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E-Book

Loslassen und dranbleiben

Wie wir Veränderungen mutig begegnen

AutorBärbel Wardetzki
VerlagKösel
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641236410
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Wer loslässt, hat zwei Hände frei
Veränderungen und Umbrüche gehören zum Leben einfach dazu. Trotzdem fällt es uns oft schwer, sie zu akzeptieren. Denn Neues - ob Hochzeit, Kündigung oder Trauerfall - macht zunächst einmal Angst und fordert uns dazu auf, uns von Vertrautem und Liebgewonnenem zu verabschieden. Doch wer an Altem festhält, läuft mitunter Gefahr, im Leid zu verharren. Wer sich stattdessen neugierig auf das Leben einlässt, entwickelt sich weiter, gewinnt Vertrauen und erkennt die Chancen, die sich auftun. Die erfahrene Diplom-Psychologin und Bestsellerautorin Bärbel Wardetzki zeigt, wie wir konstruktiv mit Wandel umgehen können und ihn sogar dafür nutzen können, unser Leben zum Besseren zu wenden.

Dr. Bärbel Wardetzki, geb. 1952, ist Diplom-Psychologin. Sie ist in München als Psychotherapeutin, Supervisorin und Coach tätig. Darüber hinaus ist sie eine viel gefragte Referentin im In- und Ausland, häufiger Gast bei Funk und Fernsehen sowie erfolgreiche Autorin zahlreicher Bestseller.

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Leseprobe

2 Veränderung durch Loslassen und Dranbleiben

Zur Wandlung gehört Loslassen

In Wandlungszeiten verlieren wir einen Teil unserer Lebendigkeit und unseres inneren Einklangs, da wir durch die Ereignisse aus dem gewohnten Trott gerissen werden. Die Situation ist nicht mehr so, wie sie bisher war, und fordert von uns, ein neues Gleichgewicht herzustellen. Nur dadurch können wir wieder Erfüllung, Sinn und Glück erleben.

Da das Leben ständige Bewegung und Veränderung bedeutet, verändern auch wir uns immer wieder. Die Persönlichkeitsentwicklung ist ein lebenslanger Prozess, die zwischen Wachsen und Vergehen stattfindet und eingebettet ist in das umgebende System. Wir leben ja nicht als Einzelwesen, sondern stehen in ständigem Austausch mit der uns umgebenden Umwelt aus Menschen, Natur und Gesellschaft. Das erfordert eine immerwährende Anpassung und Abgrenzung, ein Loslassen und Dranbleiben, um mit sich selbst und der Welt auf eine Weise umzugehen, dass ein innerer Frieden entsteht.

Wandlung und Veränderung haben daher viel mit Loslassen zu tun. Aus diesem Grund finden wir das Konzept des Loslassens sowohl in humanistischen Psychotherapien wie der Gestalttherapie und der existenziellen Therapie19 als auch in Weltreligionen wie dem Buddhismus. Das Ziel ist jeweils, dem Menschen Bedingungen für Wachstum und Persönlichkeitsentwicklung sowie für ein spirituelles Erleben zu schaffen. Das seelische Loslassen ist ein profunder innerer Prozess, der es ermöglicht, von bestimmten Vorstellungen und eingefahrenen Mustern Abstand zu nehmen und dadurch innere Freiheit und eine tiefere Wirklichkeit zu gewinnen, wie es Christian Meyer beschreibt: »Für die Lebendigkeit und den inneren Einklang sowie die Entdeckung des tiefen erfüllenden Seins gibt es nichts, was wichtiger wäre als das Loslassen.«20

Veränderung ist entweder ein Streben auf etwas Neues hin oder von etwas Altem weg. Wobei das Aufgeben von etwas Altem konkreter ist, weil man weiß, was man aufgeben, was man loslassen möchte oder muss. Um den Raum für das Neue zu schaffen, müssen wir aber zuerst das Alte loslassen. Das fällt uns umso leichter, je stärker unsere Sehnsucht nach dem Neuen ist.

