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E-Book

Ludwig Uhlands Leben

Vollständige Ausgabe

AutorEmilie Uhland
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl499 Seiten
ISBN9783849637927
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Die Biografie des berühmten deutschen Dichters und Literaturforschers verfasst von seiner Witwe.

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Leseprobe

V. Fernerer Aufenthalt in Stuttgart als Advokat. Landtag in Ludwigsburg. Verlobung und Trauung.


 


1814–1820.

 

Rücktritt zur Advokatur.

 

Das Mißglücken seiner Anstellung im Justizministerium war eine schmerzliche Erfahrung für den jungen Mann; schmerzlich besonders um der Eltern willen, deren Wunsch, ihn »versorgt zu wissen,« ihm so wohl bekannt war. Für ihn selbst hatte die Aussicht auf die Advokatur, die nun nach fast anderthalbjährigen vergeblichen Mühen wieder vor ihm lag, auch nichts Erfreuliches, aber mit gutem Muthe trat er in Stuttgart in diese Bahn wieder ein. An Kenntnissen und Geschäftserfahrung hatte er gewonnen durch seine Thätigkeit in der Ministerialkanzlei. Oft hat er später gesagt, daß seine Ueberzeugung, wie nothwendig feste Rechtsnormen und die Herstellung der ständischen Verfassung für sein Heimathland sei, durch die Einsichten und Erfahrungen die er dort gewonnen, in ihm geweckt und befestigt worden seien. Etwas mehr Freiheit für seine Lieblingsstudien konnte er sich nun auch erringen, aber der innere Kampf hörte nicht auf. Er mochte wohl völlig hinreichende Kenntnisse für einen guten Advokaten haben, aber die Leichtigkeit im Arbeiten fehlte ihm vielleicht, wie er sich denn ursprünglich schon »des Rechtes beflissen gegen seines Herzens Drang.« So kam es, daß er mit allem Fleiße doch nur ein kaum genügendes Auskommen sich erringen konnte, so daß all seine Bedürfnißlosigkeit und Einfachheit dazu gehörte, um damit auszureichen. In einem Briefe an seinen Freund Mayer schreibt er: »Freilich bin ich nicht zum Advokaten geboren, es fehlt mir besonders das Talent zum Erwerb.« Einige Zeit später: »An Advokaten-Geschäften fehlt es mir gerade nicht, desto mehr aber an Leichtigkeit im Geschäft, besonders bin ich allzu zerstreut. Seit ich wieder die meiste Zeit zu Hause bin, locken mich immer alte und neue Phantasien von der Arbeit ab, und ich habe in der letzten Zeit wieder Verschiedenes gedichtet und entworfen, was dann freilich dem Erwerb, der mir jetzt so nöthig wäre, wenig zu Statten kommt.« Nicht selten mag er fast erschrocken sein, wenn ihm ein Proceß aufgetragen wurde, weil er sich dadurch in der Ausführung eines poetischen Entwurfs oder in der Fortsetzung seiner Studien mußte unterbrechen lassen. Seine Freunde Roser und Schott nahmen herzlichen Antheil an seinem Geschick. Albert Schott, Procurator in Stuttgart, etwa vier Jahre älter als Uhland, war ihm schon von Tübingen, wo sein Vater Oberamtmann war, befreundet. Er gab Uhland von seinen Arbeiten ab und bereitete ihm in seinem Hause, da er schon einen Hausstand begründet, manche heitere Stunde. Die Freunde setzten auch eine Stunde fest, wo sie zusammen die griechischen Schriftsteller lasen. Später kamen sie durch die Gleichheit der politischen Ansichten und Bestrebungen sich noch näher. Roser war sein täglicher Begleiter auf Spaziergängen und übte mit seinem heitern Geist einen wohlthätigen Einfluß auf Uhland aus. Die andern auswärts wohnenden Freunde konnte er nun auch eher besuchen; so war er im Jahr 1814 zweimal bei Kerner in Weinsberg. Inniges Wohlgefallen fand er an der kleinen Tochter dieses Freundes, wie das Lied »Auf das Kind eines Dichters« ausspricht.

 

Auch die Eltern und die zur lieblichen Jungfrau herangewachsene Schwester konnte er nun öfters mit seinem Kommen erfreuen. Kurz vor seiner Uebersiedelung nach Stuttgart, im Jahr 1812, war der Freiherr von Wangenheim als Curator der Universität nach Tübingen gezogen. Er erzeigte Uhland viele Freundlichkeit, sah überhaupt junge, strebsame Männer gerne in seinem gastlichen Hause. Als Uhland im Spätjahr 1814 bei seinen Eltern war, erbot Wangenheim sich sehr freundlich, mit Cotta wegen Herausgabe seiner Gedichte sprechen zu wollen, worauf ihm Uhland sein schon längere Zeit zur Herausgabe zugerichtetes Manuscript übersandte. Dem Zuspruch von Wangenheim hatte er es wohl zu danken, daß Cotta sich nun geneigt zeigte die Gedichte in Verlag zu nehmen. Sie erschienen im Sommer 1815. So war ihm in der für ihn ungünstigen Zeit doch Ein Wunsch erfüllt!

 

Bei der Uebernahme der Secretärsgeschäfte im Ministerium war ihm, wie schon gesagt, entweder die Secretärsstelle, oder, wenn er es wünschte, eine Procuratur zugesagt worden. Aber trotz mehrmaligem Melden und verschiedenen Eingaben des Vaters wurde ihm auch dieses Gesuch nicht bewilligt. Der folgende Brief zeigt seine damaligen Verhältnisse und seine Stimmung dadurch.

 

Uhland an seine Mutter.

 

Stuttgart, 22. Juni 1815.

 

»Liebste Mutter!

