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Lehrbuch der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Band 1: Grundlagen. Band 2: Störungsbilder

AutorFritz Poustka, Gerd Lehmkuhl, Hans Steiner, Martin Holtmann
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl1534 Seiten
ISBN9783840918711
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis119,99 EUR
Wie entstehen psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter? Welche Faktoren erhalten die Störungen aufrecht? Welche Verlaufsformen gibt es? Das Wissen um pathogenetische Hintergründe von psychischen Störungen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Diagnostische und therapeutische Ansätze wurden immer mehr ausdifferenziert und mündeten in evidenzbasierten Leitlinien. Das Lehrbuch stellt aktuelle und umfassende Informationen zur Kinder- und Jugendpsychiatrie dar und arbeitet wichtige Perspektiven und Entwicklungstendenzen des Fachgebietes heraus. Ein Team aus deutschsprachigen und amerikanischen Autoren gibt in diesem Lehrbuch einen Überblick über die theoretischen Grundlagen und pathogenetischen Konzepte der Kinder- und Jugendpsychiatrie, stellt die diagnostischen Methoden dar und informiert über Klassifikation und Dokumentationssysteme sowie über Versorgungsstrategien. Ausführlich werden relevante psychiatrische Störungsbilder, umschriebene Entwicklungsstörungen sowie spezifische Symptome behandelt. Dazu werden jeweils die Ursachen, Diagnostik und die therapeutische Strategien bei den einzelnen Erkrankungen dargestellt. Das Lehrbuch wendet sich an Mediziner in der Ausbildung zum Kinder- und Jugendpsychiater, an Studierende der Medizin und Psychologie sowie an alle Berufsgruppen, die sich mit der Diagnostik und Therapie von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen beschäftigen.

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Kapitelübersicht
  1. Vorwort
  2. Inhaltsverzeichnis
  3. I. Theoretische Grundlagen und pathogenetische Konzepte
  4. II. Diagnostische Methoden
  5. III. Klassifikation und Dokumentationssysteme
  6. IV. Psychiatrische Störungsbilder
  7. V. Spezifische Symptome (Störungsbilder) und Auslöser
  8. VI. Umschriebene Entwicklungsstörungen
  9. VII. Versorgungsstrategien und Kooperation
  10. VIII. Perspektiven
  11. Anhang
Leseprobe
. Kapitel 1 Zentralnervöse Entwicklungsprozesse
Lars Wöckel, Luis Puelles und John L.R. Rubenstein

In den letzten Jahren konnte eindrücklich gezeigt werden, dass molekulargenetische und biochemische Prozesse schon in den ersten Entwicklungsmonaten die Grundlage für die Entstehung psychiatrischer Krankheitsprozesse oder Störungen kognitiver Funktionen bilden können. Dieses Kapitel soll zum Verständnis der Entwicklung des Zentralnervösen Nervensystems (ZNS) und ableitbarer Störungen beitragen.

Begriffsklärung Um die Zusammenhänge von Struktur und Funktion des menschlichen Nervensystems zu verstehen und um daraus Störungen oder Verzögerungen in der Entwicklung des ZNS ableiten zu können, ist es zunächst von vorrangiger Bedeutung, die Entwicklung des ZNS vom Zellverband bis zum differenzierten Organ in seinen wesentlichen Stadien zu beschreiben und einen Überblick über die verschiedenen Einflussgrößen zu geben, die für eine gesunde Entwicklung und Funktion dieses hochkomplexen Systems essenziell sind.

1 Morphologische Entwicklung des ZNS

Bereits wenige Tage nach der Befruchtung der Eizelle differenzieren sich aus den Zellen zwei Keimblätter, das innere Keimblatt (Entoderm) und das äußere Keimblatt (Ektoderm). Das Nervengewebe wird aus dem Ektoderm gebildet. In der dritten Entwicklungswoche wandern aus dem Ektoderm Zellen aus und bilden das dritte Keimblatt (Mesoderm), das zwischen dem inneren und äußeren Keimblatt liegt.

