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Lehrlingsausbildung - ökonomisch betrachtet

Ergebnisse der zweiten Kosten-Nutzen-Studie

AutorAdrian Wüest, Marc Fuhrer, Samuel Mühlemann, Stefan C. Wolter
VerlagVerlag Rüegger
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl168 Seiten
ISBN9783725308866
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis30,70 EUR

Das Buch stellt die Ergebnisse der zweiten repräsentativen Erhebung von Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung aus betrieblicher Sicht vor. Befragt worden sind rund 2400 ausbildende und mehr als 1800 nicht ausbildende Betriebe.

Die empirischen Befunde zeigen, dass die überwiegende Zahl der ausbildenden Betriebe es auch in einem konjunkturell schwierigen Umfeld schaffen, die Lehrlingsausbildung kostendeckend durchzuführen. Der Grund dafür, dass sich dieser günstigen Ausgangslage für die ausbildenden Betriebe zum Trotz viele Unternehmen nicht in der Lehrlingsausbildung engagieren, liegt aber darin, dass sich diese eben nur für Betriebe mit spezifischen Rahmen- und Produktionsbedingungen lohnt. Betriebe, deren Strukturen es nicht erlauben, Lernende während der Ausbildung gewinnbringend im Produktionsprozess einzusetzen, können die Investitionen in die Lehrlingsausbildung nicht kompensieren und entscheiden sich deshalb gegen eine Ausbildungstätigkeit.

Zum ersten Mal in einer Kosten-Nutzen-Analyse der Lehrlingsausbildung wurde auch den Qualifikationen der Lernenden spezielle Aufmerksamkeit geschenkt. Es zeigt sich, dass die Ausbildungspolitik der Betriebe entscheidend davon abhängt, ob sie von der Lehrlingsausbildung während der Lehrzeit einen Nettonutzen oder Nettokosten zu erwarten haben. Im ersten Fall sind Betriebe eher bereit, in die schwächsten Lernenden zusätzliche Ausbildungsstunden zu investieren, während im zweiten Fall eher die besten Lernenden gefördert werden. Diese Unterschiede in der Förderung der Lernenden schlagen sich dann natürlich in der Wahrscheinlichkeit eines Lehrabbruchs, in den Resultaten bei der Lehrabschlussprüfung oder auch in der Übernahmequote des Betriebes nieder und sind von grösster bildungspolitischer Bedeutung.

Das Buch richtet sich an alle Akteure im Berufsbildungswesen sowie an Bildungsforschende.

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Leseprobe

8 Selektion und Qualität der Lernenden (S. 76)
In allen bisherigen Studien zu Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung aus Sicht der Betriebe, sowohl in der Schweiz wie auch im Ausland, wurden wenig oder gar keine Informationen zu den Lernenden erhoben. So suchte man Unterschiede in den Kosten-Nutzen-Relationen zwischen Betrieben oder Berufen zu erklären, ohne dass man über Angaben zu den von den Betrieben beschäftigten Lernenden verfügt hätte. Obwohl es offensichtlich ist, dass ein Lernender einen entscheidenden Einfluss auf die Kosten-Nutzen-Beziehung der Ausbildung hat, wurde in den Studien implizit so getan, als hätten alle Betriebe im Durchschnitt dieselben Lernenden. Während also betriebliche Heterogenitäten durchaus in Betracht gezogen wurden, ging man bei den Lernenden immer von Homogenität aus.

In dieser Studie wurden zum ersten Mal die Betriebe detailliert zu Qualitätsmerkmalen ihrer Lernenden befragt, etwa zu Schulnoten, schulischer Vorbildung, Abschneiden an der Abschlussprüfung und anderem mehr. Ausserdem wurde erhoben, wie die Betriebe ihre Lernenden rekrutieren und ob dabei Schwierigkeiten auftreten. Gewisse dieser Informationen sind rein deskriptiver Natur, andere haben explorativen Charakter. Trotzdem sollen sie helfen, nicht nur die Kosten-Nutzen- Profile von Betrieben und Lehrberufen besser zu verstehen, sondern auch Aspekte wie die Ausbildungsneigung oder die Ausbildungsstrategie eines Betriebes besser nachvollziehen zu können.

Zu Beginn dieses Kapitels wird das Rekrutierungs- und Selektionsverhalten der Betriebe deskriptiv dargestellt. In der Folge werden Unterschiede in der Lehrlingsqualität auf ihre Auswirkungen im Ausbildungsverhalten der Betriebe und auf die finanziellen Auswirkungen hin untersucht. Dabei werden zuerst einige rein deskriptive Angaben zur Lehrlingsqualität gemacht, und in einem zweiten Schritt wird sodann untersucht, welche Auswirkungen diese Qualitätsmerkmale auf Ausbildungsvolumen, Leistungsgrad und Abbruchquote haben. Mit Hilfe der Koeffizienten aus den ökonometrischen Schätzungen werden abschliessend im Kostenmodell die Auswirkungen der Lehrlingsqualität auf Kosten und Nutzen der Lehrlingsausbildung simuliert.