 

Die Nachricht von dem unvermutheten Tode des Onkels in Karlsruhe wurde mir zuerst als unverbürgtes Gerücht vom Heilbronner Mayer geschrieben, am folgenden Tage aber gab die Zeitung traurige Bestätigung. Ich betraure in ihm einen wackeren Mann, der mir stets mit besonderem Wohlwollen zugethan und von den redlichsten Wünschen für mein Wohlergehn beseelt war, zugleich ist es mir ein schmerzlicher Gedanke, wie empfindlich Ihnen der Verlust dieses letzten Ihrer Geschwister gefallen sein müsse.

 

Ein solcher Todesfall erweckt leicht auch die Vorstellung, wie Manche, die sich durch Bande des Bluts und der Liebe innig angehören, doch so wenig zu einem wahren Zusammenleben gelangen können und sich nur durch Erinnerung und einzelne Begegnungen, wie Reisende auf der Kreuzstraße, verbunden bleiben. Diese Vorstellung schwebt mir ohnedieß seit geraumer Zeit nur zu lebendig vor, da ich befürchten muß, zuweilen auch Ihnen, liebe Eltern und Schwester, etwas entfremdet zu erscheinen, wenn ich an Mittheilungen größtentheils aus dem Grunde sparsam bin, weil mich die widrigen, unbestimmten Verhältnisse, worin ich so lange her mich befinde, so wenig Erfreuliches mittheilen lassen. Freilich erhebt mich dann auch wieder das Bewußtsein meiner sich innerlich stets gleichbleibenden Liebe und Anhänglichkeit und das Gefühl, daß eben dieses Unvollkommene und Zerrissene der irdischen Verhältnisse auf die Nothwendigkeit einer, den Bedürfnissen des liebenden Herzens entsprechenden Zukunft hinweist, wo diejenigen, die sich mißkannten, sich ganz durchschauen, und die sich im Leben oder im Tode verloren haben, sich zu innigem Vereine wiederfinden.

 

Ihr gehorsamer Sohn

 

L. U.«

 

Die Mutter schreibt ihrem Sohne hierauf, nachdem sie sich zuerst über den Tod ihres Bruders ausgesprochen, wie folgt:

 

»Lieber Louis! ich verstand Deinen Brief Wort für Wort ganz; wir gehen von Einer Ansicht aus, insofern es biedere Gesinnung heißt, nur hat es nicht einerlei Wirkung, uns sollte man in einander gießen können. Ich thue zu viel, lege und sage meine Gesinnung zu offen an den Tag, und Du verschließest sie zu viel in Dich, ich gebe gern jedermann zu gute Worte, ohne die Absicht zu schmeicheln von weitem zu haben, und Du – hast gern, wenn man Dir zuvorkommt. Nicht Jedermann ist so in näherer Berührung wie wir mit Deiner Denkungsart, wir wissen sie zu würdigen, aber Fremde halten vor Stolz, was nur aus einer gewissen Selbstständigkeit und dem Bewußtsein Deiner guten Absicht herrühren mag; aber so kommst Du eben nicht weiter und stoßest an. So weiß der liebe Vater wohl, daß Du es gut mit ihm meinst, deßwegen betrübt es ihn aber doch, daß Du ihm nicht sagst, da er es doch für Dein Wohl für unumgänglich nöthig hält, ob Du nach seinem Wunsch bei Mandelsloh und Kohlhaas gewesen, was sie gesprochen, und ob Du gewiß wissest, daß der Minister zum zweitenmal den Bericht zu verfertigen liegen ließ? wann und wie er ihn zum Machen bekommen? Dieß alles sei mit einem Gang in's geheime Kabinet zu erfragen. Ob Du nicht auch Schritte thun könntest und solltest und gute Worte austheilen? Auf dieß alles kommt keine Antwort.« –

 

Die liebreichen mütterlichen Vorstellungen waren theilweise gegründet, aber dieß Eine wußte sie nicht, daß Liebe und Respect öfters den Sohn abhalten mochten, dem Vater zu sagen, daß manches in den Vorschlägen wegen der Schritte die er thun solle für die ihm früher zugesagte Anstellung als Procurator, in die Zeit nicht mehr ganz passe, und daß Anderes gegen das wohlbegründete Selbstgefühl des Sohns, der ungerecht behandelt worden war, anstoße. Der Vorwurf der Schroffheit ist aber Uhland in seinem Leben öfters gemacht worden, so daß er vielleicht nicht in allen Fällen unbegründet gewesen sein mag. Wie eine edle Natur in einzelnen Fällen zu weich und nachgiebig sein kann, so kann auch eine andere edle Natur, bei aller wahren Bescheidenheit, doch im Gefühl der innern Unabhängigkeit zu weit gehen und dadurch mißkannt werden.

 

Die Zeitumstände nöthigten König Friedrich, bei all seiner Abneigung vor Einengung seiner Machtvollkommenheit, dem allgemeinen Andringen auf ständische Einrichtungen einige Rechnung zu tragen. Er glaubte aber, wenn er selbst eine Constitution proclamire, wohlfeileren Kaufes wegzukommen und berief im Frühjahr 1815 Landstände ein.

 

Wie wir weiter oben gesehen haben, hatte die Beschäftigung auf dem Justizministerium auf Uhland die Wirkung gehabt, daß er die großen Mißstände, die das unumschränkte Regiment des Königs für das Land brachte, noch deutlicher erkannte. Er begrüßte daher den Umschwung der Zeit, die Versprechungen, die auf dem Wiener Congreß dem deutschen Volk gemacht wurden, mit Hoffnungen auch für die württembergischen Zustände, und sein Umgang mit Schott und mit anderen Männern von der gleichen Gesinnung führte ihn immer tiefer in die politischen...

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