Die medialen Anteile des Ektoderms verdicken sich zur Neuralplatte. Diese faltet sich immer stärker nach innen und bildet so die Neuralrinne. In der Übergangszone der Neuralrinne zum Hautektoderm bildet sich die Neuralleiste oder Ganglienleiste, aus welcher später die Zellen des peripheren Nervensystems hervorgehen. Mit zunehmendem Einsinken der Neuralrinne beginnt ihre Verschmelzung am offenen Pol, so dass sich schließlich die Neuralrinne zum Neuralrohr schließt. Das Neuralrohr ist die Anlage von Gehirn und Rückenmark. Defekte beim Schluss des Neuralrohres führen zu Spaltbildungen wie Anenzephalie und Spina bifida. Mit Beginn des Neuralrohrschlusses erfolgt die Differenzierung des Vorder-, Mittelund Rautenhirns (Pros-, Mesund Rhombenzephalon), was als DreiBläschen-Stadium bezeichnet wird. In der fünften Entwicklungswoche differenziert sich das ZNS weiter zum Fünf-Bläschen-Stadium. Aus dem Prosenzephalon bilden sich jetzt das Endund Zwischenhirn (Telund Dienzephalon) und aus dem Rhombenzephalon das Nachund Markhirn (Metund Myelenzephalon). Aus dem Dienzephalon entwickeln sich später der Thalamus und der Hypothalamus, aus dem Myelenzephalon die Medulla oblongata und aus dem Metenzephalon der Pons und das Kleinhirn. Mit Beginn der sechsten Woche ist die Unterteilung des Telenzephalons in zwei Hemisphären – den späteren Hirnhemisphären – zu erkennen. Aus dem Telenzephalon entstehen die kortikalen Strukturen wie z.B. der Neokortex und die Hippokampusformation, aber auch die Anlage der Ganglienhügel. Die Ganglienhügel sind Zellverdichtungen am Rand der Seitenventrikel – sie liegen in der Proliferationszone der Matrixzellen (s. u.). Aus den Ganglienhügeln entwickeln sich später die Basalganglien. Die Volumenzunahme des fetalen Gehirns ist in den ersten Monaten beträchtlich. Ab der 14. Gestationswoche beginnt die Ausbildung der Primärfurchen – zunächst der Fissura Sylvii, die das Frontoparietalhirn und das Temporalhirn voneinander trennt, dann des Sulcus parietooccipitalis und des Sulcus centralis. Nach und nach bilden sich immer mehr Furchen. Zum Ende des 8. Monats sind alle konstant auftretenden Furchen vorhanden, die sich schließlich durch Sekundärund Tertiärfurchen miteinander verbinden. Durch die Ausbildung der Furchen und Windungen vergrößert sich die Oberfläche der Großhirnhemisphären erheblich. Eine ausführliche Darstellung der Entwicklung des ZNS und der anatomischen Verhältnisse findet sich bei Zenker (1985).

