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E-Book

Ludwig III.

Bayerns letzter König

AutorStefan März
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2014
Reihekleine bayerische biografien 
Seitenanzahl152 Seiten
ISBN9783791760339
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
König Ludwig III. bestieg im Jahr 1913 den bayerischen Thron. Bereits vor seinem Regierungsantritt hatte sich der unkonventionelle Wittelsbacher politisch einen Namen als überzeugter Föderalist und Förderer von Wirtschaft und Wissenschaft gemacht. Daneben betrieb er jahrzehntelang ein landwirtschaftliches Mustergut, was ihm den liebevoll-spöttischen SpitzNamen 'Millibauer' einbrachte. Die Regierungszeit dieses volkstümlichen Königs wurde jedoch vom Ersten Weltkrieg überschattet. Am Ende des verheerenden Konflikts stürzte die Monarchie in der Novemberrevolution des Jahres 1918. Ludwigs wechselvolle Lebensgeschichte wirft Fragen auf: War der Zusammenbruch des Königreichs in seiner Person und seiner politischen Agenda begründet? Bestanden Chancen zur Rettung und Erneuerung der Monarchie?

Stefan März, Dr. phil., geb. 1980, studierte Neuere und Neueste Geschichte, Mittelalterliche Geschichte und Politische Wissenschaft. Seine Dissertation behandelt die bayerische Monarchie in der Zeit des Ersten Weltkriegs.

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Leseprobe

»Der ältere Ludwig ist der gescheiteste,
sein Bruder Leopold der treuherzigste,
der jüngere Ludwig der schönste,
Otto der lieblichste.«

 

König Ludwig I.

 

1   Prinz aus königlichem Hause

 

 

Mitte der 1840er-Jahre wartete das bayerische Königshaus noch immer auf seine Enkelgeneration, welche die Thronfolge fortführen und den Bestand der Dynastie sichern sollte. König Ludwig I., der beinahe sein 60. Lebensjahr erreicht hatte, regierte seit etwa zwei Jahrzehnten. Kronprinz Maximilian (1811–1864), der älteste Sohn des Monarchen, war in seiner Ehe mit der preußischen Prinzessin Marie bislang noch ohne den erhofften Nachwuchs. Sein jüngerer Bruder Otto (1815–1867), der es zum König von Griechenland gebracht hatte, sollte in seiner Ehe gänzlich kinderlos bleiben. Luitpold (1821–1912), der drittälteste Sohn des Königs, hatte 1844 im Dom von Florenz Erzherzogin Auguste von Österreich geheiratet. Der naturbegeisterte Prinz gewann durch seine gesellige Art schnell die Herzen der Menschen. Seine Gattin, eine Tochter des Großherzogs von Toskana und Großnichte des Kaisers Franz I. von Österreich, wurde von der Bevölkerung ebenfalls geliebt. Die selbstbewusste und bildschöne Prinzessin sollte jedoch zeitlebens an einem Lungenleiden laborieren. Zur Freude der königlichen Familie kündigte sich im Hause Luitpold bald der erste Nachwuchs an. In den Mittagsstunden des 7. Januar 1845 kam in den Kurfürstenzimmern der Münchner Residenz ein Knabe zur Welt – und damit der erste königliche Enkel und potenzielle künftige Thronfolger Bayerns. In dessen Ahnentafel fanden sich etliche prominente Namen der Wittelsbacher, Habsburger, Wettiner und Bourbonen, etwa derjenige seiner Ur-Ur-Urgroßmutter Maria Theresia von Österreich.

 

Abb. 2:  Die Familie des Prinzen Luitpold: hintere Reihe (v. l.): Leopold, Luitpold und Ludwig; vordere Reihe: Therese, Auguste und Arnulf. – Fotografie, um 1855.

