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E-Book

Life Undercover

Als Agentin bei der CIA

AutorAmaryllis Fox
Verlaghanserblau
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl368 Seiten
ISBN9783446265196
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Als Undercover-Agentin bei der geheimsten Eliteeinheit der CIA
»Ich bin hier, um einen unmittelbar bevorstehenden Anschlag zu verhindern. Einen, der Kinder töten wird. Ich bin allein und einsatzbereit in dem Land, in dem mein Kollege entführt und geköpft wurde. Jede Stunde, die ich abwarte, ist eine Stunde mehr, in der etwas fürchterlich schiefgehen kann - für den Informanten, der meinen Aufenthaltsort kennt, für die Quelle, die mir helfen soll, den Anschlag abzuwenden, für uns, wenn die Bombe vielleicht doch hochgeht.«
Fast zehn Jahre arbeitete Amaryllis Fox in der Terrorismusabwehr der CIA. Ihr überwältigendes Memoir ist politisch und hochspannend, die elektrisierende Lebensgeschichte einer jungen Frau, die für eine bessere Zukunft kämpft.

Amaryllis Fox wurde 1980 als Tochter einer englischen Schauspielerin und eines US- amerikanischen Managers in New York geboren. Fox studierte in Oxford und entwickelte an der Georgetown University einen Algorithmus zur Vorhersage von terroristischen Anschlägen. Als Undercover-Agentin wurde sie von der CIA nach China geschickt, getarnt als Händlerin fernöstlicher Kunstwerke. Von dort aus hatte sie Einsätze auf der ganzen Welt. Seit dem Weggang von der CIA arbeitet Fox als Friedensaktivistin, sie engagiert sich für NGOs und hält weltweit Vorträge zum Thema Friedenswahrung. Sie lebt mit ihrer Familie in San Francisco.

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Leseprobe

1


In der Scheibe des Schaufensters kann ich den Mann sehen, der mich beschattet. Er ist mir schon vorhin aufgefallen, weil sein Weg im Straßengewirr von Karatschi exakt derselbe ist wie meiner. Unsere Spiegelbilder überlagern sich in der Auslage des Schneiders. Er ist groß und hat ein Pferdegesicht. Seine Hände öffnen und schließen sich rhythmisch, während er mir folgt. »Der Schleier gibt Sicherheit« lese ich auf einem Plakat, das in der Auslage über den ausgestellten Burkas und Hidschabs hängt.

Mein Bus kommt und fährt vorbei, bedeckt mit ekstatischen Wirbeln aus Farben und Mustern. Jeder Quadratzentimeter bemalt mit bunten Formen, die ineinanderfließen wie bei einem Karnevalswagen, ein wahrer Dieseltempel fürs Auge. Er erscheint wie der Inbegriff der Freiheit, der unter seiner Last zu Boden geht, ein kriechender Drache, von der eigenen Schönheit niedergedrückt und von den Fahrgästen, die sich an seinen Rücken und seinen Bauch klammern. Diese Busse sind es, was ich an Pakistan am meisten liebe. Inmitten von Staub, Smog und Hupkonzerten ziehen sie den Blick auf sich, als schiene in dem sonst so freudlosen Gesicht eines Fremden plötzlich eine verwandte Seele auf.

Ich verliere nicht viel Zeit, wenn ich diesen Bus nicht nehme. In ein paar Minuten kommt ein anderer, der mich zur M. A. Jinnah Road bringen kann. Ich tue besser nicht so, als würde ich versuchen, Mr. Ed abzuschütteln. Nichts wirkt verdächtiger, als einen Beschatter abzuschütteln. Ich muss immer lachen, wenn ich mir Agentenfilme ansehe. Die Sprünge über die Dächer, das Wirbeln mit der Pistole. Im wirklichen Leben würde eine solche Verfolgungsjagd mitten durch die Stadt meine Tarnung unweigerlich auffliegen lassen. Man wiegt seine Verfolger besser in Sicherheit. Geht langsam, damit sie die Spur nicht verlieren. Bleibt mit dem Auto an der Ampel schon bei Gelb stehen. Lässt sie immer genau erkennen, wohin man will. In anderen Worten: Man langweilt sie zu Tode. Und hebt sich die Bond-Manöver für den Moment auf, da sie meinen, deine Schritte exakt vorhersagen zu können.