2 Molekulare Genetik der Hirnentwicklung

Die Einführung molekulargenetischer Untersuchungsmethoden hat zu großen Fortschritten in der Aufklärung der Mechanismen der Hirnentwicklung beigetragen. Die Entwicklungsprozesse während der Embryonalentwicklung, z. B. die Entwicklung des Nervensystems, basieren auf Wirkungen und Wechselwirkungen von Genen. Inzwischen sind zahlreiche Wirkketten und Signalkaskaden aufgeklärt, die diesen Entwicklungsprozessen zugrunde liegen (Kerszberg & Changeux, 1998). Die Induktion für die Entstehung neuralen Gewebes wird von Proteinen eines Organisationsgewebes initiiert, das in Nachbarschaft der Neuralplatte gelegen ist. Aus dem primitiven Ektoderm entstehen Neuroepithelzellen. Dieser Vorgang wird…
Inhaltsverzeichnis
Vorwort7
Inhaltsverzeichnis9
I. Theoretische Grundlagen und pathogenetische Konzepte15
Einleitung17
Kapitel 1 Zentralnervöse Entwicklungsprozesse21
Kapitel 2 Psychophysiologische Verfahren39
Kapitel 3 Genetische Faktoren72
Kapitel 4 Kognitive Entwicklung97
Kapitel 5 Emotionale Entwicklungsprozesse112
Kapitel 6 Bindung124
Kapitel 7 Prinzipien der Entwicklungspsychologie und Entwicklungspathologie141
Kapitel 8 Familiäre Faktoren165
Kapitel 9 Multifaktorielle Krankheitsmodelle180
Kapitel 10 Risiko- und Schutzfaktoren187
Kapitel 11 Verlaufs- und Prognosekriterien201
Kapitel 12 Epidemiologie210
Kapitel 13 Ethische Aspekte und Lebensqualität230
II. Diagnostische Methoden241
Einleitung243
Kapitel 14 Körperliche Untersuchung245
Kapitel 15 Bildgebende Verfahren265
Kapitel 16 Neurophysiologische Verfahren294
Kapitel 17 Psychoneuroendokrinologische Ansätze und Methoden311
Kapitel 18 Methodik und Bedeutung der Neuroimmunologie324
Kapitel 19 Molekularbiologische Methoden346
Kapitel 20 Testpsychologische Verfahren360
Kapitel 21 Neuropsychologische Testverfahren372
Kapitel 22 Interview und Fragebogenverfahren384
III. Klassifikation und Dokumentationssysteme397
Einleitung399
Kapitel 23 Psychopathologische Befunderhebung403
Kapitel 24 Multimodale Diagnostik410
Kapitel 25 Multiaxiale Klassifikation425
Kapitel 26 Klassifikation psychischer Störungen nach ICD-10 und DSM-IV436
Kapitel 27 Komorbidität451
Kapitel 28 Internalisierende und externalisierende Störungen458
Kapitel 29 Leitlinienorientiertes Vorgehen477
Kapitel 30 Dokumentationssysteme489
Kapitel 31 Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement506
IV. Psychiatrische Störungsbilder519
Einleitung521
Kapitel 32 Geistige Behinderung525
Kapitel 33 Autismus und tiefgreifende Entwicklungsstörungen553
Kapitel 34 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen588
Kapitel 35 Bindungsstörungen614
Kapitel 36 Fütterstörungen im Säuglings- und Kleinkindalter634
Kapitel 37 Schlafstörungen im Säuglings- und Kleinkindalter650
Kapitel 38 Enuresis660
Kapitel 39 Enkopresis684
Kapitel 40 Tic-Störungen701
Kapitel 41 Angststörungen719
Kapitel 42 Schulphobie und Schulverweigerung751
Kapitel 43 Zwangsstörungen764
Kapitel 44 Elektiver Mutismus793
Kapitel 45 Anorexia nervosa814
Kapitel 46 Bulimia nervosa843
Kapitel 47 Depressive Erkrankungen866
Kapitel 48 Bipolare Störungen888
Kapitel 49 Posttraumatische Belastungsstörungen911
Kapitel 50 Somatoforme Störungen931
Kapitel 51 Schlafstörungen958
Kapitel 52 Dissoziative Störungen und Konversionsstörungen976
Kapitel 53 Störungen der Geschlechtsidentität996
Kapitel 54 Persönlichkeitsstörungen1020
Kapitel 55 Schizophrenie1062
Kapitel 56 Störungen des Sozialverhaltens, Dissozialität und Delinquenz1108
Kapitel 57 Störungen durch psychotrope Substanzen1141
V. Spezifische Symptome (Störungsbilder) und Auslöser1163
Einleitung1165
Kapitel 58 Suizidalität1167
Kapitel 59 Selbstbeschädigungserkrankungen und Artifizielle Störungen1183
Kapitel 60 Störungen nach sexuellem Missbrauch1204
Kapitel 61 Misshandlung und Vernachlässigung1222
Kapitel 62 Störungen nach Trennung und Scheidung1237
Kapitel 63 Psychische Störungen bei chronischen Erkrankungen und ihre Rehabilitation1246
Kapitel 64 Psychische Störungen nach Schädel-Hirn-Trauma1282
VI. Umschriebene Entwicklungsstörungen1297
Einleitung1299
Kapitel 65 Entwicklungsstörungen der motorischen Funktionen1301
Kapitel 66 Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache1319
Kapitel 67 Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten1346
VII. Versorgungsstrategien und Kooperation1367
Einleitung1369
Kapitel 68 Behandlungssettings1371
Kapitel 69 Konsiliar-/Liaisontätigkeit1380
Kapitel 70 Kooperation zwischen Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie1410
Kapitel 71 Kooperation mit Schulen1433
Kapitel 72 Kinderpsychiatrische Interventionen in der Schule: Diagnostik, Beratung und Behandlung1448
VIII. Perspektiven1471
Kapitel 73 Perspektiven und Entwicklungstrends in Forschung, klinischer Versorgung, Aus- und Weiterbildung1473
Anhang1483
Autorinnen und Autoren1485
Sachregister1497

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