 

Zwei Prinzen namens Ludwig


König Ludwig I. unterhielt sich gerade mit seinem Hofarchitekten Friedrich von Gärtner an der Baustelle des Münchner Siegestores, als er die Nachricht erhielt, die Geburt seines Enkels sei glücklich verlaufen, der Prinz sei »wohl gebildet […] und gesund«. Am Tag nach der Geburt sollte die Taufe stattfinden. Die Namensgebung begeisterte den königlichen Großvater, der zugleich auch Taufpate war: »Der jüngste Wittelsbacher wird heute um drei Uhr im Thronsaal, umgeben von zwölf Standbildern ausgezeichneter Ahnen, in der heiligen Taufe den Namen Ludwig erhalten.« Die feierliche Zeremonie wurde vom Erzbischof von München und Freising, Lothar Anselm von Gebsattel, durchgeführt. Der Prinz sollte mit vollem Namen Ludwig Leopold Joseph Maria Aloys Alfred heißen. Geladen waren neben dem diplomatischen Corps mit Gattinnen auch der gesamte Hofstaat sowie das Offizierscorps.

Kurze Zeit später jedoch schien es, dass der Prinz die Krone wohl doch niemals erben würde: Das bislang kinderlose Kronprinzenpaar Maximilian und Marie erwartete, nachdem sich bei der Kronprinzessin Anfang 1845 erste Anzeichen einer Schwangerschaft eingestellt hatten, im Sommer ebenfalls Nachwuchs. Marie wurde am 25. August von einem Sohn entbunden, der ebenfalls auf den Namen des königlichen Großvaters getauft wurde: Ludwig. Dieser Prinz, der in der Thronfolge näher an der Krone stand als sein einige Monate zuvor zur Welt gekommener gleichnamiger Vetter, sollte als »Märchenkönig« Ludwig II. (1845–1886) in die Geschichte eingehen.

Für die Familie des Prinzen Luitpold war die Krone wieder in weite Ferne gerückt. Es sah im Jahr 1845 so aus, als würde die Erbfolge der Wittelsbacher von König Ludwig I. auf seinen Sohn Maximilian, dann auf dessen Sohn Ludwig und eines Tages auf dessen künftige Nachkommen übergehen. Prinzessin Auguste war sich bewusst, was die Geburt ihres Neffen für ihren eigenen Sohn bedeutete. Der Hofsekretär Freiherr von Pfistermeister erzählte später, die ehrgeizige Prinzessin habe ihr Kind aus der Wiege geholt und ihm enttäuscht gesagt: »Ludwig, bisher warst du etwas, jetzt bist du nichts mehr.« Aus dem Prinzen wurde schließlich wider Erwarten doch noch ein König von Bayern: Ludwig III. Er sollte den Thron allerdings erst im Jahr 1913 besteigen.

Kindheit und Erziehung


Die Eltern des Prinzen Ludwig bekamen noch drei weitere gesunde Kinder: Leopold (1846), Therese (1850) und Arnulf (1852). Das Kronprinzenpaar freute sich ebenfalls über erneuten Nachwuchs, als Prinz Otto (1848) geboren wurde. Der Großvater Ludwig I. wagte 1850 in einem Brief eine Charakteristik seiner Enkel: »Der ältere Ludwig ist der gescheiteste, sein Bruder Leopold der treuherzigste, der jüngere Ludwig der schönste, Otto der lieblichste.« Die Kindheits- und Jugendjahre der Prinzen und der Prinzessin verliefen parallel. Das ausgesprochen strenge Erziehungsprogramm war auf christliche und bürgerliche Tugenden, auf Bescheidenheit, Sparsamkeit und Demut gegenüber ihrer herausgehobenen Stellung ausgerichtet. Unterrichtet wurden die Prinzen durch Hauslehrer und abgeordnete Gymnasial- und Universitätsprofessoren. Vom Jahr 1852 bis zum Jahr 1863 war der hauptsächliche Hauslehrer des Prinzen Ludwig und seines Bruders Leopold der Artillerieoffizier Ferdinand Ritter von Malaisé (1806–1892). Ab 1855 kam Heinrich von Vallade zur Unterstützung hinzu.

