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E-Book

M&A in China

Praxisberichte und Perspektiven

VerlagFrankfurter Allgemeine Zeitung GmbH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783899815313
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
China bietet das größte Potenzial aller Wachstumsregionen. Die angelaufene Konsolidierungswelle wird die nationalen Marktführer und die Champions für den globalen Markt hervorbringen. Unternehmensbeteiligungen und Übernahmen sind das Mittel der Wahl. Wer in China dauerhaft und erfolgreich mitspielen will, sollte sich bald engagieren, denn die Führungspositionen werden jetzt verteilt und die Preise für Unternehmenskäufe in China laufen davon. Doch den hohen Chancen stehen große Hürden gegenüber. M&A in China lokalisiert die Pfade für erfolgreiche Beteiligungen und liefert Handhaben, wie die Hürden zu bewältigen sind. Dazu gibt der Herausgeber Kai Lucks den Experten das Wort. Unternehmensvertreter, Berater und Verbände beschreiben in 42 Autorenbeiträgen die deutsch-chinesische M&A-Praxis. Sie berichten über erfolgreichen Umgang mit den rechtlichen, wirtschaftspolitischen und strukturellen Rahmenbedingungen und geben Einblick in ihre Methoden über den gesamten M&A-Prozess, vom Vorfeld über Transaktion bis zur Integration. Ein Sammelband der Expertise im deutsch-chinesischen M&A-Geschäft.

Kai Lucks, Dr.-Ing., ist Head of Group Strategies und M&A-Integration bei der Siemens AG sowie Initiator und Vorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions e.V.. Er verfügt über langjährige Erfahrung aus Infrastrukturprojekten im Nahen Osten, Afrika und Asien und verantwortete eine Vielzahl von M&A-Integrationsprojekten im Siemens-Konzern.

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Leseprobe

Industriepolitischer Rahmen in China

Der China-Code: wie das boomende Reich der Mitte Deutschland verändert


Von Frank Sieren

Epochale Umbrüche haben eine unangenehme Eigenschaft: Sie werden als solche nicht sofort wahrgenommen. Vor allem wir Deutsche neigen dazu, unsere Augen vor möglichen tief greifenden Veränderungen zu schließen: Wir glauben – mit einer gewissen Berechtigung –, dass sich grundlegender Wandel nur langsam vollziehen könne. Warum sollten wir also überstürzt handeln, wenn doch erst nachfolgende Generationen davon betroffen sind? Chinas Aufstieg ist ein Beispiel dafür, dass es von entscheidendem Nachteil sein kann, wenn Veränderungen nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit beobachtet werden und versäumt wird, gegebenenfalls zügig und angemessen darauf zu reagieren – selbst dann, wenn sie sich am anderen Ende der Welt abspielen. Sie sind vergleichbar mit einem in der Ferne grollenden Gewitter, das einen beim Picknick überrascht. Man will nur noch schnell den Hähnchenschenkel aufessen, und schon hagelt es.

China ist die frohe Botschaft für die atemlose Weltwirtschaft. Das riesige Land boomt seit 25 Jahren und hat seit 2004 den höchsten Anteil am Weltproduktionswachstum. Es hat seine internen Probleme unter Kontrolle und belästigt niemanden damit. Die Asienkrise, SARS und die neuen Herausforderungen der Weltwirtschaft meistern seine Führer mit Gelassenheit. Asien ist dadurch stabiler geworden. Selbst als im Frühjahr 2004 die Wirtschaft überzukochen drohte, weil immer mehr sinnlos investiert wurde, griff die chinesische Regierung unverzüglich zu wirksamen Maßnahmen. Und statt über die eigenen Versäumnisse den Mantel des Schweigens zu breiten, wies sie offen und selbstbewusst auf ihre Probleme hin und gab damit den Medien der Welt den Ton vor für die kritischen Berichte. Wie ist das möglich?

Nach westlichem Ermessen sollte die Kombination aus Milliarden Menschen, Korruption, Diktatur und Kapitalismus ein Pulverfass sein, das schon ein Funke zum Explodieren bringt. Auch der Widerspruch von Aufschwung und Unterdrückung erscheint uns unüberwindbar. Doch China fällt nicht in sich zusammen. Im Gegenteil, es wird, wie man nur widerwillig einräumt, jeden Tag stärker.