Wir können Loslassen nicht einfach herstellen, auch wenn wir es uns vornehmen. Es braucht eine Bereitschaft, die oftmals erst geschaffen werden muss. Das kann ein langer Prozess sein, bei dem wir all das anschauen und aus dem Weg räumen, was uns im Gewohnten festhält und am Loslassen hindert. Wir können uns noch so bewusst vornehmen, etwas loslassen zu wollen, es wird uns erst gelingen, wenn wir auch die innere Freiheit und Kraft haben, auf das zu verzichten, an dem wir festhalten. Loslassen gelingt nämlich erst dann, wenn wir das Alte betrauert haben und unsere Gefühle, die mit der Veränderung verbunden sind, zulassen. Es hat keinen Sinn, von uns zu verlangen loszulassen, wenn wir noch mit Schmerz, Trauer, Wut oder Leidenschaft an dem Bisherigen hängen. Diese Gefühle müssen gespürt, ausgedrückt und integriert werden, um Abschied zu nehmen. Dann kann das Alte abgeschlossen werden und ein Neuanfang beginnen.

Loslassen klingt so einfach, ist aber ein sehr vielschichtiger Vorgang, in dem wir unseren Barrieren ebenso begegnen wie unserer Inflexibilität und eingefahrenen Mustern. Loslassen heißt abgeben, aufhören, Einfluss zu nehmen auf etwas, das wir nicht beeinflussen können.

Der Beginn des Loslassens ist die Anerkennung dessen, was passiert, auch wenn sich alles in uns sträubt. Das eigentliche Loslassen beginnt in dem Moment, in dem wir aufhören, dagegen zu kämpfen, und uns dem Problem zuwenden. Natürlich könnten wir daran festhalten, dass die Welt ungerecht ist und wir es besser verdient hätten. Das aber wird unsere leidvolle Situation auch nicht verändern, sondern uns hindern, nach einer Lösung zu suchen. Erst wenn wir unseren Wunsch loslassen, den alten Zustand wiederherzustellen, können wir uns Lösungswege überlegen und werden handlungsfähig.

Wenn wir loslassen, dann haben wir zwei Hände frei, um damit zuzupacken. Klingt das nicht verlockend? Das gelingt uns nicht, wenn wir an dem festhalten, was geschehen ist. Wir tragen dann dieses Erlebnis permanent mit uns herum und beschweren und behindern uns.

Loslassen ist jedoch nicht so einfach, sonst würden wir es sicherlich alle tun. Es ist auch nicht mit einem einmaligen Loslassen für immer erledigt, sondern es ist ein Prozess, durch den wir nach und nach immer freier und handlungsfähiger werden. Loslassen beinhaltet daher auch, die Verantwortung für unser Wohlergehen zu übernehmen, statt in einer leidenden Opferposition zu verharren.

g Selbstreflexion

Wie stehen Sie dem Thema Loslassen gegenüber? Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:

Was kann ich generell schwer loslassen?

Woran halte ich im Moment krampfhaft fest?

Was kann ich gut loslassen?

Lasse ich mir genügend Zeit, loszulassen?

Die Angst, loszulassen

Wir können umso besser loslassen, je mehr wir vertrauen können. Fehlt uns das Vertrauen, dann macht Loslassen Angst, weil wir nicht wissen, wohin wir fallen oder wie die Situation ausgeht, sobald wir sie nicht mehr in der Hand haben.

