden, ob und inwiefern die Cholera zwar eine „alte Seuche“, jedoch auch eine „neue Gefahr“ darstellt.

 

Dazu wird V. cholerae zunächst im zweiten Kapitel dieser Arbeit taxonomisch klassifiziert, um dann die allgemeinen Charakteristika des Bakteriums vorzustellen. Einem kurzen Einblick in die Geschichte der Choleraepidemien in Kapitel 3.1 folgt eine Darstellung der verschiedenen Aspekte der Infektionskrankheit Cholera, darunter mögliche Übertragungswege, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten. Diese Kapitel legen den Grundstein für das Verständnis dieser Arbeit. In Kapitel 4 und 5 werden anschließend die bis jetzt bekannten, teilweise hypothetischen, Pathogenitätsfaktoren von V. cholerae und ihre Wirkungsweise bei der Infektion des Wirtes betrachtet. Dabei wird besonders auf die Vorgänge bei der Kolonisation des Dünndarmepithels, Kapitel 5.1, und die pathophysiologische Wirkung des Choleratoxins, Kapitel 5.2, eingegangen. Nachfolgend wird im 6. Kapitel ein Blick auf den Lebenszyklus des Bakteriums geworfen, um zu bestimmen, inwiefern dieser die Pathogenität von V. cholerae beeinflusst. Im Anschluss daran folgt in Kapitel 7 eine Darstellung der Regulation der Virulenzfaktoren unter dem Einfluss physisch-chemischer Signale während verschiedener Lebensphasen des Bakteriums. Kapitel 8 beschäftigt sich danach mit den Mechanismen des Austausches von genetischem Material zwischen V. cholerae Bakterien, um daraus ihr Potenzial zu weiteren genetischen Veränderungen und damit Evolution neuer Pathogenitätsfaktoren abzuleiten. Da diese Arbeit im Rahmen eines Lehramtstudiums erstellt wird, sollen in Kapitel 9 abschließend mögliche Ansatzpunkte für eine Thematisierung von V. cholerae und der Choleraerkrankung in der Schule erläutert werden.

 

Neben dem umfassenden Werk „Epidemiological and Molecular Aspects on Cholera“ von Ramamurthy und Bhattacharya wurden für diese Masterarbeit zahlreiche weitere Publikationen verwendet, die den momentanen Stand der Forschung wiedergeben. Ramamurthy und Bhattacharya stellen in ihrem Sammelwerk sehr ausführlich die Merkmale einiger Epidemien in Asien, Afrika und Amerika dar und gehen anschließend auf verschiedenste genetische und epidemiologische Merkmale pathogener und nicht-pathogener V. cholerae Bakterien ein. Zur Einarbeitung in das Thema, sei es für Lehrkräfte oder Interessierte, bieten sich hingegen beispielsweise die Artikel von Richard und DiRita oder Harris et al. an, da diese verschiedene Aspekte der Erkrankung und des Bakteriums ansprechen. Eine tiefergehende Betrachtung des pathogenen Lebenszyklus bietet beispielsweise die Review „Cholera transmission: the host, pathogen and bacteriophage dynamic“ von Nelson et al. oder der Artikel „Cholera: Environmental Reservoirs and Impact on Disease Transmission“ von Almagro-Moreno und Taylor. Die Review „Intestinal Colonization Dynamics of Vibrio cholerae“, ebenfalls von den letztgenannten Autoren verfasst, enthält hingegen eine gute Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse bezüglich der...

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