Von fern hört man das Krachen im globalen Gebälk. Unauffällig, aber beharrlich sind die Chinesen im Begriff, die Statik der Welt zu modifizieren. Dabei entwickeln sie unglaubliche Energien. 1,3 Milliarden Menschen wollen nach oben, und zwar alle gleichzeitig. Jahrzehntelang durften oder konnten sie nicht, gleichzeitig unterstellte der Westen ihnen, sich vor dem Wettbewerb der freien Marktwirtschaft zu drücken. Doch deren Mechanismen haben die Chinesen inzwischen gut verstanden. Geschickt nutzen sie die Kräfte des Kapitalismus für ihre eigenen Zwecke.

»Nur Mut!«, haben die Deutschen den Chinesen noch bis vor kurzem zugerufen. Inzwischen ist einem nicht mehr ganz wohl dabei. Wenn man seit über zehn Jahren in China lebt und regelmäßig nach Deutschland fährt, fängt man eher an, sich selbst und den Deutschen Mut zuzusprechen.

Es sieht ganz so aus, als ob der Aufstieg dieses fernen Landes, das sich anschickt, wieder ein Reich der Mitte zu werden, den persönlichen Spielraum der jungen Deutschen nachhaltiger bestimmen wird als alles, was gegenwärtig die Debatten bewegt. Was aus Deutschland wird, entscheidet sich in 8.000 Kilometern Entfernung. Obwohl nur wenige Deutsche je einem Chinesen die Hand geschüttelt haben und kaum jemand den Namen eines noch lebenden berühmten Chinesen kennt, geschweige denn den eines Popstars oder Schriftstellers, ist China uns bereits sehr nahe. Viel weniger unverbindlich, als es zunächst schien, hat China die Globalisierung genutzt, um uns mit einem feinen Geflecht von Abhängigkeiten zu umgeben. Es setzt Weltstandards, denen sich auch Deutschland, die führende Industrienation Europas, nicht mehr entziehen kann. »Wir Deutschen, liebe Kitty, können ein Wirtschaftswunder machen, aber keinen Salat«, lautet der erste Satz aus Johannes Mario Simmels Aufschwungsroman »Es muss nicht immer Kaviar sein«. Ist unser Kartoffelsalat inzwischen besser als unsere Wirtschaft?

»Made in Germany« ist in Deutschland die Ausnahme. Vieles, was wir kaufen, von Mülleimern und Hemden über CD-Player und Notebooks bis hin zu Containerschiffen, wird aus China importiert. China ist nicht nur der größte Produzent von Schuhen und Kleidung, sondern auch von Mountainbikes, Mikrowellengeräten und Mobiltelefonen. Und selbst bei Hightechprodukten wie Notebooks ist das Land führend. China produziert auch weltweit den meisten Stahl, im ersten Quartal dieses Jahres doppelt so viel wie die USA, dreimal so viel wie Russland und viermal so viel wie Deutschland. Seit 2004 stellt China sogar mehr Autos her als Deutschland; nur Japan und die USA haben in diesem Industriezweig noch die Nase vor den Chinesen. Und wer noch Anfang 2004 verkündet hätte, dass die Chinesen den Computerbereich von IBM und den britischen Autohersteller MG Rover kauften, wäre der Übertreibung bezichtigt worden. Wer noch im Sommer 2005 behauptet hätte, in China würden vierstrahlige Airbus-Flugzeuge gebaut, wäre als China-Jünger bezichtigt worden. Beim Handel von jährlich über 1 Billion US-Dollar hat China seinen wohlhabenden Nachbarn Japan 2004 schon hinter sich gelassen und liegt damit auch 2005 weltweit an Platz drei, hinter Deutschland und den USA. Zudem ist China 2005 auch in die Top 5 der weltgrößten Volkswirtschaften aufgestiegen. Allein zwischen 2001 und 2004 hat sich das Handelsvolumen verdoppelt. Den Waren folgen die Menschen. Noch in diesem Jahrzehnt wird die Lufthansa viermal täglich nach Beijing und Shanghai fliegen und mehr Passagiere dorthin transportieren als nach New York, schätzt Jürgen Weber, der Aufsichtsratschef der Lufthansa.