Dass diese Ergebnisse erst als ein erster Schritt in die Richtung der Beantwortung dieser Fragen zu verstehen sind, liegt in der Natur der Datenerhebung. Erstens wurden alle Daten auf Ebene Betrieb erhoben und von den dort verantwortlichen Personen geliefert, d.h. es wurden in der Studie keine Daten direkt bei den Lernenden erhoben. Somit handelt es sich immer um subjektive Angaben von Seiten der Arbeitgeber. Dabei muss aber in Betracht gezogen werden, dass es sich bei allen anderen Informationen ebenfalls um solche aus der Sicht der Betriebe handelt. Sowohl bei den Informationen über die Betriebe wie auch bei jenen über die Lernenden schöpfen wir somit aus derselben Quelle. Und zweitens handelt es sich durchwegs um Durchschnittsangaben, d.h. die Informationen über die Lernenden betreffen den Durchschnitt aller Lernenden in einem Betrieb.

Obwohl nicht von der Hand zu weisen ist, dass ein Lernender nicht gleiche oder ähnliche Charakteristiken aufweisen muss wie die Lernenden im gleichen Betrieb vor ihm oder mit ihm, hat auch dieses «Problem» sein Pendant in den übrigen Angaben des Betriebes. Die Betriebe werden so beispielsweise über einen bestimmten Produktivitätsgrad eines Lernenden in einem Lehrjahr befragt und müssen sich dort auch für eine Durchschnittsangabe entscheiden. Weil die Forschungsarbeiten der letzten Jahre gezeigt haben, dass solche Durchschnittsangaben recht gut dazu beitragen, das Ausbildungsverhalten der Betriebe zu erklären, ist davon auszugehen, dass auch Durchschnittsangaben über Lernende nicht a priori sinnlose Aussagen darstellen.

Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis4
Vorwort8
1 Einleitung11
Aufbau des Berichts12
2 Eine Ökonomie der Berufsbildung13
Humankapitaltheorie14
Generelles Humankapital15
Betriebsspezifisches Humankapital16
Marktimperfektionen und generelles Humankapital17
Produktionsorientierte Lehrlingsausbildung21
Investitionsorientierte Lehrlingsausbildung23
3 Datenerhebung26
Screening26
Haupterhebung28
Datenaufbereitung29
Zusammensetzung des Samples30
Gewichtung und Schätzverfahren32
4 Kosten-Nutzen-Modell34
Bruttokosten34
Produktive Leistungen37
Nettokosten42
Rekrutive Opportunitätserträge45
Hochrechnung von Kosten und Nutzen für die Schweiz49
5 Analyse von Kosten und Nutzen nach Untergruppen52
Betriebsgrösse52
Branchen53
Sprachregionen54
6 Lehrberufe55
Zweijährige berufliche Grundbildung55
Dreijährige berufliche Grundbildung56
Vierjährige berufliche Grundbildung59
Lohnkosten der Lernenden62
Personalaufwand65
Vergleich mit der ersten Kosten-Nutzen-Erhebung67
7 Multivariate Auswertungen70
8 Selektion und Qualität der Lernenden77
Selektion und Verfügbarkeit der Lernenden79
Schulische Vorbildung der Lernenden: Sekundarschultyp81
Schulische Vorbildung der Lernenden: Noten82
Berufsmaturität85
Abschneiden an der Abschlussprüfung87
Lehrabbruchquote89
Ausbildungsvolumen89
Ökonometrische Analysen bezüglich der Lehrlingsqualität, der Ausbildungsstrategien und des Ausbildungserfolgs91
Abschneiden an der Abschlussprüfung92
Lehrabbruchquoten94
Leistungsgrad96
Kostenfolgen97
Schlussfolgerungen102
9 Kaufmännische Grundbildung104
Die Aufteilung der Profile105
Profile nach Branchen106
Kosten und Nutzen der drei Profile107
Das E-Profil nach Branchen112
Auswirkungen der Reform113
Lehrlingsqualität in der kaufmännischen Grundbildung116
Schulstufen nach Profilen117
Qualität der Lernenden bezüglich Schulnoten117
Einschätzung der schulischen Vorbildung119
Übernahmestrategie der Betriebe120
10 Interne Ausbildungsstätten vs. Externe Ausbildungszentren123
Ausgangslage und methodisches Vorgehen123
Begriffliche Grundlagen124
Empirische Ergebnisse126
Berufe in den Ausbildungsformen126
Firmen in den Ausbildungsformen127
Schulvorbildung und Abschlussnoten129
Rekrutierungs- und Selektionsinstrumente130
Berufsmaturitätsquoten130
Kosten und Nutzen während der Lehrzeit131
Vergleich der internen Ausbildungsstätten in der Schweiz und in Deutschland135
Vergleich der Nettokosten gegenüber dem Jahr 2000136
Erträge nach der Lehrlingsausbildung137
Qualität der Lernenden138
Übernahmeverhalten und Übernahmestrategie der Betriebe140
Betriebsspezifisches Humankapital als Grund des Entscheids für eine interne Ausbildungsstätte?142
Schlussfolgerungen143
11 Der Ausbildungsentscheid der Betriebe145
Wer sind die nicht ausbildenden Betriebe?145
Qualitative Aspekte des Ausbildungsentscheides147
Quantitative Aspekte des Ausbildungsentscheides153
Schlussfolgerungen160
Literaturverzeichnis164

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