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E-Book

Lotostochter

Ich bin ein gestohlenes Kind

AutorAnisha Mörtl
VerlagSüdwest
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783641065188
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Ein adoptiertes indisches Mädchen auf der Suche nach seiner leiblichen Mutter
Anisha - elf Monate ist das indische Mädchen alt, als es von einem deutschen Ehepaar adoptiert wird. 13 Jahre später, zerrissen zwischen ihrer indischen Herkunft und ihrem Leben in Deutschland, begibt sich Anisha auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter. In Indien trifft sie auf ein korruptes System: ein katholisches Waisenhaus, geleitet von einer Nonne, die Anishas Mutter das Baby entriss und es ohne deren Einverständnis den westlichen Adoptiveltern übergab. Trotz großer Widerstände findet Anisha ihre Mutter wieder: Fatima, eine arme Frau, Analphabetin, die sich gegen die Ordensfrau nicht wehren konnte. Anisha ist heute eine starke junge Frau. Offen spricht sie über ihr bewegendes Schicksal und regt an, das Thema Adoption kritisch zu hinterfragen. Die unglaubliche Geschichte von Anisha und Fatima, von Kinderhandel und Korruption, von Mutterliebe, Sehnsucht nach Heimat und unendlicher Einsamkeit.

Anisha Mörtl wurde 1990 in Hyderabad, Indien, geboren. Im Alter von elf Monaten wird sie von einem deutschen Ehepaar adoptiert, das sie mit nach München nimmt, wo sie aufwächst und heute noch lebt. Mit 13 Jahren kehrt sie nach Indien zurück und macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter. Anisha hat gerade ihr Abitur bestanden und möchte nun Psychologie studieren.

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Leseprobe
Meine indische Familie (S. 125-126)

Ich war noch keine zwei Tage in Hyderabad, als bereits in den Zeitungen über mich berichtet wurde. Auf diese Weise erfuhr auch Schwester Teresa von meiner Anwesenheit, was sie zum Anlass nahm, meine Adoptiveltern in Deutschland anzurufen und ihnen tüchtig den Marsch zu blasen. Während meine Adoptivmutter sich wahrscheinlich schrecklich aufregte, erzählte mir mein Vater, dass er irgendwie erleichtert war: Jetzt wusste er wenigstens, wo ich war. Dass ich ihn nicht in meine Pläne eingeweiht hatte, das schmerzte ihn schon.

Doch viel später sagte er mir, dass es tatsächlich besser so gewesen sei. Denn hätte er vorher gewusst, dass ich vorhatte, mit einem Fernsehteam nach Indien zu fahren, um meiner Mutter zum ersten Mal zu begegnen, dann wären seine Sorgen noch viel größer gewesen. Ich ahnte natürlich währenddessen nicht, dass Schwester Teresa meine Eltern bereits informiert hatte, und das war ebenfalls gut so, denn ich war voll und ganz damit beschäftigt, das Wiedersehen mit meiner Mutter zu erleben und jeden Abend im Hotel zu verarbeiten, was ich an diesem Tag erlebt hatte.

In Hyderabad erweckte mein »Fall« große Aufmerksamkeit, und eines Morgens standen zwei junge Männer vor meinem Hotelzimmer. Sie waren aus Hyderabad stammende Inder, die in Deutschland lebten und arbeiteten und dort auch studiert hatten. Sie waren gerade zu Besuch bei ihren Familien und hatten einen Bericht über mich im Fernsehen gesehen. Nun wollten sie gerne selbst aus erster Hand meine Geschichte hören. Sie fragten, ob sie uns irgendwie helfen könnten.

Wir unterhielten uns ein bisschen miteinander und ich stellte fest, dass sie ausgesprochen nett waren. Sie boten an, für mich direkt aus dem Deutschen zu übersetzen, was mich unheimlich freute, und schon bald hatten wir uns miteinander angefreundet. Auch später, als ich wieder in Deutschland war und das Briefeschreiben von vorne begann, half mir besonders einer von ihnen, Amjad, oft dabei, sie zu übersetzen. Und auch wenn ich mit Fatima telefonierte, übersetzte er für mich. In der darauffolgenden Woche trafen wir uns fast jeden Tag mit Fatima und ihrer Familie. Mal versammelten wir uns im Haus meines Onkels, dann bei meinen Großtanten. Immer wieder brauchte ich eine Pause zwischen diesen Besuchstagen, denn sie waren unsagbar anstrengend für mich.

Beim zweiten Treffen hatte sich Fatimas erste große Aufregung gelegt. Dennoch konnte sie sich mir nur langsam öffnen. Immer wieder schlug sie die Hand vor den Mund, wenn sie mich ansah, schloss die Augen und atmete tief ein und aus. >All die verlorenen Jahre<, mag sie vielleicht gedacht haben, >gerade war sie noch das kleine Baby, das mir Schwester Teresa vom Arm zog, und nun steht eine erwachsene Frau vor mir — und ist so vollkommen fremd.< Und dann liefen ihr die Tränen über das Gesicht, Tränen, die sie sofort wieder wegwischte und mit einem Lachen Lügen strafen wollte. So viele Emotionen, so viel Leid, so viel Freude, gemischt mit Schmerz. Worte können kaum beschreiben, was ich damals empfand.
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