Ich sehe Mr. Ed, wie er an einem der Marktstände mit Küchengeräten hantiert, während wir warten. Es ist nicht ganz klar, welcher Typ von Beschatter er ist. Mein Tipp wäre, dass er zum lokalen Geheimdienst gehört — Spionageabwehr des jeweiligen Landes, in dem ich mich gerade aufhalte. In seinem Fall allerdings bin ich mir nicht ganz sicher. Die pakistanische Spionageabwehr ist gut in dem, was sie tut. Ihre Überwachungsteams sind sechs bis sieben Mann stark, sodass man die Beschatter alle paar Straßen auswechseln kann. Damit ist das Risiko geringer, dass ich sie bemerke. Der Mann hier scheint aber allein zu arbeiten. Und nicht nur das, sein Gesicht wirkt irgendwie fremdländisch. Trotz seiner traditionellen Kleidung — er trägt den Kamiz lang und locker über der Hose — sieht er aus, als würde er aus Zentralasien kommen. Ein Kasache vielleicht oder ein Usbeke. Vermutlich beschattet er mich wegen des Meetings morgen. Al-Qaida hat in jüngster Zeit viele Rekruten aus den zentralasiatischen Ländern aufgenommen. Und neue Leute zunächst mal zu Überwachungsaufgaben abzuordnen ist das Standardprocedere. So lernen sie die Stadt kennen, während die Ausbilder sich ein Bild von ihren Fähigkeiten machen können.

Ich sehe ihm zu, wie er sich durch die Gassen und Marktstände des Jodia-Bazars kämpft. Er nimmt ein Ersatzteil für einen Vergaser in die Hand und dreht es hin und her. Etwas an der Art, wie er mit dem Ding hantiert, lässt mich vermuten, dass er vielleicht zu einer dritten Kategorie gehört — ein künftiger Waffenschieber, der weiß, dass ich mit Jakab zusammenarbeite, dem ungarischen Lieferanten für buchstäblich alles, was aus Sowjetzeiten übrig geblieben ist. Natürlich gibt es da immer noch eine vierte, weniger spannende Möglichkeit: Er ist eins der klassischen Möchtegern-Raubtiere und verfolgt eine achtundzwanzigjährige Amerikanerin, die allein durch fremde Straßen streift. Vergessen wir nicht Ockhams Rasiermesser: Die einfachste Lösung ist gewöhnlich die richtige.

Regierungsbeamter oder Schläger, jeder Verfolger ist Grund genug, eine Operation abzubrechen. Es hat wenig Sinn, Informanten zu treffen oder Dokumente in Empfang zu nehmen, wenn man neugierige Augen und Ohren im Schlepptau hat. Selbst harmlose Voyeure verlieren schnell an Harmlosigkeit, wenn sie meinen, auf etwas Wertvolles gestoßen zu sein. Glücklicherweise bin ich nicht auf dem Weg zu einem Treffen. Nicht vor morgen. Heute geht es nur ums Auskundschaften.

Jakab hatte gesagt, ich solle mir die Kreuzung Abdullah Haroon und Sarwar Shaheed Street ansehen. Mehr wisse auch er nicht. Und nicht einmal das hätte er wissen dürfen. Er hatte seinen Käufern diese Information unter dem Vorwand entlockt, ohne ein paar Angaben zum Zielobjekt könne er ihnen nicht den richtigen Sprengsatz liefern. Sie bräuchten schließlich genug radioaktives Material, dass man es mit einem Geigerzähler messen könne. Genug, um ihnen die gewünschte Aufmerksamkeit zu sichern.