 

Ludwigs Bruder Leopold

1846 wurde Prinz Leopold geboren, der später die österreichische Kaisertochter Gisela heiratete. Der Brautvater schenkte dem Paar ein Palais an der Schwabinger Straße, die später in Leopoldstraße umbenannt wurde. Die beiden hatten vier Kinder. Der Prinz schlug eine Laufbahn in der bayerischen Armee ein, die ihn schließlich bis in die Generalität aufsteigen ließ. Leopold zeichnete sich derart aus, dass er zum Generalinspekteur der IV. Armee-Inspektion und am 1. Januar 1905 zum Generalfeldmarschall ernannt wurde. Der Prinz unternahm zudem mehrere Reisen in die afrikanischen Kolonien und bildete sich wissenschaftlich weiter. Im Ersten Weltkrieg wurde er Armeeführer an der Ostfront und schließlich Nachfolger Paul von Hindenburgs als Oberbefehlshaber Ost. Von seinem Generalstabschef wurde der Prinz als passionierter Soldat, leidenschaftlicher Jäger und Reiter und als der letzte Grandseigneur, den er kennengelernt habe, beschrieben. Der preußische Generalleutnant Franz von Lenski erinnerte sich in ähnlicher Weise: »Fast immer guter Laune, ein angenehmer Plauderer oder fesselnder Erzähler, wie es traf. […] Und wie viel Humoristisches wusste er einzuflechten, denn sein Sinn für Humor war stark entwickelt.«

 

 

Insbesondere in der luitpoldinischen Familie wurde bei der Ausbildung großer Wert auf Gehorsam und körperliche Ertüchtigung gelegt. In seinen Tagebuchaufzeichnungen notierte Ludwigs jüngerer Bruder Leopold, »dass das Militärische in der ganzen Erziehungsmethode von vorwiegendem Einfluss war«. Auf individuelle Veranlagungen wurde hierbei wenig Rücksicht genommen. Über die charakterliche Erziehung und das Bildungsprogramm der Kinder wachte vor allem die Mutter Auguste. Die lebhafte und willensstarke Italienerin setzte sich mit Hingabe für ihre Kinder ein und schreckte nicht vor Konventionsbrüchen zurück. Die Fächer Mathematik, Deutsch, Geschichte, Geografie, Religionslehre, Französisch, Italienisch, Latein und Neugriechisch nahmen einen Großteil des Stundenplans ein. Die Charakterisierung Ludwigs durch seinen königlichen Großvater als »der gescheiteste« seiner Enkel sollte sich bewahrheiten, da dieser mit großem Fleiß daran ging, sein Wissen zu mehren. Der Unterricht der Prinzen umfasste allerdings kaum Kunst und Literatur. Romane wurden aus der Bibliothek der Söhne Luitpolds und Augustes verbannt, Sachbücher hingegen besonders empfohlen.

Im Gegensatz zu Großvater und Vater entwickelte Ludwig nur wenig Sinn für Kunst. Ein Zeitgenosse urteilte später etwas harsch über ihn: »Musik war ihm ein ruhestörender Lärm, Gemälde kaufte er zwar pflichtgemäß, ohne sich jedoch daran zu erfreuen, auf den Dichter blickte er, wie ich glaube, mit gelinder Verachtung herab.« Aufgrund seiner manchmal schroffen, sturen und unzufriedenen Art gestaltete sich die charakterliche Erziehung Ludwigs schwieriger als die seiner Geschwister. Pädagogische Fehlschläge des ältesten Sohnes führte seine Mutter vor allem auf dessen Energielosigkeit und Verschlossenheit zurück. Mit Sorge betrachtete Prinzessin Auguste die Entwicklung ihrer Kinder: »Mein Vater ist unschlüssig, mein Mann ist unschlüssig, ja was soll denn daraus werden, wenn diese Eigenschaft sich bei meinen Kindern verdoppelt?« Aus diesem Grund legte sie größten Wert auf die Anleitung Ludwigs, Leopolds, Thereses und Arnulfs zum eigenständigen und entschlossenen Handeln.

 

Die Gelehrte: Prinzessin Therese

Das drittgeborene Kind Luitpolds und Augustes, Prinzessin Therese, kam 1850 in München zur Welt. Sie beschrieb sich selbst als mutig, entschlossen, »ein scharf umrissener Charakter, eine durchaus selbstständige Natur«. Die Prinzessin war elf Sprachen in Wort und Schrift mächtig. Ihr für eine Frau dieser Zeit ungewöhnliches politisches Interesse konzentrierte sich sowohl auf die Innenpolitik als auch auf die orientalische Frage. Von Kindheit an legte sie, ebenso wie ihr Bruder Ludwig, eine Leidenschaft für die Wissenschaft an den Tag. Sie publizierte – anfangs noch unter...

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