»China wird zur Produktionsbasis der Welt, das ist keine Frage«, meint Jürgen Hambrecht, Vorstandsvorsitzender des deutschen Chemieriesen BASF. Seine Worte sind mit Taten zu belegen. Der Konzern hat für 3 Milliarden Euro eine neue Kunststoffverbundanlage im ostchinesischen Nanjing aufgebaut, das größte Projekt des Unternehmens weltweit. BASF allein machte 2003 in China bereits 1,6 Milliarden Euro Umsatz. Und im Sommer 2006 verhandelte BASF bereits über die Erweiterung der Anlage. Denn China ist nicht nur die Fabrik der Welt, sondern verfügt auch über den Absatzmarkt, der weltweit die meisten neuen Marktanteile verspricht. Deshalb zieht China seit einigen Jahren mehr Auslandsinvestitionen an als jedes andere Land: rund 60 Milliarden US-Dollar allein im Jahr 2005. Das sind bereits 8 Prozent der weltweiten Investitionsströme. Hinzu kommt ein Exportüberschuss von 100 Milliarden US-Dollar, der höchste seit 1998 – und das trotz massiver Rohstoffeinkäufe. Außerdem kann China für Jahrzehnte auf billige Arbeitskräfte zurückgreifen. Aus westlicher Sicht mag es paradox klingen: Chinas Arbeiter und Ingenieure werden ausgebeutet, sind bisher aber dennoch zufrieden. Denn so hart ihre Arbeitsbedingungen sind, sie nehmen sie in Kauf, weil sich ihr Lebensstandard schneller verbessert als je zuvor in der chinesischen Geschichte.

Das hat große Auswirkungen auf Deutschland. Der Wert deutscher Arbeit wird durch das niedrige chinesische Lohnniveau neu bemessen. Das ist eine ebenso erschütternde wie unumgängliche Realität: In einer globalisierten Wirtschaft werden der Mensch und seine Arbeit immer mehr zu einer Ware, deren Preis sinkt, wenn das Angebot steigt. Nicht nur das Selbstwertgefühl der Deutschen, sondern auch die deutsche Volkswirtschaft steckt in einem Dilemma, aus dem es nur zwei, gleichermaßen schlechte, Auswege gibt: Werden die Löhne gekürzt, wird Deutschland zwar wettbewerbsfähiger, aber die Arbeitnehmer können sich weniger leisten. Der fehlende Konsum schadet wiederum der deutschen Wirtschaft. Wenn andererseits deutsche Unternehmen ebenso wie ihre französischen, japanischen oder amerikanischen Konkurrenten einen Teil ihrer Produktion nach China verlegen, bedeutet dies auch weniger Arbeitsplätze in Europa und geringere Steuereinnahmen für die betreffenden Länder. Es mag vorübergehend noch eine Win-win-Situation sein, wie sie sich der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder wünscht, weil wir nach China liefern. Doch schon schneller, als wir hoffen, wird sich das ändern. China spürt es als Erstes. Und Deutschland steht in Europa an der Spitze dieses Trends. Damit Deutschland wettbewerbsfähig bleibt, ist es inzwischen der größte europäische Investor in China. Allerdings trat in den Jahren 2005 und 2006 ein Wendepunkt ein. Zum ersten Mal wuchsen die deutschen Exporte nach China nicht mehr. Das bedeutet, immer weniger der Produkte für China werden in Deutschland hergestellt, sondern gleich in China. Das ist den Unternehmen egal, doch sehr schlecht für Deutschland. Es fehlt zunehmend an Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen. Allein in der Chemieindustrie sind in den kommenden zehn Jahren 150.000 bis 200.000 deutsche Arbeitsplätze bedroht, hat das Beratungsunternehmen A.T. Kearney errechnet. Selbst im Mittelstand, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, sieht es nicht gut aus. Allein im Jahr 2003 büßte der Maschinenbau 24.000 Beschäftigte ein – auch weil immer mehr Maschinen in China gebaut werden. China sorgt mit dafür, dass die industrielle Basis in Deutschland immer kleiner wird. Die Boston Consulting Group schätzt eine Abnahme um 1,4 Millionen Arbeitnehmer bis 2015. Asien spielt sich in den Vordergrund: „Das spüren Sie in ganz Europa“, sagte der ABB-Vorstandsvorsitzende Fred Kindle im Sommer 2006. Ein bleierner Zustand, der langfristig entstanden ist und deswegen nicht von heute auf morgen wieder verschwinden wird. Die Europäer bauen Abwehrreaktionen gegen die mächtige...

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