Als der nächste Bus kommt, steige ich gemächlich ein, als wäre ich nicht im Begriff, das Zielobjekt eines möglichen Anschlags mit einer Schmutzigen Bombe in Augenschein zu nehmen. Mr. Ed klettert nach oben, er setzt sich aufs Dach. Ich nehme im Frauenabteil Platz. Draußen geht der Nachmittag allmählich in die Dämmerung über, und die Motorräder schalten ihre Scheinwerfer ein. Es ist genug Zeit, um im Ansturm des abendlichen Verkehrs die Gebäude zu betrachten, die meisten älter als das Land selbst und Denkmäler aus einer Zeit, als Pakistan und Indien noch zusammengehörten und von Kolonialisten und Königen als Spielzeug benutzt wurden. Hier verspüre ich als Yankee eine Seelenverwandtschaft. Das Abschütteln des englischen Jochs. Ich kann mir die Männer und Frauen in Kamiz und Schal, von denen ich umgeben bin, auch gut dabei vorstellen, wie sie Teekisten ins Meer werfen. Wir sind Rebellenstaaten, sie und wir. Wenn diese Rebellion nur nicht so viel Blutvergießen verursacht hätte.

Ich sehe die Kreuzung aus dem Chaos aus Autos und Eselskarren auftauchen, weiter vorn, unter verblichenen Planen, die zwischen den Gebäuden aufgespannt werden, um Schutz vor der mittlerweile gesunkenen Sonne zu bieten. Auf der einen Seite liegt die National Bank of Pakistan, die meiner Ansicht nach ein Ziel sein könnte. Schließlich haben die Mullahs die Twin Towers als legitimes Ziel ausgewählt, weil Amerika ihrer Ansicht nach Muslime nicht nur mit Panzern tötet, sondern auch, indem es Unschuldige in Armut stürzt. Aber es fühlt sich irgendwie nicht richtig an. Das Betongebäude ist nicht besonders symbolträchtig, vielmehr die nackte Ausgeburt von typischem Nachkriegsbrutalismus. Es steht nicht gerade für westlichen Prunk.

Ich warte, bis der Bus langsamer wird, und springe zurück in den Staub der Stadt. Am anderen Ende des Busses landet Mr. Ed sanft auf den Beinen. Ich spaziere langsam die Abdullah Haroon Road hinunter, sodass er mir folgen kann, und dann, am oberen Ende angekommen, fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Direkt vor mir, ein wenig zurückversetzt hinter verschlossenen Toren, liegt eine Art Miniaturschloss, eine kleine Steinfestung mitten zwischen Rikschas und Tauben. Der Karachi Press Club, die Bastion der freien Meinungsäußerung und des unabhängigen Journalismus in Pakistan. Heimat von Protesten und Debatten und der einzigen Bar im ganzen Land, die Alkohol ausschenkt. Hundertprozentig ist das der richtige Ort. Wie macht man sich in diesem Land am schnellsten zum Zielobjekt für einen Bombenanschlag? Richtig, indem man sich volllaufen lässt. Jakab meinte, dass der geplante Anschlag als Warnung gedacht sei — als Drohung an jedes Land, in dem die Worte der Presse so frei fließen dürfen wie der Alkohol: Zuerst räumen wir in Pakistan auf, dann knöpfen wir uns die Ungläubigen vor. Ein guter Plan, letztlich aber ist es schlicht sehr viel einfacher, hier einen Angriff zu planen und auszuführen als am Times Square. Al-Qaida bemüht sich schon seit 1992, an Nuklearwaffen zu kommen, als Osama bin Laden seinen ersten Trupp nach Tschetschenien sandte, um spaltbares Material zu besorgen, das während des Zusammenbruchs der Sowjetunion aus den offiziellen Registern verschwunden war. Aber ausgemusterte Atomwaffen sind schwer zu bekommen, teuer und launisch in der Handhabung. Da ist es nur sinnvoll, dass man zu Hause erstmal einen Probelauf versucht.

Das bedeutet, dass ich zwei Szenarien gleichzeitig im Hinterkopf behalten muss: zunächst die potenzielle Attacke vor meiner Nase und dann einen möglichen Folgeangriff auf US-amerikanischem Boden. Schriftsteller und Denker aus aller Welt kommen hierher, um im Karachi Press Club zu sprechen, auch...

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