Stellen Sie sich vor, Sie halten einen Gegenstand. Solange Sie das tun, ist er sicher und kann nicht kaputt gehen. Öffnen Sie jedoch die Hand, dann fällt der Gegenstand zu Boden und kann im schlimmsten Fall zerbrechen. Fällt er jedoch auf einen weichen Untergrund, wird ihm kein Schaden zugefügt. Solange wir nicht wissen, wie der Boden beschaffen ist, auf den wir fallen, werden wir vor dem Loslassen zurückschrecken, um negative Konsequenzen zu vermeiden. Das heißt, dass wir genauso weitermachen wie bisher und dieselben Mittel anwenden wie immer, auch wenn diese nicht zum Erfolg führen. Wir halten beispielsweise an unserer Arbeitsstelle fest, auch wenn sie uns nicht mehr befriedigt, nur weil wir nicht wissen, wo es nach einer Kündigung mit uns hingeht. Loslassen hieße, dem Gefühl zu vertrauen, nicht mehr an der richtigen Stelle zu sein, und auszuloten, welche Chancen wir auf dem Arbeitsmarkt haben. Ob es ein gutes Ende nimmt oder nicht, ist trotz allem ungewiss. Wir machen uns Sorgen, ob den Menschen, die wir lieben, nichts passiert, und ob sie uns verlassen, auch wenn uns das Magenschmerzen und seelische Pein verursacht. Loslassen hieße zu vertrauen, dass es gut ausgeht, und herauszufinden, welche Erfahrungen diesen Verlustängsten zugrunde liegen. Die können wir bearbeiten und uns dadurch entlasten. Sich heute Sorgen zu machen, was vielleicht morgen passieren kann, ist verschwendete Lebenszeit. Auch können wir unsere Lieben nicht davor bewahren, dass ihnen Schlimmes zustößt. Nicht nur Zukünftiges, auch Vergangenes kann uns Sorgen bereiten. Wir grämen uns über vermutete Fehler, die wir gemacht haben, und befürchten, damit unsere Möglichkeiten für eine glückliche Zukunft riskiert zu haben. Damit vergeuden wir unsere Kraft, weil das, was passiert ist, schon vorbei und nicht mehr änderbar ist. Warum also daran festhalten?

Gemeinsam ist diesen Beispielen die Ohnmacht, nichts bewirken zu können. Wir müssen in all diesen Situationen die Ungewissheit aushalten, da wir nicht aktiv eingreifen können. Das bewirkt eine innerliche Spannung. Wenn es uns jedoch gelingt loszulassen, unsere Angst und unsere Befürchtungen abzugeben und darauf zu vertrauen, dass die Dinge so ausgehen, wie sie gut für uns sind, können wir uns von den Sorgen und der inneren Anspannung befreien.

Eine Klientin von mir, die sich um eine neue Stelle beworben hatte, beschrieb es folgendermaßen: »Wenn ich diese Stelle kriege, dann ist sie die richtige. Wenn ich sie nicht bekomme, ist es auch nicht die richtige Stelle.«

Sie könnten nun einwenden, diese Art zu denken sei fatalistisch, da alles, was passiert, eh vorherbestimmt ist und wir deshalb keinen Einfluss haben. Das ist nicht meine Haltung, weil ich überzeugt bin, dass unser Handeln sehr wohl unser Leben beeinflusst und wir unser Schicksal im Wesentlichen mitbestimmen. Es gibt jedoch Situationen, in denen wir keine Handlungsmöglichkeiten haben. Sie erfordern eine andere Herangehensweise, sonst zerfleischen wir uns innerlich. Die Klientin könnte sich permanent fragen, ob sie bei der Bewerbung alles richtig gemacht hat, und sich mit ihren Selbstzweifeln und Befürchtungen zermartern. Als würde das jetzt noch einen Einfluss auf den Gang der Dinge haben. Bis endlich eine Nachricht kommt, wäre sie in einer starken inneren Spannung und würde die ganze Zeit nur an die bevorstehende Entscheidung denken. Für etwas anderes hätte sie weder im seelischen noch im geistigen Bereich Platz. Die Zeit, bis sie erfahren würde, ob sie genommen wird oder nicht, wäre für vieles andere verloren.

Mit unnützen Befürchtungen vertun wir unsere Zeit, ohne damit etwas anderes zu bewirken, als uns unter Druck zu setzen. Lassen wir aber los, dann vertrauen wir uns dem Fluss des Geschehens an, dem Leben oder auch einer höheren Macht. Der Boden, auf dem wir weich landen und der uns trägt, ist Vertrauen und Hingabe. Hingabe ist kein aktives Drängen, sondern ein sich Zuwenden, sich Öffnen und Empfangen. In der Hingabe wehren wir uns nicht gegen das, was gerade geschieht, sondern nehmen wahr, wie es uns geht. Hingabe wird daher auch als Fähigkeit verstanden, loszulassen, ganz im Hier und Jetzt zu sein.

Eine Geschichte über die Angst vor dem Loslassen

Sich-fallen-Lassen und Hingabe beruhen auf Vertrauen...

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